Es war nicht kalt, als wir das »Fünf« verließen, zumindest nicht für eine Neujahrsnacht. Die Luft war feucht und kühl, aber die Temperatur lag deutlich über fünf Grad. Es roch frischer als zu früheren Jahren, nicht nach Rauch und Pulverdampf; es war in diesem zweiten Corona-Winter nicht viel geballert worden.
Mir ging es gut, ich hatte sehr lecker gegessen und auch einiges getrunken: Riesling aus der Pfalz, danach einen kräftigen Rotwein aus Italien, zuletzt noch einen Schnaps aus dem Badischen. Betrunken fühlte ich mich nicht, eher leicht angeheitert und in einer positiven Stimmung für das neue Jahr 2022.
»Schon klar«, sagten wir uns, »wenn einer in diesem Restaurant mit Omikron da war, haben wir es jetzt alle, trotz Boostern und so weiter.« Aber wir ergänzten: »Lieber mit einem sehr guten Essen und einem leichten Risiko das Jahr anfangen als frustriert daheim.«
Und so spazierten wir durch die kühle Dunkelheit nach Hause. Es war alles in allem eine wunderschöne Nacht, wenngleich die Temperaturen kaum winterlich waren.
Zwischen den Häusern der Mika – das soziokulturelle Projekt in der Nordstadt ist schon in die Jahre gekommen, aber es existiert immer noch – hatten einige Leute eine Box auf die Straße gestellt. HipHop und Raggamuffin liefen, gut drei Dutzend Leute feierten eine richtig schöne Party: einige junge Leute, einige Grauhaarige.
Wir passten gut dazu, ließen uns auf das Tanzen und die spontane Party ein. Es begann zu nieseln, wir tanzten in der Nordstadt durch den zweiten Corona-Winter – ich fand das angemessen.
Bald gingen wir weiter, es wurde ja auch immer später und feuchter, und wir hatten einen hübschen Fußweg vor uns. An einem Haus in einer Nebenstraße lehnten viele Fahrräder vor der Tür. Als wir am Haus vorbeigingen, hatten wir einen ungehinderten Blick auf ein Wohnzimmer.
Disco-Beleuchtung an der Decke, wummernde Musik in gedämpfter Lautstärke, tanzende Teenager: Ich gönnte es den jungen Leuten und war mir sicher, dass die Polizisten, die in einem Fahrzeug durch die Gegend fuhren, das nicht mitbekommen würden.
Als wir daheim ankamen, waren wir leicht durchnässt. Ein warmer Frühlingsregen, wenn man es genau nahm. Aber auch das passte zu einem Neujahrsmorgen, der hoffentlich zu einem besseren Jahr 2022 führen würde …
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