21 Oktober 2024

Dämonenrocker und Zeitprobleme

Bei Bastei-Lübbe sorgt die Marke »John Sinclair« für einen Erfolg nach dem anderen. Die Serie läuft seit Jahren als Heftroman, und die Hörbücher sind sogar für Leute spannend anzuhören, die sonst keinen Horror oder Grusel mögen.

Also dachte man sich wohl, man könnte den Erfolg mit »Professor Zamorra« wiederholen. Diese Serie bewegt sich seit Jahrzehnten zwischen Grusel und Fantasy, Science Fiction und dunkler Phantastik. Sie erscheint in Form von Heftromanen; leider ist die Zeit, in der es parallel noch Taschenbücher oder Hardcover-Bände gab, seit vielen Jahren vorüber.

Dafür gibt es seit dem vergangenen Jahr neue Hörspiele. Ich habe mir die ersten beiden angehört; man kann sie sich als CD oder bei den einschlägigen Download-Portalen kaufen. Es gibt sie zudem im Streaming.

Für die Bearbeitung alter Heftromane war Uwe Voehl zuständig, ein erfahrener Profi, der schon für viele Reihen und Serien tätig war – unter anderem für PERRY RHODAN NEO. Man entschied sich bei Lübbe-Audio offensichtlich dafür, vor allem die Horror-Elemente bei »Professor Zamorra« zu betonen. So wird der Professoren-Titel fast beiläufig fallengelassen, und Zamorra wird nicht als »Meister des Übersinnlichen« geführt. Mir scheint, als ob man vor allem auf die bisherigen »John Sinclair«-Fans zielt.

»Der Zeitenfluch«, das erste Hörspiel der neuen Reihe, basiert auf einem Roman des Bestsellerautors Wolfgang Hohlbein. Zamorra und seine Freundin werden eingeführt, ebenso das Schloss, in dem die beiden wohnen, und das französische Dorf in seiner näheren Umgebung. Ebenso wird recht schnell klar, dass allerlei Gegner auf die beiden warten. Unter anderem tauchen dämonische Rocker auf. Sogar die Zeit scheint verrückt zu spielen. Somit ergibt sich ein Mix aus Horror-Elementen – wenn etwa die Dämonen mit Motorrädern durch die Gegend fahren – und Science-Fiction-Teilen, wenn kurzerhand eine Zeitreise eingeschoben wird.

Einen ähnlichen Stil-Mix bietet auch das zweite Hörspiel. »Welt der Schatten« basiert auf einem Roman von Simon Borner. In Paris beginnt eine Bande von Zombies damit, ausgerechnet im Louvre und anderen bedeutenden Gebäuden harmlose Touristen zu fressen. Das ist nicht alles: Auf einer anderen Handlungsebene geht es um metaphysische Erscheinungen in Zamorras Schloss, wo gleich das ganze Multiversum bedroht ist. Wer mag, kann das als Science Fiction betrachten – es ist auf jeden Fall mehr als »nur Horror«.

Ich bin kein Freund übertriebener Grusel-Effekte, gestehe aber gern ein, dass sie bei diesen zwei Hörspielen sehr effektvoll eingesetzt worden sind. Die Action wird knallig serviert, die Geräusche sind entsprechend. Wenn Zombies einen Menschen angreifen, ist das nicht gerade zurückhaltend, und wenn Dämonen eine Straße unsicher machen, gehen sie ebenfalls nicht dezent vor. Blut spritzt, Knochen brechen, Menschen schreien – das ganze Programm von Angst und Schrecken wird im Hörspiel aufgeboten. Damit muss man als Hörerin oder Hörer klarkommen ...

Auch die Dialoge sind knallig. Die Figuren reden Klartext, vor allem die Bösewichte benutzen derbe Begriffe – aber das alles treibt die Geschichte rasant voran. Uwe Voehl hat die Szenen gut platziert, und wenn man die »Zamorra«-Welt akzeptiert, bilden die Figuren und die Dialoge eine gelungene Ergänzung.

Wer feinfühlige Geschichten mag oder gerne sanften Grusel der altmodischen Art, ist hier nicht gut beraten. Zumindest die ersten beiden Hörspiele sind derbe Schocker-Geschichten.

Aber seien wir fair: Wer Horror der eher groben Art mag, wer vor allem auf ein spannendes Hörspiel Wert legt, der kann mit den neuen »Zamorra«-Hörspielen sicher etwas anfangen. Ich schlage vor, die entsprechenden Hörproben zu testen, die man im Internet findet …

Die beiden CDs, die ich gehört habe, erhält man im Buch- und Musikfachhandel. Für die CD-Publikationen werden üblicherweise 9,99 Euro verlangt.

(Diese Rezension erschien bereits im Juli auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN. An dieser Stelle teile ich sie aus dokumentarischen Gründen.)

17 Oktober 2024

Klare Parteifronten

Als ich heute morgen aus Karlsruhe hinausfuhr, sah ich ein Plaket am Straßenrand; es sah neu aus, und ich hatte gleich das Gefühl, wir hätten schon wieder Wahlkampf. »Illegale Migration stoppen!«, schrie es mir entgegen.

Kurz überlegte ich mir, von welcher Partei es denn sein könnte. Hatten die CDU, die SPD oder die Grünen endlich ihre aktuelle Politik in ein knappes Plakat verwandelt? Aber nein – es war ein Plakat der AfD, schon klar, und es überraschte mich nicht: Es machte wohl auf eine Veranstaltung aufmerksam.

Beruhigt fuhr ich weiter. Es ist schon gut, dass solche plakativen Aussagen nur von den Nazis und Faschisten kommen, dachte ich. Die demokratischen Parteien würden sich ja in ihren Aussagen nie auf ein solches Niveau herabbewegen. 

Wir lebten schließlich in einer Welt, in der man die Faschisten und die Demokraten klar unterscheiden konnte: in ihrem Tun und Handeln, aber auch in ihrer Wortwahl. Solche stumpfen Aussagen würden einem Politiker der seriösen Parteien doch nicht über den Mund kommen!

Ich suhlte mich in dem Gefühl, dass das bei uns im Land so sauber geregelt war. Gelassen sah ich der Gruppe von Schweinen zu, die gemütlich über die Felder hinwegflogen. Alles war gut, alles war klar und sauber.

Eine Liebeserklärung an die Literatur

Es ist schon einige Zeit her, seit Nina George mit »Das Lavendelzimmer« einen echten Weltbestseller schrieb, ein Buch also, das in verschiedene Sprachen übersetzt wurde und seine Fans in vielen Ländern fand. Sie veröffentlichte in den vergangenen Jahren weitere Romane, engagierte sich im Schriftstellerverband und für verfolgte Autoren – seit dem Frühjahr 2023 liegt mit »Das Bücherschiff des Monsieur Perdu« eine Fortsetzung vor.

Fortsetzung heißt in diesem Fall: Man versteht den Roman ohne Vorkenntnisse. Es ist eine eigenständige Geschichte, in der allerdings teilweise dieselben Personen vorkommen. Sie beginnt im südlichen Frankreich, wohin sich der Buchhändler Jean Perdu zurückgezogen hat.

Nina George schildert sein ruhiges und gelassenes Leben und wie es langsam wieder in Bewegung kommt. Er beschließt, wieder Literatur unter die Menschen bringen zu wollen …

Mit einem Schiff tritt der Buchhändler seine Reise über die Kanäle von Frankreich an. Mit sich bringt er nicht nur Leidenschaft für Literatur und ein kuratiertes Angebot lesenswerter Bücher, sondern auch eine Reihe von Menschen, die sich an Bord einfinden, verlieben und streiten, trennen und wieder weiterreisen. Es handelt sich um die unterschiedlichsten Charaktere, jede Person mit ihren eigenen Zielen, Sorgen und Nöten, und gleichzeitig allesamt liebenswert.

Und während sich das Abenteuer von Liebe und Leidenschaft auf einem langsam fahrenden Schiff verwirklicht, erkennt der Buchhändler den Sinn seines Lebens. Monsieur Perdu kann nicht ohne die Literatur leben, er benötigt sie, und sein Ziel ist, andere Menschen für Bücher zu begeistern. Das gelingt mitunter nicht sofort, aber er gibt nicht so schnell auf.

Ich brauchte ein bisschen, bis ich mich in das Buch einfinden konnte. Die Sicht von Monsieur Perdu auf die Welt, die schwärmerische Beschreibung des südlichen Frankreichs und die vielen Figuren – das war für mich stilistisches Neuland. Aber je länger ich las, desto klarer wurden mir die Figuren, und desto gelungener fand ich das Buch. Und während ich gewissermaßen mit dem Bücherschiff durch Frankreich reiste, wurden mir die Figuren immer sympathischer, und ich nahm sie intensiver wahr.

Tatsächlich ist »Das Bücherschiff des Monsieur Perdu« eine Liebeserklärung an die Literatur. Bücher können verzaubern und faszinieren, und das zeigt Nina George in immer wieder neuen Szenen. Menschen verlieben sich in Bücher – und in andere Menschen natürlich –, weil sie in ihnen etwas auslösen. Dabei geht es nicht um Hochliteratur, gelesen wird in Monsieur Perdus Bücherschiff letztlich alles.

Den Schluss des Romans bildet ein Happy-End, bei dem sich alles zum Guten fügt. Schmunzeln musste ich, als sich Nina George selbst und ihren Mann als Nebenfiguren in das Schlusskapitel hineinschrieb. Dieser augenzwinkernde Humor bildet einen speziellen Abschluss für einen insgesamt sehr gelungenen Roman.

»Das Bücherschiff des Monsieur Perdu« ist Literaturliteratur, wenn man so will, ein Roman über Literatur und was sie bewirken kann. Der Roman will nicht belehren, sondern die Begeisterung für gute Romane mit anderen Menschen teilen. Deshalb gibt es auch immer wieder »Die Große Enzyklopädie der Kleinen Gefühle – das Handbuch für Literarische Pharmazeut:innen«: Das sind kurze, durchaus augenzwinkernde Passagen, die den Roman quasi auflockern. Sehr hübsch!

Ein wunderbares Buch, das ich sehr gern gelesen habe und das ich seitdem überall empfehle. Auch für Menschen gut geeignet, die sonst vor allem Genres wie Science Fiction, Fantasy oder Krimis mögen …

Erschienen ist der Roman als Hardcover mit Schutzumschlag. Das Buch ist 384 Seiten stark und kostet 21,00 Euro. Man kann es in allen Buchhandlungen bestellen; die ISBN 978-3-426-65407-1 ist dabei unter Umständen hilfreich. Das E-Book gibt es für 14,99 Euro.

Eine Hörbuch-Ausgabe bietet der Argon-Verlag an, sie wurde von Philipp Schepmann eingelesen; für die CD-Version wird ein Preis von 25,00 Euro empfohlen. Zur Qualität kann ich allerdings nichts sagen.

Die große Saga als historischer Comic

»Vom Winde verweht« ist einer der großen Bestseller der amerikanischen Literatur; auch die Verfilmung gilt als hervorragend. Ich las das Buch in den frühen 80er-Jahren, den Film sah ich auch in jenem Jahrzehnt. Meine Erinnerungen sind also nicht mehr sonderlich frisch, trotzdem sind beide Varianten der Geschichte in meinem Gedächtnis stark verankert.

Man muss klar sagen: Sowohl der Roman als auch der Film weisen rassistische Vorurteile auf und verfestigen sie. Andererseits spielt die Geschichte in einer extrem rassistischen Zeit, und das lässt sich nicht ganz voneinander lösen. Interessant fand ich es deshalb auch unter diesem Aspekt, die Comic-Version zu lesen.

Der französische Comic-Künstler Pierre Alary setzte »Vom Winde verweht« in eine packende Graphic Novel um. Der erste Teil ist bereits im Splitter-Verlag erschienen, ein zweiter Teil folgt noch. Alary ist mir kein Unbekannter: Mit »Moby Dick« nahm er bereits einen anderen Literatur-Klassiker für einen Comic als Basis. Darüber hinaus war er für eine großartige »Conan«-Geschichte sowie eigenständige Comics verantwortlich. Der Mann versteht also sein Geschäft.

Tatsächlich schafft es Alary, die umfangreiche Vorlage so zu straffen und zu bearbeiten, dass viele der länglichen Beschreibungen wegfallen und die rassistischen Darstellungen völlig fehlen. Er destilliert gewissermaßen die Geschichte aus dem Epos heraus, konzentriert sich auf seine Hauptfigur und deren Schicksal. Scarlett O'Hara wird bei ihm fast schon lebendig; ihr Verhalten und ihre Taten bleiben glaubhaft, auch wenn sie manchmal schwer nachvollziehbar sind.

Zur eigentlichen Handlung: Am Vorabend des amerikanischen Bürgerkriegs ist Scarlett die verwöhnte Tochter eines Plantagenbesitzers in Georgia. Schwarze arbeiten auf den Feldern, beaufsichtigt von weißen Männern mit Peitschen – doch davon bekommt Scarlett kaum etwas mit. Sie hat eher mit den schwarzen Sklaven zu tun, die im Haushalt arbeiten und ihr bei allen Dingen des täglichen Lebens helfen. Das gibt dem Mädchen den Freiraum, sich für junge Männer zu interessieren. Doch Ashley, die Liebe ihres Lebens, heiratet eine andere Frau.

Vor dem Hintergrund des fürchterlichen Krieges, dessen Auswirkungen immer wieder zu spüren sind, vollzieht sich Scarletts Schicksal. Sie heiratet, wird erst zur Witwe, dann zur Mutter, sie trifft den Blockadebrecher Rhett, und sie versucht in den Wirren der Nachkriegszeit, ihre Plantage zu behalten. Dabei verändert sie sich; in einer starken Szene sieht man sie Seite an Seite mit ehemaligen Sklaven auf den Feldern arbeiten.

Allein daran lässt sich erkennen, wie Alary die Klippen der rassistischen Darstellung umschifft, wo das nur möglich ist. Der Autor schafft es, die Essenz der klassischen Vorlage zu übernehmen und in eine packende Geschichte zu verwandeln. Man folgt der durchaus anstrengenden Hauptfigur, man leidet und fühlt mir ihr; man möchte wissen, wie es mit ihr weitergeht.

Die Illustration passt dazu. Alary stellt das Leben in den Südstaaten in den Jahren 1860 bis 1864 glaubhaft dar. Man sieht die Bälle der wohlhabenden Reichen, später dann die Szenen des Krieges. Der Künstler versteht sich auf die Darstellung überfüllter Straßen und fliehender Menschen; er kann Gesichter, Häuser und Landschaften gleichermaßen gut darstellen.

Die Bilder sind so realitätsnah, wie das möglich ist, die Farbgebung passt sich den klaren Linien an. Wer klassische frankobelgische Comics mag, wird Alarys Stil schätzen. (Ich empfehle, sich die Leseprobe auf der Internet-Seite des Verlags anzuschauen.)

Der erste Band von »Vom Winde verweht« macht auf die Fortsetzung neugierig. Wer den Roman oder den Film kennt, wird mit Spannung darauf achten, wie Alary weiterhin die Original-Geschichte rafft und neu interpretiert – man bekommt eine andere Sicht auf den Klassiker. 

Erschienen ist der Comic als 144 Seiten starker Hardcover-Band, den es für 29,80 Euro gibt. Man kann ihn überall im Comic- oder Buchhandel erwerben, die ISBN 978-3-98721-267-3 kann dabei hilfreich sein. 

(Die Rezension wurde von mir im Juli 2024 auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN veröffentlicht; hier teile ich sie aus dokumentarischen Gründen auch noch mal.)

16 Oktober 2024

Wieder ein Neustart für die Katze

Zu den schillerndsten und zugleich populärsten Figuren im Comic-Kosmos von Gotham City zählt Catwoman. Die Diebin mit dem Katzenkostüm war anfangs vor allem sexy und gefährlich, wurde aber vor Jahren neu definiert und rutschte unter anderem in eine Liebesbeziehung mit Batman. Das alles schlug sich in vielen Geschichten nieder, die hierzulande in Sammelbänden veröffentlicht wurden.

Die »Catwoman«-Serie wurde für den deutschsprachigen Markt im Frühjahr 2024 mit einer erneuten »Nummer eins« in den Handel gebracht. Dieser Comic-Band eins enthält die amerikanischen Einzelausgaben 51 bis 56, erzählt aber eine frische Geschichte, die man ohne große Vorkenntnisse verstehen kann. Von daher ist es nachvollziehbar, dass der Verlag diese Geschichten als einen Neustart anbietet – dieser ist tatsächlich so geschrieben und gezeichnet, dass er für potenzielle Neulinge lesenswert ist.

Die Handlung beginnt im Gefängnis. Selina Kyle alias Catwoman sitzt ein, hat allerlei Konflikte mit ihren Mitgefangenen und muss sich in einer für sie fremden Umgebung durchsetzen. Währenddessen sind Freunde von ihr außerhalb des Gefängnisses damit beschäftigt, in den Straßen gegen das organisierte Verbreche zu kämpfen.

Dabei geht's auch persönlich zur Sache: Tomcat ist eine neue Nebenfigur, die zum kostümierten Helden werden möchte – nun muss er gegen seinen ehemaligen Liebhaber antreten. Und Selina Kyle, die ihre geheime Identität nicht lüften wollte, muss damit klarkommen, dass eine andere Frau in der Maske der Catwoman auf den Dächern der Stadt unterwegs ist.

Die Comic-Autorin Tini Howard, die in den vergangenen Jahren an vielen Projekten mitgewirkt hat, lässt Catwoman in diesem Band ordentlich durchstarten. Die maskierte Diebin legt sich im Gefängnis und außerhalb mit allerlei Bösewichten an – mir gefällt dabei vor allem, dass zwar maskierte Figuren eine wichtige Rolle spielen, aber nicht bei jeder Gelegenheit ein Superschurke aus dem großen Universum von DC-Comics auftritt.

Man kommt auch als Neuling im »Catwoman«-Kosmos gut in die Geschichte hinein; sie ist schnell erzählt und bringt viel Action. Gewisse Vorkenntnisse können helfen, sind aber nicht absolut notwendig. Man versteht die Zusammenhänge flott, denke ich – es schadet natürlich nicht, wenn man schon einmal von Gotham City oder Batman gehört hat.

Unterstützt wird die Texterin von unterschiedlichen Künstlerinnen, die moderne Superhelden-Kost abliefern. Das ist nicht schreiend originell, aber einfach gut gemacht: Die Action sitzt, die Zeichnungen sind stets dynamisch. Das ist alles gelungen und macht viel Freude.

Alles in allem ist der Neustart für »Catwoman« stark. Wer gelegentlich mal einen Superhelden-Comic mag, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren! (Auf der Internet-Seite des Verlags kann man sich die Leseprobe ja vorher anschauen.)

Erschienen ist der erste Band der neuen Serie bei Panini als Paperback (es gibt ihn auch als E-Book). Er ist 160 Seiten stark und kostet 20,00 Euro. Man kann das Buch in jeder Comicfach- und Buchhandlung bestellen, ebenso bei Versendern wie dem PERRY RHODAN-OnlineShop.

(Diese Rezension wurde schon im Juli auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht. Hier teile ich sie aus dokumentarischen Gründen auch noch einmal.)

15 Oktober 2024

Von San Francisco nach Chicago

Eine Geschichte, die auf historischen Grundlagen beruht und gleichzeitig ein großes Abenteuer erzählt: Ich las den Comic-Band »Das Mädchen und der Postreiter«, der zu den Anfängen des zwanzigsten Jahrhunderts führt und mir gut gefallen hat. Er enthält – soviel sei verraten – Aspekte eines Western-Comics, ohne allerdings einer zu sein.

Die Geschichte spielt im Jahr 1906. Im schrecklichen Erdbeben von San Francisco verliert ein Mädchen seine Mutter. Ihr Stiefvater weiß nichts mit dem Kind anzufangen und beschließt, es als »Postpaket« zu verschicken.

Ein Postreiter soll das »Paket« befördern, hat darauf aber keine Lust, entwickelt aber trotzdem ein Gefühl von Verantwortung. Sein Ziel ist dann, das Mädchen quer durch die USA bis nach Chicago zu bringen ...

Glaubt man dem Nachwort, ist die Geschichte zwar erfunden, beruht aber auf Tatsachen. Und so zeigen die Macher dieses Comics eine unglaubliche Reise und den Beginn einer komplizierten Freundschaft. Der Postreiter ist ein Ureinwohner, also jemand, der in den USA sowieso diskriminiert und ausgegrenzt wird. Reist so ein Mann mit einem weißen Mädchen, sind Konflikte unausweichlich.

Auf Basis der historischen Geschichte entwickelt Bertrand Galic ein Abenteuer, das man so noch nie gelesen hat. Der Autor bringt gesellschaftliche Konflikte auf den Punkt und verbindet sie mit einer packenden Handlung, der man als Leser gern folgt. Am Ende wird einem allerdings klar, dass man offenbar den Anfang gelesen hat – eine Fortsetzung zu dieser Geschichte muss also kommen: Wie geht es für die unpassenden Freunde in Chicago weiter?

Roger Vidals Bilder sind nicht spektakulär, aber gut: ein klassisch anmutender Stil mit »realistischen« Darstellungen. Wer frankobelgische Abenteuer-Comics mag, ist hier richtig. Die Landschaften des Westens, die wachsenden Städte, die Gesichter der Menschen: Der Künstler bekommt das alles lebensecht und naturnah hin.

Schöner Comic, spannende Graphic Novel!

11 Oktober 2024

Fantasy-Serie am Kiosk

Ich kann nicht zählen, wie oft ich es versucht hatte, neue Fantasy-Themen in den Zeitschriftenhandel zu bringen. Das werde ich irgendwann mal tun, wenn ich meine Memoiren schreibe. (Also wahrscheinlich nie.). Umso mehr freut es mich, dass die Kolleginnen und Kollegen bei Bastei-Lübbe dieses Risiko eingegangen sind.

Robert Corvus ist der einzige Autor der Serie »Die Vagabunden«, der erste Band ist dieser Tage erschienen. Es ist ein schmales Taschenbuch (der korrekte Begriff ist Taschenheft, schon klar, aber die meisten Leute können damit nicht viel anfangen), das gut aussieht und neugierig macht. Die Drachen auf dem Titelbild machen klar, dass es sich um Fantasy handelt – also hoffe ich, dass die Zeiten so sind, dass genügend Leserinnen und Leser zugreifen werden.

Dem Autor und dem Team bei Bastei-Lübbe wünsche ich bei diesem Projekt viel Erfolg. Sowohl aus beruflicher Sicht als auch aus rein privaten Erwägungen freue ich mich, wenn Leute daran arbeiten, die Fantasy und die Science Fiction populärer zu machen ...

Robert Corvus hat mir übrigens seinen ersten Roman signiert und zugeschickt. Manchmal zahlt es sich eben aus, viele Jahre zusammenzuarbeiten. Ernsthaft: Ich habe mich darüber sehr gefreut – und die beigelegte Grußkarte zeige ich an dieser Stelle hier gern.

10 Oktober 2024

Piratensender mit Haltung

Mit Podcasts konnte ich bislang nicht so viel anfangen: Viele davon kamen mir zu verquasselt vor, und rein zeitlich – so mein Eindruck – bekam ich es nicht hin, sie anzuhören. Das muss aber nicht so sein, und das wurde mir mittlerweile klar: Ich habe nämlich zwei Folgen von »Piratensender Powerplay« gehört und bin davon sehr angetan.

Der Podcast, dem ich über Spotify im Auto gelauscht habe, versteht sich als »politisches Gespräch«; man verspricht »Analysen mit Haltung«. Das wird tatsächlich auch geboten. Samira El Ouassil und Friedemann Karig sind mir als schreibendes Duo aus dem Sachbuch »Erzählende Affen« bekannt, das ich nach vor jedem Menschen empfehlen kann. Dass sie Podcaster sind, war mir bewusst – aber ich hatte mich nie aktiv darum gekümmert.

In der aktuellen Folge 184 geht es um das Thema »Soll die AfD verboten werden?«. Die beiden gehen das Thema von unterschiedlichen Seiten an, haben nicht immer die gleiche Ansicht, aber sind sich in der grundlegenden Analyse einig: Die AfD ist eine gefährliche rechtsradikale Partei, gegen die man etwas tun muss – ob ein Verbot der richtige Weg ist, darüber kann man sicher streiten.

Ich fand die Analyse und die Diskussion der beiden unterhaltsam und spannend; ich bekam neue Gesichtspunkte aufgezeigt und war davon sehr angetan. Man muss es ja erst einmal hinkriegen, ein so komplexes Thema so aufzubereiten, dass auch Nichtjuristen die Feinheiten verstehen.

Und so freue ich mich schon jetzt auf die nächste Folge von »Piratensender Powerplay«. Diese Woche kommt sie noch. Aber ich kann ja ebenso einige ältere Folgen hören … (Das geht nicht nur über Spotify, sondern auch auf anderem Weg.)

09 Oktober 2024

Andreas und der Trolley

Ich benutze seit vielen Jahren einen Rollkoffer. Und als ich ihn dieser Tage wieder in der Hand hatte, machte ich mir klar, dass ein Mann und eine Stadt schuld daran sind, dass ich ihn besitze: Mit dem Mann meine ich Andreas Eschbach, den Schriftsteller, und schuld an allem ist ein Seminar in Wolfenbüttel, an dem wir gemeinsam als Dozenten mitwirkten.

Ich schleppte zu jener Zeit immer eine Reisetasche mit mir herum. In diese stopfte ich meine Klamotten und meine Bücher, die ich unterwegs lesen wollte, mein Waschzeugs und Ersatzschuhe. Das alles trug ich entweder auf der Schulter oder an der Seite. Vergleichbar war die Tasche in gewisser Weise mit dem Seesack, den ich jahrelang bei meinen Reisen in afrikanischen und asiatischen Ländern benutzt hatte – wer mit einem Buschtaxi oder einem Fahrrad durch Burkina Faso oder Togo reist, braucht nicht unbedingt einen schicken Rucksack.

Aber nun ging ich mit Andreas Eschbach durch die Gassen von Wolfenbüttel. Ich schleppte meine Tasche, während er ganz weltmännisch einen Rollkoffer hinter sich herzog. Dessen Räder sorgten zwar für einen gewissen Radau auf den gepflasterten Straßen der Kleinstadt, aber der Autor spazierte gelassen und stressfrei dahin, während ich das Gefühl hatte, zwei Zentner heben zu müssen.

Und während ich mit dem Kollegen auf das Gästehaus der Akademie zuging, dachte ich die ganze Zeit: »So ein Ding brauche ich auch.«

Kurze Zeit später kaufte ich mir einen Trolley. Das dürfte jetzt bald ein Vierteljahrhundert her sein, und das alte Ding funktioniert immer noch sehr gut. Nicht nur in Wolfenbüttel übrigens …

08 Oktober 2024

Gefährlicher Langsamfahrer

Ohne dass ich es wollte, kamen wir auf ein heikles Thema: das Verhalten von Menschen im Straßenverkehr. Ich erzählte von den Gefahren, denen man als Radler in der Innenstadt ausgesetzt war. Peter plauderte über seine Probleme, wenn er mit dem Rennrad über eine Landstraße flitzte und von Autofahrern abgedrängt wurde.

Dann kam Ole an die Reihe. »Ich finde die Langsamfahrer am Gefährlichsten. Vor allem, wenn sie auf die Autobahn gehen, den Beschleunigungsstreifen so gut wie gar nicht nutzen und dann mit Tempo achtzig auf die rechte Spur schleichen.«

Wo das Problem liege, wurde er gefragt. Ole wurde richtig laut.

»Da komme ich also mit 200 auf der rechten Spur an. Nach links kann ich nicht ausweichen, weil mich eben einer auf der linken Spur mit 240 überholt.«

Ich starrte ihn an. »Du fährst 200 auf der rechten Spur?«

»Ja klar. Das geht gut, wenn die Straße frei ist. Aber dann kommt so ein Schnarchzapfen und schleicht sich mit achtzig Sachen auf die rechte Spur. Wenn ich da keinen Unfall bauen will, muss ich richtig in die Eisen steigen. Und das alles nur, weil der Typ nicht richtig Auto fahren kann.«

200 Stundenkilometer sei aber ziemlich viel, versuchte ich einen Einwand. Doch Ole war bereits richtig in Fahrt.

»Klar ist das viel. Aber das ist ja auch eine Autobahn und nicht die Tempo-dreißig-Zone vor dem Kindergarten. Auf so einer Autobahn muss man Gas geben, sonst kommt man nicht voran.«

Wir wechselten daraufhin das Thema. Bei den Unterschieden zwischen Weizenbier und Pils – das eine trinkt man im Sommer, das andere im Winter – wurden wir uns schneller einig …

07 Oktober 2024

Seminar-Blues

Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal den Begriff hörte; es war sicher in den 80er-Jahren: der »Con-Blues«. Man bekam den Con-Blues an den Tagen nach einem Science-Fiction-Treffen. Zwei oder drei Tage lang hatte man sich in einem Umfeld bewegt, in dem andere Science-Fiction- und Fantasy-Spinner unterwegs waren. Man wurde nicht dafür verhöhnt, weil man von Raumschiffen und Zeitreisen sprach, und man wurde ernst genommen, wenn man hektografierte oder fotokopierte Hefte verkaufte.

Am Wochenende war ich in Wolfenbüttel, wo ich an einem Seminar an der Bundesakademie für kulturelle Bildung teilgenommen hatte. Ich war einer der zwei Dozenten, dazu kamen 16 Autorinnen und Autoren. Es war alles in allem anstrengend – aber ich denke an diesem Tag oft und gern an diese Stunden zurück.

Der Grund ist hoffentlich einleuchtend, auch wenn er hippiemäßig klingen mag: Wir hatten ernsthafte Gespräche, wir lachten aber auch mal. Es ging um Literatur, um das Schreiben und um das Arbeiten an Texten. Es wurde Kritik geübt, die teilweise sehr ans Innere der Texte ging – das ist für die Betroffenen nicht immer einfach.

Aber die Kritik war wertschätzend, so sozialarbeiterisch das Wort klingen mag. Man nahm sich gegenseitig ernst, man sprach mit Respekt über die Arbeit der anderen, und man gab sich Mühe, auch Texte ernsthaft zu besprechen, mit denen man selbst nichts anfangen konnte. Letztlich ist es ohnehin egal, ob man einen beinharten Cyberpunk-Roman schreiben will oder eine Romantasy-Geschichte über verliebte Gestaltwandler.

Das alles gefiel mir sehr gut. Im Nachhinein denke ich, dass es mehr solcher Veranstaltungen geben sollte, wo Menschen mit unterschiedlichen Meinungen positiv und kritisch zugleich miteinander diskutieren – eine Diskussion ist schließlich kein Streit, und gerade bei Literatur ist das Spektrum der Ansichten ganz schön groß …

Ich hab‘ den Seminar-Blues. Aber ich hoffe zugleich, dass ich vom positiven »Spirit« dieses Wochenendes noch eine Weile zehren kann …

05 Oktober 2024

Hinaus ins Unbekannte

Ich halte mich wieder einmal in Wolfenbüttel auf; dort gibt es die Bundesakademie für kulturelle Bildung, in der ich an diesem Wochenende als einer von zwei Dozenten tätig bin. Meine Partnerin bei diesem Seminar ist die Autorin Kathrin Lange, mit der ich schon seit vielen Jahren zusammenarbeite und deren Sachkenntnis mich immer wieder aufs Neue beeindruckt.

Das Seminar an diesem Wochenende steht unter dem Titel »Hinaus ins Unbekannte!«; es geht um dem Roman innerhalb der phantastischen Literatur. 16 Autorinnen und Autoren haben sich eingefunden, mit denen wir über ihre Texte und Konzepte sprechen und denen wir Informationen aus dem Verlagswesen und der Autorenarbeit vermitteln.

Los ging's gestern mit einer Vorstellungsrunde, einem Werkstattgespräch und ersten Diskussionen über die Texte, die im Voraus eingereicht worden waren. Am heutigen Samstag standen weiter die Texte im Vordergrund, die wir allesamt bis zum Abend besprechen konnten.

Zwischendurch gab es immer wieder kleinere Vorträge. Kathrin Lange stellte kurz vor, wie man für den phantastischen Roman einen Weltenbau erarbeiten kann. Ich predigte gelegentlich über Dinge wie »Unwörter« oder »zu viele Adjektive«.

Die Diskussionen waren fruchtbar, die Rückmeldungen zu den einzelnen Texten kommen ja vor allem von den teilnehmenden Personen . Und weil sich alle wertschätzend verhalten – das Wort ist hier richtig –, gibt es trotz aller kritischen Äußerungen keinen Streit. Das finde ich sehr positiv.

04 Oktober 2024

Mit der Bahn nach Wolfenbüttel

Es ist mittlerweile sehr populär geworden, auf die Deutsche Bahn zu schimpfen. Das Unternehmen gibt sich auch redlich Mühe, zu seinem schlechten Ruf beizutragen. Und als heute morgen mein Zug von Karlsruhe aus mit zehn Minuten Verspätung losfuhr, befürchtete ich das Schlimmste.

Aber es ging alles gut. Der Zug kam mit deutlicher Verspätung in Fulda an, aber ich hatte eine Stunde Aufenthalt eingeplant – sicher ist sicher –, die sich auf diese Methode auf eine halbe Stunde verkürzte. Auch kein Problem; ich aß in der Zwischenzeit etwas

Mein Zug von Fulda nach Braunschweig war überpünktlich. Wir kamen eine Minute zu früh an. Mein Zug von Braunschweig nach Wofenbüttel war ebenfalls überpünktlich – auch hier waren wir eine Minute zu früh. Das fand ich bemerkenswert. Die Bahn kann also nicht nur verspätet eintreffen, sondern auch zu früh.

Wobei ich in Braunschweig genügend Zeit hatte, mich über Werbung für Kunst in Wolfsburg zu wundern. Haben die keine eigene Kunst in Braunschweig, auf die sie am Bahnhof aufmerksam machen wollen? Und muss es ausgerechnet Kunst sein, die 2015 in Karlsruhe gezeigt worden ist? 

Aber ich freute mich tatsächlich, als ich die Werbung sah ... Es war unterm Strich ja auch ein positiver Tag für mich und die Deutsche Bahn.

02 Oktober 2024

Zwischen Oi! und Büro

Die aktuelle Ausgabe 176 des OX-Fanzines ist seit einigen Tagen im Handel. Wie immer freut es mich, dass wieder ein Beitrag von mir enthalten ist. Es handelt sich bereits um die Folge 51 meines Fortsetzungsromans »Der gute Geist des Rock’n’Roll«, der diesmal wenig Action enthält, aber die Figuren weiter entwickelt, um die es geht.

Konkret wird Peter Meißner, die Hauptfigur und zugleich der Ich-Erzähler des Romans, mit seinem Punkrock-Umfeld einerseits und dem Büroleben andererseits konfrontiert. Wie er damit umgehen soll, weiß er natürlich ebensowenig wie bei vorherigen Gelegenheiten. Seine Kolleginnen sollen ja nichts davon wissen, wo und bei welchen Gelegenheiten er sich nachts auf der Straße oder in besetzten Häusern herumtreibt.

Das ist in gewisser Weise autobiografisch. Von mir wussten viele Kolleginnen und Kollegen in den 80er- und 90er-Jahren vielleicht, dass ich seltsame Musik hörte oder eine seltsame Frisur trug. Vom wahren Ausmaß meiner »Action« hatten sie keinerlei Ahnung. Das war vielleicht auch besser so …

01 Oktober 2024

Ein witziger Science-Fiction-Roman

Wer sich mit Science Fiction und artverwandten Themen beschäftigt, hat sicher schon von Roswell gehört. Die kleine Stadt in New Mexico gilt als ein Ort, in dessen Nähe angeblich die Außerirdischen gelandet sind und wo man die Reste von unbekannten Flugobjekten gefunden hat. Ausgerechnet diese Stadt und ihre Umgebung macht die amerikanische Science-Fiction-Autorin Connie Willis zum Schauplatz eines Romans, der mich wunderbar unterhalten hat.

Die Schriftstellerin hat in den vergangenen Jahrzehnten so ziemlich alle Preise abgeräumt, die es im SF-Genre gibt. Zu einem Schwerpunkt entwickelte sich dabei das Thema Zeitreise, das sie mehrfach in Romanen verarbeitete. Mit »Die Straße nach Roswell« siedelt sie ihre Handlung allerdings im »Hier und Jetzt« an, würzt sie mit einer tüchtigen Portion Situationskomik und liefert streckenweise eine bissige Satire auf den »American Way of Life«.

Hauptfigur ihres aktuellen Romans ist eine junge Frau namens Francie, die nichts von Außerirdischen und anderem Hokuspokus hält. Sie steht mitten im Leben, sie versteht sich selbst als nüchterne Person. Doch weil eine Freundin ausgerechnet in Roswell heiraten möchte, reist Francie in die Stadt der Ufo-Gläubigen, wo sie prompt auf einen echten Außerirdischen trifft. Von diesem wird sie dann sogar entführt – allerdings nicht in einem Raumschiff, sondern in einem Auto, das sie selbst zu fahren hat.

Das Alien und sie haben anfangs riesige Probleme, sich zu verständigen. Nur langsam gelingt es, eine Art Kommunikation aufzubauen. Kein Wunder: Das Alien spricht nicht, sondern benutzt Symbole, die auf seiner Haut aufleuchten. Es versteht auch nicht alles, was Francie sagt, was zu einer Kette von irrwitzigen Missverständnissen führt. Und weil einiges schiefgeht, sammelt das Alien eine Reihe von weiteren Menschen ein, bis eine skurrile Gruppe von Entführten gemeinsam mit einem Außerirdischen durch den Südwesten der Vereinigten Staaten fährt …

Die vielen Details des kunterbunten Romans lassen sich kaum in eine kurze Inhaltsangabe packen. Connie Willis erzählt ihre Geschichte mit viel Freude an humoristischen Szenen und vermittelt ganz nebenbei, wie schwierig und konfliktbeladen Kommunikation sein kann. Dabei verhalten sich ihre Figuren allesamt glaubhaft und nachvollziehbar, selbst der Außerirdische wird klar charakterisiert. Trotz der Komik wird der Roman dabei nicht albern – die Handlung läuft in sich schlüssig ab.

Es sind die Charaktere, die den Humor ausmachen: durchgeknallte Ufo-Fans in Roswell und Umgebung, spielsüchtige Rentnerinnen in Casinos, ein Western-Fan mit seinem Wohnmobil, ein Trickbetrüger mit einem Hang zur Moral – sie alle werden von Connie Willis augenzwinkernd in all ihren Marotten dargestellt. Sie schildert ihre schrägen Figuren nicht von »oben herab«, sondern mit einem Verständnis für ihre Situation.

»Die Straße nach Roswell« setzt auf flotte Dialoge und schnelle Szenen; lange Beschreibungen gibt es keine. Weil die Autorin so plastisch erzählt, hat man bei der Lektüre praktisch einen Kinofilm vor Augen.

Wer Science Fiction mag, die mit unserer wirklichen Welt noch in Beziehung steht, sollte diesen Roman lesen. Und wer sich gut unterhalten möchte und dabei gerne mal schmunzelt, ist bei diesem Werk an der richtigen Stelle.

»Die Straße nach Roswell« ist Lesefutter der besten Art! Connie Willis, die auch im »wirklichen Leben« viel Humor zeigt – ich erinnere mich an ihre Auftritte bei Cons – überzeugte zumindest mich auf ganzer Linie!

Veröffentlicht wurde der Roman bei Cross Cult. Auf der Internet-Seite des Verlags gibt es Informationen sowie eine Leseprobe.

(Diese Rezension wurde im Mai auf der PERRY RHODAN-Seite veröffentlicht. Hier erfolgt die Veröffentlichung aus dokumentarischen Gründen.)

30 September 2024

Fünfzig Jahre sind ganz schön lang

Es gab eine Phase in meinem Leben, die einige Zeit dauerte, in der ich mit meinem Heimatdorf und der Kleinstadt im Schwarzwald, in der ich zur Schule gegangen war, nichts mehr zu tun haben wollte. Mittlerweile ist bei mir eine gewisse Altersmilde eingekehrt, und so freute ich mich, als ich dieser Tage ein Schreiben aus Dietersweiler erhielt.

Einer meiner Klassenkameraden aus der Grundschule meldete sich; er hatte meine Adresse über meine Schwester herausgefunden. Man wolle ein Treffen veranstalten, und dazu wurde ich ebenso eingeladen wie alle anderen. Eine Kopie des Klassenfotos war beigefügt – aufgenommen war es im Frühjahr 1973 geworden, also zu Beginn der vierten Klasse.

1974 hatte sich unsere Klasse aufgelöst, von damals 41 Schülern gingen fünf aufs Gymnasium, darunter ich, einige auf die Realschule, die meisten auf die Hauptschule. Mit einigen hielt ich den Kontakt, man traf sich ja immer wieder auf der Dorfstraße, bei Festen oder im Schulbus. Aber ab der Mitte der 80er-Jahre wurden die Kontakte dünner, dann verschwanden sie. Es ist Jahrzehnte her, seit ich diese Leute zuletzt gesehen habe.

Und jetzt? Es ist fünfzig Jahre her. Ich habe mich in diesen Jahrzehnten mehrmals verändert, die anderen sicher auch. Haben wir uns etwas zu sagen? Wie sind die heute drauf? Komme ich mit Freunden von früher eigentlich klar?

Doch je länger ich über das Thema nachdenke, desto klarer wird mir: Ich freue mich auf das Treffen. Fünfzig Jahre sind eine lange Zeit, aus den Kindern von damals sind alte Leute geworden – das möchte ich mir nicht entgehen lassen!

27 September 2024

Unpolitische Spielfiguren

Als »Magazin für Figurenfreunde und Spieler« erblickte im Jahr 1985 ein neues Heft im A4-Format das Licht der Fanzine-Welt: Die Erstausgabe von »Agamemnon« wurde auf den Duisburger Modellbautagen erstmals präsentiert – eines der vielen Hefte, die in der Mitte der 80er-Jahre das rasante Aufblühen und Entwickeln der »neuen« Spiele-Szene symbolisierten.

Herausgegeben wurde es von Michael Cremerius und Michael Schröder, die gemeinsam einen Versandhandel für Modellbau betrieben. Auf den insgesamt 32 Seiten im A4-Format ging es nicht nur um Fantasyspiele, sondern um das ganze Umfeld von Modellbauern und Figurensammlern. Klar gab es auch Berichte über Cons, aber im Zentrum des Heftes standen vor allem Figuren.

Für mich war und ist es immer interessant, welche Arten von Fandom es gibt. Spielfigurensammler sind eine spezielle Klientel; ich habe keine Ahnung, ob es da Nachwuchs gibt oder ob es die gleichen Männer sind, die damals schon sammelten. Denen war’s letztlich egal, ob sie »Landser in Ruhestellung bei Rylit« in ein möglichst gelungenes Diorama packten oder Figuren aus der Saga des »Herrn der Ringe«, französische Gardesoldaten oder »Warhammer«-Figuren.

Schön fand ich den Artikel über Heraldik, die auf einer Doppelseite allerlei Wappen erklärt. Dazu kommt ein Artikel über die Kämpfe in Ostafrika während des Ersten Weltkriegs, der vor allem die Operationen der deutschen und britischen Truppen erwähnt, das Elend der Zivilbevölkerung aber praktisch ignoriert.

Klar: Das Magazin wollte nicht politisch sein. Aber heute wirkt das manchmal schon ein wenig seltsam …

26 September 2024

Originelle Science Fiction im kleinen Format

Was mir beim neuen Roman von Becky Chambers zuerst auffällt, ist die Größe der deutschsprachigen Ausgabe. Zwar liegt der Hardcover-Band gut in der Hand, dafür hat er ein deutlich kleineres Format als ein herkömmliches Taschenbuch – man hat es also mit einem speziellen Sonderformat zu tun. Für Leser wie mich, die ohnehin kürzere Werke mögen, ist das ein Kaufargument ...

Der Roman trägt den Titel »Ein Psalm für die wild Schweifenden«, und bei ihm handelt es sich um den ersten Band eines Zweiteilers. Der zweite Band liegt ebenfalls schon in deutscher Übersetzung vor, ich habe ihn aber noch nicht gelesen. Die unspektakulär wirkende Geschichte kommt ohne Action-Szenen aus, und in ihr herrscht eine eher ruhige Erzählweise vor.

Sie spielt auf einem Mond namens Panga, über dessen weitere Lage man nichts erfährt. Der Mond hatte vor längerer Zeit – das wird nicht weiter erläutert – eine große Krise. In deren Verlauf trennten sich die Menschen von ihren Robotern, die daraufhin in den Wäldern verschwanden, und änderten ihre Wirtschaft. Was zuvor ein industriell genutzter Mond war, entwickelte sich zu einem »grünen« System, in dem die Ökologie im Vordergrund steht.

Wenn man es genau nimmt, präsentiert die Autorin in ihrem Roman die Vision einer »Erde«, in der sich die Menschen der Natur anpassen und sich die Tier- und Pflanzenwelt nicht brutal unterwerfen. Das zeigt sich an den vielen Details zum Alltagsleben oder auch an der Tatsache, dass es außerhalb der Siedlungsgebiete riesige Landstriche gibt, die »ungenutzt« bleiben, in denen sich aber Hinterlassenschaften der technischen Vergangenheit finden.

Auf diesem Mond und in dieser Zeit ist Dex unterwegs. Bei Dex handelt es sich um einen Teemönch, der/die mit einem Fahrrad sowie einem Wohnanhänger unterwegs ist. Wo Dex anhält, bietet er/sie im Prinzip therapeutische Sitzungen an, womit er/sie den jeweiligen Menschen mit ihren Problemen hilft. Dass Dex ein nonbinärer Charakter ist, weshalb er auch als »Geschwister Dex« bezeichnet wird, läuft als Thema im Hintergrund mit.

In der Handlung wird das Nonbinäre durch die Pronomen kenntlich gemacht. Da Dex weder weiblich noch männlich ist, werden für ihn/sie weder »er« noch »sie« verwendet, sondern Mischformen. Das war in der Übersetzung nicht einfach, denke ich. Für mich als Leser war's eher ungewohnt, und ich brauchte einige Zeit, bis ich mich darauf eingestellt hatte.

Tatsächlich lebt »Ein Psalm für die wild Schweifenden« von diesen Beschreibungen und von seiner schrulligen Hauptfigur. Die trifft im späteren Verlauf auf einen Roboter – und das leitet dann zur direkten Fortsetzung über.

Der Roman ist in einem ansprechenden Stil geschrieben, wenngleich er nicht spannend ist in dem Sinne, dass man von Kapitel zu Kapitel fiebert. Becky Chambers lässt ihre Figur in aller Ruhe über den Mond reisen und ihre Erfahrungen sammeln. Damit vermittelt sie eine phantastische Welt, die sich anders präsentiert als das, was man sonst aus der Science Fiction kennt. Ich finde das originell, an manchen Stellen eben gewöhnungsbedürftig. Wer ruhige Science Fiction mit einem Schuss Experimentierfreude mag, sollte diesen kurzen Roman antesten.

Erschienen ist er als Hardcover mit Lesebändchen im Carcosa-Verlag. Zum Einlesen bietet der Verlag auf seiner Internet-Seite weitere Informationen sowie eine Leseprobe zu dem Buch. Es ist 188 Seiten stark und kostet in gedruckter Form 18,00 Euro. Das E-Book gibt's für 12,99 Euro. 

(Die Rezension veröffentlichte ich im April auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie. Hier wird sie aus dokumentarischen Gründen auch veröffentlicht.)

25 September 2024

Ein Roman zum Lachen und zum Weinen

Es ist eine Situation, die wohl jeder Mensch in der einen oder anderen Weise kennt: Man nimmt sich viele Dinge vor, die man unbedingt erledigen möchte, idealerweise mit Zusätzen wie »dringend« oder »spätestens bis morgen« versehen – und schafft es nicht. Die Gründe für ein solches Scheitern sind vielfältig; mal ist es der Zeitmangel, dann die Gesundheit oder schlicht fehlende Lust. Und manchmal werden die Berge der unerledigten Arbeit immer größer und höher, bis man sie kaum noch zu überblicken scheint.

So geht es dem Ich-Erzähler in dem herrlichen Roman »Kleine Probleme« von Nele Pollatschek, der 2023 erschienen ist. Für die junge Autorin wurde er zum Überraschungserfolg; das Buch wurde mehrfach nachgedruckt und erhielt sehr gute Kritiken. Zu Recht, wie ich finde!

Ihr Ich-Erzähler ist einer jener Menschen, die alles vor sich herzuschieben scheinen. Er sieht sich selbst als Schriftsteller, der ein wichtiges Lebenswerk verfassen möchte. Doch er verrennt sich seit Jahren in allerlei Projekten, kommt keinen Schritt weiter und muss irgendwann erkennen, dass er in mancherlei Hinsicht gescheitert ist: Seine Frau hat ihn – zumindest für eine gewisse Zeit – einfach verlassen, mit der Familie hat er seine Probleme, und so sitzt er allein im Haus, bereitet sich auf den Jahreswechsel vor und hat eine »To-Do«-Liste, die auch unter normalen Umständen nicht zu schaffen wäre.

»Kleine Probleme« erzählt vom Scheitern und von kleinen Erfolgen, von der Schriftstellerei und dem Ringen um das richtige Wort, vor allem von der Zeit, die verfliegt, während um einen herum das Leben voranschreitet. Die Autorin versteht sich darauf, tief in das Innere ihres Helden zu blicken.

Man hat Verständnis für den Ich-Erzähler und möchte ihm doch auf jeder zweiten Seite ein »nun mach schon endlich!« entgegenschreien. Sie zeigt die Widersprüche in seinem Leben und seine Versuche, alles wiedergutzumachen, was er in den Jahren zuvor falsch gemacht oder versäumt hat. Dabei schildert sie die einzelnen Szenen so pointiert, dass ich bei der Lektüre immer wieder lachen musste.

Beim Stil bleibt die Autorin stets eng an ihrer Hauptfigur. Ihre Sätze hält sie damit auch eng an der »gesprochenen Sprache«, was ich nicht negativ meine. Der angehende Schriftsteller macht sich Gedanken über das Leben und seinen Sinn, hadert dann wieder mit sich selbst und läuft schimpfend durch das Haus – je nach Szene verändern sich dabei die Ausdrucksweise, die er benutzt. Das macht die Autorin sehr geschickt, so dass man bei der Lektüre nie aus dem Text geworfen wird.

»Kleine Probleme« ist sicher keine Weltliteratur und will das auch nicht sein. Der Roman ist unterhaltsam, er zeigt einen Menschen in einer extremen Lage, er ist tragisch und witzig zugleich. Sehr gelungen! (Wer mag, kann sich ja die Leseprobe auf der Internet-Seite des Verlags anschauen.)

Erschienen ist der Roman bei Galliani Berlin als Hardcover mit Schutzumschlag. Das Buch umfasst 208 Seiten und kostet 23,00 Euro (das E-Book gibt es für 19,99 Euro). 

(Diese Rezension wurde bereits im April auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht. Hier bringe ich sie zur »Ablage« für mich selbst noch einmal.)

24 September 2024

Romantik in Rastatt

Vor bald zwanzig Jahren sagte jemand zu mir: »Du könntest ein Büro mit Blick auf die Elbe haben.« Das war positiv gemeint und wurde in Verbindung mit einem Angebot geäußert, das verführerisch klingen sollte.

Ich konterte damals recht trocken: »Ich behalte lieber mein Büro mit Blick auf den Güterbahnhof von Rastatt.« Das machte damals meinen Standpunkt schnell klar.

Das stimmte damals übrigens nicht ganz; mein Blick fiel viele Jahre lang auf einen Parkplatz. Und es stimmt auch heute nicht: Mein Blick fällt heute auf meinen ehemaligen Arbeitsplatz.

Trete ich aber auf den Parkplatz hinaus und schaue in eine bestimmte Richtung, sehe ich die Anlagen der Deutschen Bahn. Abgestellte Waggons, einige Lagerschuppen, Masten und Drähte. Man sieht den Rost, man erkennt das Metall.

Das ist nicht immer schön. Geht aber die Sonne unter, kann sich sogar ein hässlicher Ort in Rastatt in eine Umgebung verwandeln, die irgendwie doch attraktiv wirkt. Finde zumindest ich. 

Aber wahrscheinlich bin ich eh nur so ein verkappter Romantiker ...

23 September 2024

Zwei nicht wählbare Männer

Nach den Wahlen in Brandenburg sind die Journalisten nicht nur im deutschsprachigen Raum wieder auf Ursachenforschung: Warum kann eine AfD auf bald dreißig Prozent, auch wenn sie außer Hass und Hetze nichts zu bieten hat? Wie schafft es die SPD, gegen jeglichen Trend ein achtbares Ergebnis zu erzählen? Und so weiter.

Ich betrachte die Welt aus meinem subjektiven Winkel und versuche erst gar nicht, objektiv an das Thema heranzugehen. In einem Jahr ist die Bundestagswahl, und zur Wahl stehen im Prinzip zwei ältere Herren, die beide relative Chancen haben, zum Bundeskanzler gewählt werden.

Derzeit schanzen alle dem CDU-Kandidaten die besten Chancen zu. Friedrich Merz hat zwar noch nie »anständig« gearbeitet, und er hat keinerlei Erfahrung als Minister – aber er kann gut reden, und er wirkt intelligent genug. Trotzdem ist es traurig, dass eine Volkspartei wie die CDU nur so einen recht alten Mann als Kandidaten aus dem Hut zaubert, der außer Populismus bislang nichts zu bieten hat.

Wobei der Kandidat der SPD, unser amtierender Bundeskanzler, genauso alt wirkt. Olaf Scholz wird für mich immer der Typ sein, der die Proteste in Hamburg brutal zusammenschlagen ließ – dafür hat er sich nie rechtfertigen müssen. Und er ist immer der Typ, der beim Cum-Ex-Skandal zumindest … ähm … nicht hundertprozentig die Wahrheit gesagt hat.

(Früher hätte ein Politiker für solche Verfehlungen den Hut nehmen müssen. Heute macht man ihn zum Bundeskanzler. Und das bei den Sozialdemokraten! Das muss man nicht verstehen.)

Es ist wohl unausweichlich: 2025 wird das Jahr werden, in dem ich wieder die Grünen wählen werde. Nicht weil ich sie gut finde. Sondern einfach deshalb, weil die anderen Parteien und Kandidaten in einem Ausmaß unwählbar sind, dass ich es selbst verblüffend finde. Schon irgendwie hart.

20 September 2024

Das Kind der Hexe – zum ersten

Was für ein Szenario! Dorian Hunter, der unerschrockene Dämonenkiller, wird von der Polizei verhört. Man hält ihn aus nachvollziehbarem Grund für einen Massenmörder. Doch was ist wirklich geschehen?

So beginnt die Folge 50.1 der Horror-Hörspielserie »Dorian Hunter«, die ja bekanntlich auf der Heftromanserie »Dämonenkiller« basiert und die klassischen Romane in moderne Hörspiele umsetzt. Verantwortlich dafür ist das Team von Zaubermond Audio, das auch mit diesem Tonträger für spannende Unterhaltung sorgt.

Wobei man klar sagen muss: Wer sich in der Welt von Dorian Hunter sowie seinen Freunden und Feinden nicht auskennt, wird sich hier schwertun. Durch die Handlung erschließen sich einige Zusammenhänge zwar schon, aber einfach ist das nicht – die Geschichte bekommt erst ihren richtigen »Drive«, wenn man die Vergangenheit der handelnden Personen kennt.

Die Hexe Coco Zamis ist hochschwanger. Sie soll ihr Kind in einem Krankenhaus auf die Welt bringen – doch die unterschiedlichen Fraktionen, die es unter den Dämonen gibt, haben sehr abweichende Vorstellungen davon, wie es mit dem Kind und seiner Mutter weitergehen kann.

Die Gruppe um Dorian Hunter und Coco Zamis schmiedet allerlei Pläne, aber diese lassen sich nicht so einfach umsetzen. Und dann endet das Hörspiel mit einem gemeinen Cliffhanger …

Ganz klar: »Das Kind der Hexe« ist ein beeindruckendes und spannendes Hörspiel. Der erste Teil – also die Nummer 50.1 – trägt den Untertitel »Der Plan«, und ich bin schon extrem neugierig auf die Fortsetzung dazu. Die werde ich in den kommenden Tagen sicher bald anhören!

19 September 2024

Werbung für SAG 5

Mein Glaube, es sei gut, mit Namen zu werben, blieb auch bei der fünften Ausgabe meines Fanzines SAGITTARIUS unerschütterlich. Mithilfe eines Bekannten, der in einer Druckerei arbeitete, produzierte ich ein Werbeblatt, das im Herbst 1981 auf diese Ausgabe hinweisen sollte – das Werbeblatt mit einem Motiv von Anton Atzenhofer kam erst später.

Ich legte die Texte an, mein Bekannter ließ sie »setzen« und drucken, und danach hatte ich rund 200 Blätter im A5-Format, die ich Briefen beilegte und von anderen Fanzine-Produzenten unter die Leute bringen ließ. Werbliche Aussagen ließ ich weg, ich stellte nur den Nicht-Slogan »Das Fanzine für SF, Fantasy & Comics enthält« in den Vordergrund und listete ansonsten die Namen auf.

Fairerweise muss man sagen, dass einige der Namen damals durchaus einen Klang hatten. Wolfgang Altendorf hatte um diese Zeit einen Zeitreiseroman bei Heyne veröffentlicht, Carlos Rasch war den Leuten bekannt, die mal über die deutsch-deutsche Grenze blickten, und einige andere Namen las man auch in anderen Fanzines. Schaue ich mir heute das Blatt an, sitze ich manchmal trotzdem ratlos da und überlege mir: »Wer war eigentlich Klaas Vanderspoel?«

Die erste Razors-Scheibe

Ich würde ja gern behaupten, dass ich mir die erste Single der Razors bereits 1979 gekauft hätte. Aber das wäre eine plumpe Lüge: 1979 wusste ich noch nichts von der Band und begeisterte mich zu der Zeit eher für Kapellen, die mir Klassenkameraden auf Kassette überspielen konnten. Die Razors-Single kaufte ich mir irgendwann in den 80er-Jahren »secondhand«, es könnte sogar in den frühen 90er-Jahren gewesen sein.

Auch wenn ich also das Erdbeben nicht live mitbekam, das die Band in den späten 70er-Jahren in Hamburg auslöste, finde ich die Platte immer noch richtig gut. Das Titelstück – »Christ Child« – ist ein ruppiger Pogo-Kracher, während »Enemy« auf der B-Seite eher langsam losgeht, bevor es sich immer mehr steigert und in einen rasanten Pogo-Sound verfällt. Auffallend ist, dass bei »Enemy« die Breaks zum Einsatz kommen, die man fünf, sechs Jahre später beim Hardcore als neu und innovativ ansah …

Die Razors orientierten sich bei dieser Platte ganz eindeutig an der ersten Generation der englischen Bands. Das merkt man nicht nur am knödeligen Gesang in englischer Sprache, sondern auch an den schroffen Melodien und am Hintergrund-Chor. Hört man sich die Platte mit dem Abstand von Jahrzehnten an, klingt sie natürlich alt, aber keine Sekunde lang lahm – es handelt sich immer noch um einen amtlichen Punkrock-Knaller!

(Wer die Chance hat, sich diesen Tonträger zu sichern, auch in einer Wiederauflage, sollte das tun. Ansonsten gibt es ja allerlei digitale Möglichkeiten, ihn anzuhören.)

18 September 2024

Im Ödland von Südaustralien

Paul Hirschhausen ist ein redlicher Polizist. In einer sehr ländlichen Region im südlichen Australien geht er seiner Arbeit nach. Er kümmert sich um alleinstehende Rentner, er hilft einem Kind, das in einem überhitzten Auto feststeckt, und er sorgt dafür, dass örtliche Wichtigtuer nicht zu wichtig werden. Doch dann metzelt jemand die Pferde einer Einheimischen nieder – und kurz darauf gibt es einen Mord … 

»Hope Hill Drive« ist der zweite Roman, den Garry Disher über seinen Hirschhausen geschrieben hat, der im Roman fast durchgehend immer als »Hirsch« bezeichnet wird. Die ländliche Region, in der sich alles abspielt, schildert der Autor mit Sachkenntnis und Liebe zum – immer knapp gehaltenen – Detail; man kann sich die Szenerie richtig gut vorstellen.

Es tauchen viele Personen auf, die im Verlauf des Romans fast alle irgendwie wichtig werden. Sie stecken in verschiedenen Beziehungen fest, sie sind miteinander verwandt oder untereinander verstritten. Dazu kommen die Komplikationen mit höheren Polizeibehörden in der nahe gelegenen Stadt oder sogar in der Metropole – der Fall wird immer komplexer und faszinierender.

Seinen Roman fängt Disher mit viel Ruhe an. Sein Held fährt mit dem Auto durch die Gegend, er guckt sich die Leute an, er spricht mit ihnen. Es wird zu viel Alkohl getrunken, hinter heruntergekommenen Fassaden lauert die Gewalt, und langsam wird klarer, wer mit wem welches Verhältnis hat.

»Hope Hill Drive« ist ein ausgesprochen gelassener Polizeikrimi, der zwar auch Action-Elemente aufweist, sich aber auf Szenen mit sozialer Realität, klare und toll formulierte Dialoge sowie knappe Beschreibungen konzentriert. Am Ende ist das Gesellschaftsbild eindeutiger, es werden auch mehrere Täter festgestellt – ein starker Roman, den man im übrigen ohne jegliche Beziehung zum ersten Band der Serie lesen kann.

17 September 2024

Heftige und sehr düstere »Conan«-Adaption

Auch wenn sie wie aus der Zeit gefallen wirkt, mag ich die Figur des Barbaren Conan – seit Robert E. Howard ihn erfand und damit wesentliche Aspekte der Fantasy-Literatur definierte, hat Conan allerlei Inkarnationen erlebt. Derzeit finde ich die Comic-Versionen interessant, die der Splitter-Verlag hierzulande veröffentlicht: Unterschiedliche Teams aus Zeichner und Autor nehmen sich eine klassische »Conan«-Geschichte vor und interpretieren sie auf ihre Weise.

Zuletzt las ich »Der wandelnde Schatten«; die Geschichte ist schon im Original knallhart und wird im Comic noch heftiger präsentiert. Zum Inhalt: Conan flüchtet in Begleitung einer schönen blonden Frau in eine Wüste tief im Süden, verfolgt von den Soldaten einer feindlichen Armee.

Als sie schon am Ende ihrer Kräfte sind, erreichen sie eine mysteriöse Stadt. Dort treffen sie auf uralte Mythen und träumende Bewohner, auf eine faszinierende Frau mit Hang zum Sadismus und ein Monster aus finsteren Sphären ...

Christophe Bec, der erfahrene Comic-Autor, setzt den klassischen Stoff in eine packende Geschichte um. Er folgt Howards Original so weit, dass er auch die Stimmungslage und die Formulierungen übernimmt. Und dabei unterlässt er jeglichen Versuch, den Stoff zu modernisieren. Seine »Conan«-Geschichte ist blutig, finster und brutal; als Leser muss man sich darauf einlassen.

Stevan Subic setzt das in einen Comic um, der nichts für zartbesaitete Gemüter ist. Bei den Kämpfen spritzt das Blut, es geht heftig zur Sache. Sex wird angedeutet, wobei es hier eher um Vergewaltigung und Sado-Maso geht – was in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts nur erwähnt wurde, macht er klar. Bevor sich die falschen Fans freuen: Es gibt keinerlei pornografische Details …

Wenn Subic die düstere Stadt zeigt, greift er zu Ornamenten, die beeindruckend sind. Und wenn das Monster aus der Tiefe auftaucht, gewinnt er diesem auch einen unheimlichen Reiz ab. Man muss klar sagen: Für meinen Geschmack war's streckenweise zu heftig – aber starke Bilder sind es tatsächlich.

Hier empfiehlt es sich, unbedingt die Leseprobe zu prüfen. Wer knallharte Fantasy der ganz klassischen Art mag, ist hier aber gut beraten.

16 September 2024

Wein aus Slowenien

In diesen Tagen fühle ich mich, als sei der Herbst schon wirklich angebrochen. Es regnet, es ist kühl, die Menschen sind mit dicken Jacken, Wollmützen und Schals unterwegs. Dabei ist doch zumindest kalendarisch immer noch Sommer angesagt.

Bloß gut, dass es daheim die eine oder andere Flasche Wein gibt. Konkret: Wein aus Slowenien, vom Weingut Guerila – der geht langsam zur Neige, was ich schon jetzt traurig finde. Er ist schwer zu beschreiben, schmeckt einfach anders als ein Riesling, Burgunder oder Chardonnay.

Mit einem schönen Glas Wein, der an den Frühsommer 2022 erinnert, lässt sich die beginnende Herbst-Depression zumindest teilweise vertreiben. Finde ich ...

13 September 2024

Henry Kuttner als Schwerpunkt

Seit vielen Jahren lese ich die »Blätter für Volksliteratur«, die wie ein Fanzine aussehen, aber eigentlich in ein Regal mit »Fachliteratur zu literarischen Phänomenen« gehören. Die Ausgabe 1/2024, die bereits vor mehreren Monaten erschienen ist, bildet hierfür ein typisches Beispiel.

Im einleitenden Artikel geht es um die klassische »Tom Shark«-Serie. Ich kenne sie natürlich vom Titel her, habe aber nie einen dieser Romane gelesen. Zwischen den zwei Weltkriegen gehörte sie zu den populärsten Serien im deutschsprachigen Raum, und es gibt immer noch Details zu den Autorinnen und Autoren, die entdeckt werden. Solche Themen mag ich, wenngleich es Randgebiete sind.

Für mich als Science-Fiction-Fan war der umfangreiche Beitrag über Henry Kuttner besonders interessant. Der Autor veröffentlicht in den 30er- und 40er-Jahren zahlreiche Klassiker der phantastischen Literatur, ist hierzulande aber immer im Schatten geblieben. Nur wenig aus seinem umfangreichen Werk wurde übersetzt, was ich schade finde – der Artikel gibt immerhin einen schönen Einblick in Kuttners Werk.

Weitere Beiträge beschäftigen sich mit dem Autor Henry Wadwsworth Longfellow und der klassischen »Captain Future«-Reihe. Vor allem für Leute, die Science Fiction mögen, hat diese Ausgabe der »Blätter für Volksliteratur« also einiges zu bieten.

Die Ausgabe umfasst 24 Seiten im A5-Format, die reichhaltig illustriert sind. Es gibt leider keine Website mit weiteren Informationen. Wer sich für das Heft interessiert, muss also direkt an peter.soukup@aon.at schreiben.