30 August 2006

Abschied von Kalifornien

Long Beach gibt sich heute morgen redlich Muehe, mich zu verabschieden. Kuehl ist es und windig, graue Wolken versuppen den Himmel ueber der Stadt.

Vom Meer her kommt ein scharfer Wind, der das Wasser peitscht. Einige Leute am Strand joggen mit Kapuzenpullovern. Hunde zerren am "Dog Beach" aufgeregt an der Leine.

Soll mir das einen Eindruck davon verschaffen, was mich in etwa 15 Stunden in Deutschland erwartet?

Was bedeutet eigentlich "giant"?

Ich wurde von meinen Eltern dazu erzogen, meinen Teller leerzuessen und mir auch nicht mehr zu bestellen, als ich essen koenne. Bis heute ist es mir ein Greuel, Nahrungsmittel wegzuwerfen, und ich vermeide das, wo ich nur kann.

Bis heute.

Heute morgen ging ich ins Long Beach Cafe, gleich um die Ecke. Durch eine Gasse hindurch, ueber einen Parkplatz, und ich war da. Die Einrichtung eine Orgie in Gruen, viele Geschaeftsleute.

Die Werbung versprach "giant omelettes", ich hatte nach dem gestrigen Sporttag mit viel Laufen und Radfahren richtig Hunger und bestellte mir ein Veggie Omelette.

Es haette fuer drei Klaeuse gereicht. Allein das Omelette war so gross, dass ich es kaum schaffte. Dazu kamen Unmengen von Bratkartoffeln, die ebenfalls eine komplette Mahlzeit ergeben wuerden. Vom Toast ganz zu schweigen, den ich unberuehrt stehen liess.

Schamhaft ass ich das Omelette, habe jetzt noch ein fuerchterliches Fuellegefuehl, futterte einige der Kartoffeln, und dann verliess ich das Long Beach Cafe in einem schwankenden Gang, als haette ich auf einen Schlag sechs Kilogramm Fett mehr auf dem Koerper.

Wie schaffen die Amis das nur?

Eine Mall wie eine Stadt

Die Lakewood Mall ist so gross wie das Dorf, aus dem ich stamme. Mit dem einen Unterschied: Durch Dietersweiler gehen keine vierspurigen Strassen, durch diese Mall schon.

Mit dem 112er Bus fuhr ich hin, kaufte Converse-Turnschuhe und Jeans wie alle deutschen Touristen sowie diversen anderen Krimskrams. Staunend wie ein kleines Kind ging ich durch kilometerlange Gaenge, gesaeumt von kleinen Laeden und Fresseinrichtungen.

Amerika ist schon ganz schoen gross. Aber gefallen kann einem dann doch nicht alles, was man so sieht ...

Verdammt langer Strand

Der Strand von Long Beach traegt seinen Namen zu Recht. Heute mietete ich mir ein Rad und fuhr die Strandstrasse entlang nach Sueden.

Kilometerweit nur Sandstrand, 500 Meter breit und so gut wie menschenleer - die Schulferien in Kalifornien sind vorueber. Der Radweg ist bombastisch gut ausgebaut, und ich kam schnell voran. Fast haette ich es bis nach Huntington Beach geschafft, aber in der Bucht von Belmont verfranste ich mich in kleinen Wegen rings um den Yachthafen, also fuhr ich wieder zurueck, bevor ich einen Sonnenstich abbekam.

Alles in allem ein sehr gemuetlicher Aufenthalt in der Sonnenstadt, in der richtige Menschen leben und nicht alles so aussieht wie ein riesiges Disneyland. Ich empfinde Long Beach nach Anaheim als komplette Erholung.

29 August 2006

Jetzt in Long Beach

Seit gestern bin ich in Long Beach. Der Strand ist wirklich verdammt "long", vor allem auch tief - man braucht gut 500 Meter ueber den Sand, bis man ans Meer kommt. Sehr nett ist es trotzdem.

Ich habe gestern, nachdem ich mit dem Bus hierher gekommen bin und eingecheckt habe, erst einmal einige Zeit damit verbracht, mir die Stadt zu erlaufen. Der Business-Distrikt ist recht hektisch, da geht was, auch in den Hauptverkehrsstrassen ist viel los.

Das neue Strandgebiet aber, das erst in den letzten Jahren entstanden ist, lag in tiefem Vorabendschlaf. Nur wenige Menschen waren auf den Piers und in den neu errichteten Freizeiteinrichtungen unterwegs, das fand ich seltsam.

Von der Hochstrasse des "Pike" aus sah ich zu, wie die Sonne ueber dem Pazifik unterging. Hinter mir flimmerte ein Riesenrad vor sich hin, vor mir blinzelten die Lichter tausender Schiffe, die in der Marina herumduempelten. Von irgendwoher drang dudelige Jazz-Musik.

Ein Ort, um melancholisch zu werden.

28 August 2006

Des toten Hundes Feier

Gestern abend war mir ein bisschen melancholisch zumute. Der Con war vorueber, die Sonne sank gerade ueber Kalifornien, ich hatte am Pool eine Pizza gefuttert und das Manuskript des PERRY RHODAN-Taschenbuches von Kathrin Lange gelesen, und wir zogen noch einmal durch die Party-Ebene des Hilton Hotels.

Wenige Fans waren auf den Gaengen unterwegs, Bier gab es keines mehr. Deshalb landeten wir spaeter in der Hotelbar, wo sich die letzten versprengten Autoren und Veranstalter zur "Dead Dog Party" trafen. Wir erzaehlten uns dummes Zeugs bis Mitternacht, dann reichte es irgendwie.

Zumindest bei mir war die Luft raus. Und heute fahre ich noch fuer zwei Tage nach Long Beach. Urlaub machen ...

27 August 2006

Ray Bradbury ...

Einer der eindrucksvollsten Reden, die ich seit langem gehoert habe, ein eindrucksvoller Moment auf dieser Veranstaltung: Ray Bradbury war eben auf dem Podium und erzaehlte von frueher und heute, von der Liebe zu den Dingen und so weiter.

Der Mann ist jetzt 86 Jahre alt oder so und sitzt im Rollstuhl, ist aber geistig noch absolut. Beeindruckend, wie er das alles erzaehlt hat, ohne jegliche Alterspeinlichkeit, wie es sie leider manchmal gibt.

Wer nicht weiss, wer Bradbury ist: Der Mann schrieb unter anderem "Fahrenheit" und die "Mars-Chroniken" und eine Reihe anderer toller Geschichten und Romane; er war Drehbuchautor unter anderem von "Moby Dick".

Er erzaehlte, wie er 1939 in einem Buchladen in Hollywood einen Hinweis auf einen SF-Club fand, wie er dann hinging und die klassischen Autoren alle kennenlernte, wie er als 12 Jahre alter Junge in einem Zirkus einen Blick in die "Zukunft" bekam ... und so weiter. Tolle Geschichten eines alten Mannes, dessen Arbeit zu Recht bewundert wird.

Ich bin froh darum, dass ich Ray Bradbury auf diese Weise noch erleben konnte.

Seltsame deutsche Besucher

Gestern sass, nein, stand ich in einem Programmpunkt, der proppevoll war. Es ging um "Global Warming", ein Thema, das mittlerweile auch zu den Amerikanern durchgekommen ist. Auf dem Podium unter anderem die sehr guten und sehr klugen SF-Autoren Kim Stanley Robinson und Gregory Benford, im Saal unter anderem ein Aktivist, der Informationen ueber Umweltschutz und so verteilte.

Irgendwann stand in der vorderen Haelfte auf der Seite ein Mann auf, die Kamera bereits schussbereit in der Hand. Er trug ein hellgruenes T-Shirt und einen Vollbart, wirkte schlanker als jeder andere im Saal - inklusive meiner einer -, schaute sich linkisch und ein bisschen verlegen um, fotografierte ganz schnell in die Landschaft und setzte sich wieder hin. Das gruene Shirt leuchtete noch ein wenig nach, ansonsten war er in der Menge verschwunden.

Ich hatte Thomas Recktenwald gesehen. Der Mann, der jahrelang Chef des SF-Clubs Deutschland e.V. war und der anno 1992 beim EuroCon in Freudenstadt fuer die einzigen zwei Programmpannen gesorgt hat, die es anno dunnemals bei uns gab.

Respekt - die Vertretung der deutschen Fan-Szene bestand an diesem Wochenende anscheinend aus einem verlegen wirkenden Knipser und einem aelteren Herren (Waldemar Kumming), den ich einmal durch die Gaenge wandeln sah. Kein Wunder, dass die deutsche Fan-Szene im Ausland entweder gar nicht praesent ist oder nicht ernstgenommen wird.

Schlaflos in Anaheim

Mein Schaedel fuehlt sich an, als habe ihm jemand die Luft rausgelassen und irgendein Benzin-Gemisch reingeblasen: hohl, gefuellt mit irgendwelchem Mist, der irgendwann in die Luft gehen kann. Als ich heute morgen in das Kongresszentrum ging, ueber den Teppichboden mit diesem unglaublichen Muster, hatte ich das Gefuehl, als welle sich der Teppich unter mir, als ginge ich ueber ein Meer aus blauen und gruenen Streifen, unterbrochen durch Flecken in allen moeglichen Farben.

Dabei habe ich gar nicht so viel getrunken gestern abend. Ich bin der Illusion aufgesessen, auf diesen Science Fiction WorldCons wuerde wie bloed Bier gesoffen und wildes Zeugs getan.

Das waere das Programm gewesen: Besuch der Hugo-Preisverleihung, anschliessend Besuch der Room Party. Und viel Bier.

Die Preisverleihung war grossartig, ich lachte viel. Die Room Partys fanden wir auch. Und gekifft wurde an einigen Stellen tatsaechlich; ich war beeindruckt.

Aber mit Bier war nicht viel los. Bei einer Party gab es lauwarmes Foster's, das Sascha und ich wegschuetteten. Und mit Werner latschte ich eine halbe Stunde lang von Party zu Party, um etwas ordentliches zu trinken zu bekommen.

Dennoch wurde es zwei Uhr nachts, bis ich endlich im Bett war. Um heute morgen um sieben Uhr wieder wach zu werden. Mann ...

26 August 2006

Downtown Disney

Man muss nicht unbedingt Eintritt bezahlen, um sich einen Eindruck vom Disneyland zu verschaffen. Das bemerkte unsere deutsche Reisegruppe (wir sind ein zusammengewuerfelter Haufen von Verlagsleuten) am gestrigen Abend: Wir schauten uns naemlich Downtown Disney an.

Darunter versteht man eine Ansammlung von Restaurants und Andenkenlaeden, die in Form einer Art Fussgaengerzone aufgemacht sind und sich wie eine Zunge ins Disneyland hineinzieht. Ueberall haengen Lampions, laeuft laute Musik, sind Heerscharen von Menschen unterwegs; man kommt sich vor wie in einem grossen kuenstlichen Freiluft-Theater.

In einem Jazz-Laden, der ein bisschen aufgemacht war wie eine Art Kneipe aus New Orleans, futterten wir zu Abend. Teuer zwar, aber ganz lecker, und nach einigem Gerede bekam ich sogar vegetarische Jambalaya (hab' ich das auch mal gegessen, schoen!). Die Band war laut und schwankte in der Qualitaet zwischen ertraeglich und fuerchterlich - trotzdem ein lustiger Abend mit Feuerwerk und anschliessendem Freibier auf einer amerikanischen Room Party im Hilton Hotel.

Der Kopfschmerz heute morgen war dann auch verdient.

Der Con fuellt sich so langsam

Samstag morgen auf dem WorldCon: Die Schlangen sind laenger als an den Vortagen; wie es aussieht, sind jetzt auch viele Tagesgaeste aus der Region da. Das hat zur Folge, dass es eine erhoehte Anzahl von "normal" aussehenden Menschen gibt ... die lokale Presse (Orange County-Zeitungen) stuerzt sich vor allem auf die Masquerade und anderen Bloedsinn.

Die Raeume brummen geradezu, ein unaufhoerliches Brummen von Gespraechen und Gelaechter wabert durch die Flure, ueber die Rolltreppen und an den gigantischen Glasfronten entlang. Es ist auffallend, wie gut sich einige tausend Leute in einem Kongresszentrum dieser Groesse verirren koennen - manche Saele, in denen ich mich aufgehalten habe, waren zu 80 Prozent leer ...

Gestern abend schaute ich mir die Masquerade an, einen der traditionellen Hoehepunkte eines SF-WorldCons. Einige der Auffuehrungen waren sogar witzig, darueber hinaus gab es aber wieder die Vorfuehrungen tanzender Trampeltiere aus dem amerikanischen Mittleren Westen, die irgendwelche Fantasy-Figuren darstellten. Viel zu lachen gab es trotzdem immer mal wieder.

Es leben Menschen hier

Aus Gruenden, die etwas mit Sonneneinstrahlung und kurzzeitiger Verwirrtheit zu tun haben, verliess ich den Bus eine Station zu frueh. Spontan beschloss ich, einfach von hinten an das Kongresszentrum heranzuspazieren.

Dabei kam ich an einer typischen Vorortsiedlung vorbei. Kleine Haeuser mit Gaerten, davor akkurat das Auto geparkt, breite Strassen zogen sich dazwischen hindurch. Ein grauhaariger Mann maehte seinen Rasen, ansonsten sah ich keine Fussgaenger.

Es war nicht einfach, von "hinten" in das Kongresszentrum hereinzukommen. Nach einiger Fragerei schickte man mich in einen Tunnel. Schaetzungsweise einen halben Kilometer lief ich durch einen breiten Gang, der unter dem Gebaeude hindurch fuehrte.

Ein seltsames Gefuehl. Auf dem Teppichboden konnten meine Schritte nicht hallen, das Licht an der Decke war hell. Aber ich war der einzige Mensch, der hier unterwegs vor, und ich kam mir vor wie in der Kulisse eines Horror-Films, bei dem in kuerzester Zeit ein Monster aus einem Seitengang stuerzen wuerde.

Kam natuerlich nicht. Ich kam in der Ausstellung fuer "Heim und Garten" heraus, die lustigerweise parallel zu diesem WorldCon stattfindet. Hat also fast geklappt.

Im Bus im Sonnenstaat

Der Busfahrer war ein vierschroetiger Latino mit Glatze und Schnauzbart, eine dunkle Sonnenbrille im Gesicht und ein schwarzweiss gesprenkeltes Hemd ueber der Wampe. Er guckte cool und ernsthaft, aber er nickte, als ich ihn bat, mir zu sagen, an welcher Stelle ich seinen Bus verlassen wollte - ich war an diesem Vormittag mit dem Bus im Orange County unterwegs, was mit Umsteigen und Checken verbunden war.

Tatsaechlich kapierte ich selbst, an welcher Haltestelle ich aussteigen und in einen anderen Bus wechseln musste. Es hat sich schon immer ausgezahlt, ein "Schedule" zu suchen und dort zu lesen und zu blaettern. Kurz vor der Haltestelle, unweit des Veteranenheims zwischen Anaheim und der Kueste, sah ich, wie der Fahrer etwas notierte.

Als der Bus anhielt, ging ich vorne raus. Sicherheitshalber fragte ich noch mal. "Faehrt hier die Linie 50 weiter?"

Er nickte, ohne eine Miene zu verziehen. Dann reichte er mir einen Zettel: Es war ein Day Pass, auf dem er eine Telefonnummer notiert hatte. "Ruf mich doch mal heute abend an", sagte er und schenkte mir die Andeutung eines Laechelns. "Wenn du magst ..."

Danach stand ich verduzt auf der Strasse und blickte auf den Zettel. Ich sollte mir wohl mal langsam Gedanken ueber meine sexuelle Anziehungskraft machen ...

24 August 2006

In der Zombiestadt gelandet

Anaheim ist seltsam. Zumindest fuer mich. Zumindest nach dem ersten halben Tag.

Heute morgen wurde ich gegen halb sechs Uhr Ortszeit wach, was siebeneinhalb Stunden Schlaf entspricht, also voellig in Ordnung geht. Ich troedelte im riesigen Hotelzimmer herum, trank Kaffee und duschte, las im vorzueglichen Leo-Lukas-Manuskript fuer den neuen Taschenbuch-Zyklus POSBIKRIEG (supergutes Manuskript!) und blaetterte die oertlichen Informationen durch.

Um sieben Uhr verliess ich das Hotelzimmer, und bis gegen neun Uhr ging ich durch die Strassen. Strassen ist der falsche Ausdruck - hier ist nichts schmaeler als sechs Spuren. Und ausser gab es anscheinend zeitweise keine Fussgaenger. Na ja, die einzigen Menschen zu Fuss waren dunkelhaeutig, steckten in albernen Uniformen und trugen buschige Schnauzbaerte: Latinos, die den Muell wegraeumten, die Strasse fegten oder die Palmen gossen.

Anaheim besteht aus Hotels und dem riesigen Disneyland-Komplex. Downtown Disney kann man auch ohne Eintritt besuchen. Hier sammeln sich kitschige Restaurants und Cafes, Andenkenlaeden und anderer Kram, dazwischen waren morgens um acht Uhr einige wenige Passanten unterwegs. Um diese Zeit waren die gigantischen Parkplaetze noch leer: kilometergrosse Asphaltwuesten, ueber denen die Sonne schon um diese Zeit flimmerte.

Eine seltsame Stadt. So tot und so leer und trotzdem tost der Verkehr und brodelt der Smog.

Mein erster Punk diesmal ...

Als ich in den 80er Jahren damit anfing, das amerikanische Fanzine Maximum Rock'n'Roll zu lesen, begeisterten mich unter anderem die Szeneberichte ueber Kalifornien. San Francisco und die Bay Area, Los Angeles und Orange County. Vor allem Orange County, wo richtig viele Bands herkamen - wenn ich mich recht erinnere, auch die Adolescents oder Bad Religion.

Im Orange County bin ich ja jetzt, Anaheim ist gewissermassen der Anfang dazu. Und gestern sah ich prompt meinen ersten Punkrocker.

Es war ein vielleicht fuenfzehn Jahre alter Japaner mit Stachelkopf. Er trug eine schwarze Lederjacke mit Killernieten, eine schwarze Loecher-Jeans, die in hohen schwarzen Stiefeln steckte. Ein schwarzes Anarchy-Shirt und diverse Aufnaeher vervollstaendigten die stilechte Erscheinung.

Nicht so ganz passten der Rahmen und das Umfeld. Ich traf ihn naemlich, als ich im Hotel in den Fahrstuhl stieg, und er stand zwischen seinen konservativ aussehenden Eltern und seinen zwei Geschwistern - zumindest wirkten seine Begleiter so. Und er sah kein bisschen rebellisch, sondern eher wie ein Ritter von der Traurigen Gestalt.

Punk im Orange County war auch schon mal ein bisschen punkiger ...

Ich bin jetzt in Anaheim, CA

Reisen ist eigentlich nichts besonderes mehr heutzutage. Trotzdem fuehle ich mich, waehrend ich diese Zeilen schreibe, ganz schoen erschlagen. Ich bin naemlich in Anaheim, Kalifornien, ein besserer Vorort von Los Angeles, wo ich ab morgen den SF-WorldCon besuchen werde - und ich habe hierher echt eine Reise von geschaetzten 21 Stunden hinter mich bringen muessen. Na ja, nicht ganz.

Aufstehen um halb acht Uhr deutscher Zeit, um halb neun an der Strassenbahn, um neun Uhr im Zug nach Frankfurt, um kurz nach zehn Uhr dort, um halb elf im Flughafengebaeude. Bis hierher ging ja alles gut.

Ich troedelte herum, checkte in aller Gemuetsruhe ein, weil ich ja so viel Zeit hatte. Aber ich hatte die neuen Sicherheitsvorschriften nicht einkalkuliert. Die Zeit von zwoelf Uhr bis ein Uhr mittags stand ich in einer ellenlangen Schlange (die vierte Kontrolle!), die gesaeumt wurde von Getraenkeflaschen, Zahnpastatuben, Nasensprays und Handcremes - es wurde alles gruendlichst untersucht, inklusive einer Kontrolle der Fussunterseite.

Um 14 Uhr sollten wir starten, um 15 Uhr hob der Flieger ab. Um 16.30 Uhr Ortszeit war ich in Kalifornien, um 18 Uhr endlich aus dem Flughafen (Fingerabdruecke, Fotos, die ganze Prozedur), um 19.20 Uhr endlich im Hotel - Stau beherrschte den Freeway. Um 20 Uhr Ortszeit war ich im Hotelzimmer, das ist dann fuenf Uhr morgens.

Jetzt noch ein Bier, und dann ins Bett!

22 August 2006

Paris Hilton in Karlsruhe

Angeblich gehört die stinkereiche blonde Hotelerbin aus Amiland zu den bekanntesten Persönlichkeiten auf Gottes weiter Welt. Sie steht öfter auf spiegel.de, meiner bevorzugten Tägliche-Nachrichten-Seite, als irgendwelche Minister oder sonst was, öfter als der gesamte Kontinent Afrika, scheint mir manchmal.

Am Wochenende sah ich sie. Kein Witz! Und mir fiel das heute erst wieder ein. Und das kam so ...

Samstag, 19. August – ich war mit dem Rad in der Innenstadt unterwegs. Bilder vom DM-Markt holen, Geld abheben, Überweisungen tätigen. Es kam der übliche Herbstregen, an den ich mich in diesem August schon gewöhnt habe.

Einigermaßen hektisch stellte ich mein Rad bei der Sparkasse ab und schloss es an ein Verkehrsschild an. Als ich mich aus meiner gebückten Körperhaltung erhob, sah ich SIE: Sie war klein und schlank und natürlich blond, trug die Haare genauso gesträhnt, wie ich es von irgendwelchen Paris-Hilton-Bildern her kannte. Die bloßen Füße steckten in fein aussehenden Schühchen, sie trug ein kurzes Röckchen, das in der beginnenden Dämmerung geradezu leuchtete, und unter dem weißen Jäckchen strahlte eine Bluse in hell-pink hervor.

Das beste war aber das Gesicht: Das Mädchen vor mir schaffte es sogar, den Gesichtsausdruck von Paris Hilton zu imitieren. Sie wirkte blasiert und unnahbar, und sie schaute so in die Welt, als stünde sie meilenweit über primitiven Würmern wie mir.

Unglaublich!

21 August 2006

»Chaos en France« besprochen


Auch die Besprechung eines meiner Bücher durch das OX ist möglicherweise nicht hundertprozentig objektiv, um es vorsichtig zu formulieren. Trotzdem freue ich mich natürlich, wenn mein Buch »Chaos en France« positiv rezensiert wird. Deshalb kriegen auch alle Blog-Leser die Rezension hier zu Gesicht – erschienen in der aktuellen OX-Ausgabe.

Bisher ist die Resonanz in der Fanzine-Presse auf das Buch noch gar nicht so stark, was mich einigermaßen verwundert. Soweit ich weiß, wurden viele Fanzines vom Archiv der Jugendkulturen angeschrieben und auch beliefert.

Sind die Autoren der einschlägigen Bücher etwa überfordert mit so vielen Buchstaben? Oder brauchen sie einen Promo-Wisch, wie ihn die Plattenfirmen verschicken, damit sie wissen, was sie zu schreiben haben? Fragen über Fragen ...

20 August 2006

»Hey, Fischfresse!« Oder: »Ich hab' 'n Glas voll Dre-heck!«

Samstag abend und Nieselregen: Was bietet sich hier eher an, als ins Kino zu gehen und einen Film anzuschauen, der in der Karibik spielt? Sonne, Strand und Meer ... wuchernder Urwald über sanften Hügeln, ewig lange Sandstrände, glasklares Wasser ... genauso wie ich es gesehen habe, als ich vor einigen Jahren Trinidad, Tobago, Barbados und Antigua besucht habe.

Diesmal war's aber ein Film: »Fluch der Karibik« Teil zwei oder »Pirates of the Caribbean«, wie der Film neuerdings auch im deutschen Kino heißt. Kritiker haben ihn verrissen, und wer nach Handlungslogik schaute, kam bei diesem Film nicht unbedingt auf seine Kosten.

Dafür Leute wie wir, die sich einfach nur großartig amüsieren wollten. Ich kam zeitweise nicht aus dem Kichern heraus, schlug mir mehrfach mit der flachen Hand gegen die Stirn, weil ich den Schwachsinn auf der Leinwand nicht mehr aushielt (ist hier positiv gemeint).

Wunderbar gestaltete Monster-Piraten bevölkern den Film; Keira Knightley sieht wieder umwerfend aus und spielt eine tolle Rolle; Johnny Depp alias Jack Sparrow ist der Kracher schlechthin; der Fechtkampf auf dem rollenden Müllrad ist an Absurdität nicht zu überbieten; der Angriff des Monster-Krakens auf das Piratenschiff ist dynamisch in Szene gesetzt ... und so weiter.

Die wohl beste Szene des Films ist die, als Johnny Depp über die Planken seines Schiffs tanzt und »ich hab' `n Glas voll Dre-heck« singt. Ich dachte, ich platze vor Lachen.

Nur der Schluß ist scheiße. Das kommt davon, wenn die Produzenten Teil zwei und Teil drei gleich hintereinander abdrehen. Na ja, ich stell' mich jetzt schon mal in die Schlange für den dritten Teil von »Fluch der Karibik«.

19 August 2006

»Als der Verderber kam«: Kurzgeschichte in MAGIRA

Das neue MAGIRA kam heute mit der Post, und ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind: Das Jahrbuch zur Fantasy 2006 kann sich wirklich sehen lassen, sieht absolut professionell aus und wird von mir in den nächsten Wochen extrem genau gelesen werden. Cover von Swen Papenbrock, viele interessante Artikel, Kurzgeschichten und Buchbesprechungen – das macht alles einen hervorragenden Eindruck.

Von mir sind einige Rezensionen enthalten, unter anderem zu Anthony O'Neills eindrucksvollem Roman »Der Hüter der Finsternis« (gibt's jetzt auch als Taschenbuch). Bingo.

Stolz bin ich aber darauf, dass meine Kurzgeschichte »Als der Verderber kam« veröffentlicht wurde. Die Geschichte der blinden alten Frau namens Jolani, die in der Wasserstadt lebt und eine unheimliche Begegnung hat, gefiel mir tatsächlich in gedruckter Form immer noch.

Na also! Es schmeichelt mich natürlich sehr, in einem so schönen Buch veröffentlicht zu werden.

18 August 2006

Zeitfresser OX?


Kann ja sein, daß das OX ein bißchen parteiisch ist, weil ich ja für das Fanzine gelegentlich Plattenbesprechungen verfasse und vor allem mein Fortsetzungsroman »Und: Hardcore!« dort erscheint – trotzdem habe ich mich sehr gefreut, als der Chef persönlich mein Fanzine ENPUNKT 43 sehr positiv besprach.

Es liegt allerdings nicht an meinen Plattenbesprechungen für das OX, das ich nicht mehr dazu komme, meinen ENPUNKT regelmäßig rauszubringen. Das ganze Drumherum in der Arbeit kostet brutal viel Zeit, und abends möchte ich manchmal doch einen auf gemütlich machen.

Ich weiß, das paßt nicht zu meinen eigenen Aussagen von vor zwanzig oder vor zehn Jahren, aber so ist das: Manchmal knalle ich mich einfach gerne mit meiner Freundin auf die Couch und guck mir eine DVD an. Oder ich verfasse »richtige Geschichten«, was zur Folge hat, das ich nicht mehr so viel ENPUNKT schreiben kann.

Am OX liegt es sicher nicht.

17 August 2006

Krimi aus dem Osten Berlins

Robina Bernhardt ist Kriminalbeamtin, sie ermittelt bei der Mordkommission in Berlin, ist manchmal zickig und lebt häufig in schweren Gefühlswallungen. In diesen Situationen hört sie eine Band namens »Ollys«, die aus drei Sängerinnen besteht und ihr passende englischsprachige Stücke ins Ohr trällert. Das klingt ein wenig wie die Heldin der amerikanischen Fernsehserie »Ally McBeal«, bei der ebenfalls die Musik eine große Bedeutung erlangte.

Erfunden wurde Robina Bernhardt von Petra A. Bauer. Es ist ihr erster Krimi, deshalb sind einige Schwächen zu entschuldigen; überzeugend ist vor allem die Heldin mit all ihren Problemen und Gedanken.

Der Roman erschien im Frühjahr 2006 in der Reihe »TatortOst« des Mitteldeutschen Verlages. Im Internet kann man zur Autorin übrigens einiges nachlesen – vor allem sind drei Seiten durchaus interessant.

In ihrem Blog berichtet die Autorin aus ihrem täglichen Leben, was in diesem Fall heißt, dass der Leser auch etwas darüber erfährt, wo sie mit ihrer Familie im Urlaub war oder welches neue Bett gekauft wurde – ein sehr persönliches Internet-Tagebuch also.

Auf der eigentlichen Homepage geht es um ihre Arbeit als Schriftstellerin. Sie informiert über bereits erschienene Bücher oder auch anlaufende Projekte, gibt Nachwuchsautoren interessante Tipps oder verlinkt zu Artikeln, die über sie erschienen sind.

Es gibt sogar eine Homepage zu dem Roman, die wirklich neugierig auf das Thema macht. Unter anderem kann man sich eine Leseprobe zu Gemüte führen – sehr schön, sehr informativ.

16 August 2006

Der gestohlene Jesus

Samstags auf dem Vrijdag Markt in Gent: Der Himmel über der flämischen Stadt ist grau, und immer wieder fällt ein grieseliger feiner Regen auf das Kopfsteinpflaster herunter. Kein August-Wetter, beim besten Willen nicht, und wir können uns nicht vorstellen, vor wenigen Wochen noch über das kochend heiße Wetter gestöhnt zu haben. So ändern sich die Zeiten.

Wir lassen uns in ein Antiquariatsgeschäft hineintreiben, eine wackelige Treppe hindurch und durch eine Garageneinfahrt. Alte Möbel modern vor sich hin, Schallplatten in verstaubten Hüllen beugen sich unter der Last der Jahrzehnte. Es riecht alt und verbraucht, ein Staub, der mich zum Husten reizt.

Im Eingangsbereich steht ein Tisch, auf dem allerlei Heiligenfiguren aufgereiht sind, alle um die vierzig Zentimeter groß. Kitschig wirken sie, die Farben sind verblaßt und blättern an manchen Stellen ab.

Ein pummeliger Mann in verwaschener Jeans und dunkelbrauner Regenjacke, eine Mütze auf dem Kopf, beugt sich über die Figuren, schaut sie interessiert und kritisch gleichzeitig an. Dann blickt er auf und richtet seinen Blick auf den graubärtigen schlanken Verkäufer, der schräg vor ihm steht.

»Where is your Jesus?«, fragt er in dem Englisch, das man im flämischen Belgien spricht: ein bißchen unsauber, aber gut verständlich.

Der Verkäufer sieht verunsichert aus und beugt sich über den Tisch. Sein suchender Blick scheint die Figuren abzutasten. Dann richtet er sich auf und schaut den pummeligen Mann an.

»Jesus must have been stolen«, sagt er in völlig ernsthaftem Tonfall. »Jesus ist wohl gestohlen worden.«

Und ich falle vor Lachen fast von der schmalen Holzleiter, über die ich gerade aus dem Laden heraus balanciere ...

15 August 2006

Das TRUST und mein ENPUNKT


1986 begann das Fanzine TRUST seine beispiellose Karriere: Endlich gab es ein Magazin für Punkrock und Hardcore, das regelmäßig erschien, in dem es unter anderem endlich kompetente Berichte und vor allem Konzertinformationen gab. Ich liebte es, ich abonnierte es, und es begleitete mich über Jahrzehnte hinweg.

1986 kam auch die erste Ausgabe meines eigenen Fanzines ENPUNKT heraus, damals noch gar nicht so punkig wie später, sondern eben ein typisches Egozine, vielleicht das, was man heute als Blog ins Netz zu stellen pflegt.

Zwei Hefte, die jeweils zwanzig Jahre alt werden – das finde ich schon bemerkenswert. Umso besser, daß es in der aktuellen Ausgabe des TRUST, der Nummer 119, eine schöne ENPUNKT-Besprechung gab. Zwar nur zu der letzten Ausgabe, aber immerhin.

Hier habe ich sie veröffentlicht. Schönen Dank an die TRUST-Redaktion.

10 August 2006

Neues vom Deppenapostroph


Der sogenannte Deppenapostroph ist mir seit Jahren eine Freude: Schön, daß der Duden jetzt ja auch »Lisa's Lädle« oder »Tom's Tattoos« den Segen erteilt. Damit ist ein Teil der Leute, die nicht wissen, wofür ein Apostroph in der deutschen Sprache gut ist – aus Zeichen dafür, daß ein Buchstaben ausgelassen wurde –, endlich rehabilitiert.

Gottseidank gibt es eine famose Homepage, die sich nur damit beschäftigt. Ein Blick darauf lohnt sich immer wieder. Manchmal hilft mir der Blick in Informationszettel, die überall in Kneipen ausliegen, also auch in Karlsruhe.

Mein neuestes Highlight: Ingo Kemper und seine Tanzschule. Daß er diese »Ingo's Tanzschule« nennt, ist durch die neue doofe Rechtschreibung ja abgedeckt, insofern hält sich mein Geläster in Grenzen.

Die Abkürzung aber ist super: »It's«. Sieht also logo eigentlich super aus, wirft aber Fragen auf. Wie spricht sich das jetzt aus? »Ingo Tanzschule's« oder wie?

Fragen über Fragen.

09 August 2006

Der SPIEGEL und Straight Edge

Was passiert, wenn sich ein Medium wie der SPIEGEL um eine Jugendkultur kümmert, ist mal ein Trauerspiel, mal zum Schreien komisch. Ich bin noch nicht sicher, wie ich den aktuellen Artikel auf spiegel.de einschätzen soll.

Unter dem Titel »Die härtesten Weicheier der Welt« geht es diesmal um Straight Edge, also jene Weltanschauung, die ich anno dunnemals in den 80er Jahren auch mitgekriegt, als »interessant« eingestuft und dann für mich als nicht spannend genug betrachtet habe: Hardcore-Punks à la Youth Of Today oder die uralten Minor Threat, die eben nicht saufen als Lebenszweck betrachten, sondern mit ihrem Antialkoholismus geradezu missionieren.

Zeitweise war es ganz schön anstrengend mit den Straight-Edgern, die einen manchmal blöd anschauten, wenn man Bier trank oder mit der Lederjacke und Springerstiefeln auf ein Punk-Konzert ging. Gottseidank ist das heute anders, wenn man dem SPIEGEL-Beitrag glauben kann ...

Es ist in Wirklichkeit wohl eher so, daß sich der Großteil der Straight-Edge-Szene schon Anfang bis Mitte der 90er Jahre soweit von der Punk-Szene abgespalten hat, daß es kaum noch Berührungspunkte gibt. Und wer als Punkrocker nicht säuft, hängt sich einfach nicht mehr ein eigentlich albernes Label wie »Straight Edge« um den Hals, sondern läßt die Sauferei einfach.

»In Deutschland wird die Zahl der Straight Edger auf fünfstellig geschätzt, viele sind jünger als 20«, vermeldet der Beitrag, der zudem davon ausgeht, daß die jungen Straight Edger ein fürchterlich langweiliges Leben zwischen Gesundheitsküche und alkoholfreien Parteis feiern. Glauben wir das auch noch ...

Immerhin verortet der Artikel die Stadt Balingen als »Städtchen nahe Stuttgart« (sind nur 87 Kilometer). Und wir freuen uns über Sätze wie diese: »Straight Edge gehört eigentlich in die achtziger Jahre, als Punk groß und wichtig war, Jugendliche "No Future"-Slogans grölten und Staat und Gesellschaft ablehnten.«

08 August 2006

Meine lieben unpolitischen Leser


Manchmal bin ich auf »meine« PERRY RHODAN-Fans so richtig stolz, manchmal halte ich sie für komplett gaga. Selten liegt das so nahe zusammen wie bei einem Buch, das im Sommer 2006 erschien: Gemeint ist das PERRY RHODAN-Jahrbuch 2006, das der SF-Club Universum publizierte.

Auf fast 350 Seiten gibt es in sehr anständigem Layout haufenweise Texte über die Früchte meiner täglichen Arbeit. Natürlich bekommen meine Mitstreiter und ich fleißig Kritik ab, aber unterm Strich freut es mich extrem, wenn ein kleiner Verein so eine tolle Aktion betreibt und so ein schickes Buch zusammenbastelt. Super!

Wenn es nicht zwischendurch einen Beitrag gäbe, der mir die Schuhe auszieht, wäre ich ja echt glücklich. Der Autor des Beitrags, der tatsächlich einen Doktor-Titel im Namen führt, bekommt es fertig, folgenden Satz in seinem Artikel unterzubringen, in dem er sich ganz pauschal auf »die Terraner« bezieht: »Es gibt eine direkte Verbindung von Auschwitz nach Guantanamo, von Dachau nach Abu Ghreib, und diese Verbindung liegt in der Natur des Menschen begründet.«

Angesichts eines solch grassierenden Schwachsinns möchte man eigentlich stundenlang »Scheiße!« brüllen. Weia ...

07 August 2006

Wieder etwas, das nicht mehr funktioniert

Der Mythos von Peter Pan steckt in meinem Kopf, die Geschichte vom Jungen, der nicht erwachsen werden will und deshalb lieber unendlich viele Abenteuer erlebt. Der Junge, der fliegen kann, und der Junge, der kräht, wenn er Erfolg hat.

Es gibt Filme und Comics und ein Musical, wenn ich mich nicht irre. Und es gibt das Kinderbuch von James Matthew Barrie, das ich in der Version des Arena-Verlages gelesen habe – das ist eine Romanversion.

In der Tat sind die Grundelemente der Geschichte dieselben: Rothäute und Piraten, das Krokodil mit der tickenden Uhr im Bauch, der böse Captain Hook, die Kinder um Wendy und natürlich Peter Pan selbst.

Doch Peter Pan ist ein dummer, selbstgefälliger Knirps, völlig eingebildet und doof. Wendy ist eine blöde Kuh, die am liebsten Hausarbeiten erledigt und sich für die Kinder als deren Mutter aufopfert. Die Jungen blicken zu Peter auf, der ständig alles vergißt und der sich immer mehr als Tyrann herausstellt. Ein Tyrann, dem alle alles verzeihen. Er ist auch der einzige, der nicht komplett bürgerlich wird.

Unglaublich! Mir blieb bei der Lektüre fast die Spucke weg. Ein Menschenbild, das nur mit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg erklärt werden kann. Aber heute lesen sollte das möglicherweise niemand mehr.

06 August 2006

Locker machen für die Mädels

Den »Nerv der jugendlichen Zielgruppe« trifft die Werbung der Marke Axe – so sagen es Branchen-Fachblätter wie »Horizont«. Aha. Da schaue ich ein bißchen nervös und stelle fest, daß ich kein Jugendlicher mehr bin. Und zur jugendlichen Zielgruppe gehöre ich auch nicht.

Wer Axe benutzt, dem laufen die Weiber nach – auf diesen proletig kurzen Spruch läßt sich die Werbung zusammenfassen. Diesmal haben’s die Werber dann besonders toll gemacht: Es gibt jetzt Sex-Darstellungen auf der Werbung, die unter dem Motto »Mach dich locker für die Ladies« steht.

Ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich jemanden anspricht, ob da tatsächlich irgendein Spät-Jugendlicher glaubt, mit dem Duftspray von Axe wirklich irgendwelche Mädels ins Bett zerren zu können, um mit ihnen dann »Bambusspalter« oder »Schlangenknoten« zu machen, ganz zu schweigen von »Tigergrass Oil« oder »Bali Seasalt«.

Tatsache ist, daß auf den Anzeigen jetzt irgendwelche »nackten« Puppen irgendwelche ach so lustigen Verrenkungen zeigen, die man im weitesten Sinne mit Sex assoziieren kann. Ich find’s albern, andere finden’s sicher sexistisch. Wahrscheinlich ist es einfach nur doof – und jeder Jungmann, der künftig Axe-Deo benutzt oder in meiner Nähe mit einem Axe-Duschgel angetroffen wird, kann künftig mit meinem Mitleid rechnen.

(Moment ... Ich glaub’, ich muß erst mal bei mir im Bad nachgucken.)

05 August 2006

Manche Dinge gehen nicht mehr ...


Ich werde alt. Menschen werden alt. Und Erinnerungen ... die sind auch nicht mehr so hundertprozentig zutreffend.

Die liebe Kollegin Bettina erzählte mir, sie habe für ihre Tochter die Doppel-DVD von »Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt« erstanden. Whow, ich war echt neidisch.

Robbi, der kleine Roboter, Tobbi, der kleine Junge, und das lustige Fliewatüüt, dieses unglaubliche Fluggerät - wenn ich in den frühen 70er Jahren bei meiner Tante das hatte angucken dürfen, war ich richtig glücklich gewesen. Die Suche nach der dreieckigen Burg, der geringelte Leuchtturm ... über dreißig Jahre später erinnerte ich mich noch an Details.

Also lieh ich mir die DVD-Box aus und freute mich gemeinsam mit meiner Freundin auf einen amüsanten DVD-Abend. Es wurde ein langweiliges Desaster: Die Bewegungen waren lahm, die Dialoge maximal kindgerecht, der Roboter einfach nur peinlich. Meine Freundin, die aufgrund ihrer relativen Jugend die Serie nie gesehen hatte, reagierte verwirrt: »Das gefällt dir?«

Es gefiel mir nicht. Keinen Millimeter. Ich saß vor der Glotze, versuchte die Sache gutzufinden, und es klappte nicht.

Manche Dinge gehen nicht mehr. Wirklich nicht. Ich bin jetzt über vierzig und nicht mehr unter zehn. Ein Blick in den Spiegel, und ich weiß es genau. Und irgendwelche Erinnerungen an die Kindheit sollten als Erinnerung bewahrt werden ... ich muss da nix auffrischen.

Aber ein bißchen traurig bin ich schon, weil ich den Robbi und den Tobbi und ihr Fliewatüüt so gern gehabt hatte ...

04 August 2006

In LebensFieber interviewt

Irgendwie cool, in einem echten Jugendheft interviewt zu werden – finde zumindest ich. Das geschah mir auf der Leipziger Buchmesse im März diesen Jahres. Bis ich den Beleg erhielt, vergingen Monate, aber jetzt ist das Ding da: die zweite Ausgabe der Zeitschrift »LebensFieber«.

Zwischen allerlei Artikeln über »kunst und kultur« oder »Schule und Ausbildung«, ganz zu schweigen von »Prosa und Lyrik«, gibt es auch ein Interview mit mir, das Herausgeber Dave Tijok (eigener Spitzname: Running Dave) geführt hat. War gar nicht so einfach für ihn, fürchte ich – aber er hat es gut gemeistert.

Im Anhang zu diesem Text könnt Ihr das Interview jetzt einfach nachlesen.

03 August 2006

Lesung im Art Canrobert

Ich arbeite in Rastatt, einer mittleren Kreisstadt, zwischen Karlsruhe und Baden-Baden gelegen. Dort ist der Sitz meines Arbeitgebers, und dort gibt es aber auch ein ziemlich tolles Jugendzentrum. Toll deshalb, weil das Art Canrobert unabhängig ist: getragen von einem Verein, schon einigermaßen unterstützt von der Stadt, aber ohne nervende Sozialarbeiter.

Dort hatte ich am Mittwoch, 2. August 2006, eine Lesung. Offiziell angekündigt für 20 Uhr, kletterte ich irgendwann um viertel nach neun auf die Bühne des neu gestalteten Veranstaltungsraums. Schätzungsweise 30 Leute, Durchschnittsalter um die zwanzig, saßen auf Stühlen oder Sofas.

Wie es sich gehört, las ich aus »Chaos en France« einige Szenen vor, erzählte zwischendurch immer wieder irgendwelche Geschichten. Das brave Publikum kicherte leise an den richtigen Stellen, blieb ansonsten aber sehr ruhig. Später kam noch die Geschichte »In jenem Herbst« aus dem Buch »Zwei Whisky mit Neumann«, und als Zugabe lieferte ich das Gedicht »Maschinengewehr, sing!«, das immer einen guten Abschluß bildet.

Hinterher noch viele Gespräche und Diskussionen; ich verkaufte Bücher, die ich dadurch entwertete, indem ich meinen Namen hineinschrieb – und so weiter. Eine sehr gelungene Veranstaltung; sehr gut!

Zweimal Radio hintereinander

Da habe ich mich so sehr an den gemütlichen Rhythmus gewöhnt, nur noch einmal im Monat Radio zu machen – und dann das: Der Juli hatte fünf Sonntage, also mußte ich am 30. Juli ins Studio, und am ersten August-Sonntag bin ich schon wieder im Einsatz.

Okay, gibt schlimmeres: Ich hätte mich ja am Sonntag abend, 30. Juli, auch auf dem großen Fest – umsonst und draußen – in Karlsruhe tot quetschen lassen können. Da fand ich es schon angenehmer, im schwülen Studio zu sitzen und Musik aufzulegen.

Punk aus England war angesagt. Sieht man von alten Kapellen wie The Oppressed oder Ripcord ab, gab es vor allem neues Zeugs auf die Ohren: Loony und Stokoe, aber auch Billy No Mates und Fat Cats, zum Abschluß noch die göttlichen Art Brut. Eine saugute Sendung auf Querfunk, wie ich finde.

Am Sonntag geht es dann im ENPUNKT-Radio weiter. Schwerpunkt ist diesmal Nordrhein-Westfalen. Vageenas und Nein Nein Nein stehen schon jetzt auf meiner Liste; mal schauen, was noch dazu kommt. Die Sendung ist übrigens im Internet im Live-Stream zu empfangen ...

01 August 2006

Coole Graffiti


Wenn ich mit dem Rad durch Karlsruhe fahre, sehe ich immer wieder gelungene Graffiti, die an Wänden und unter Brücken zu sehen sind. Manche sind düster, manche lustig, manchmal sind die Wände mit Buchstaben zugebombt, manchmal gibt es tolle Bilder zu sehen.

Deshalb zeige ich hier und heute mal eines dieser Bilder. Es ist unweit unserer Wohnung zu finden, vielleicht eineinhalb Kilometer entfernt. Direkt daneben ist ein ziemlich schmuddeliger Parkplatz, in der Nähe ist eine Wohnblock-Anlage – da paßt dieses Graffito wirklich sehr gut.