31 August 2021

Kochen mit Comics?

Ich bin ja die Zielgruppe – für irgendwelchen Quatsch mit Comics bin ich oft zu haben. Ob ich mir allerdings die zwei Bücher kaufen soll, mit denen die Kolleginnen und Kollegen bei der Ehapa Comic Collection in den Herbst starten, weiß ich noch nicht genau. Immerhin geht es sehr differenziert zu …

»Asterix – das offizielle Kochbuch« bietet angeblich vierzig Rezepte, zu denen die »Asterix«-Comics inspiriert haben. In der Werbung wird ein »Essen wie Gott in Gallien« versprochen. Ich erinnere mich ja nur an irrsinnige Wildschweingerichte und vermute, dass für mich als Vegetarier nicht so viel dabei ist.

Ähnlich sieht es bei »Lucky Luke – das Kochbuch« aus, das mit dem Satz »Kochen wie im Wilden Westen« beworben wird. Es bietet anscheinend »Rezepte und Geschichten aus dem Wilden Westen«; dass in der Werbung der Vielfraß Avarell Dalton und der dumme Hund Rantanplan abgebildet werden, stimmt mich ein wenig misstrauisch …

Comic-Dreiteiler um Wikinger, Zentauren und Berserker

Alstavik ist ein Königreich, irgendwo im Norden von Europa gelegen. Seine Hauptstadt wurde auf einem riesigen Ast erbaut, einem Teil von Yggdrasil, des Weltenbaums. Von dort aus regieren die jeweiligen Könige über das Reich, dessen Grenzen von Zentauren einerseits und von Kelten andererseits bedroht werden.

So beginnt »Konungar«, ein Comic-Dreiteiler, der eine große Saga vom Niedergang eines Königreiches erzählt. Dabei spart die Serie nicht an den Dingen, die man von Fantasy erwartet: Männer mit blutenden Schwertern in der Hand, düstere Magie, brutale Kämpfe, leidende Frauen und eine Untergangsstimmung, die sich durch die gesamte Geschichte zieht.

Leider scheint mir bei dem Dreiteiler zu viel des Guten in die Story gemischt worden zu sein. Sylvain Runberg, der Autor, packt mit den Zentauren ein Element in die Wikinger-Geschichte, das irgendwie gar nicht passt. Seine Geschichte ist wuchtig erzählt, kommt mir aber zu übertrieben vor, um wirklich zu überzeugen. (Wer Sword & Sorcery mag, sollte trotzdem einen Blick in die Leseprobe werfen.)

Bei den Bildern konnte mich Juzhen leider auch nicht überzeugen. Die muskelbepackten Männer sehen teilweise aus, als entstammten sie einem modernen Computerspiel, wozu die manchmal starren Gesichter beitragen. Man sieht, dass der Künstler sein Metier versteht; vor allem die Szenen, die mehrheitlich in der Nacht spielen, sind düster und stecken voller brutaler Energie.

Mir ist es dann tatsächlich auch zu viel der harten Kämpfe. Irgendwann verlor ich bei der Lektüre den Überblick, wer denn nun gerade wem die Kopf abhackt oder wer gerade welche Truppe mit Pfeilen beschießt. Weil letztlich alle männlichen Figuren lange Haare und Bärte tragen, fällt es sogar schwer, sie auseinanderzuhalten.

Seien wir fair: »Konungar« ist packende Fantasy mit viel Schwert und noch viel mehr Magie. Meine Tasse Bier war's diesmal aber nicht.

30 August 2021

Bjarne Mädel ist »Geliefert«

Der Schauspieler Bjarne Mädel ist durchaus vielseitig; das merkte man bei seinen Auftritten in diversen Fernsehserien wie »Der Tatortreiniger« oder Filmen wie »25 km/h«. Mit »Geliefert« gibt’s derzeit einen Film mit schön doppeldeutigem Titel, in dem er als Hauptdarsteller einen sehenswerte Leistung abgibt.

Mädel spielt einen Paketboten, der sich für wenig Geld abrackert, der dabei versucht, sein gutes Herz zu bewahren, und bei alledem nicht mitbekommt, wie er quasi seinen Sohn verliert. Für ihn sind 60 Euro richtig viel Geld, und weil er mit allen Problemen nicht so richtig klarkommt, lässt er sich sogar auf einen kleinen illegalen Job ein …

»Geliefert« kann man sich derzeit in der Mediathek anschauen, ein Film, der einen klaren Ausschnitt aus dem Leben eines »prekär Beschäftigten« zeigt. Das ist gut gespielt, manchmal sogar witzig, oftmals aber dramatisch und ein wenig traurig. Sehenswert!

Vom Herz in den Mund

Dass ich die Sängerin LP so lange nicht wahrgenommen habe, ärgert mich mittlerweile fast. Dabei ist ihre Mischung aus Liedermacher-Pop und IndieRock richtig gut und der Beleg dafür, dass man sich auch in diesen Jahren immer noch Rock-Musik reinziehen kann. 2018 erschien ihre LP »Heart To Mouth«, die ich zur Zeit oft höre.

Auffällig bei LP, die eigentlich Laura Pergolizzi heißt und seit den 90er-Jahren als Musikerin unterwegs ist, ist ja ihre Stimme. Sie kiekst manchmal, dann singt sie »normal«, manchmal hat sie einen bewusst unsauberen Klang, um dann sogar ein wenig nach einer »Rockröhre« der 80er-Jahre zu klingen. Auffallend ist aber, wie wandelbar die Stimme ist und sich den Stücken anpasst.

Die Band passt ebenfalls dazu. Man kann argumentieren, dass das nichts Neues ist, was LP spielt, halt Rock-Musik mit einem guten Frauengesang, im Prinzip die Pretenders genommen und in ein anderes Jahrhundert verfrachtet. Das meine ich an dieser Stelle positiv: Die Stücke sind abwechslungsreich und haben meist eine gute Melodie, sie sind schmissig und rockiger als die Stücke anderer Platten.

Einen Über-Hit wie »Lost On You« enthält diese Platte nicht, aber damit ist ja auch nicht immer zu rechnen. Sie ist aber durch die Bank gut und macht viel Freude, und ich kann sie mir getrost mehrmals hintereinander anhören. Tolle Sängerin, gute Platte!

29 August 2021

Kurze Hosen, Müllcontainer

Ich trage einen Beutel mit Müll hinunter in den Hof, um ihn in den Container zu stopfen. Auf dem Weg dorthin begegne ich einer Nachbarin, nichts ungewöhnliches also. Es regnet allerdings, und es ist ein ausgesprochen kühler Tag Ende August 2021. Sie trägt eine Jacke und eine Mütze.

»Sie laufen ja in kurzen Hosen und T-Shirt herum!«, sagt sie zu mir. »Ist Ihnen nicht kalt?«

Ich hebe die Schultern. »Es ist ein wenig kühl, aber wir haben doch Sommer, und im Sommer hat man doch Sommerkleidung zu tragen.«

»Was?« Sie starrt mich an.

»Ich war vor vielen Jahren einmal bei der Bundeswehr. Als Wehrpflichter nur, wie das damals üblich war. Und bei der Bundeswehr wurden Sommer und Winter befohlen.«

»Was?«

»Wenn der Kompaniechef sagte, es sei Sommer, zogen wir die Sommer-Uniform an, egal wie kalt oder warm es war. Und wenn Winter befohlen wurde, trugen wir Parka – auch wenn die Sonne schien. Das war die Regeln.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Na ja, und der Wetterkalender sagt, dass wir heute Sonmer haben. Ich befolge also nur die Befehle des Kalenders und damit letztlich der Behörde, die für die Kalender zuständig ist. Wir haben laut Kalender noch August und damit Sommer – also trage ich Sommerkleidung.«

Die Nachbarin ist verwundert und lässt mich in Ruhe; sie sagt kein Wort mehr, und ich bringe den Müll weg. Es ist manchmal einfach, seine Mitmenschen zu verwirren.

28 August 2021

Eine Geschichte über Science Fiction und Punkrock

Normalerweise versuche ich – so gut es geht – zwischen meinem Beruf und meinem Privatleben zu trennen. Das klappt sowieso nie besonders gut, aber immerhin schaffe ich es bei meinen Blogs. Im ENPUNKT-Blog geht es sicher auch mal um Science Fiction, aber normalerweise nicht um PERRY RHODAN. Heute ist das anders ...

Schuld daran ist ein Fan-Autor oder eine Fan-Autorin – ich habe da so eine Vermutung –, die eine Kurzgeschichte verfasst hat, die man auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-OnlineCommunity nachlesen kann. Die Geschichte trägt den schönen Titel »Der Redakteur«, und sie handelt von mir, von Punkrock, von einer Romanfigur und meinem Beruf.

Bei der Lektüre musste ich einige Male lachen; das passt nicht nur zu den sechzig Jahren unserer Serie, die wir in diesem Jahr feiern, sondern auch zu meinem Alltagsleben. Ich gestehe, dass ich mich dadurch sehr geschmeichelt fühlte. Aber jede/r möge selbst lesen ...

27 August 2021

Auf der Burg Stettenfels

Während der freien Tage im August steuerten wir – mehr aus Zufall – auch einmal die Burg Stettenfels an. Diese liegt zwischen Heilbronn und Stuttgart, um es grob zu sagen, inmitten einer Landschaft aus sanften Hügeln. Wir besuchten die Burg nicht so, dass wir uns die Räumlichkeiten ansahen, die man auch mieten kann, sondern nur so, dass wir im Biergarten saßen und in die Ferne schauten.

Es war ein schöner und sonniger Tag. Das alkoholfreie Bier schmeckte mir bei diesen Temperaturen sehr gut, der Flammkuchen war ordentlich, und alles in allem war es eine Aussicht, wie man sie in einem Reiseführer hätte veröffentlichen können.

Um es klar zu sagen: Das Essen ist bürgerlich-rustikal, also nichts für Menschen, die unbedingt immer so etwa wie Sterne-Küche brauchen. Aber ein Flammkuchen oder ein Schnitzel essen und dabei eine herrliche Aussicht genießen – das hat auch etwas. Und als Ausflugsziel ist die Burg nicht zu verachten.

Ich bin sicher, dass ich dort mal wieder einkehren werde. Als Ausflugsziel ist die Burg Stettenfels einfach ein schöner Ort, auch wenn vielleicht irgendwann mal die Pandemie vorüber sein wird …

Der schwarze Würger

Morde im Milieu reicher Leute, eine Verbindung zu einem Dämon aus Lateinamerika, ein düsterer Hintergrund – das ist natürlich ein Fall von John Sinclair, den offiziellen Geisterjäger von Scotland Yard. Ich habe dieser Tage die Folge 41 der Serie »Sinclair Classics« angehört, die den Titel »Der schwarze Würger« trägt.

Rein inhaltlich ist es eine echt haarsträubende Geschichte; man merkt, dass sie aus der Zeit stammt, in der sich die Autoren nicht immer viele Gedanken über die Logik ihrer Romane machten. Das Original wurde erstmals 1977 als Heftroman veröffentlich; die neue Hörspielversion stammt aus dem Jahr 2020 und holt aus dem Stoff heraus, was zu schaffen ist.

Dabei geht die Geschichte ganz gut los: Man erhält ein kleines Sittenbild der Londoner Gesellschaft – oder das, was der Autor dafür gehalten hat –, es gibt gute Dialoge und einige persönliche Verbindungen (Sinclair kennt eben viele Leute, und die wiederum kennen andere Leute …); das macht alles Spaß. Danach kommen die üblichen Gruseleien ins Spiel, Schrumpfköpfe und monströse Dämonen inklusive.

Mir machen diese Hörspiele immer Spaß, auch wenn sie häufig abstruse Geschichten erzählen. Dank der gut gemachten Effekte und der guten Regie funktioniert auch »Der schwarze Würger« …

26 August 2021

Als Fantastrips anfing

Zu Beginn der 80er-Jahre schienen alle Fan-Szenen gleichermaßen zu boomen. Ein Grund dafür war, dass die Druckmöglichkeiten auf einmal leichter zugänglich waren: Man konnte in einer Universitätsstadt in der örtlichen Uni-Druckerei preiswert drucken, Offset war das Ding der Stunde, Kopierer wurden preiswerter. Und so entstanden Science-Fiction-, Fantasy-, Comic- oder Punk-Fanzines am laufenden Band.

Anfang 1980 wurde die erste Ausgabe von »Fantastrips« veröffentlicht. Das war schon kein normales Fanzine mehr, und es verweigerte sich ein wenig den bisherigen Richtungen: Das Heft präsentierte vor allem Bilder, war aber kein Comic-Fanzine. Es stellte Illustratoren und ihre Arbeiten in den Vordergrund, ganzseitige Bilder, kombiniert mit Texten. Das war neu und verblüffte mich.

Ich kaufte mir die erste »Fantastrips«-Ausgabe nicht gleich, sondern erst einige Monate später. Es kann sogar sein, dass ich sie erst im Herbst 1980 erstand, als Peter Altenburg mit seinem »Fantastrips« vor meinem »Sagittarius«-Verkaufsstand auf dem WeltCon auftauchte und fragte, ob er sich neben mir breitmachen könne.

Das machte er dann so erfolgreich, dass sich rasch herumsprach, was für ein ungewöhnliches Heft er verkaufen wollte. (Wenige Jahre später machte er als Karl Nagel ein Heft namens »Hackfleisch« – aber das ist dann eine andere Geschichte.) Über diesen Con könnte ich noch viele Geschichten erzählen …

Die erste Ausgabe von »Fantastrips« war ein Heft für Science Fiction und Fantasy. Heute würde manche Grafik eine Sexismus-Diskussion auslösen, damals dachten wir alle nicht über kritische Themen wie Sexismus nach. Das Heft war eine Augenweide, und man kann es auch heute noch durchblättern und bei manchen Bildern staunen.

Peter Altenburg legte zu Beginn des Jahres 1980 etwas vor, was es zuvor nicht gegeben hatte (nicht einmal »Janus Rex« war vergleichbar) – und was es danach praktisch auch nie wieder so richtig gab …

Project Hopeless aus Schweden

Es gibt immer wieder Bands, die mich zwar musikalisch nicht überraschen, aber dann doch unglaublich packen. Eine davon ist Project Hopeless aus Schweden, die in den Nullerjahren einen Haufen an kleinen und großen Platten veröffentlichten. Ich hörte zuletzt mal wieder die »Av Hela Mitt Hjärta« an, die bereits 2009 erschienen war.

Es gibt vier Stücke auf dieser EP, allesamt sind knackiger Hardcore-Punk in der ursprünglichen Definition: wütende Gitarren, wütender Gesang, auch mal abwechselnd, knalliges Schlagzeug, das Ganze ungestüm nach vorne geballert, kein Metal-Gedöns, kein Emo-Gejammer, einfach unverfälschter Hardcore, der sehr rhythmisch daherkommt und gelegentlich auch Mitgröl-Elemente aufweist. Die Band kommt aus Malmö, wo es in all den Jahren immer wieder entsprechende Bands gab.

Die Band singt in schwedischer und englischer Sprache, es gibt auf der Innenseite des EP-Covers auch Übersetzungen ins Englische. Man singt über den Hass auf die Polizei oder über den Internationalen Frauentag; die Band ist von der Welt angepisst und kotzt sich entsprechend aus.

Eindeutige Texte, eindeutige Musik – so muss Punk sein!

25 August 2021

Im Dialekt-Interview

Normalerweise ist es so, dass ich bei Interviews und offiziellen Terminen versuche, meinen Dialekt so gut wie möglich zu verstecken. Nicht weil ich mich dafür schäme, schwäbisch zu sprechen, sondern weil manche Ausdrücke einfach unverständlich für manche Leute wären. Gerade deshalb fand ich es witzig, für den Video-Podcast »Was isch los?« ein komplettes Interview im Dialekt zu führen.

Markus Lang war der Moderator, er zeichnete die Sendung in einem kleinen Studio in Rastatt auf; das ist die Stadt, in der ich seit den frühen 90er-Jahren arbeite. Klares Ziel war: »Wir sprechen Dialekt.« Er redete also in Badisch, ich in dem stark abgeschwächten Schwäbisch, das ich mir in den vielen Jahren angewöhnt habe, die ich nun in Karlsruhe wohne und in denen ich viel mit Menschen aus dem norddeutschen Sprachraum zu tun habe. Es klappte gut.

Das Interview beschäftigte sich vor allem mit meiner Arbeit; das war ja auch der Ausgangspunkt. Markus fragte mich aber auch nach allgemeinen Themen, nach meiner Situation in Karlsruhe und dergleichen. Ich gab so offen wie möglich Antwort und hatte bei allem ausgesprochen viel Spaß.

Dieser Spaß überträgt sich hoffentlich auch beim Anhören. Das Video ist direkt auf der Seite von »Was isch los?« zu sehen, aber ebenso kann man es bei YouTube anklicken. Und nein: Es ist nicht untertitelt, wir sprechen Dialekt.

Phantastik in kurzen Geschichten und großen Bildern

Ich halte den in Australien lebenden Künstler Shaun Tan für einen der Großen der phantastischen Kunst. Seine Bilder, die man in verschiedenen Kinderbüchern finden kann, überzeugen mich durch ihre Ideen und ihre ungewöhnlichen Einblicke – man kann sie oft anschauen und findet immer wieder neue Details. Mit »Reise ins Innere der Stadt« liegt ein Kurzgeschichtenband vor, der Geschichten und Bilder in wunderschöner Weise verbindet.

Shaun Tan stellt jeweils eine Tierart ins Zentrum seiner Geschichten. Er erzählt von Bären, die mithilfe von Juristen gegen die Menschheit klagen, von Schnecken, die zum Träumen anregen, von Krokodilen, die im obersten Stockwerk eines Hochhauses leben, von einem riesigen Baum, der auf dem Dach eines mehrstöckigen Gebäudes in einem Meer von Farben erblüht, von Mondfischen, die man fängt, wenn man sich nachts auf einem Dach auf die Lauer legt. Seine Geschichten sind verschieden lang, mal nur ein Gedicht – sehr kurz wird von einem Nashorn in der Innenstadt erzählt –, dann wieder über mehrere Seiten hinweg.

Und es sind zumeist keine typischen Kurzgeschichten mit Dialogen oder einem inneren Konflikt. Seine Texte ähneln eher Gedichten, voller hymnischer Sprachbilder und faszinierender Beschreibungen. Die Übersetzung hat eine starke Leistung erbracht; ich kenne das Original nicht, habe bei Eike Schönfeld aber immer das Gefühl, dass alles stimmig und auf einem sehr hohen Niveau ist.

Die Kurzgeschichten sind phantastisch im besten Sinn. Sie spielen mit der Realität und mit unserem Blick auf sie. Dabei entziehen sie sich einer klaren Begrenzung der Genres, sind keine Science Fiction, kein Horror und vor allem nicht jene Art von Fantasy, wie sie die Regale der Buchhandlungen verstopft. Mit den Tieren liefert der Künstler eigenständige Allegorien und Parabeln – wer mag, kann sich damit sicher auch literaturwissenschaftlich beschäftigen.

»Reise ins Innere der Stadt« ist ein Gesamtkunstwerk im besten Sinn. Das Buch ist toll gestaltet: ein gewichtiger Hardcover-Band mit Schutzumschlag, großzügiger Textgröße, dickem Papier und starken Illustrationen. Damit ist es eines der Bücher, die man immer mal wieder in die Hand nehmen kann, um in ihnen zu blättern und zu lesen. Toll!

24 August 2021

Am Lecksfidleturm

»Stell dich da mal hin und zeig auf dich!«, lautete die freundlich vorgetragene Anweisung. Und wer wäre ich, einer solchen Anweisung zu widersprechen? Also stellte ich mich in Positur und ließ mich fotografieren.

Wer das Schild an der Tür nicht lesen kann: Ich stehe auf diesem Foto am Eingang zum sogenannten Lecksfidleturm. Wer kein Schwäbisch kann, wird den Begriff nicht gleich verstehen. Er ist auf jeden Fall eher humorvoll und nicht beleidigend gemeint.

Nur so viel: Ein »Fidle« ist die nette Umschreibung für ein Hinterteil, eigentlich vor allem auf die Hinterteile von Kindern bezogen. Bei meinen Eltern gab's für freche Kinder schon mal »des Fidle voll«.

Es ist auf jeden Fall eine schöne Erinnerung aus meinem kurzen Urlaub in diesem August 2021, der vor allem aus Spaziergängen, Radfahrten, Städtereisen und anderen regionalen Unternehmungen bestand. Man kann nicht alles haben – aber so fand ich mich an der Tür zum Lecksfidlesturm wieder.

Mit einer Prise Steampunk und Erotik

Coraline ist eine beeindruckend gut aussehende junge Frau, groß und blond. Als sie ihre Stellung als Gouvernante antritt, weiß sie noch nicht, dass ihr Aussehen wichtiger sein wird als ihre Ausbildung. Daran ändert auch die Tatsache nicht, dass sich ihr Schützling als jugendliches Genie mit vielen Talenten erweist.

So beginnt der erste Teil des Comic-Zweiteilers »Träume«, der bereits 2008 im Splitter-Verlag unter dem Titel »Coraline« veröffentlicht wurde. Mit dem abschließenden Teil ließen sich der Autor und der Zeichner recht viel Zeit, so dass »Celia« erst 2012 in den Handel kam. Und um es gleich anzudeuten: Die vielen Versprechungen, die der erste Band mit seinem kühnen Handlungsentwurf machte, wurden im zweiten Teil leider nicht eingelöst.

Ich hatte »Coraline« beim ersten Erscheinen gleich gelesen; nun nahm ich mir endlich die beiden Bände als Gesamtwerk vor. Erzählt ist alles sehr professionell, sehr spannend. Vor allem im ersten Teil gibt es viele Geheimnisse, die neugierig machen; als Leser will man unbedingt wissen, wie es weitergeht. Der zweite Teil beantwortet die Fragen zwar, macht aber nicht so viel Spaß.

Als Autor konnte mich Denis-Pierre Filippi nicht überzeugen. Der Autor kann schreiben, das weiß ich von anderen Comics her – bei »Träume« bekam ich das Gefühl nicht los, er hätte nach dem ersten Band nicht gewusst, wie er die Geschichte zu Ende erzählen sollte.

Zeichnerisch kann man allerdings nicht meckern. (Man/frau könnten die Darstellungen der jungen Frau vielleicht sexistisch finden. Muss aber auch nicht sein …) Terry Dodson rückt die körperlichen Vorzüge von Coraline immer so ins Bild, dass man sie stets klar sehen kann.

Die Technik in dem Schloss, die merkwürdigen Erfindungen und Steampunk-mäßigen Details machen dem Betrachter eine große Freude. Manche Bilder schaut man sich gern ein zweites und ein drittes Mal an.

Leider kann das die teilweise krude Geschichte nicht übertünchen. Ich empfehle, die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages anzuschauen: Bei »Träume« handelt es sich um einen Comic, der zeichnerisch immer, textlich leider nur beim ersten Band überzeugt …

23 August 2021

Eine Story über Mr Bull

Es ist selten, dass ich Kurzgeschichten schreibe, die in dem Universum spielen, für das ich redaktionell verantwortlich bin. In diesem Jahr 2021 ist das allerdings zweimal geschehen, und eine dieser Geschichten ist dieser Tage veröffentlicht worden. Das möchte ich dann doch mit einigem Stolz vermelden.

 »Ein Mann namens Malone« wurde in der Ausgabe 103 der Zeitschrift »SOL« veröffentlicht, die von der PERRY RHODAN-FanZentrale herausgegeben wird. Die Redaktion um Christina Hacker redigierte meinen Text gründlich – was ihm gut tat –, und er wurde auf zwei Seiten gebracht. Ich hoffe, die Leser goutieren ihn.

Tatsächlich wollte ich schon immer mal eine Geschichte über Reginald Bull schreiben, eine der frühesten Serienfiguren bei PERRY RHODAN. Bull steht stets im Schatten Rhodans, auch in der Serie PERRY RHODAN NEO – in deren Universum spielt die Story, die auch eine »Batman-«Anspielung hat, die hoffentlich den einen oder anderen erheitern wird. Eine schöne Fingerübung für mich, die mir Freude gemacht hat!

06 August 2021

Wir nannten sie Elvira

»Da ist etwas!«, rief meine Frau und wies auf den Fernseher. Es war am Abend, wir guckten die aktuelle Folge einer Serie an.

Sie hatte recht. Vor dem Fernseher war sie deutlich zu erkennen: ein fliegendes Insekt, vielleicht sogar eine Stechmücke oder etwas in der Art.

»Mist!«, rief ich und sprang auf. Bis ich allerdings die Fliegenklatsch geholt hatte und ins Zimmer zurückgekommen war, sahen wir kein fliegendes Insekt mehr.

Ich ließ die Fliegenklatsche neben unserem Sofa liegen, blieb die ganze Zeit gespannt, hatte aber keinen Erfolg. Das Insekt war verschwunden und ließ sich nicht mehr blicken. »Vielleicht ist es nur ein harmloses Tier«, versuchte ich uns zu beruhigen.

Am nächsten Morgen hatte ich zwei Stiche am Oberarm und einen im Nacken. Sie schwollen an und schmerzten. »Das war die verdammte Mücke«, fluchte ich. Im Verlauf des Tages behielt ich immer die Fliegenklatsche in meiner Nähe, um notfalls zuschlagen zu können. Aber ich kam nicht dazu, das Tier blieb versteckt.

Als wir am späten Abend wieder vor der Glotze vergammelten, war das Insekt wieder da. Ich versuchte erneut, es zu töten, aber es gelang mir nicht. Meine Frau versuchte sich mit der Fliegenklatsche, aber auch sie blieb erfolglos.

Keine Überraschung, dass ich am nächsten Morgen einen neuen Stich hatte. Die neue Mitbewohnerin hatte ihre Freude an mir, wie es aussah. Wir beschlossen, ihr einen Namen zu verleihen. Andere Leute hielten Katzen oder Hunde, wir hatten ein blutsaugendes Insekt in der Wohnung.

In den folgenden Tagen ging es so weiter. Elvira tauchte abends auf, wir erkannten sie im Licht der Lampe oder vor dem Fernseher, konnten sie aber nicht erlegen. Nachts bekam ich einen neuen Stich, manchmal auch zwei, und meine Arme sahen langsam aus wie Streuselkuchen mit einem Schuss roter Farbe.

Elvira war ein schlaues Tier, aber ich hätte nicht sagen können, dass ich sie liebgewann. Die Stiche juckten, das Tier nervte mich – aber ich war nicht in der Lage, sie zu töten.

Eines Morgens aber wachte ich auf und hatte keinen neuen Stich. Abends sahen wir Elvira nicht. Am nächsten Morgen hatte ich ebensowenig einen Stich. Wie es aussah, hatte uns Elvira verlassen. Vielleicht war sie fortgezogen, vielleicht schon verstorben.

Ich konnte mich nicht dazu überwinden, eine Trauerfeier für sie ausuzurichten. Aber einen Augenblick lang dachte ich, Elvira vielleicht doch zu vermissen …

05 August 2021

The Movement für Fans

Das Fanzine »Zykluszine« führte vor einem Vierteljahrhundert eine Rubrik ein, die nicht positiv gemeint war. »Nur für Fans« wurde auf Romane gemünzt, die eigentlich kein Mensch braucht. Ich fand das schon damals doof: Wieso soll etwas, das »nur für Fans« gedacht ist, eigentlich schlecht sein?

Ein recht aktuelles Beispiel ist die Platte »Globalize This!« der dänischen Band The Movement, die ich schon einige Male live gesehen habe und sehr stark finde. Auf der Platte finden sich allerlei Aufnahmen der Band, die nur auf Kassetten veröffentlicht worden sind; die meisten davon wurden später für Langspielplatten und Singles neu eingespielt.

Auch wenn die Band ja immer betont, sie sei kein Punk, zeigen die frühen Aufnahmen doch, wie kratzig und punkig der Mod-Sound der Dänen klingt. Das schrabbelt manchmal schön, die Melodien, der Soul und die klare politische Aussage kommen aber immer durch. 17 Stücke sind auf dieser Langspielplatte enthalten, und es macht viel Freude, sich die Aufnahmen der frühen Zeit in aller Ruhe anzuhören.

The Movement sind eine großartige Live-Band, und sie haben starke Stücke auf Platte gebracht. Ich freue mich über jeden Auftritt der Dänen, und die »Globalize This!« zeigt, wie früh die Band schon angefangen hat, diesen charakteristischen Stil zu spielen. Die Platte ist eigentlich nur für Fans – aber da ich hier ja tatsächlich einer bin, passt das dann doch!

(Veröffentlicht bei Mad Butcher Classics. Und wer als Deutscher das Motto der Platte, »Remember The Victims Of The Leningrad Blockade«, nicht einzuordnen weiß, sollte einfach noch mal Nachhilfe in Geschichte nehmen.)

04 August 2021

Wenn Punks zu altern anfangen

Die Folge 32 meines Fortsetzungsromans »Der gute Geist des Rock’n’Roll« ist erschienen. Es sind wie immer eineinhalb Seiten, und sie wurden in der Ausgabe 157 des OX-Fanzines veröffentlicht. Der Roman spielt im Jahr 1996, und selbstverständlich mische ich persönliche und biografische Szenen hinein.

In dieser Folge verabschiedet sich Peter Meißner, den man früher nur als Peter Pank bezeichnet hat, von einer Studenten-Party, bei der er sich mittlerweile doch ein wenig alt vorkommt. Während er durch die Nacht fährt, macht er sich seine Gedanken darüber, dass er immer älter wird und trotzdem irgendwie noch Punk sein will. (Solche Gedanken hatte ich zu dieser Zeit auch gelegentlich.)

Das bittere Erwachen kommt am nächsten Morgen. Unser nicht mehr ganz so jugendlicher Held muss zur Arbeit, und das ist nach einer Nacht mit viel Bier und ein wenig Knutschen nicht mehr so einfach.

1996 ist jetzt 25 Jahre her, die Szenen spielen im Juli … Da kommen beim Schreiben wie beim Nachlesen die Erinnerungen an die »Wahrheit« hoch!

Sex und großes Geld

Es beginnt wie ein typischer Detektivroman: Eine attraktive Frau betritt das Büro der Hauptperson und möchte, dass der Detektiv in einem Fall von mutmaßlichem Ehebruch ermittelt. Es gibt eine Reihe von schlagfertigen Dialogen, dann übernimmt er den Auftrag.

Robert B. Parker wusste immer, wie man solche Romane beginnt. Sein Roman »Miese Geschäfte« wurde 2004 in den USA veröffentlicht und liegt seit 2014 in einer deutschen Übersetzung im Pendragon-Verlag vor. Ich habe ihn erst dieser Tage gelesen. Sieht man von einigen unsauberen Übersetzungen ab (die man auch auf nicht optimales Lektorat schieben könnte), hat mich der Roman prächtig unterhalten.

Vielleicht liegt das daran, weil er so typisch ist. Spenser, der Detektiv in diesem Roman, ist die erfolgreichste Figur, die der Autor erfunden hat. Spenser ist in der Lage, sich mit Faustkämpfen und mit dem Schießeisen durchzusetzen. Am stärksten ist er aber, wenn er die Hilfe seiner Freundin Susan und seiner Kumpane in Anspruch nimmt, wenn also ein Team in den Einsatz geht.

Dann jagen sich die schnellen Dialoge und trockenen Beschreibungen, es folgen skurrile Situationen und spannende Szenen dicht aufeinander. Parker setzt seine Figuren hervorragend in Szene, und das macht er so gut, dass man fast vergisst, dass eigentlich ein Mordfall aufgeklärt werden soll – aus der Beschattung eines untreuen Ehemanns wird nämlich rasch eine Mordermittlung.

Es stellt sich heraus, dass viel Geld im Spiel ist, dass es auch um Sex geht und dass sowohl der Sex als auch das viele Geld eine Reihe von unheilvollen Beziehungen eingegangen sind. »Miese Geschäfte« liefert schöne Einblicke in die schicke Welt eines Konzerns, zeigt die Verhältnisse in der modernen amerikanischen Gesellschaft und sorgt dank der schnellen Dialoge auch für den einen oder anderen Lacher bei der Lektüre.

»Miese Geschäfte« ist insofern ein typischer Spenser-Roman: schnell und gelungen, ein Krimi, der hervorragend unterhält und den ich am liebsten gleich wieder von vorne angefangen hätte. (Das erste Kapitel las ich tatsächlich ein zweites Mal, nachdem ich das Buch beendet hatte.)

03 August 2021

Vierzig Jahre MTV

In diesen Tagen schreiben Zeitungen und Zeitschriften sowie digitale Medien über MTV; der Musikfernsehsender wurde vierzig Jahre alt. Das ist respektabel, auch wenn ich den größten Teil davon nicht mitbekam. Klar kannte und kenne ich die Geschichten, aber ich hatte praktisch nie eine Beziehung zu MTV.

Mit den Buggles und ihrem Lied »Video killed the Radio Star« kann ich glatt etwas anfangen. Aber meine erste echte Begegnung mit MTV waren die Dead Kennedys und ihr Stück »MTV Get Off The Air«, das ich hörte, bevor ich auch nur eine Sekunde Musikfernsehen bei MTV geguckt hatte.

Bis 1998 lebte ich ohne Fernsehen. Dann kaufte ich mir endlich einen, und ich konnte MTZV, Viva und dergleichen angucken. Vor allem nachts, wenn ich aus der »Kombe« oder aus der »Steffi«, dem besetzten Haus in Karlsruhe, zurückkam, knallte ich mich noch mit einem Bier vor die Glotze und sah mir an, was dort lief. Fassungslos betrachtete ich die Wiederholungen von Talkshows und Video-Clips.

Das wurde mir bald langweilig. Ich fand Bands, die live auf der Bühne standen oder dort herumsprangen, einfach spannender als das Angucken von Musik-Videos. Mit der Musik fremdelte ich eh meist, und das Titten- und Arschwackeln der HipHop-Videos blieb mir wesensfremd. Also verschwand MTV nach zwei, drei Jahren wieder von meinem geistigen Schirm.

Hätte ich dieser Tage nicht die ganzen Artikel über MTV gelesen, hätte ich nicht einmal gewusst, dass es diesen Sender noch gibt. Er hat sich sowieso verändert, aber es ist mir schlicht egal.

40 Jahre MTV? Na und.

Eindrucksvoller historischer Comic

Ich bin mittlerweile ein Fan von Patrick Prugne geworden. Der Comic-Zeichner hat eine ganz spezielle Art, seine Geschichten zu erzählen, und das macht er so, dass ich in seinen Bildwelten fast versinken könnte. »Tomahawk«, das aktuelle Album, ist da ein fast schon typisches Beispiel.

Die Geschichte spielt kurz vor Beginn des Siebenjährigen Krieges in Nordamerika, konkret in der Region, die man heute als »Neuenglandstaaten« der USA bezeichnet. Französische und englische Truppen kämpfen im Jahr 1754 um die Vorherrschaft über die riesigen Ländereien, die noch von den Ureinwohnern sehr dünn besiedelt wurden. Einheiten europäischer Soldaten stoßen in die Wälder vor, begleitet von Kämpfern der Huronen, Irokesen und anderen Völkern.

In dieser Zeit folgt ein junger Milizionär seiner eigenen Mission. Er möchte einen bestimmten Bären töten, den ein großes Geheimnis umgibt. In der atemberaubenden Landschaft kommt es zu erbitterten Kämpfen und einem ungewöhnlichen Abschluss …

Patrick Prugne erzählt eine spannende Geschichte, die in sich schlüssig ist und die ich spannend fand. Vor allem überzeugt er aber mit seinen Illustrationen. Seine Aquarellbilder machen die Welt des noch weitestgehend unberührten Kontinents lebendig: Tiere und Pflanzen, europäische Soldaten und indianische Krieger, Flüsse und Berge – das alles zeigt er in einer Detailfülle, die mich begeistert.

Mir gefällt auch der Anhang zu diesem wunderschönen Hardcover-Album. Er enthält Skizzen, etwa zu Köpfen, zu Tieren und zu Waffen, und diese Bilder zeigen, wie gründlich der Künstler für sein Album recherchiert hat. »Tomahawk« ist eine lohnenswerte Geschichte – und wie beim Splitter-Verlag üblich ist das schön gestaltete und gedruckte Hardcover-Album auch ein Schmuckstück im Bücherregal.

02 August 2021

Spontan ins »Vin Fou«

Als ich noch in der Südweststadt von Karlsruhe wohnte, mangelte es an gastronomischen Einrichtungen. Das machte mir nicht so viel aus: Wollte ich eine Kleinigkeit essen, radelte ich eben in die Innenstadt oder in die Südstadt. Und wollte ich Bier trinken, gab es überall Gelegenheit dazu.

Mittlerweile hat sich die Lage in dem Viertel geändert. Ein Beleg dafür ist das »Vin Fou«, das sich in einer Straße befindet, in der ich in den 90er-Jahren manches Bier in einer Studenten-WG trank. Es handelt sich dabei um eine Weinstube mit Weinhandlung – oder eher andersrum.

Unlängst strandeten wir dort. Es geschah spontan, eigentlich hatten wir das nicht vor. Aber es war ein kleiner Tisch auf der Straße frei, und weil wir Lust auf einen Wein hatten, bot sich das an. Und so saßen wir an einem Tisch und auf zwei Stühlen, auf der anderen Straßenseite erhob sich ein altes Gemäuer, und wir kamen uns an jenem lauen Sommerabend vor wie im Urlaub.

Die Weine waren gut – und ich konnte nur zwei probieren (sonst wäre ich hackevoll gewesen). Auch das Essen schmeckte; sowohl die Tapasplatte als auch die Vorspeise und das Tagesgericht. Das »Vin Fou« ist eine kurze Reise wert, wie mir scheint. Und zumindest in dieser Zeit setze ich mich doch gern an einen kleinen Tisch auf die Straße und lass mir den Feierabend schmecken …

Die Coconuts auf Platte

Ich sah die Coconuts nur einmal: Es war ein schwülwarmer Abend im Rahmen einer Kunstveranstaltung. Die Band stand auf der Bühne, und das Publikum schwitzte. Alle tranken viel, kaum jemand bewegte sich; der Schweiß tropfte auch so. Ich fand die Band trotz der Bedingungen richtig gut.

Der entspannte Surf-Sound, den die Band aus Karlsruhe und Umgebung bei diesem sommerlich-heißen Abend präsentierte, lässt sich auch auf der Schallplatte sehr gut anhören. Die vier Männer – einmal unterstützt von einer Sängerin – haben den Surf-Sound nicht neu erfunden, sondern spielen so, als ob die Platte aus vergangenen Jahrzehnten käme. Schlagzeug und Bass geben einen lockeren Rhythmus vor, dazu singen und klimpern die Gitarren, dass es eine Freude ist.

Die insgesamt 14 Stücke sind abwechslungsreich und meist in einem angenehmen Tempo gehalten. Die Punkrock-Vergangenheit der Musiker ist nirgends zu spüren, man orientiert sich offensichtlich an den Surf-Klassikern. Eine richtig schöne Platte, die ich immer wieder gern höre, übrigens auch digital.