23 März 2018

Readfy und das Streaming

Alle Welt redet von der »sharing economy«, faselt davon, dass Menschen weniger besitzen und mehr teilen wollen. Keine Ahnung, ob das wahr ist – es gibt hierzu zwar eine Reihe von Umfragen, aber ob die wirklich aktuell so stimmen und ob die vor allem auch in Zukunft gelten werden, kann ich nicht bestimmen.

Zur »sharing economy« zählen auf jeden Fall auch Plattformen, auf denen man Dinge »streamen« kann. Was Spotify für die Musik bewirkt hat – dass Leute entweder »für umme« oder für einen geringen Betrag Musik hören können –, sollte ebenso für Filme und für Romane gelten. Zumindest ist das die Idee. Aus Nutzersicht nachvollziehbar, aus Urhebersicht durchaus kritisch. (Aber diese Diskussion will ich an dieser Stelle nicht anstoßen.)

Wie man aus solchen Plattformen genügend Umsatz und vor allem Gewinn erzielen kann, ist allerdings noch nicht so richtig klar. Das merkt derzeit die Plattform Readfy. Der Flatrate-Anbieter, der sich auf das legale Streaming konzentriert hat, strudelt seit längerem.

Dabei hat man angeblich 400.000 registrierte Nutzer – das zumindest ist die Zahl, die im »buchreport.express« genannt worden ist. Von diesen Nutzern würden 60.000 Leute die App regelmäßig nutzen. Ob und wie da Geld »hängenbleibt«, kann ich nicht beurteilen. Readfy galt zuletzt als nicht profitabel; andere Streaming-Plattformen haben ebenfalls Probleme.

Fakt ist, dass die Firma Legimi nun Readfy kaufen möchte. Legimi ist eine polnische Firma, die auf dem deutschsprachigen E-Book-Markt durchstarten möchte und offenbar dringend die Kundendaten benötigt. Schauen wir mal, ob es Legimi nun schafft, in diesem kritischen »Markt« erfolgreich zu sein ...

22 März 2018

Deutschsprachiger SF-Roman mit kosmischer Vision

Zu dem deutschen Science-Fiction-Roman »Paradox« gibt es eine Vorgeschichte, die ich erzählen muss, bevor ich auch nur eine Zeile über den Inhalt schreibe. Im Herbst 2015, während ich auf der Frankfurter Buchmesse war, wurde nämlich ein Preis vergeben, der sich ausdrücklich an Selfpublisher richtete.

Überrascht stellte ich fest, dass ein Science-Fiction-Roman gewonnen hatte. Autor war ein gewisser Phillip P. Peterson, und seine Romane gab es als E-Book sowie als Paperback bei Amazon. Kurzerhand bestellte ich mir – noch von der Buchmesse aus – den Roman »Paradox«. Er kam bald darauf nach Hause, und dort versackte er erst einmal in einem Stapel.

In der Zwischenzeit erschien der Roman als Taschenbuch bei Bastei-Lübbe, aber ich las irgendwann zu Beginn des Jahres 2016 den selbstpublizierten Band des Schriftstellers. Ich machte mir – wie immer – viele Notizen während der Lektüre und wollte alsbald eine Rezension schreiben. Warum ich das dann nicht tat, kann ich nicht einmal mehr sagen; es dauerte letztlich zwei Jahre, bis ich die Rezension verfasste.

Dabei habe ich den Autor und sein Werk streckenweise richtig gut in Erinnerung. Die Geschichte, die er zu erzählen hat, ist die vom Vorstoß der Menschen an die Grenzen des bekannten Universums – in diesem Fall bis an die äußeren Sphären unseres Sonnensystems. Dort sind nämlich Sonden verschwunden, und nun soll ein Raumschiff mit seiner Besatzung dorthin fliegen.

Aus Sicht von zwei sehr unterschiedlichen Charakteren – ein Wissenschaftler und ein militärisch denkender Raumfahrer – erzählt Peterson eine Geschichte, die anfangs sehr unterhaltsam ist, die einen sehr langen und für zähen Mittelteil hat und am Ende mit einer Reihe von großen Überraschungen aufwartet.

Streckenweise hätte ich mir gewünscht, dass ein Lektor dem Autor dabei geholfen hätte, den Roman besser zu strukturieren. (Man hätte beispielsweise die einzelnen Szenen »schichten« können, und schon wäre alles viel spannender gewesen.) Vor allem im mittleren Teil gab es für meinen Geschmack sehr viele Längen. Ich bin allerdings sicher, dass sich viele Leser über den exakt beschriebene Arbeit an Bord des Raumschiffes und die detaillierten Vorbereitungen zum ersten Raumflug sehr freuen – ich war neugierig auf das Ende des Romans und war vor allem von den letzten hundert Seiten sehr beeindruckt.

Ich halte Phillip P. Peterson für einen guten Autor, und ich halte auch »Paradox« für einen guten Roman. Zu einem »sehr gut« fehlt einiges, aber das ist jetzt »Jammern auf hohem Niveau«. Wenn man technische Beschreibungen mag, dürfte der Roman super sein. Aber auch darüber hinaus ist er trotz seiner Längen sehr unterhaltsam und bietet genügend glaubhafte sowie spannende Schilderungen.

Wer Science Fiction »aus deutschen Landen« lesen mag, die wissenschaftliche Fakten mit einer kosmischen Vision verbindet, sollte »Paradox« zumindest mal antesten. Wer aber mit technischer Science Fiction seine Probleme hat, sollte die Finger von dem Buch lassen.

21 März 2018

Unterwegs mit Beate

Aus der Serie »Dorfgeschichten«

Beate und ich waren beste Freunde. Wir gingen jeden Morgen miteinander los, oft hielten wir dabei Händchen. Wir spazierten den Weg hinauf, in dem wir beide wohnten; meist holte sie mich unterwegs ab, weil sie zwei Häuser weiter weg wohnte. Dann überquerten wir die Hauptstraße an der Bushaltestelle, gingen den Weg hinunter, vorbei am Backhäusle, bis wir den Kindergarten betraten. Wir waren fünf oder sechs Jahre alt, und der Kindergarten war keinen Kilometer von uns entfernt.

Ihre Schwester ging schon in die Schule, immerhin bereits in die zweite Klasse, und darauf war Beate sehr stolz. So wunderte es mich nicht, dass sie eines Tages einen spannenden Vorschlag hatte: »Wir besuchen meine Schwester.«

Der Kindergarten schloss am Nachmittag seine Pforten, es war ein richtig schöner Tag, und wir gingen nicht nach Hause, sondern in die andere Richtung: den Weg hinunter, den Talweg links, dann den Berg hoch und durch das Muggengärtle. In der Schule war niemand mehr – kein Wunder, es war nachmittags.

Die Frau des Hausmeisters kannte mich von der Kirche her, und sie schickte uns heim. Aber spontan gingen wir an der Schule vorbei und in Richtung Wald. Dort schauten wir uns alle möglichen Dinge an und spazierten kilometerweit am Waldrand vorbei, bis wir an die Lautermühle kamen. Von dort bummelten wir langsam über die Wiesen zurück zum Dorf.

Es gab unglaublich viel zu entdecken unterwegs. Wir hatten viel Freude bei unserem Spaziergang, lachten viel, hielten uns auch oft an der Hand. Für uns Kindergartenkinder war es ein unglaubliches Abenteuer.

An der alten Dorfschule stoppte uns Beates Vater. Er war mit seinem Auto kreuz und quer durchs Dorf gefahren, auf der Suche nach uns. Auch mein Vater war – wie ich später von meiner Mutter erfuhr – mit dem Auto unterwegs. Das halbe Dorf schien in Aufruhr zu sein, wie sich später zeigte.

Beates Vater schrie uns an, wir verstanden nicht einmal, wieso er das tat. Dann bugsierte er uns ins Auto und fuhr uns nach Hause. Ich bekam von meinem Vater später den Hintern verprügelt, und irgendwann an diesem Abend schien ich auch zu verstehen, was wir tatsächlich falsch gemacht hatten.

Beate und ich waren – aus Sicht der Eltern – aus dem Kindergarten verschwunden und nicht nach Hause gekommen. Dass Kinder trödelten, war normal. Dass sie nach zwei Stunden immer noch nicht daheim waren, galt sogar in den 60er-Jahren nicht als normal. Aus Sicht der Erwachsenen war die Tracht Prügel also völlig korrekt.

Aber ich vergaß nie das spannende Abenteuer, das wir zwei erlebt hatten: allein in Wald und Wiese unterwegs, in einem – aus unserer Sicht – riesigen Gelände, das nur darauf wartete, dass man es erforschte.

20 März 2018

Wieder mal ausgezählt – von 1983

Die Geschichte »Wieder mal ausgezählt« schrieb ich am 19. Oktober 1983; so verzeichnet die entsprechende Notiz. Ich ging noch in die Schule, ich war 19 Jahre alt, und ich glaubte, ich könnte durch stilistische Experimente viel erreichen. Also schrieb ich einen Text, der meiner Ansicht nach besonders experimentiell war.

Wort für Wort verwandelt sich der Text. Nach einer Logik, die heute nicht mehr nachvollziehbar ist, werden aus einzelnen Wörtern immer neue Zahlen, so dass es am Ende nur noch Zahlen gibt. Die Geschichte selbst funktioniert tatsächlich – wenngleich sie inhaltlich völlig hohl ist –, und wer möchte, kann das nachprüfen.

So wichtig dürfte das aber nicht sein. Die Geschichte wurde nie veröffentlicht, weil sich nie jemand die Mühe machen wollte, den ganzen Wust aus Zahlen und Buchstaben abzutippen. Aber eigentlich ist sie zu nett, um weitere Jahrzehnte in einem Berg von altem Papier zu vergammeln.

Wieder mal ausgezählt

Es war an 1em schönen Montag im Sommer, genauer gesagt, am 31. 8. des letzten Jahres, um 12 Uhr 24 und 36 Sekunden, als ich Hubert traf.

»Hallo, 8456!«, rief 998 erfreut und rannte auf ihn zu.

Er lächelte und wandte sich 83 zu. »83 geht es hervorragend«, sagte 4, dabei hatte 998 ihn noch gar nichts gefragt.

998 stutzte. »Was hast 4756 gesagt? 998 verstehe 3349 nicht so richtig.«

8456 lachte auf. »Das ist doch ganz einfach«, meinte 4. »Jedes deutsche Gespräch fängt nach den Konventionen mit einem ›Wie geht's 333 denn?‹ an. Deshalb habe 998 333 sofort geantwortet bevor 4756 genau diese Frage gestellt hast.«

»Eigentlich 00008«, entgegnete 998. »4756 hast 3349 aber gar 5 verändert.«

»Wäre 11121 ganz schön schlimm, 5 wahr?«

»Stimmt 437«, sagte 998. »228 sollte sich wirklich 5 dauernd bemühen, 46978 laufend zu ändern.«

»Und auf diese alte Freundschaft sollten 998+4756 unbedingt einen Schluck zu uns nehmen. Da vorne 123 eine gute Kneipe.«

»708«, nickte 998. »Trinken 998+4756 einen auf 800ere Gesundheit.«

In diesem 4447 gesellte 46978 zu 800er Gruppe. 7002 123 ein langjähriger Freund von 8456 993 83. »28847, 985 72!«, rief 4 voller Freude. »3345, 3847 3/47 331 8008! 9 998+4756 1en 99 3/47? 821 123 1e 708e 4711.«

998 lachte. »007 821 9 998+4756 11121 hin. 991 trifft 46978 wirklich sehr 708.«

8456 sah 800 aufmunternd 11. »Also, 3/47 998+4756.«

702 815 46978 bereits auf den Weg. »998 765 4201«, knurrte 4.

998+4756 8230 100 1234 81 4711, 993 37 wurde 1 13 18 224.

19 März 2018

Stephan Massimo macht mainstreamigen Pop

In jüngster Zeit hat sich eine neue Generation von Sängern – fast immer Männer! – herausgebildet, die in deutscher Sprache singen. Sie sind vom Schlager weit genug entfernt, um nicht mit diesem in einen Topf gesteckt zu werden, und sie werden offensichtlich gern gehört. Mir ist die Musik meist zu weinerlich, aber sie ist teilweise kommerziell sehr erfolgreich.

Langer Rede kurzer Sinn: Der Sänger Stephan Massimo tendiert vom Ausdruck, von der Stimme und von den Texten her in diese Richtung. Ich mag die Musik von Andreas Bourani und Konsorten nicht, aber sie funktioniert erfolgreich wie sonst was – wenn Massimo in diese Richtung gehen will, und so hört es sich an, macht er auf jeden Fall sehr viel richtig.

Ich habe seine Platte »Alles ist an« gehört, die zwölf sehr poppige Stücke in deutscher Sprache enthält. Die Stücke klingen sehr modern, eben voll nach 2017, sie wurden aufwendig instrumentiert, und manchmal erinnern sie an den Synthie-Sound der 80er-Jahre. Aufs Tempo wird da nicht gedrückt, der Sänger und seine Musiker sind eher langsam zugange.

Textlich ist das nicht meine Tasse Bier; rein inhaltlich gibt es vor allem Liebeslieder, die aber nicht blöd wirken. Das klingt nicht nach schlichtem Schlager, sondern soll anspruchsvoll sein. Seien wir ehrlich: Die Platte hat für meinen Geschmack ein kommerzielles Potenzial – weshalb sie mir nicht gerade gefällt –, und sie ist radiotauglich in jeder Hinsicht.

Noch ehrlicher: Spannend fände ich, wenn die eigentlich netten Melodien jetzt mal anders instrumentiert würden, nicht zugekleistert mit einer Synthie-Maschinerie, sondern ganz schlicht mit einer Akustik-Klampfe oder mit einem fetten Gitarrensound. Wie würde ich das dann empfinden?

Graphic-Novel-Version eines Literatur-Klassikers

Die Geschichte von Moby Dick, dem weißen Wal, ist ein Klassiker der modernen Literatur. Herman Melvilles Meisterwerk von der Jagd des verzweifelten Captain Ahab auf den Wal wurde mehrfach verfilmt und liegt in den unterschiedlichsten Versionen vor, selbstverständlich auch als Comic. Im Splitter-Verlag ist seit längerem eine Graphic Novel erschienen, die den klassischen Stoff auf packende Weise aufbereitet und neu erzählt.

Die Geschichte dürfte bekannt sein: Ein junger Mann heuert auf einem Walfängerschiff an, das von einem besessenen Kapitän gesteuert wird. Man jagt Wale, die Arbeit ist hart, und der junge Mann schließt Bekanntschaft mit dem seltsamen Kannibalen Quequeg – dieser wird ein guter Kamerad. Letztlich steuert das Schiff aber einen Kurs in den Untergang, weil der Kapitän nur einen weißen Wal namens Moby Dick erlegen möchte und seine Augen vor dem Rest der Welt verschließt.

Hermann Melvilles Roman ist hierzulande meist in einer Jugendbuchfassung berühmt geworden. Ich habe die neue und opulent aufgemachte Präsentation des Werkes, die vor einiger Zeit als Hardcover veröffentlicht wurde, noch nicht gelesen. Aber ich erinnere mich daran, dass Melville viele Seiten damit verbrachte, die beinharte Arbeit an Bord des Schiffes zu schildern, die Sitten und Gebräuche der Walfänger an Bord sowie an Land; die Jagd auf Moby Dick beginnt erst nach einiger Zeit.

Bei einem Comic gelten andere Gesetze, und das zeigt sich auch bei dieser Version. Olivier Jouvray konzentriert sich bei der eigentlichen Geschichte auf das zentrale Element: auf die Jagd, auf Captain Ahab, auf die wesentlichen Hauptfiguren. Das macht er geschickt, seine Adaption ist geglückt, wenngleich sie auf viele Details verzichtet.

Ähnliches gilt für die oftmals skizzenhaften Zeichnungen und die manchmal verschleiert wirkenden Farben: Pierre Alary geht häufig nicht zu sehr ins Detail, belässt es gern beim Ungefähren, schafft damit aber eine ungewöhnliche Stimmung, die der Geschichte nicht schadet, sondern sie unterstreicht.

Beide Künstler machen etwas, das ich in diesem Zusammenhang gut finde: Sie holen die Essenz der Geschichte in Bild und Text in ein anderes Medium – und schaffen damit einen frischen Zugang zu einer alten Geschichte. Diese Version von »Moby Dick« ist gelungen; sie ist gut gezeichnet und vor allem spannend erzählt.

Wer den Klassiker kennt, ihn aber – so wie ich – nie in der kompletten Version gelesen hat, bekommt hier eine neue Version mit schönen Aspekten geliefert. Wer »Moby Dick« überhaupt nicht kennt, erhält hier einen lesenswerten Blick auf einen Literatur- und Abenteuer-Klassiker. Lohnenswert!

(Ach ja: schickes Hardcover im Kleinformat übrigens; schaut euch die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlags an, und ihr wisst mehr.)

18 März 2018

Rückfahrt durch Eis und Schnee

Weil in Leipzig und um Leipzig herum alles so aussah, als würde die Welt untergehen, überlegte ich mir am Samstagabend nicht nur einmal, ob ich wirklich heimfahren sollte. Genug Musik hatte ich vorbereitet, für Unterhaltung während der Fahrt war also gesorgt. Aber wäre es nicht sinnvoller, noch eine Nacht zu buchen und im Hotel zu schlafen?

Andererseits, so dachte ich, macht mir schlechtes Wetter nicht viel aus, und das eigene Bett ist letztlich doch bequemer. Zudem ist nachts die Autobahn frei, und die größte Gefahr geht sowieso immer von den anderen Fahrern aus, nicht vom Wetter an sich.

Also fuhr ich.

Es war die richtige Entscheidung. Im Großraum Leipzig waren die Straßen frei, wenngleich voller Schnee und Eis, weiter im Süden wurden sie sogar trocken. Immer wieder trieben Schneeverwehungen auf die Autobahn, ich fuhr zeitweise durch ein ununterbrochenes Schneegestöber – aber ich hatte keinerlei Probleme.

Im Hügelland vor und nach Nürnberg waren die Straßen feucht. Bei vier bis sechs Grad minus ist das nicht ungefährlich, weshalb ich die Geschwindigkeit auf durchschnittlich hundert Stundenkilometer reduzierte. Andere Fahrer waren lockerer und donnerten mit gut 180 Stundenkilometern an mir vorüber. Und ein Lastwagenfahrer setzte zwischendurch auch mal zum Überholen an ...

Ich brachte den Schnee nach Süddeutschland, so kam es mir vor. Nach Heilbronn begann es stark zu schneien, und auf der A6 bei Sinsheim – in dieser elend langen Steigung – hatte ich »endlich« eine geschlossene Schneedecke. Aber es gab keine Probleme, weil nur wenig Verkehr war und keine Lastwagen quer standen; um zwei Uhr war ich daheim.

Man muss es klar sagen: Ich fuhr am Donnerstag bei strahlendem Sonnenschein von Karlsruhe nach Leipzig, und ich brauchte wegen des vielen Verkehrs gut sechs Stunden. Und ich fuhr in der Samstagnacht durch Schnee und Eis von Leipzig nach Karlsruhe – ich brauchte genausolang für die Strecke.

16 März 2018

Schnee bei der Buchmesse

Es ist immer etwas, das ich vergesse. Als ich am Mittwochabend packte, überlegte ich mir noch, ob ich etwa ernsthaft Winterkleidung einpacken sollte, Stiefel etwa. Ich verzichtete darauf, schließlich war in Karlsruhe bereits der Frühling ausgebrochen. Am Freitag wurden 15 Grad gemessen.

Dummerweise war ich an diesem Freitag, 16. März, nicht in Karlsruhe, sondern in Leipzig. Am frühen Nachmittag setzte starkes Schneetreiben ein. Lustige Teenager bewarfen sich zwischen den Hallen mit Schneebällen, während ich die Tatsache verfluchte, dass ich Halbschuhe und Converse-Latschen eingepackt hatte.

Und weil der Winter so plötzlich eingebrochen war, konnte man in Leipzig am Freitagabend so gut wie kein Taxi erhalten. Das wiederum führte dazu, dass ich als Fahrer eingesetzt wurde. Aber wir fanden die Pizzeria in der Innenstadt, wo es wieder lecker schmeckte, und ich schlitterte unfallfrei wieder zurück zum Hotel.

So werde ich Leipzig 2018 in Erinnerung behalten: eine schöne Messe, viele spannende Gespräche, der übliche Trubel zwischen den Gängen und Hallen, außerhalb der Messe eine Stadt, deren Verwaltung offenbar nicht auf Schnee eingestellt war. Zumindest an der Optik innerhalb und außerhalb der Messe konnte nicht gemeckert werden.

(Das Bild zeigt nicht den Schnee, sondern den Trubel im Innern der Halle. Schön war's!)

15 März 2018

Auf zwei Beinen in Leizpig

Wenn ich mir meine Zeitleiste anschaue, die ich für die diesjährige Buchmesse in Leipzig ausgearbeitet habe, gibt es unterschiedliche Termine: Die meisten sind natürlich geschäftlicher Natur, dafür bin ich schließlich in der Stadt und halte mich in der Messehalle auf.

Beim einen oder anderen Termin werde ich aber auch private Dinge besprechen, die mein Dasein als Gelegenheitsautor betreffen. Ich bin also gewissermaßen auf zwei getrennten Beinen in Leipzig unterwegs. Wobei die berufliche Seite ganz eindeutig den Vorrang hat ... klar.

Aber bei mindestens zwei Gelegenheiten werde ich vor Ort über eigene Buchprojekte sprechen. Beide Projekte sind spannend, bei beiden Themen wurde mir grundsätzliches Interesse signalisiert. Ich hoffe, dass ich erfolgreich sein kann, auch in diesen Fragen.

Nur habe ich ein bisschen Angst vor einem möglichen Schreckensszenario: Was mache ich denn, wenn ich auf einmal zwei Projekte als Aufträge am Bein habe? Wenn mir noch ein Verlag signalisiert, dass er etwas von mir veröffentlichen würde?

Wie verhalte ich mich dann? Suche ich mir dann einen Ghostwriter? Kollabiere ich? Oder sitze ich es einfach aus? Schauen wir mal – auch in dieser Frage ...

Rechtsradikale in Leipzig?

»Was ist denn mit Nazis auf der Buchmesse?«, wurde ich im Vorfeld gefragt. »Ist da mit Ärger zu rechnen? Wie verhältst du dich?«

Ich antwortete dann immer, dass ich das nicht wisse. In erster Linie fahre ich auf die Buchmesse, um für die Science-Fiction-Serie zu arbeiten, für die ich tätig bin. Ich werde also nicht an politischen Aktionen teilnehmen, schon rein aus zeitlichen Gründen schaffe ich das gar nicht. Man kann das jetzt »Feigheit vor dem Feinde« nennen oder Pflichtbewusstsein ...

Falls sich irgendwelche Rechtsextremen zu unserem Stand verirren sollten, um dort auf ihre Meinung aufmerksam zu machen, werde ich hoffentlich die richtigen Argumente finden, um sie ruhigzustellen. Das müsste ich aber von der Situation abhängig machen. Aber in all den Jahren, die ich schon auf Buchmessen fahre, hat sich nie ein ernsthaftes Polit-Streitgespräch entwickelt – verwirrte Menschen mit seltsamen Ansichten gab es immer wieder, aber die konnte man auch gut abdrängen.

Wie es die Messeleitung mit ausgewiesen rechtsextremen Verlagen hält, wurde im Vorfeld diskutiert. Es wird Aktionen gegen diese Verlage geben, sicher auch die eine oder andere Demonstration. Aber ich vermute, dass ich davon ebensowenig etwas mitbekommen werde wie im vorigen Jahr in Frankfurt. Schauen wir mal ...

14 März 2018

Ein Blick auf den März 2008

In sehr unregelmäßigen Abständen blicke ich in meinem Blog in die Vergangenheit des Blogs. Ich schaue, was ich vor zehn Jahren zu welchem Thema geschrieben habe, und schreibe mit dem Blick von heute einige Zeilen darüber. In diesem Fall geht's um den März 2008, der viel mit der Buchmesse in Leipzig zu tun hatte.

Der Text »Tritte gegen Liegende« vom 12. März 2008 liest sich aber, als sei er 2018 geschrieben worden. Mein Fazit von damals ist auf jeden Fall noch komplett richtig: »Angesichts dieses Theaters vergisst man glatt, daß es in diesem Land Leute gibt, die von CDU-SPD-Grün-FDP einen Hartz-IV-Tritt ins soziale Abseits gekriegt haben und ganz andere Probleme haben.«

Unter dem schlichten Titel »Leipziger Buchmesse 2008« schrieb ich über die titelgebende Veranstaltung. Und meinte damals: »Ich mag die Leipziger Buchmesse, aber ich bin seit zwei Tagen hier und nicht aus dem Dauerstress herausgekommen.«

»Saufen und Nicht-Tanzen« – das war ein anderer Text zu Leipzig, den ich am 15. März 2008 veröffentlichte. Wobei da ein wenig die Luft raus zu sein schien: »Irgendwie ist es dieses Jahr ein wenig lascher als sonst«, formulierte ich.

Über »Rollenverständnisse der besonderen Art« ging es in Leipzig ebenfalls. Ich amüsierte mich darüber, dass »junge Menschen mit bunten Haaren zum PERRY RHODAN-Stand gehen, um sich von einem Herrn in Boss-Anzug Punkrock-Bücher signieren zu lassen«. Dieses Schauspiel wird es in diesem Jahr wohl kaum geben ...

Der Text »Hotelmusikanten« wäre nicht weiter aufregend, wenn ich mich nicht so gut daran erinnern würde. Ich war unter anderem mit dem Autor Kai Meyer unterwegs; die klavierspielende Dame hatte sicher den anstrengenderen Abend. 

13 März 2018

Tragisch-melancholischer SF-Comic

In vierzig Comic-Heften erzählte der Autor und Zeichner Jeff Lemire zu Beginn der Zehner-Jahre sein Epos »Sweet Tooth«; hierzulande liegt es in sechs schönen Paperback-Bänden bei Panini vor. Weil ich zuletzt viel Vergnügen an den neuen Comics des Künstlers hatte, griff ich noch einmal zu »Sweet Tooth« und las die Serie erneut – und wieder fand ich den Abschluss der Serie sowohl melancholisch als auch richtig heftig.

Die Handlung lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen: Nach einer schrecklichen Seuche ist die Welt entvölkert; nur ein Bruchteil der Menschen hat überlebt. Die wenigen Kinder, die in den vergangenen zehn Jahren geboren worden sind, wirken wie eine Mischform aus Menschen und Tieren.

Eine solche Mischform ist ein Junge namens Gus, der in einer Hütte mitten im Wald lebt, beschützt und behütet von seinem Vater. Gus sieht aus wie ein typischer Junge in diesem Alter, mit einem Unterschied: Er trägt ein Hirschgeweih.

Wie es sich bald herausstellt, ist Gus auch in der Welt der Hybriden – so heißen die neuen Mischformen aus Mensch und Tier – ein besonderer Junge. Das merkt er, als er zu seiner gezwungenen Reise durch die Weiten der USA aufbricht. Er stößt auf gute Menschen, er stößt auf brutale Sadisten, er trifft andere Hybridenkinder, und er kommt irgendwann nach Alaska, wo er hinter das Geheimnis seines eigenen Lebens kommt ...

Klar – Jeff Lemire hat damit eine Endzeitgeschichte geschaffen, wie man sie als SF-Fan schon oft gelesen hat. Wie immer bei solchen Geschichten halten die Überlebenden nicht zusammen, sondern bekämpfen sich. Aber der Autor und Künstler bekommt es durch seine Hauptfigur und durch die originellen Hybriden hervorragend hin, alle möglichen Klischees zu vermeiden.

Die Geschichte ist spannend und abwechslungsreich; es gibt todtraurige Sequenzen und brutale Action. Gandenlose Killer und durchgedrehte Wissenschaftler ... das alles lässt Lemire in seinem Comic auffahren, der sehr melancholisch und gleichzeitig positiv endet.

»Sweet Tooth« ist ein richtig toller Comic, den ich nach wie vor empfehlen kann. Alle sechs Bände liegen noch vor, sie lohnen sich für alle Science-Fiction-Fans!

Warum macht das ein Minister?

Ich weiß nicht, was so viele Leute neuerdings gegen Jens Spahn haben. Er hat sich ein wenig großkotzig zum Thema »Hartz IV« geäußert. Aber damit tut er doch das, was im Prinzip in seinem Karriereplan verzeichnet ist; er verhält sich also regelkonform.

Der Mann will doch Bundeskanzler werden, er hat – so denkt er – eine große Karriere vor sich. Er ist jung, da kann noch viel kommen. Außer einer kurzfristigen Tätigkeit als Bankkaufmann hat er sein Leben als Politiker verbracht – da kann Minister nur ein Zwischenjob sein.

Also was macht man? Man sorgt dafür, dass einen die Leute kennen. Das schafft man, in dem man Themen erzeugt oder hochkocht, die vielen auffallen. Die hohe Zahl an »Harzern« fällt schließlich jedem auf. Den einen ist es ein Zeichen dafür, dass in der Gesellschaft die Ungleichheit gewachsen ist, den anderen ein Zeichen für den kulturellen Niedergang oder sonstwas.

Wer wie Jens Spahn nach unten tritt und mit den Fingern auf die »Hartzer« zeigt, weiß doch letztlich, dass ihm nichts passieren kann. Viele Leute aus der Unterschicht wählen nicht, das ist bekannt. Wenn er nach unten tritt, zeigt er einem gewissen Teil der Wählerschaft aber, wie wichtig ihm der soziale Stand ist – und das wird viele Leute begeistern.

Auch wenn es kaum noch jemand öffentlich sagen dürfte: Vor allem im Bereich des bürgerlichen Mittelstandes ist eine herablassende Haltung gegenüber armen Leuten üblich. Ein alter Mann, der in Mülleimern wühlt, eine alte Frau, die nach Pfandflaschen sucht, Bettler in der Innenstadt, alleinerziehende Mütter, die kaum über die Runden kommen – das sind keine Menschen, die vielleicht Hilfe benötigen, sondern in mancherlei Augen eben Leute, die es vielleicht »selbst verdient« haben.

»Die sollen sich nicht so anstellen, ich muss auch schauen, wo ich mein Geld herbekomme«, dürfte kein seltener Spruch sein. Wer so denkt, ist keine radikale Minderheit, sondern wählt die Parteien, die im Bundestag zu finden sind. Und ist damit ein potenzielles Stimmvieh für Jens Spahn.

Warum also regen sich die Leute über Jens Spahn auf? Der Mann tut doch nur das, was viele Politiker tun. Und damit wird er erfolgreich sein, fürchte ich.

12 März 2018

In Brunn am Gebüsch

Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«

Warum es mich zwischen Weihnachten und Neujahr 1996 nach Brunn am Gebirge verschlug, ist eine lange Geschichte. In der Marktgemeinde, die von Spöttern aus der Metropole Wien auch gern als »Brunn am Gebüsch« bezeichnet wird, wohnte damals der Schriftsteller Ernst Vlcek. Ich besuchte ihn, wir sprachen über die Arbeit, über das Wetter und das Leben an sich.

(Es war jenes lange Neujahrs-Wochenende, in dessen Verlauf noch einige höchst skurrile Dinge passieren sollten. Unter anderem gab eseine Party, bei der ich zwar die Lederjacke anbehalten durfte, aber die Schuhe ausziehen musste, damit das schöne Parkett nicht ruiniert werde. Also tanzte ich später Wiener Walzer in Lederjacke, aber strümpfig und vor allem fürchterlich zugeraucht.)

Ernst fotografierte gern. Und als ich ihm vorjammerte, dass es von mir ja schließlich kein vernünftiges Foto gäbe, fackelte er nicht lang. Er packte mich ins Freie, stellte mich auf seinen Balkon und meinte, ich solle endlich mal »fotogen dreinschauen«.

Man versucht ja viel, wenn der Tag lang ist und man schon das eine oder andere Bier getrunken hatte. Irgendwann gab Ernst auf. »Eins wird ja was taugen«, meinte er.

Und hier zeige ich endlich mal das Ergebnis. Fotografiert wurde es am 28. Dezember 1996. (Immerhin: Die Lederjacke gibt es noch. Sie hat aber einige Falten mehr als damals. Das Gesicht ja auch. Also passt alles.)

11 März 2018

Weltmusik im wahrsten Sinne

Die Band Quadro Nuevo ist mir seit langen Jahren bekannt. Die vier Musiker aus Bayern machen einen Sound, der vor allem in Frühstückscafés gern läuft; ich finde ihn hervorragend geeignet, einen Hintergrundteppich aus Geräuschen zu schaffen, der nicht nervt, sondern einen schönen Rahmen schafft.

Am Samstag, 10. März 2018, sah ich die Band zum ersten Mal live: im Forum der Musikschule der schwäbischen Kleinstadt Herrenberg. Dort war ich in den 80er- und 90er-Jahren sehr oft bei Punk-Konzerten; diesmal empfand ich alles als ein wenig anders.

Erfreulicherweise war ich einer der jüngeren Konzertbesucher; das Durchschnittsalter war sehr hoch. Ich könnte mir vorstellen, dass die Band ein anderes Publikum zieht, wenn sie beispielweise im »Tollhaus« in Karlsruhe auftritt.

Vor rund 200 bis 250 Besuchern zeigte die Band einen breiten Querschnitt an Tango-Musik und anderen Klängen. Ein Pianist, ein Akkordeonspieler, ein Saxophon-und-andere-Instrumente-Bläser und ein Kontrabasser, der nebenbei auch für die Schlagzeuge zuständig war, sorgten für ein sehr abwechslungsreiches Konzert.

Die vier Musiker erzählten gelegentlich etwas zu den Hintergründen der Musik. So entstanden manche Stücke in Buenos Aires, als es eben wirklich um den Tango ging. Ein anderes Stück entstand vor dem Hintergrund einer kleinen Tour durch Ägypten. Die Band lieferte buchstäblich Weltmusik, und das machte sie richtig gut.

Manche Stücke waren so ruhig und fast still, dass man wirklich brav auf dem Platz sitzen musste. Bei anderen hätte ich mir gewünscht, dass ich mich hätte bewegen können. Insgesamt aber war's ein großartiges Konzert, mit einer bestens aufgelegten Band, die auf der Bühne den Eindruck vermittelte, als würden die Musiker das Ganze wirklich aus einer großen Freude heraus machen.

Gern mal wieder!

09 März 2018

Meine Rezensionen im Februar 2018

Ich lese viel, und ab und zu schreibe ich auch darüber. Unter anderem aus diesem Grund habe ich diesen Blog eingerichtet. Viele Rezensionen landen aber auch auf der Seite der Romanserie, für die ich arbeite. Ich glaube nämlich, dass sich unsere Leser immer mal wieder für Literatur außerhalb ihrer Lieblingsserie interessieren ...

Als »Roman zwischen historisch-korrekt und phantastisch-obskur« bezeichnete ich am 27. Februar »Katie« von Christine Wunnicke. Auf das Werk aus dem kleinen Berenberg-Verlag wurde ich übrigens durch eine Notiz in einer Fachzeitschrift aufmerksam – und ich fand die Lektüre echt lohnenswert!

Als einen richtig tollen Science-Fiction-Comic empfand ich »Die drei Geister von Tesla«; darüber schrieb ich am 23. Februar 2018. Vor allem die Grafik ist bei diesem Comic sehr beeindruckend, aber auch die Story ist ziemlich cool.

Absolut keine Genre-Literatur ist »Bevor es hell wird« von Jens Eisel. Es schadet aber auch nichts, ab und zu mal »deutschsprachige Gegenwartsliteratur« zur Hand zu nehmen. Mir gefiel der sehr zurückhaltend erzählte Roman, meine Rezension erschien am 20. Februar.

Dann wieder ein echter Klassiker der phantasischen Literatur: Ray Bradbury begeistert mich seit Jahrzehnten, weshalb ich die Storysammlung »S is for Space« am 14. Februar mit großer Euphorie vorstellte. Die beste Storysammlung, die 2017 in Sachen Phantastik hierzulande erschienen ist!

Am 6. Februar rezensierte ich ein Hörspiel – aber eines, das auf einem Klassiker der Science Fiction aufbaut. Oliver Döring nahm »Das Imperium der Ameisen« von H. G. Wells und machte einen modernen Öko-Thriller draus; sehr spannend, sehr gut.

Im Februar las und hörte ich viel, und wenn ich dazu kam, schrieb ich auch darüber. Den Lesern präsentierte ich so eine schöne Mixtur, denke ich ...

08 März 2018

Band 50 im Jahr 1993

Wenn man es genau betrachtet, ist das sogenannte Papier-Fandom längst tot. Es gibt haufenweise Publikationen, die sich heutzutage mit der phantastischen Literatur und ihrem Umfeld beschäftigen: Blogs und elektronische Fanzines, Facebook-Gruppen und Hashtags bei Twitter, Videoblogger und Instagram-Poster, wahrscheinlich auch in Formaten wie Snapchat und dergleichen, die ich bislang ignoriere.

Aber klassische Papier-Fanzines, in denen gestritten und diskutiert, publiziert und ausprobiert wird – die gibt es praktisch nicht mehr. Da hilft es, 25 Jahre zurückzublicken.

Im August 1993 veröffentlichte der »Fandom Observer« seine fünfzigste Ausgabe. Für die Macher war das ein wichtiger Grund, in die Vergangenheit zu blicken.

Konkret schaute man auf die fünfzig Ausgaben zurück, die zuvor veröffentlicht worden waren – das lag ja nahe. Es gab entsprechend launige Beiträge und dazu haufenweise Cartoons, die Matthias Langer beisteuerte.

Bei aller Kritik, die man heute an manchem Tonfall in einzelnen Heften anbringen könnte, zeigt der Rückblick dieses Fanzines auf die Zeit von 1989 bis 1993 schon, wieviel in diesen Jahren im Mikrokosmos Fandom los war. Clubs steigen auf und gingen unter, Aktivisten traten auf den Plan und verschwanden wieder, Fanzines wurden gestartet oder gingen kläglich ein, bevor sie veröffentlicht wurden.

Ich habe dieser Tage diese Chronik noch einmal gelesen. Die 28 Seiten im A5-Format enthalten viele Hinweise und Informationen, einige von ihnen kann ich heute schon nicht mehr gedanklich einordnen. Und mir fällt eben nicht zum ersten Mal auf: Das Papier-Fandom hatte seine letzten Höhepunkte in den 90er-Jahren, danach ging es nur noch bergab.

Heute vermisse ich ein Fanzine wie den »Fandom Observer« mit seinem Biss, seiner Ironie und seiner durchaus auch mal ernstgemeinten Berichterstattung mehr als je zuvor. Nur bin ich mir sicher, dass so ein Blatt heute kaum noch auf Resonanz stieße. Die Zeiten ändern sich eben ...

07 März 2018

Ein soziales Restaurant

»In Como können Sie gut und teuer essen«, sagte die Frau, bei der wir uns für zwei Nächte einquartiert hatten. »Aber wenn Sie richtig gutes italienisches Essen haben möchten, das nicht überkandidelt ist, gehen Sie am besten ins Ristorante Sociale, das ist hier um die Ecke.« Sie erläuterte ein wenig die Zusammenhänge – aber leider vergaß ich alles sehr schnell wieder.

Das lag daran, dass das Restaurant so richtig schön war und einen positiven Eindruck hinterließ. Vom Comer See aus waren es nur wenige Schritte, vielleicht hundert Meter, und auch von unserer Unterkunft aus hatten wir keine zweihundert Meter zurückzulegen. Es bot sich an, kräftig zu essen und zu trinken.

Die Räumlichkeiten sind beeindruckend: Man sitzt in dem Raum wie in einem Gewölbekeller, die Wände wirken alt, aber stabil, und es herrscht eine geschäftige, aber nicht stressige Atmosphäre.

Die meisten Gäste waren an diesem Abend Italiener, und wer – wie ich – so gut wie kein Italienisch versteht, hat kleine Probleme. Aber es klappte alles.

Das Essen ist lecker: einfache Speisen, viel mit Nudeln, durchaus einiges für die Fleischfraktion – aber als Vegetarier muss man nicht verhungern. Einfaches italienisches Essen mit Qualität und Niveau, dazu gute Weine, die auch nicht teuer waren.

Als wir nach Stunden aus dem Sozialen Restaurant kamen, war ich gut gesättigt und hatte eine leichte Schlagseite. Und ich nahm mir vor: »Beim nächsten Trip nach Como werde ich dort wieder essen.« Nach Como ist es von Karlsruhe aus schließlich nicht so weit wie nach Hamburg oder Berlin ...

06 März 2018

Angenehm-altmodischer Ska-Punk

Denke ich heute an die Mixtur aus Ska und Punk, kommt mir häufig ein wildes Getröte in die Ohren, und ich sehe Musiker vor mir, die eher aussehen, als seien sie gerade aus dem Studenten-Cafe gekommen. Dabei war die Mixtur aus Ska und Punk und Oi! einmal etwas sehr Spannendes: Verschiedene Stilrichtungen, die eigentlich von der Straße kamen, fanden zusammen, und es bildete sich ein neuer Sound.

The Offenders erinnern mit ihrer Musik an diese Zeit, ohne dass sie abgeschmackt oder langweilig klingen. Sie orientieren sich daran, spiegeln auf angenehm-altmodische Art die 80er-Jahre, ohne sie zu einem Kult ohne Charakter zu deklarieren. Das merke ich ganz besonders, wenn ich die aktuelle Platte mit dem schönen Titel »Heart Of Glass« anhöre. Mir rutscht der Vergleich zu Bands wie Serious Drinking ins Hirn – die ich damals sehr mochte.

Die Geschichte von den italienischen Punkrockern, die nach Berlin auswanderten, um dort in einer englischsprachigen Band dann Ska-Punk zu spielen, wurde schon oft erzählt; ich finde sie immer noch cool. The Offenders klingen nicht italienisch, sondern echt britisch; sie hätten locker in der zweiten Ska-Welle ab Mitte der 80er-Jahre mitmachen können.

Die Stücke sind durch die Band melodisch und knallig, der Reggae-Einfluss dominiert nicht, sondern man bleibt den Punkrock-Wurzeln treu. Erfreulicherweise verzichtet man auf das Dauer-Getröte, das mich bei manchen Ska-Bands der neueren Zeit – also seit den späten 90er-Jahren –immer wieder nervt. Die Instrumentierung ist mit Gitarre, Bass und Schlagzeug sehr klassisch, und das finde ich schon richtig erholsam.

Textlich ist die Band ironisch und kritisch zugleich. Mit »Kotti is not L.A..« gibt's eine satirische Berlin-Hymne, mit »Boots & Braces (don't mean Racist)« eine glasklare Skinhead-Hymne, mit »My Darling A.C.A.B.« kommt noch eine Prise Szene-Kritik dazu.

Die 14 Stücke auf der Platte machen durchgehend Spaß und gehen gut ins Ohr und in die Beine. Dass ich die Band bei ihrem Auftritt in Karlsruhe verpasst habe, ärgert mich noch immer – umso lieber höre ich da die CD.

Fünfter Teil der erfolgreichen Serienkiller-Horror-Serie

Zwei Jugendliche sind auf einer seltsamen Reise quer durch die USA: John Cleaver ist ein Serienkiller mit schrecklicher Vergangenheit, der zeitweise sogar im Auftrag des FBI auf die Jagd gegangen ist. In seiner Begleitung reist Brooke, ein verstörtes Mädchen, das in sich die Bewusstseine oder zumindest die Erinnerungen zehntausender Mädchen trägt, die allesamt ermordet worden sind.

Verwirrt? Nachvollziehbar.

Es ist der Hintergrund zu dem Roman »Nur über deine Leiche« des amerikanischen Schriftstellers Dan Wells. Dabei handelt es sich um den fünften Teil einer Serie, die den Serienkiller John Cleaver ins Zentrum stellt. Cleaver ist kein gewöhnlicher Serienkiller: Er tötet die sogenannten Verwelkten, Angehörige einer Gruppe von Dämonen, die seit langen Jahrhunderten unter den Menschen leben, sie ausbeuten und grausam töten.

Cleaver kann diese Dämonen erkennen, unter anderem mit der Hilfe von Brooke und ihrem gestörten Geist – und so sind die beiden Jugendlichen auf einer Mission unterwegs, bei der sie nicht auf Hilfe hoffen können. Sie reisen per Anhalter, sie stehlen unterwegs, und sie haben immer wieder neue Ziele: Sie wollen auf Verwelkte treffen und sie ermorden.

In einer kleinen Stadt werden sie mit einer Serie von brutalen Morden konfrontiert, mit denen die Verwelkten im Zusammenhang stehen müssen – unschuldig und schuldig zugleich. Damit ist die Handlung des Romans schon einmal gut umrissen.

Was der Autor richtig gut hinbekommt, ist die Sicht auf die beiden jungen Leute. Sie müssen der halben Welt misstrauen, sie müssen sich gleichzeitig anpassen, und dazu werden sie von ihren eigenen Ängsten und Visionen geplant. Wie sie in dieser Art und Weise gegen finstere Dämonen antreten wollen, wissen sie selbst nicht.

Die Handlung schleppt sich allerdings zeitweise, vor allem, wenn man die vorherigen Bände der Serie kennt. Manche Innensicht von John Cleaver wiederholt sich. Unterhaltsam ist das Ganze allemal, aber »Nur über deine Leiche« ist der schwächste Teil der Serie.

Ein Fan braucht ihn auf jeden Fall. Wer sich auf die Serie einlässt, muss ihn lesen. Ansonsten muss ich fairerweise sagen, dass er zwar unterhaltsam ist, aber nicht die Relevanz etwa des ersten oder des vierten Teils besitzt.

(Wen's interessiert, der schaue sich einfach die entsprechenden Leseproben im Internet an.)

05 März 2018

Neue E-Book-Zahlen

Glaubt man den Zahlen, die im »buchreport express« vom 1. März 2018 zitiert worden sind, gibt es im E-Book-Geschäft ein »digitales Seitwärtswachstum« – was ich als ein schönes Wort empfinde. Konkret wird auf Studien des Börsenvereins und der GfK verwiesen. Diese seien auf Basis von 25.000 befragten Personen erstellt worden.

Der Absatz der E-Books im Publikumsmarkt sei leicht gestiegen und liege derzeit bei 29,1 Millionen Exemplaren. Gleichzeitig sei der Umsatz aber zurückgegangen, weil die Kunden die preiswerten Titel bevorzugten. Im gleichen Zusammenhang stehe, dass der durchschnittliche Preis für ein E-Book zurückgegangen sei; er liege jetzt bei 6,38 Euro. Insgesamt gäbe es weniger E-Book-Käufer, der Rückgang betrage 7,7 Prozent.

Ich könnte den gesamten Artikel zitieren; wer ein bisschen findig ist, kann aber im Internet die entsprechenden Zahlen herausfischen. Kommentieren mag ich das nicht. (Ich verdiene mein Geld schließlich mit E-Books. Unter anderem.)

Nur so viel: Bei all diesen Zahlen fällt mir auf, dass sie Teile der digitalen Entwicklung ausklammern. Schließlich lesen immer mehr Menschen bei den sogenannten Streaming-Modellen mit – die sind für den Kunden praktisch, für die Urheber aber eher suboptimal, um es vorsichtig zu sagen. Eine solche Entwicklung führt natürlich zu einem Rückgang der Käufe, sagt aber nichts darüber aus, wie sehr E-Books akzeptiert sind.

Die komplette Euphorie, die vor sechs oder sieben Jahren noch in Sachen E-Books herrschte, ist auf jeden Fall vorüber. Viele Verlage müssen sich neu sortieren. Ob sich die teilweise riesigen Abteilungen für »digitale Entwicklung« in den Verlagen letztlich rechnen, werden irgendwann Controller entscheiden.

Man muss sicher schauen, wie das alles weitergeht. Das E-Book ist aber sicher nicht tot, wie manche schon wieder schwadronieren. (Wie auch die Mangas noch nicht tot sind. Aber das ist auch so ein Gerücht, das seit Jahren von Leuten behauptet wird, die meinen, besonders viel Ahnung zu haben ...)

04 März 2018

Ein Verlag sucht neue Serienschreiber

Diese Stellenausschreibung finde ich sehr interessant: Unter der Überschrift »Profi-Autor(in) gesucht!« sowie der Unterzeile »Ihre eigene Serie bei uns…« (das fehlende Leerzeichen ist aus der Original-Anzeige ...) macht der Kelter-Verlag in seinem Blog auf sich aufmerksam. Man spricht ausdrücklich Menschen an, die eine eigene Serie veröffentlichen möchten und keine Lust darauf haben, einen Druckkostenzuschuss zu bezahlen.

»Träumen Sie schon lange davon, eine eigene Serie am Markt zu etablieren?«, fragt der Verlag in seiner Anzeige. Man wirbt gegenüber den Autoren mit einem guten Vertrieb, sowohl im Print als auch im E-Book-Sektor, und stellt die Planungssicherheit heraus: So soll es ein verlässliches Grundhonorar gebe, dazu eine »mögliche erfolgsabhängige Bonuszahlung«. Leider steht in der Anzeige nicht viel Konkretes.

Selbstverständlich sollen die Romane professionell vermarktet werden. Zum Ausgleich dürfen die Autoren auch Themen außerhalb der üblichen Genres suchen, die der Kelter-Verlag ansonsten bevorzugt.

Was der Verlag als Ausgangspunkt möchte, ist vergleichsweise überschaubar: Man hätte gern erfahrene Autoren, die »regelmäßig und zuverlässig« liefern können, und man wünscht sich eine möglichst originelle Idee.

Durchaus spannend ... Der Kelter-Verlag ist einer der wenigen Verlage im deutschsprachigen Raum, die noch Heftromane publizieren. Deshalb ist es interessant, dass er offenbar neue Serien sowie neue Autorinnen und Autoren sucht. Ich werde in den nächsten Monaten also immer mal wieder schauen, was die Kolleginnen und Kollegen des Verlages an aktuellen Titeln vorstellen ...

02 März 2018

Der Geisterspiegel und ich

Das Online-Fanzine »Geisterspiegel« veröffentlichte ein Interview mit mir; die Fragen dazu stellte Alexandra Trinley. Es ging in dem Interview vor allem um meinen Fantasy-Roman »Das blutende Land«, ich konnte einige Hintergründe zu dem Buch erläutern.

(Was ich ja eigentlich doof finde: Der Leser oder die Leserin soll das Buch lesen und idealerweise gut finden, ohne zu wissen, was sich der Autor so alles gedacht hat.)

Zum Thema Brutalität, auf das ich jetzt doch schon öfters angesprochen wurde, äußerte ich mich: »Ich wollte aber einen Roman schreiben, der so realitätsnah ist, wie man das schreiben kann. Machen wir uns nichts vor: Was heute in der Welt vorgeht, ist alles schrecklicher und grausiger als alles, was ich in diesem Roman nur andeute.

In anderen Fragen und Antworten ging es auch um meine »Peter Pank«-Romane. Darüber hinaus konnte ich ein wenig meine skeptische Sicht der Welt äußern. Mal schauen, welche Resonanz es auf dieses Interview gibt ...

01 März 2018

Mein Diesel und ich

Die Passantin betrachtete mein Auto. »Schicker Wagen«, sagte sie, »fährt der gut?«

Ich nickte. »Ist ein Dienstwagen, gehört mir also nicht selbst«, sagte ich. »Und es ist ein Diesel.«

Sie trat einen Schritt zurück. »Echt jetzt?«

Ich nickte erneut und grinste. Offenbar läuft die Kehrtwende bereits: Wer ein Auto mit Dieselantrieb fährt, hat versagt und ist definitiv nicht mehr cool. Er kann also einpacken, man weicht vor ihm zurück.

Seien wir ehrlich: Ich könnte verstehen, wenn die großen Städte tatsächlich Verbote für Dieselfahrzeuge einführen würde. Es handelt sich durchaus um »Dreckschleudern«, dafür gibt es genügend Belege.

Dass sie stark subventioniert werden, verstehe ich sowieso nicht, erklärt aber, warum fast alle Dienstfahrzeuge einen Dieselmotor haben. Und wenn es darum geht, die Innenstädte vom Dreck zu befreien, ist das halt so. Mir wäre ein sauberes Fahrzeug im übrigen lieber.

Die Diskussion um Fahrverbote und Stickoxide, um den CO2-Ausstoß verschiedener Motoren oder den Reifenabrieb – die will ich nicht führen. Stadtverwaltungen haben sich darum zu kümmern, dass die Bürger von zu vielen krankmachenden Einflüssen bewahrt bleiben. Wenn Dieselfahrzeuge reduziert werden sollen, muss eben ich in den sauren Apfel beißen.

Wobei es sicher bessere Möglichkeiten gäbe. Eine City-Maut in Städten wie Stuttgart könnte helfen, ein kostenloser Nahverkehr wäre interessant, an Ideen mangelt es ja nicht. Sie werden nur nicht umgesetzt.

Es nutzt nur nichts, wenn ich mich – rein subjektiv gesehen – jetzt aufrege. Ich fahre Diesel und bin nicht stolz darauf. Ich habe übrigens auch keinen Grund gefunden, mich dafür zu schämen. Aber das ist ein anderes Thema ...