17 Mai 2013

Bleibende Schäden klingen angenehm

Vieles von dem, was heutzutage unter deutschsprachigem »Pop« angeboten wird, klingt für mich austauschbar oder gar einfach wie moderner Schlager. Gelegentlich bekomme ich entsprechende Bands oder Sänger mit, indem ich durchs Fernsehprogramm zappe oder bei LastFM entsprechend »getaggt« habe.

Die Band Bleibende Schaeden passt nicht ganz ins Schema. Die fünf Musiker machen auf der Zwei-Stücke-CD »Haifischzahn« eine Musik, die irgendwo zwischen lockerem Folk – die Gitarre und das Gedudel stimmen auf jeden Fall – und flotten IndiePop hängt: Beide Stücke gehen gut ins Ohr, können beim zweiten Anhören mitgesummt werden und sind von ihrer Machtart gelungen.

Beide Texte beschäftigen sich mit Alltäglichem, schrecken vor Liebelei-Gesinge nichts zurück, machen das aber originell: »Ich tanze nackt im U-Bahn-Schacht, ich spring für dich vom Hochhausdach« – das klingt locker und lässig und dennoch ernsthaft genug, ohne in Schmalz abzugleiten.

Eine angenehme Band also, die ein Stück weit von dem entfernt ist, was ich sonst höre, die aber gute Laune verbreitet. Und das ist manchmal viel wert ...

16 Mai 2013

Privates Geheimprojekt

Wenn ich in den vergangenen Wochen und Monaten auf mein »privates Schreiben« angesprochen wurde, stahl ich mich immer wieder murmelnd aus der Verantwortung. Ich hätte so viel zu tun, ich müsste mich zu sehr um einen gewissen Weltraumhelden kümmern, und aus diesem Grund käme ich zu rein gar nichts mehr außerhalb des Perryversums.

Das stimmt ja, aber gelegentlich bleibt ein Stündlein übrig. Und in diesem Stündlein kümmere ich mich gern um ein Buchprojekt, an dem ich nur als Bearbeiter tätig bin. Ich will nicht so viel über ungelegte Eier reden, nur so viel: Es ist ein außergewöhnliches Thema, das ich in dieser Form bislang noch nicht im Buchhandel gesehen habe.

Ich helfe einem Freund dabei, sein eigenes Buch zu schreiben. Dieser hat ein ungewöhnliches Vorleben und einen eher ungewöhnlich wirkenden Beruf – und darüber schreibt er. Ich helfe ihm ein wenig bei den Formulierungen, aber die packenden Geschichten stammen allesamt von ihm: direkt aus dem Leben gegriffen.

Der Autor ist gewissermaßen »fertig«, während ich als Bearbeiter erst rund zwanzig Prozent redigiert habe. Wenn ich weiter vorangeschritten bin, möchten wir es auch einem Verlag anbieten; das könnte sogar etwas für ein größeres Haus sein. Aber ... mehr erzähle ich hier nicht, denn dabei handelt es sich ja um ungelegte Eier.

15 Mai 2013

Abgrenzung im Biomarkt

Als ich unlängst mal wieder im »Alnatura« einkaufte, einem von geschätzt zehn Bio-Supermärkten in Karlsruhe, erinnerte ich an meine ersten Versuche, mich vegetarisch zu ernähren. Das war in den 80er-Jahren, ich wohnte nicht mehr daheim, aber immer noch in der kleinen Stadt im Schwarzwald; der Öko-Laden ganz in meiner Nachbarschaft wurde fast zu meiner zweiten Heimat.

Ich fand Produkte, die ich nicht kannte, kaufte Fairtrade-Kaffee und biologisch korrekten Käse, vegane Plätzchen und allerlei Bratlinge auf Soja-Basis. Häufig schmeckte mir das Zeug nicht, aber ich wollte keine toten Tiere mehr futtern und mich gesund ernähren. Also stand ich alles tapfer durch, vor allem dann, wenn ich allein durch den übersichtlichen Laden gehen und meine Produkte »frei Schnauze« auswählen konnte.

Manchmal aber wurde ich in ein Gespräch verwickelt. Häufig geschah es beim Zahlen, manchmal sprachen mich aber auch die Leute »einfach so« an. Vorherrschend waren Spät-Hippies und Ökos über vierzig.

Ich war der einzige »junge Mann«, der in dem Öko-Laden einkaufte, und ich sah mit meinen löcherigen Hosen und dem rasierten Kopf nicht gerade ökobewegt, sondern eher politisch heikel aus. Wer ich denn sei, ob ich mich nicht politisch-gesellschaftlich engagieren wollte und andere kluge Frage bekam ich zu hören.

Irgendwann ging ich nicht mehr hin, weil ich das Gerede nicht mehr ertrug, irgendwann futterte ich wieder mit großer Begeisterung Döner oder Currywurst, Gulaschsuppe oder Bratwurst. Bis ich »richtig« – aber eben nicht religiös – zum Vegetarier werden sollte, dauerte es noch einige Jahre.

Im »Alnatura« fiel mir auf, dass ich längst zum Mainstream dieses Ladens gehöre: Ich fahre mit dem Rad hin, stelle es auf den Fahrradparkplatz, packe meine Stofftasche aus und kaufe dann das Zeugs, das ich will. Ein Einkauf ist da ganz schön hochpreisig, das kann sich nicht jeder leisten.

Immerhin ist der Altersschnitt heutzutage ein wenig gemischter: vom Jungmann mit Hipsterbart über die zottelige Hippie-Dame und den Anzugträger mit Krawatte bis zur feschen Rentnerin mit kurzem Grauhaar ist vieles vertreten, das auf den ersten Blick nicht zusammenpasst. Doch auch heute gibt es eine Übereinstimmung: Geld.

Der bürgerliche Mainstream ist unter sich: War ich in den späten 80er-Jahren mit meinem geringen Einkommen eine Ausnahme, wäre es heute ein Arbeitsloser oder ein sogenannter Geringverdiener – ein solcher Kunde fiele auf wie ich damals. Zum Bio-Einkaufsmarkt gehört offensichtlich das richtige Einkommen ...

14 Mai 2013

Love A sind großartig

Kann es noch eine neue Band geben, die mich so richtig umhaut? Ja – die gibt es. Die Rede ist von Love A: vier junge Männer, die einen flotten, melodiösen Punkrock spielen, den man meinetwegen auch als Emopunk oder gar Indie-Rock bezeichnen könnte, immer knackig präsentiert, immer mit einem Herz für eine gelungene Sequenz.

Ich kenne von der Band schon einige Tonträger; seit einigen Tagen dreht sich die aktuelle Platte »Irgendwie« als CD in meinem Computer – aber da werde ich mir auf jeden Fall noch die Langspielplatte besorgen. Die dreizehn Stücke sind durch die Bank gelungen, von einer lässigen Art, wie man sie aus der deutschsprachigen Punkrock-Szene sonst nur selten zu hören bekommt.

Die Band ist einfallsreich, was die Melodien und die Texte angeht; sie ist eigenständig, und sie hat es drauf, Stücke zu liefern, die locker-leicht und trotzdem komplex klingen. Ich sehe schon, ich kann das nicht vernünftig umschreiben – Love A sind einfach sehr gut!

Und wer das nicht glaubt, schaue sich auf ihrer Internet-Seite einfach einige Videos an oder höre die Stücke. Das lohnt sich!

Männerfreundschaften und Sittenstrolche

Bei einer längeren Autofahrt nach Leipzig hörte ich den sechsten Fall der Hörspiel-Serie »Sonderberg & Co« an. Die Serie historischer Krimis spielt gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Düsseldorf und stammt von Zaubermond Audio. Als Autor, Regisseur und Produzent in Personalunion ist Dennis Ehrhardt tätig, von dem ich eine Reihe anderer Hörspiele kenne und mag – mit »Sonderberg & Co« kann er sich wahrscheinlich am stärksten selbst verwirklichen.

Der sechste Fall trägt den Titel »Sonderberg & Co. und der Spiegel von Burg Vischering«; die Handlung ist diesmal außerhalb der Großstadt und eher in einer ländlichen Region angesiedelt. Schauplätze sind ein Schloss, ein Sumpf und ein Gasthaus – viel mehr benötigt die Zaubermond-Mannschaft nicht, um ein spannendes und atmosphärisches Hörspiel zu schaffen.

Selbstverständlich geht es wieder um einen Mord, aber darüber hinaus bringt das Hörspiel sowohl witzige als auch tragische Sequenzen, die mehr mit der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zu tun haben: Es geht um die Liebe oder zumindest die Zuneigung zwischen zwei jungen Männern, die sich immer nachts auf einer Brücke treffen, zugleich um einen sogenannten Sittenstrolch, der im Sumpfgebiet sein Unwesen treibt. Beide Themen sind gewissermaßen der »Subtext« des Hörspieles, machten es aber für mich besonders interessant.

Dass die Figuren toll besetzt sind, müsste ich bei einem »Sonderberg« erst gar nicht sagen: Sowohl Friedrich Sonderberg, der Detektiv, als auch seine unangepasste Assistentin Minnie Cogner sind einfach großartig; die dazu kommenden Figuren werden ebenfalls sehr gut gesprochen. Die Geräuschkulisse im Hörspiel macht Spaß, und dass man auf einen Erzähler verzichtet, mag ich sowieso.

Also ist das wieder einmal eine gelungene »Sonderberg«-Folge. Ich fühlte mich während der Reise bestens unterhalten. Und eines ist nach dieser Fahrt klar: Ich muss mir die noch fehlenden »Sonderberg«-Folgen so schnell wie möglich besorgen; schließlich bin ich mittlerweile ein Fan dieser gelungenen Serie.

13 Mai 2013

Glückwunsch, KSC!

Ich bin eigentlich kein echter Fußballfan, und richtig viel Ahnung habe ich gleich zweimal nicht. Ich gehöre zu den Leuten, wie sich faul auf das Sofa lümmeln oder in der Kneipe mit anderen zusammen irgendwelche »großen Spiele« angucken: Champions League oder Weltmeisterschaft, dann aber vorzugsweise die deutschen oder eben die abschließenden Spiele. Ins Stadion gehe ich praktisch nie.

Aber ich bekomme selbstverständlich mit, wie es dem Karlsruher Sport-Club geht. Der KSC hat in den Jahren, seit ich in Karlsruhe lebe, eine heftige Berg-und-Tal-Fahrt erlebt; in den vergangenen Jahren vor allem ins Tal hinab. Von den Zeiten vor zwanzig Jahren, als man international gegen große Vereine spielte und diese sogar besiegen konnte, träumen die Fans allerdings nach wie vor.

Nach stark dem Alkohol zugeneigten Vorstandsmitgliedern, Spielern mit überzogenen Gehaltsvorstellungen, randalierenden Fans und anderen Problemen in den vergangenen Jahren war es wohl angebracht, dass der Verein in die Dritte Liga abstieg. Zeitweise sah es sogar so aus, als müsste man diese Liga sogar weiter nach unten verlassen; die Diskussion um ein mögliches neues Fußballstadion in Karlsruhe hätte sich dann von selbst erübrigt.

Doch nach einem spannenden Jahr ist der KSC da, wo er hingehört: auf einem Aufstiegsplatz. Es geht zurück in die zweite Bundesliga, und dort wird man auf ganz andere Vereine treffen. Ich gönn's den Fans, die auch bei miesem Wetter ins Stadion pilgern und sich in den vergangenen Jahren manch mieses Spiel anschauen mussten. Ich gönn's den Spielern, die sich tierisch angestrengt haben.

Und ich wünsche mir, dass endlich mal eine vernünftige Saison für diesen Verein kommt: ohne dass man gleich großmäulig und peinlich-übertrieben wird. Vielleicht sieht man mich dann doch mal im Wildparkstadion ...

12 Mai 2013

Knallender Basken-Punk


Zu Beginn des Jahres 2010 spielte die Band Segismundo Toxicomano aus dem Baskenland in der »Alten Hackerei« in Karlsruhe, und ich fand sie – trotz des schlappen Publikums – so gut, dass ich hinterher eine CD der Band erstand. Normalerweise kaufe ich nur Vinyl und keine CD-Veröffentlichungen; Ausnahmen bestätigen die Regel und sind in diesem Fall sogar sehr sinnvoll.

Was die Band live versprochen hat, löst sie auf der Platte auf jeden Fall ein: Es ist ein stets knallender, treibender und nach vorne gehender Punkrock, viel Melodie, aber eben auch tüchtig Dampf unter den Triebwerken. Da wird nicht geheulsust, nicht gelangweilt und vor allem nicht gemetalt; die Band weiß offensichtlich, wie man's richtig macht.

Auf der CD ist alles in spanisch und baskisch, so dass es mir recht schwer schwerfällt, auch nur ansatzweise zu verstehen, um was es in den Stücken geht. Wer über »futbol« und »guerilla« singt, sollte auf jeden Fall zur guten Seite der Macht gehören. Schöne CD, gute Band – ich hoffe auf ein Wiedersehen bei einer möglichen weiteren Tour durch Deutschland.

11 Mai 2013

Dreißig Jahre Profi

Es ist ziemlich genau dreißig Jahre her: Ich war ein Jugendlicher, der auf dem Dorf wohnte, wieder zur Schule ging, sein Geld nebenbei als Jobber in einem Supermarkt und an einer Tankstelle verdiente, der noch bei seinen Eltern wohnte und ansonsten viel mit obskuren Leuten in der gesamten Republik kommunizierte. In dieser Zeit erhielt ich ein Angebot, das mein Leben für immer verändern sollte.

»Magsch nicht ab und zu für die ›Südwest Presse‹ schreiben?«, fragte der schnauzbärtige Lokaljournalist, der viel rauchte, gern lachte und zahllose Artikel verfasste. Wir trafen uns in der Kneipe, die zum Supermarkt gehörte, blickten auf den Parkplatz hinunter und sprachen über meine berufliche Zukunft.

Am Ende des Gesprächs war klar: Ich würde freier Mitarbeiter der Freudenstädter Lokalausgabe der »Neckar-Chronik« werden, die wiederum eine Teilausgabe des »Schwäbischen Tagblatts« war. Und weil der Mantel der Zeitung von der »Südwest Presse« kam, hatte sich in Freudenstadt dieser Begriff eingebürgert.

Ab März 1983 verfasste ich meine ersten Texte über das Jugendzentrum und seine Aktivitäten, über die Literarische Werkstatt und andere »kleine Themen«; ab Mai 1983 wurde ich stärker in die Redakteursrunden eingearbeitet. Recht schnell wurde ich »Pauschalist«, bekam also ein Fest-Honorar als Grundlage, ebenfalls schnell wurde ich komplett für Sonntagsdienste eingeteilt, und irgendwann im Jahr 1983 schrieb ich praktisch die ganze Wochenend-Ausgabe allein.

Der Rest ist Geschichte ...

10 Mai 2013

Besser observiert im Mai

Über die vorherige Ausgabe des stets informativen und lesenswerten Fanzines »Fandom Observer« (kurz: FO) habe ich ein wenig gelästert. Sie sei schwach und nicht besonders relevant ausgefallen. Glücklicherweise präsentiert sich die Ausgabe 287 vom Mai 2013 wieder einmal auf hohem Niveau – mit einem Umfang von zwanzig Seiten und einer schönen Bandbreite an Themen.

»Gelernt ist gelernt«, das kann man dazu sagen. Verantwortlicher Chefredakteur für diese Ausgabe ist Günther Freunek, und dieser hat sein »Handwerk« in den 80er-Jahren bei verschiedenen Fanzines und Magazinen gelernt, unter anderem bei »Sagittarius«, das wir einige Jahre gemeinsam produziert haben.

In der aktuellen FO-Ausgabe geht es etwa um das englische Magazin »SFX«, das kritisch beleuchtet wird. Lesenswert finde ich das Interview mit den Verlegern des österreichischen Genre-Verlages Evolver, ebenso lesenswert wie sachkundig sind darüber hinaus die Filmberichte, bei denen beispielsweise Robert Downey jr. und seine Lederhose nicht fehlen dürfen.

Wer es gern amüsant mag, erhält eine Darstellung, wie Radium in den zwanziger Jahren als Wundermittel angepriesen wurde. Dazu kommen Fanzine-Besprechungen und allerlei Informationen.

Alles in allem ein richtig gelungenes Fanzine, dessen Lektüre ich nur empfehlen kann. Abonnenten der Print-Auflage hätten dafür Geld bezahlt und »nur« einen Schwarzweiß-Ausdruck erhalten; wer es gerne digital mag, erhält das Fanzine kostenlos und in Farbe. Lohnenswert!

09 Mai 2013

Ein Tag im Archiv

Feiertage sind eine gute Gelegenheit, sich auch mal zwischendurch um Dinge zu kümmern, die im sonst so oft so stressigen Alltag auf der Strecke bleiben. In meinem Fall: mein Fanzine-Archiv im Schwarzwald. Klingt komisch, ist aber so ...

Seit vielen Jahren sammle ich Fanzines, und es haben sich im Verlauf von über dreißig Jahren tatsächlich einige zehntausend (!) Exemplare angesammelt. Diese Zahl ist kein Witz, sie stimmt. Wie viele Fanzines ich genau habe, weiß ich allerdings nicht, weil mein System, sie zu archivieren, nicht besonders durchdacht ist.

Es sind Science-Fiction-Fanzines seit den fünfziger Jahren, Punkrock-Hefte seit den siebziger Jahren und Rollenspiel-Hefte seit den achtziger Jahren, um mal einige Beispiele zu nennen. Damit sind auch wesentliche Schwerpunkte genannt; dazu kommen haufenweise Comics-, Fantasy- und Horror-Fanzines, Literaturzeitschriften und irgendwelcher Polit-Kram. Es ist erschütternd, und jeder vernünftige Mensch muss die Sammlung aus guten Gründen für »gaga« halten.

Aber ich habe sie, und sie ist im Keller eines Hauses im Schwarzwald untergebracht, sauber und trocken und in schönen Archivboxen geschützt. Den heutigen Feiertag widmete ich nicht komplett dieser Sammlung, aber einigen Stunden – und ein solcher Tag macht mir dann richtig Spaß.

Ich sortiere Berge von Papier, ich blättere sie durch, ich räume sie mehr oder weniger sinnvoll ein. Mag sein, dass dieses Interesse nur wenige teilen können; aber das ist tatsächlich mein einziges »Hobby«. Gönnt es mir!

08 Mai 2013

Pilgergang ins Käsehaus

Die einen gehen nach Canossa, weil sie eine Absolution für irgendeine Untat wollen. Die anderen gehen auf den Jakobsweg, weil sie sich oder den Sinn des Lebens suchen. Bei mir ist das ganze ein wenig bescheidener: Wann immer ich in Köln bin, führt mich mein Weg in das Käsehaus Wingenfeld. Ich bin mir sicher, dass ich dabei stets reichlich belohnt werde.

Das Ladengeschäft im Erdgeschoss des Eckgebäudes riecht schon beim Betreten sehr verführerisch – selbstverständlich nur für jene Menschen, die den Geruch von etwas stärkerem Käse auch mögen. Verschiedene Aromen hängen in der Luft, die Käsetheke selbst ist gefüllt mit prächtigen Leckereien aus den unterschiedlichsten Ländern.

Neben Käse führt das Geschäft auch Wein und Schinken – für mich weniger interessant – sowie einige andere Leckereien. Ich bin jedesmal völlig begeistert, wenn ich in diesem Käsehaus bin: Das Personal kennt sich aus, und ich fühle mich zudem sehr gut beraten. Das sind keine angelernten Hilfsverkäuferinnen, zumindest wirken sie nicht so; das finde ich gut.

Klasse! Beim nächsten Kölnbesuch gleich wieder ...

07 Mai 2013

Mehr schreiben?

»Warum schreibst du eigentlich nicht mehr?« Diese Frage bekomme ich nicht selten gestellt. Früher hätte ich doch »so lustige Fanzines« gemacht, und überhaupt sei ich doch nicht der schlechteste Schreiber unter Gottes weiter Erde.

Meine Antwort ist unbefriedigend, stimmt aber leider: Es hapert an der Zeit. Das erzähle ich dann auch immer etwaigen Gesprächspartnern. Ich verbringe sehr viel Zeit mit so einer Science-Fiction-Serie, für die ich arbeite, und sitze sehr oft an den Romanen anderer Autoren; da bleibt wenig Zeit für »eigenes Zeugs«.

Ich solle einfach unordentlicher werden. »Mal den Punk beim Perry raushängen lassen« und einfach mal Romane durchwinken. Oder ich solle einfach besser delegieren. Und was der klugen Ratschläge sonst so existieren.

Einen Ratschlag habe ich mir jetzt selbst gegeben: Ich versuche mal, stärker meinen inneren Schweinehund zu überwinden. Mal schauen, was ich bis Ende Juni 2013 hinbekomme – das ist also mein internes Ziel, und ein inhaltliches Projekt möchte ich in der Zeit ebenfalls verwirklichen. Und dann sehe ich mal weiter.

06 Mai 2013

Knalliges aus Berlin

Meine Radiosendung am Sonntag, 5. Mai 2013, die ich wieder über den örtlichen Sender Querfunk ausstrahlen ließ, beschäftigte sich mit Punkrock und Hardcore aus Berlin. Ich blieb eher in der Neuzeit, beschäftigte mich also nicht mit der grauen Vorzeit – Punk begann in Berlin bekanntlich schon in den 70er-Jahren.

Mit den Modern Pets hatte ich zumindest eine Band, die sich bewusst vor den 70er-Jahren verneigt, auch wenn sie ganz neu ist. Sauguten modernen Hardcore serviert dafür dann eben Off The Hook – die Band ist ebenso neu, bedient sich aber bei den späten 80er-Jahren.

Aus den Nuller-Jahren stammten Frontkick mit ihrem sehr guten Streepunk, die Terrorgruppe mit englischsprachigen Versionen ihrer deutschen Punkrock-Stücke oder die Bockwurschtbude, die Deutschpunk mit unterschiedlicher Qualität macht. Dazu noch ein bisschen Team Tyson mit Hardcore und Toxpack mit metallischem Glatzen-Sound, und fertig war eine außergewöhnlich abwechslungsreiche Sendung. Mir hat's Spaß gemacht; ob's dem Publikum gefiel, erfahre ich ja leider nie.

05 Mai 2013

Im Bier-Ozean

Auf dem Höhepunkt des Abends war der Boden der »Alten Hackerei« von einem See aus Bier bedeckt; von der Decke tropften Bier und Kondenswasser, die Wände, die Körper, die Klamotten – alles war durchnässt von Bier und Schweiß. In meinem Gesicht strahlte ein völlig überdrehtes Grinsen, und ich kam mir vor, als sei ich zwei Dutzend Jahre jünger.

Es war der Samstag, 4. Mai 2013, und die »Alte Hackerei« feierte ihren sechsten Geburtstag. Wie viele Leute gekommen war, erfuhr ich; es waren sicher über 200 Personen, und viele von denen hatte ich seit Jahren nicht mehr gesehen. Im Prinzip war die Hardcore-Szene der Stadt Karlsruhe aus den 90er-Jahren versammelt, mit dem einen Unterschied, dass die schlacksigen Herren von damals heute offensichtlich alle einen Vollbart sowie einen Wohlstandsbauch spazieren tragen ...

Sei's drum. Als erste Band des Abends spielte Über You aus Zürich: zwei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug und ein Sänger, der mit einer großen Klappe aufwartete. Musikalisch war das sehr gut gemachter Punkrock der modernen kalifornischen Schule, von der Sorte, wie er seit den Nuller-Jahren aus Metropolen wie Los Angeles kommt, mit rauhem Gesang, wuchtigen Gitarren, Hardcore-Einflüssen und ordentlichen Melodien. Mir gefiel das, dem Publikum ebenfalls, aber außer Arschwackeln war nicht viel drin.

Kein Wunder, unsereins musste sich ja »warm trinken«. Hauptband des Abends waren nämlich Hooka-Hey, die in den 90er-Jahren ein aus Karlsruhe stammendes, sehr amtliches Hardcore-Brett spielten. Die Band gibt es seit vielen Jahren nicht mehr, spielt alle Schaltjahre aber doch mal zum Tanz auf.

Und den gab es an diesem Samstag. Vom ersten Ton an herrschte das Chaos. Bierflaschen zersplitterten im knallig-heftigen Pogo, Unmengen von Bier flogen durch die Luft, der Sänger machte Stagediving – einmal quer durch die Kneipe und wieder zurück. Auch ich hüpfte ein wenig, purzelte im Getümmel dann einmal ziemlich heftig auf den Rücken, wurde aber hochgezogen und wieder in die Meute geschmissen.

»Wie früher« eben, mit allen Begleiterscheinungen. Wer mag, darf das als »retro« bezeichnen. »Oldie-Rock-Show«-Charakter hatte es angesichts der letalen Mengen an Alkohol, die vernichtet wurden, wenig zu tun, und der tobende Mob vor der Bühne wirkte auch nicht gerade bürgerlich-verweichlicht.

Danach gab's noch Punkrock-Disco, weiteres Bier, einige Schnäpse und sich steigernd-intellektuelle Gespräche zwischen allerlei Leuten. Als ich gegen drei Uhr auf mein Rad stieg, um die Stadt zu durchqueren, fühlte ich mich nicht mehr nüchtern, um es vorsichtig zu sagen, dafür aber ziemlich glücklich.

04 Mai 2013

Im Münchhausen-Schloss

Das Schlosshotel Münchhausen liegt unweit von Hameln, also mitten in Deutschland, und es sieht von außen genau so aus, wie man sich ein Schloss vorstellt: Umgeben von einem wunderschönen Park sowie einem Burggraben mit angeschlossenem Teich, erhebt sich ein großes, würdevoll wirkendes Gebäude, das mit seinen Fenstern und Türmen exakt so wirkt, wie man es sich in seinen Träumen schon immer vorgestellt hat.

Der Bau hat seine Geschichte, er ist nicht neu; selbstverständlich wurden im Lauf der vergangenen 500 Jahre viele Änderungen und Umbauten vorgenommen. Auch innendrin präsentiert sich das Gebäude nicht unbedingt als altmodisch, sondern als recht modern: Da haben die Architekten sauber gearbeitet, indem sie einerseits eine Art Rittersaal gelassen haben, andererseits aber ein Hallenbad an den Rand des Burggrabens setzten, ohne dass dies blöd aussieht.

Warum ich in dieser Lokalität übernachtete, ist eine Geschichte, die erst einmal nicht hierhergehört. Nur so viel: Es war nicht unbedingt preiswert, dafür aber traumhaft schön. Das Zimmer in der »Scheune«, also im Nebengebäude, ist sowohl ober- als auch unterhalb des Schlosshofes zu erreichen; es gibt eine Unterführung, durch die man ebenso zur Tiefgarage wie zum Hallenbad gelangt.

Die Zimmer waren – wie nicht anders erwartet – von hohem Niveau: großzügig, sauber, sehr schickes Bad, gleichzeitig aber mit einer Optik, die an das Schloss und seine »Gesindegebäude« erinnerte. Vom Fenster aus gab's einen schönen Blick auf den großzügigen Golfplatz, der sich wie ein Halbkreis um das Schloss legt. Alles in allem »très chic« und gar nicht so protzig, wie man es vielleicht hätte erwarten können.

Normalerweise sagt man ja, wenn es einem irgendwo gefallen hat, man würde gerne wiederkommen. Das kann ich in diesem Fall kaum sagen, weil die Gegend nicht immer auf meiner Reiseroute liegt und das Schloss auch nicht gerade billig war. Aber toll fand ich das ganze Ambiente trotzdem ...

03 Mai 2013

Die tanzbare Revolution

Die »Alte Hackerei« feiert ihren sechsten Geburtstag – ein Grund für die Mannschaft, ein Wochenende lang richtig krachig Party zu machen. Der Start am Donnerstag abend, 2. Mai 2013, war allerdings anfangs verhalten: Knapp hundert Besucher hatten sich versammelt, um ein richtig starkes Konzert zu sehen.

Zuerst spielten die Escalators Haters aus Zürich: sehr ordentlicher Punkrock, der schwer nach 1977 riecht, aber mit den Mitteln von heute abgeschmeckt wird und deshalb nicht muffelt. Anders gesagt: Die drei jungen Männer bollerten sich durch knallige Melodien und schnappende Gitarrenläufe, alles in allem sehr gelungen. Nur das Publikum blieb noch stehen, wenngleich eifrig Beifall geklatscht und gejohlt wurde.

Dann The Movement aus Kopenhagen in Dänemark, die sich an diesen Tagen echt ein hartes Programm gaben: Am Vortag hatten sie bei der Mai-Demo in Berlin gespielt, dann waren sie auf einen Rutsch nach Karlsruhe zu fahren, um dieses Konzert zu spielen. Am nächsten Tag ging es dann zurück nach Berlin, von dort wiederum nach Hause. Großer Einsatz!

Die Band ist großartig! Drei Männer in Anzug und Krawatte, die hochmelodischen und trotzdem krachigen Mod-Sound oder eben 77er-Punkrock spielen; der Schlagzeuger zog irgendwann sein Jackett aus, aber die anderen ließen die Klamotten tapfer an. Die gute Laune auf der Bühne wirkt stets echt, die politischen Aussagen wirken stets authentisch und »echt«, bei dieser Band scheint alles zu stimmen.

Und das sprang auf das Publikum über. Vor der Bühne hüpften die ganze Zeit rund zwei Dutzend Leute herum, meist jüngeren Alters, die Hälfte davon Frauen – alle bestens gelaunt, übers ganze Gesicht grinsen und viel gute Laune verbreitend. Die Band spielte ihre ganzen Hits, verschenkte eifrig Zugaben und wankte gegegen Ende grinsend und glücklich von der Bühne.

Ich bekam mein Grinsen in dieser Nacht ebenfalls nicht aus dem Gesicht. Auch nicht, als ich merkte, dass ich mit meinem angesoffenen Kopf erstens mein Rad und meinen Körper nach Hause schaffen musste und dass ich zweitens am nächsten Tag irgendwie zu arbeiten hatte. Aber so ein Ergebnis passte dann auch zur »Working Class«-Haltung von The Movement ...

02 Mai 2013

Abschluss eines streckenweise verwirrenden Science-Fiction-Zyklus

Jetzt liegt er also vor, der fünfte und abschließende Teil von »Bunker«, einem durchaus faszinierenden Science-Fiction-Comic, der im Splitter-Verlag erschienen ist. Ich habe das komplette Werk gelesen, finde es streckenweise genial und sitze teilweise verwirrt da, weil ich nicht so richtig weiß, wie ich es einordnen soll.

Anfangs spielt der Comic auf einem fremden Planeten, der offensichtlich von Menschen besiedelt worden ist; die Technik, die diese benutzen, entspricht der Technik unserer Zeit. Nach fünf Bänden aber sind mindestes eine übergeordnete Dimension sowie eine Reihe von Menschen mit Wunderkräften dazu gekommen – das alles macht die Geschichte ein wenig unübersichtlich.

Toll gezeichnet ist das Ganze. Nicole Genzianella hat einen unglaublich realistischen Stil, der ihm hilft, Menschen und Technik, Natur und Außerirdische sehr glaubhaft darzustellen; die Farbgebung durch Marie-Paule Alluard ergänzt dies sehr schön. Die fast schon fotorealistischen Seiten sind streckenweise echt beeindruckend.

Die Handlung springt zwischen dem Leben einfacher Soldaten, die einen fürchterlichen Krieg führen, den Intrigen in den Führungsetagen und den Plänen in höheren Dimensionen hin und her. Das wirkt zwar alles spannend und interessant, als Leser kommt man aber nicht unbedingt leicht mit. Wahrscheinlich müsste ich, um den fünften Band richtig zu verstehen, die ersten vier Bände noch einmal komplett durchlesen.

So bleibt der Eindruck einer faszinierenden Welt, die in »Bunker« streckenweise sehr gut angerissen wird, bei der man aber nicht unbedingt jedes Detail versteht. In gewisser Weise ist das dann aber auch schon wieder realitätsnah: Unsereins versteht ja nicht mal alles von der eigenen Welt ...

01 Mai 2013

Mary's Kids bolzen

Eigentlich empfinde ich es immer als egal, wer früher bei welcher Band gespielt hat – entscheidend ist die Gegenwart. Ein schönes Beispiel ist die Band Mary's Kids, die ich mal in Schweden verorte. Als Sängerin ist eine Frau namens Marianne tätig, die früher bei der halbkommerziellen Punk-Band Mensen mitmischte. Das verrät mir das Band-Info. Aber ist das wirklich von Belang?

Nein, ist es nicht. Die Frau hat eine gnadenlose Stimme, sie brüllt ihre Lieder geradezu heraus, und die Band lässt es an knallendem Sound keine Sekunde lang mangeln. 14 Stücke sind auf der Platte »Say No!« enthalten, und jedes davon ist auf den Punkt gebracht.

Der Punkrock ist sehr gut produziert, wirkt aber nicht glatt; die Stimme der Sängerin klingt oftmals hektisch und atemlos. Bei manchen Stücken fühlte ich mich an frühe Aufnahmen der Avengers erinnert, und die Verbeugung vor den Punkrock-Anfängen ist sicher beabsichtigt: keine Pause, kein Zögern, immer feste drauf.

Wie Mary's Kids auf der Bühne sind, muss ich noch herausfinden. Mit ihrer Platte hat mich die Band auf jeden Fall mal sehr neugierig gemacht.

Ich erstieg den Lauterberg

Warum es mich an diesem Ersten Mai in den Karlsruher Zoo verschlug, ist eigentlich zweitrangig. Tatsache ist, dass nebst mir rund fünfzigtausend Kinder mit ihren Eltern anwesend waren, um sich an Elefanten und Eisbären, Pinguinen und Giraffen zu begeistern. Ebenso anwesend war der Deutsche Gewerkschaftsbund, der den Tag der Arbeit ausgerechnet im Stadtarten und damit praktisch auf dem Gelände des Zoos zu Ende bringen wollte.

Ich bestieg immerhin den Lauterberg. Wer den nicht kennt, hat nichts verpasst. Es dürfte die höchste Erhebung in der Innenstadt von Karlsruhe sein, wenige Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Errichtet wurde der Berg über einem Wasserbassin, das der Trinkwasserversorgung der Stadt dient; alles wurde im 19. Jahrhundert angelegt und ist entsprechend alt.

Der Lauterberg ist fast schon eine natürliche Erhebung, denn nach über hundert Jahren wachsen auf dem Hügel haufenweise Pflanzen, die ihn wie einen kleinen Urwald mit zahllosen Singvögeln wirken lassen. Und wenn man diesen Hügel ersteigt, gerät man tatsächlich ins Schwitzen.

Meine Mai-Wanderung fand also im Karlsruher Zoo statt, und sie endete auf einer Aussichtsplattform aus Metall. Von dort aus konnte ich dann immerhin in den diesigen Himmel und auf die grau wirkende Stadt blicken. Ob das nun mehr Glanz hatte als die Abschlussveranstaltung der Gewerkschaft, fand ich allerdings nicht heraus ...