»Du hast doch so viele alte Texte«, sagte die gute Bekannte zu mir. »Stell die doch einfach zusammen und mach E-Books daraus. Das kostet dich eh nichts, unddann hast du ganz schnell einige E-Books auf dem Markt. Das bringt doch auch Kohle.«
Mehr Geld kann man in unserer kapitalistischen Gesellschaft ja immer brauchen; ich ebenso wie die meisten anderen auch. Und so überlegte ich einige Sekunden lang, ob ich das nicht einfach machen sollte: haufenweise E-Books aus altem Kram zusammenstellen und einfach »raushauen«.
Dann ließ ich es: Zu viele dieser Texte sind nicht so, dass ich sie einfach veröffentlichen würde. Gerade manche Punkrock-Texte sind vom Augenblick abhängig; sie haben funktioniert, als ich sie damals veröffentlichte, wären aber heute nicht mehr so einfach zu vermitteln. (Stichwort Gewalt ...) Und hinter vielen meiner Science-Fiction-Kurzgeschichten stehe ich beim besten Willen nicht.
Vielleicht mache ich mal eine kommentierte Ausgabe mit uralten Geschichten. Die Geschichten zu den Geschichten sind vielleicht eh interessanter als die eigentlichen Texte. Aber das werden wir sehen – »so einfach« will ich dann doch keine E-Books machen.
Es passiert einiges um mich herum, und nicht alles gefällt mir. Vieles fasziniert mich, vieles interessiert mich – und das soll Thema dieses Blogs sein.
31 Mai 2015
29 Mai 2015
Serienmord und Modeterror
Für mich war der Roman »American Psycho« in all den Jahren eine Art Mythos. Seit er 1991 erstmals erschienen ist, nahm ich mir immer wieder mal vor, ihn zu lesen. Es klappte aus den unterschiedlichsten Gründen nie.
Da kam's mir gerade recht, dass ich das Hörbuch in die Finger kam – gelesen von Moritz Bleibtreu und in einer gekürzten Version. Trotz aller Kürzungen habe ich, so denke ich, den Roman damit sehr gut »erlebt«.
Verfasst wurde er von dem amerikanischen Schriftsteller Bret Easton Ellis. Nachdem das Buch in deutscher Sprache erschienen war, landete es erst einmal auf dem Index und ist erst seit Anfang der Nuller-Jahre hierzulande frei verkäuflich. Das Buch ist bei Kiepenheuer & Witsch zu haben, das Hörbuch stammt von Random House Audio.
Hauptfigur des Romans ist ein Yuppie namens Patrick Bateman. Ende der 80er-Jahre ist er gerade mal 26, später 27 Jahre alt; er schwimmt im Geld, wohnt in einer bonzigen Wohnung in New York, geht ständig teuer essen und trägt nur die feinsten Klamotten. Er verbringt die Tage und die Abende im Fitness-Studio, verlabert seine Zeit, indem er mit Kollegen die aktuellen Modethemen diskutiert oder sich Koks in die Nase pfeift – ein selbstgerechtes, reiches Leben voller Oberflächlichkeit.
Unter der Fassade aber spielt sich in Batemans Leben der wirkliche Horror ab. Er vergewaltigt und ermordet junge Frauen auf brutalste Art und Weise, er tötet auch Geschäftspartner, und in seinem Drogenwahn steigert er sich in immer schlimmere Fantasien hinein.
(Ich habe übrigens mal geschaut, welche Kapitel im Hörbuch gestrichen wurden, um den Roman einzukürzen. Es fehlt beispielsweise ein Besuch des Protagonisten bei seiner Mutter im Altersheim, auch der Bruder fehlt weitestgehend, ebenso seine Lieblingsband GENESIS. Das halte ich für vernachlässigbar.)
Durch die angenehme Stimme von Moritz Bleibtreu wird das Grauen erfassbar: sowohl das Grauen vor der entsetzlichen Oberflächlichkeit in Batemans Leben als auch das Grauen angesichts seiner Taten. Bleibtreu verleiht dem Ich-Erzähler einen lockeren Ton, lässt vor allem in den Dialogen die Stimme so hüpfen, dass man manchmal über den absurden Charakter der Gespräche schmunzeln muss, und bleibt bei den grausigen Mordtaten so ruhig, als beschreibe er ein Picknick.
Das Hörbuch war der Hammer. Das Vorlesen von unglaublich vielen Markennamen hat eine fast schon hypnotische Wirkung auf einen, der Sex und die Morde wirken verstörend. Alles in allem entfaltet die Geschichte aber einen ungeheuerlichen Sog auf einen – zumindest gilt und galt das für mich.
Ich bin sicher, dass es Leute geben wird, die das Hörbuch oder den Roman abstoßend finden und ihn deshalb ablehnen. Ich kann das sogar gut verstehen. Ich kann aber auch gut verstehen, warum es Leute gibt, für die dieser Roman wegweisend war. Selten zuvor wurde der »American Way Of Life« in derart drastischer Art und Weise dekonstruiert ...
Da kam's mir gerade recht, dass ich das Hörbuch in die Finger kam – gelesen von Moritz Bleibtreu und in einer gekürzten Version. Trotz aller Kürzungen habe ich, so denke ich, den Roman damit sehr gut »erlebt«.
Verfasst wurde er von dem amerikanischen Schriftsteller Bret Easton Ellis. Nachdem das Buch in deutscher Sprache erschienen war, landete es erst einmal auf dem Index und ist erst seit Anfang der Nuller-Jahre hierzulande frei verkäuflich. Das Buch ist bei Kiepenheuer & Witsch zu haben, das Hörbuch stammt von Random House Audio.
Hauptfigur des Romans ist ein Yuppie namens Patrick Bateman. Ende der 80er-Jahre ist er gerade mal 26, später 27 Jahre alt; er schwimmt im Geld, wohnt in einer bonzigen Wohnung in New York, geht ständig teuer essen und trägt nur die feinsten Klamotten. Er verbringt die Tage und die Abende im Fitness-Studio, verlabert seine Zeit, indem er mit Kollegen die aktuellen Modethemen diskutiert oder sich Koks in die Nase pfeift – ein selbstgerechtes, reiches Leben voller Oberflächlichkeit.
Unter der Fassade aber spielt sich in Batemans Leben der wirkliche Horror ab. Er vergewaltigt und ermordet junge Frauen auf brutalste Art und Weise, er tötet auch Geschäftspartner, und in seinem Drogenwahn steigert er sich in immer schlimmere Fantasien hinein.
(Ich habe übrigens mal geschaut, welche Kapitel im Hörbuch gestrichen wurden, um den Roman einzukürzen. Es fehlt beispielsweise ein Besuch des Protagonisten bei seiner Mutter im Altersheim, auch der Bruder fehlt weitestgehend, ebenso seine Lieblingsband GENESIS. Das halte ich für vernachlässigbar.)
Durch die angenehme Stimme von Moritz Bleibtreu wird das Grauen erfassbar: sowohl das Grauen vor der entsetzlichen Oberflächlichkeit in Batemans Leben als auch das Grauen angesichts seiner Taten. Bleibtreu verleiht dem Ich-Erzähler einen lockeren Ton, lässt vor allem in den Dialogen die Stimme so hüpfen, dass man manchmal über den absurden Charakter der Gespräche schmunzeln muss, und bleibt bei den grausigen Mordtaten so ruhig, als beschreibe er ein Picknick.
Das Hörbuch war der Hammer. Das Vorlesen von unglaublich vielen Markennamen hat eine fast schon hypnotische Wirkung auf einen, der Sex und die Morde wirken verstörend. Alles in allem entfaltet die Geschichte aber einen ungeheuerlichen Sog auf einen – zumindest gilt und galt das für mich.
Ich bin sicher, dass es Leute geben wird, die das Hörbuch oder den Roman abstoßend finden und ihn deshalb ablehnen. Ich kann das sogar gut verstehen. Ich kann aber auch gut verstehen, warum es Leute gibt, für die dieser Roman wegweisend war. Selten zuvor wurde der »American Way Of Life« in derart drastischer Art und Weise dekonstruiert ...
28 Mai 2015
Leftöver Crack von 2001
Als ich zum ersten Mal die amerikanische Band Leftöver Crack hörte, war ich völlig begeistert: Eine derart treibende Mischung aus Punk, Ska, einem Schuss Metal, einem fies klingenden Sänger und Politik hatte ich so noch nie gehört. Der einzige Vergleich, der mir zu dieser Band einfiel, war der zu den Dead Kennedys: nicht rein musikalisch, sondern von der Art, sich zu präsentieren und sich inhaltlich wie musikalisch zu positionieren.
Jetzt legte ich die Platte »Mediocre Generica« von 2001 mal wieder auf, die bei Hellcat Records erschienen ist – und bin begeistert von der Band. Die Aufnahmen zu dieser Platte entstanden laut dem Info, das auf der Platte steht, in einem Zeitraum von über zehn Jahren, was man nicht unbedingt merkt.
Die Qualität der Stück ist hoch, sie sind extrem abwechslungsreich und scheuchen den Hörer durch allerlei Stilrichtungen. Inhaltlich macht die Band die gewohnt klaren Aussagen zu Homophobie, zu Drogen und zur Szene; die Gestaltung ist gut, in klassischer Anarchopunk-Optik – das packt mich immer noch. Die Platte hat mich jetzt mehrere Tage lang morgens begleitet, der ideale Soundtrack vor einem langen Arbeitstag.
Jetzt legte ich die Platte »Mediocre Generica« von 2001 mal wieder auf, die bei Hellcat Records erschienen ist – und bin begeistert von der Band. Die Aufnahmen zu dieser Platte entstanden laut dem Info, das auf der Platte steht, in einem Zeitraum von über zehn Jahren, was man nicht unbedingt merkt.
Die Qualität der Stück ist hoch, sie sind extrem abwechslungsreich und scheuchen den Hörer durch allerlei Stilrichtungen. Inhaltlich macht die Band die gewohnt klaren Aussagen zu Homophobie, zu Drogen und zur Szene; die Gestaltung ist gut, in klassischer Anarchopunk-Optik – das packt mich immer noch. Die Platte hat mich jetzt mehrere Tage lang morgens begleitet, der ideale Soundtrack vor einem langen Arbeitstag.
27 Mai 2015
Tanith Lee war ein Idol
Auch wenn man persönlich nie mit ihnen zu tun hatte, trifft einen der Tod mancher Personen doch sehr. Das ist bei mir mit Tanith Lee so. Als ich gestern las, dass die Schriftstellerin dieser Tage gestorben ist, war ich für einen Moment schockiert, dann traurig. Dabei ist es gut zwanzig Jahre her, seit ich zum letzten Mal einen Roman von ihr gelesen habe.
Mit ihren Fantasy-Romanen hat Tanith Lee in meiner frühen Leser-Sozialisation einen großen Einfluss auf mich gehabt. Der erste Roman von ihr, den ich las, war »Vazkor«. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich ihn in der Buchhandlung im EKZ bei Gaggenau kaufte, wie ich ihn schon im Auto las, wie er mich in den Tagen danach fesselte.
Danach wollte ich alles von dieser Autorin lesen. Anfangs der 80er-Jahre wurden viele Romane von ihr in deutscher Sprache veröffentlicht; sie kamen bei Bastei und bei Heyne heraus. Sie waren mal träumerisch, mal knallig, mal märchenhaft, mal eher »Sword & Sorcery«. Und sie eröffneten mir phantastische Welten ohne Zahl, die ich heute noch in meinem Gedächtnis habe.
Tanith Lee war Jahrgang 1947 – viel zu jung, um im Jahr 2015 bereits zu sterben. Sie erhielt in ihrer Laufbahn als Autorin alle möglichen Preise, und auch wenn es in letzter Zeit ein wenig ruhig um sie geworden ist, hatte sie ihren Platz in der Liste der sehr guten Autoren immer sicher.
Es ist traurig, von ihr keine weiteren Romane mehr lesen zu können. Vielleicht sollte ich »Vazkor« mal wieder aus dem Regal fischen (und dann die anderen zwei Bände der Trilogie ebenfalls), um die Erinnerungen aufzufrischen.
Mit ihren Fantasy-Romanen hat Tanith Lee in meiner frühen Leser-Sozialisation einen großen Einfluss auf mich gehabt. Der erste Roman von ihr, den ich las, war »Vazkor«. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich ihn in der Buchhandlung im EKZ bei Gaggenau kaufte, wie ich ihn schon im Auto las, wie er mich in den Tagen danach fesselte.
Danach wollte ich alles von dieser Autorin lesen. Anfangs der 80er-Jahre wurden viele Romane von ihr in deutscher Sprache veröffentlicht; sie kamen bei Bastei und bei Heyne heraus. Sie waren mal träumerisch, mal knallig, mal märchenhaft, mal eher »Sword & Sorcery«. Und sie eröffneten mir phantastische Welten ohne Zahl, die ich heute noch in meinem Gedächtnis habe.
Tanith Lee war Jahrgang 1947 – viel zu jung, um im Jahr 2015 bereits zu sterben. Sie erhielt in ihrer Laufbahn als Autorin alle möglichen Preise, und auch wenn es in letzter Zeit ein wenig ruhig um sie geworden ist, hatte sie ihren Platz in der Liste der sehr guten Autoren immer sicher.
Es ist traurig, von ihr keine weiteren Romane mehr lesen zu können. Vielleicht sollte ich »Vazkor« mal wieder aus dem Regal fischen (und dann die anderen zwei Bände der Trilogie ebenfalls), um die Erinnerungen aufzufrischen.
26 Mai 2015
Mein Fantasy-Kurzroman digital
An der einen oder anderen Stelle wurde schon darauf hingewiesen, in meinem Blog habe ich das Thema aber noch gar nicht abgefeiert: Im »Verlag In Farbe Und Bunt« ist mein Fantasy-Kurzroman »Der Schatten des Friedens« jetzt als E-Book erschienen, eine Hörbuch-Version wird in den nächsten Tagen ebenfalls erhältlich sein. Ich freue mich darüber schon ziemlich und hoffe – wie es sich für einen Autor gehört –, dass sich das E-Book entsprechend gut verkauft.
Es handelt sich um eine Fantasy-Geschichte, nicht unbedingt um einen riesigen Roman; wer mag, darf so etwas also auch in die Schublade »Novelle« stecken. Und wer nach weiteren Schubladen sucht, darf gern die mit »Sword & Sorcery« aufziehen. Es gibt auf jeden Fall weder Elfen noch Orks, weder Zwerge noch Goblins – und Zauberei gibt's in dem ganzen Kurzroman ebenfalls nicht.
Hier einige inhaltlichen Informationen:
Sein Name ist Sardev Örhun: ein Bandit und Räuber, der Führer einer Bande von Desperados, die sich Befreiungskrieger nennen. Seit vielen Jahren kämpfen er und seine Gefährten für die Freiheit ihres Heimatlandes Patloren. Jetzt naht die große Stunde: Die Besatzungstruppen aus dem fernen Eskoh ziehen nach Norden ab, aus dem Süden nähert sich die Befreiungsarmee des sogenannten Allvölkeraufstands. Im Chaos des ausgeplünderten Landes zwischen den marschierenden Armeen streiten sich heimatlose Söldner, großmäulige »Freiheitskämpfer« und streunende Banditen um Macht und Beute. Dazwischen: Sardev Örhun. Auf der Suche nach einer Zukunft für sich. Auf der Suche nach seiner letzten Rache. Auf der Suche nach einem Ziel fürs Leben.
Es handelt sich um eine Fantasy-Geschichte, nicht unbedingt um einen riesigen Roman; wer mag, darf so etwas also auch in die Schublade »Novelle« stecken. Und wer nach weiteren Schubladen sucht, darf gern die mit »Sword & Sorcery« aufziehen. Es gibt auf jeden Fall weder Elfen noch Orks, weder Zwerge noch Goblins – und Zauberei gibt's in dem ganzen Kurzroman ebenfalls nicht.
Hier einige inhaltlichen Informationen:
Sein Name ist Sardev Örhun: ein Bandit und Räuber, der Führer einer Bande von Desperados, die sich Befreiungskrieger nennen. Seit vielen Jahren kämpfen er und seine Gefährten für die Freiheit ihres Heimatlandes Patloren. Jetzt naht die große Stunde: Die Besatzungstruppen aus dem fernen Eskoh ziehen nach Norden ab, aus dem Süden nähert sich die Befreiungsarmee des sogenannten Allvölkeraufstands. Im Chaos des ausgeplünderten Landes zwischen den marschierenden Armeen streiten sich heimatlose Söldner, großmäulige »Freiheitskämpfer« und streunende Banditen um Macht und Beute. Dazwischen: Sardev Örhun. Auf der Suche nach einer Zukunft für sich. Auf der Suche nach seiner letzten Rache. Auf der Suche nach einem Ziel fürs Leben.
24 Mai 2015
Bilitis – yeah!
Als ich anfing, die »Bravo« zu lesen, bedeutete das damals, dass ich sie mir immer von Mitschülern ausleihen musste. Meine Eltern hätten mir nie das Heft gekauft, und ein Taschengeld bekam ich nicht. So war ich in die laufenden Diskussionen von pubertierenden Jugendlichen gar nicht richtig eingebunden.
Immerhin bekam ich mit, dass ein Skandalfilm der damaligen Zeit »Bilitis« hieß. Die Weichzeichner-Bilder wurden auch in der »Bravo« thematisiert, die Musik hörte ich irgendwann – aber den Film selbst sah ich nie. Er lief nie im Kino, und als ich älter wurde, verlor ich das Interesse an solchen Themen.
Dieser Tage sah ich ihn erstmals. »Bilitis« ist ein Softporno der 70er-Jahre; als ich »Bravo« las, schrieb man die Jahre 1976 bis 1979 etwa. Schaut man sich den Film heute an, versteht man nicht mehr, warum er einmal entweder als toll oder als schrecklich betrachtet wurde.
Die Musik ist erstaunlich zeitlos; die könnte heute als Elektropop laufen. Die Hauptdarstellerin ist hübsch, sie könnte auch heute noch in einem Film mitspielen. Aber die Handlung würde heute massive Diskussionen über »Sex mit Minderjährigen« auslösen.
Ständig fingern entweder die Internatsschülerinnen, um die es letztlich geht, aneinander herum, oder es kommt zu spontanem Sex mit Erwachsenen. Sex unter Erwachsenen ist eher brutal und schmutzig; Sex einer Schülerin mit einem Erwachsenen meist romantisch. Irritierend ist, dass man nie viel zu sehen kriegt: ständig nackte Brüste und nackte Hintern, aber nicht mehr.
Ich schaffte es übrigens nicht, den Film zu Ende zu gucken. Er ist wirklich kreuzlangweilig. Immerhin hatte ich danach die Musik wieder im Kopf – die hatte ich mehr als dreißig Jahr lang erfolgreich verdrängt. Na immerhin!
Immerhin bekam ich mit, dass ein Skandalfilm der damaligen Zeit »Bilitis« hieß. Die Weichzeichner-Bilder wurden auch in der »Bravo« thematisiert, die Musik hörte ich irgendwann – aber den Film selbst sah ich nie. Er lief nie im Kino, und als ich älter wurde, verlor ich das Interesse an solchen Themen.
Dieser Tage sah ich ihn erstmals. »Bilitis« ist ein Softporno der 70er-Jahre; als ich »Bravo« las, schrieb man die Jahre 1976 bis 1979 etwa. Schaut man sich den Film heute an, versteht man nicht mehr, warum er einmal entweder als toll oder als schrecklich betrachtet wurde.
Die Musik ist erstaunlich zeitlos; die könnte heute als Elektropop laufen. Die Hauptdarstellerin ist hübsch, sie könnte auch heute noch in einem Film mitspielen. Aber die Handlung würde heute massive Diskussionen über »Sex mit Minderjährigen« auslösen.
Ständig fingern entweder die Internatsschülerinnen, um die es letztlich geht, aneinander herum, oder es kommt zu spontanem Sex mit Erwachsenen. Sex unter Erwachsenen ist eher brutal und schmutzig; Sex einer Schülerin mit einem Erwachsenen meist romantisch. Irritierend ist, dass man nie viel zu sehen kriegt: ständig nackte Brüste und nackte Hintern, aber nicht mehr.
Ich schaffte es übrigens nicht, den Film zu Ende zu gucken. Er ist wirklich kreuzlangweilig. Immerhin hatte ich danach die Musik wieder im Kopf – die hatte ich mehr als dreißig Jahr lang erfolgreich verdrängt. Na immerhin!
Channel 3 leben noch
Das kleine, aber feine Label Hostage Records aus Huntington Beach, Kalifornien, feierte 2012 das Erscheinen seiner Platte mit der Nummer fünfzig. Das musste natürlich gefeiert werden, also verpflichtete man die alten Helden von Channel 3, eine Platte aufzunehmen – dabei handelt es sich um eine der uralten Punkrock-Kapellen aus den goldenen Jahren des 80er-Jahre-Sounds aus dem südlichen Kalifornien.
Zwei Stücke sind auf der Single, wie sich das gehört. »Land Of The Free« und »Make It Home« sind entspannte Punkrock-Stücke mit Melodie und Herz, nicht mit aller Gewalt auf Tempo getrimmt. Wenn man will, ist das altersgerechter Pogo, bei dem man nicht wild durch die Gegend springt, sondern cool mit dem Kopf wackelt.
»Land Of Te Free« ist zudem ein sarkastischer Blick auf das Amerika von heute. Priester und Facebook, Politik und Kultur – das alles in einem klar formulierten Statement. Erwachsener Punkrock muss echt nicht langweilig sein, und diese großartige Band beweist das.
Zwei Stücke sind auf der Single, wie sich das gehört. »Land Of The Free« und »Make It Home« sind entspannte Punkrock-Stücke mit Melodie und Herz, nicht mit aller Gewalt auf Tempo getrimmt. Wenn man will, ist das altersgerechter Pogo, bei dem man nicht wild durch die Gegend springt, sondern cool mit dem Kopf wackelt.
»Land Of Te Free« ist zudem ein sarkastischer Blick auf das Amerika von heute. Priester und Facebook, Politik und Kultur – das alles in einem klar formulierten Statement. Erwachsener Punkrock muss echt nicht langweilig sein, und diese großartige Band beweist das.
23 Mai 2015
Adicts, Glam und Glitter
Es hatte etwas von großem Rock-Theater, dieser Freitag abend, 22. Mai 2015, in der »Alten Hackerei« in Karlsruhe. Der Laden war proppevoll, er kochte zeitweise geradezu. Vor der Bühne war eine Sperre errichtet worden, so dass man nicht auf sie klettern konnte. Und es waren Besucher von weither angereist, unter anderem sogar Punks aus Frankreich. Der Eintrittspreis hatte dann auch eher etwas von einem »normalen« Konzert, wurde aber klaglos akzeptiert.
Weil ich so viele Bekannte traf, verpasste ich glatt die erste Band. Fondükotze aus Zürich lieferten ein gelungenes Konzert ab, sorgten dafür, dass das Publikum gut auf die »Hauptgruppe« eingestellt war. Ich schob mich langsam nach vorne, während sich die Kneipe füllte, und hatte einen halbwegs ordentlichen Platz im vorderen Bereich. Von dort aus konnte ich auch ohne Brille gut gucken – altersgerechter Punkrock hat durchaus seine Nachteile.
Die Adicts hatte ich in den 80er-Jahren einmal gesehen, damals fand ich sie eher schlapp und ohne Druck. Das war an diesem Abend anders. Vom ersten Ton an fand die Band, von deren Originalbesetzung aus den 70er-Jahren sichtlich nicht mehr so viele übrig sind, den Kontakt zum Publikum, drückte das Gaspedal ordentlich durch und pfefferte einen Punkrock-Klassiker nach dem anderen in den Raum.
Es war großartig. Viele Leute sangen mit; ich bin nicht so textsicher und ersparte mir etwaige Peinlichkeiten. Es wurde gehüpft und getanzt, der Schweiß floss, das Bier lief.
Von der Bühne aus wurde ein Feuerwerk aus Punkrock und Karneval abgefeuert. Glimmer flatterte durch den Saal, Glitzerkram wurde durch die Luft geschleudert, ich kam mir vor wie bei einer Karnevalsparty in meiner Kindheit. Und während ich Karneval normalerweise doof finde, passte es, vor allem auch deshalb, weil die Band mit sichtlicher Spielfreude am Start war.
Ein großartiger Abend!, er erinnerte in der Tat ein wenig an großes Rock-Theater. Aber das störte mich ausnahmsweise gar nicht, sondern begeisterte mich.
Weil ich so viele Bekannte traf, verpasste ich glatt die erste Band. Fondükotze aus Zürich lieferten ein gelungenes Konzert ab, sorgten dafür, dass das Publikum gut auf die »Hauptgruppe« eingestellt war. Ich schob mich langsam nach vorne, während sich die Kneipe füllte, und hatte einen halbwegs ordentlichen Platz im vorderen Bereich. Von dort aus konnte ich auch ohne Brille gut gucken – altersgerechter Punkrock hat durchaus seine Nachteile.
Die Adicts hatte ich in den 80er-Jahren einmal gesehen, damals fand ich sie eher schlapp und ohne Druck. Das war an diesem Abend anders. Vom ersten Ton an fand die Band, von deren Originalbesetzung aus den 70er-Jahren sichtlich nicht mehr so viele übrig sind, den Kontakt zum Publikum, drückte das Gaspedal ordentlich durch und pfefferte einen Punkrock-Klassiker nach dem anderen in den Raum.
Es war großartig. Viele Leute sangen mit; ich bin nicht so textsicher und ersparte mir etwaige Peinlichkeiten. Es wurde gehüpft und getanzt, der Schweiß floss, das Bier lief.
Von der Bühne aus wurde ein Feuerwerk aus Punkrock und Karneval abgefeuert. Glimmer flatterte durch den Saal, Glitzerkram wurde durch die Luft geschleudert, ich kam mir vor wie bei einer Karnevalsparty in meiner Kindheit. Und während ich Karneval normalerweise doof finde, passte es, vor allem auch deshalb, weil die Band mit sichtlicher Spielfreude am Start war.
Ein großartiger Abend!, er erinnerte in der Tat ein wenig an großes Rock-Theater. Aber das störte mich ausnahmsweise gar nicht, sondern begeisterte mich.
22 Mai 2015
Kurzroman gedruckt
Bei aller Freude darüber, dass es meinen Fantasy-Kurzroman »Der Schatten des Friedens« jetzt als E-Book gibt, möchte ich die Print-Ausgabe nicht vergessen. Es gibt durchaus noch Restexemplare des Werks im Basilisk-Verlag.
Wer sich dafür interessiert, gehe bitte auf die Internet-Seite des Verlages. Das Paperback kostet zwölf Euro, das sollte okay sein.
Wer sich dafür interessiert, gehe bitte auf die Internet-Seite des Verlages. Das Paperback kostet zwölf Euro, das sollte okay sein.
Redaktionell erinnert
Dass ich auf der Internet-Seite eine Kolumnenreihe habe, die den schönen Titel »Der Redakteur erinnert sich« trägt, habe ich gelegentlich erwähnt. Heute nutze ich mal wieder die Gelegenheit, auf einige dieser Erinnerungen zurückzublicken und sie an dieser Stelle zusammenzufassen. Oftmals ergeben diese Texte ganz nette Einblicke in das Verlagsgeschehen – auch wenn die Leser dieser Zeilen gar nichts mit Science Fiction im Allgemeinen und meinem Beruf im Besonderen zu tun haben.
»Werbetexte im Spätsommer 1997« standen erst dieser Tage auf dem Programm. In diesem Text ging es darum, wie ich in dem genannten Jahr versuchte, Texte aus dem Hirn zu kramen, die für eine Werbekampagne genutzt werden konnten. Das war damals nicht einfach, und es ist heute nicht einfach.
Ins Jahr 2004 führte »ATLAN-Minierien als E-Book«. Heutzutage sind E-Books nichts besonderes mehr, aber noch 2004 fristeten sie ein Randgruppendasein. Außerhalb unserer Redaktion schien niemand zu erkennen, welches Potenzial in der Möglichkeit des »digitalen Lesens« steckte.
»Sinzig im Oktober 1997« führte in vier Teilen ins Jahr 1997. Teil eins, Teil zwei, Teil drei und Teil vier – ich untergliederte das Thema in vier Fortsetzungen, weil es so leichter lesbar erschien – behandeln einen Science-Fiction-Con im Rheinland; die Texte sind in gewisser Weise mein Denkmal für den leider schon verstorbenen Fan und Beatles-Experten Werner Fleischer.
Das Jahr 2006 war nicht unwichtig für die Entwicklung der Serie PERRY RHODAN NEO, die 2011 in den Handel kam. Thema meiner Erinnerung ist »Ein Jour Fixe zu NEO«, und ich schreibe ein wenig über eine Besprechung mit der Verlagsleitung.
»Werbetexte im Spätsommer 1997« standen erst dieser Tage auf dem Programm. In diesem Text ging es darum, wie ich in dem genannten Jahr versuchte, Texte aus dem Hirn zu kramen, die für eine Werbekampagne genutzt werden konnten. Das war damals nicht einfach, und es ist heute nicht einfach.
Ins Jahr 2004 führte »ATLAN-Minierien als E-Book«. Heutzutage sind E-Books nichts besonderes mehr, aber noch 2004 fristeten sie ein Randgruppendasein. Außerhalb unserer Redaktion schien niemand zu erkennen, welches Potenzial in der Möglichkeit des »digitalen Lesens« steckte.
»Sinzig im Oktober 1997« führte in vier Teilen ins Jahr 1997. Teil eins, Teil zwei, Teil drei und Teil vier – ich untergliederte das Thema in vier Fortsetzungen, weil es so leichter lesbar erschien – behandeln einen Science-Fiction-Con im Rheinland; die Texte sind in gewisser Weise mein Denkmal für den leider schon verstorbenen Fan und Beatles-Experten Werner Fleischer.
Das Jahr 2006 war nicht unwichtig für die Entwicklung der Serie PERRY RHODAN NEO, die 2011 in den Handel kam. Thema meiner Erinnerung ist »Ein Jour Fixe zu NEO«, und ich schreibe ein wenig über eine Besprechung mit der Verlagsleitung.
21 Mai 2015
Lost In Desire legen mit einer CD nach
Seit 2008 gibt es die Band Lost In Desire aus Wien; vor über einem Jahr habe ich mit »Skin« die erste Platte fünf Leute besprochen. Seit Ende 2014 liegt die aktuelle CD vor, die fünf Stücke unter dem Titel »100 Grams Of Your Heart« enthält.
Musikalisch bewegt sich die Band dabei in den Bahnen, die sie vor Jahresfrist gelegt hat. Man pendelt zwischen dem Synthie-Pop der frühen 80er-Jahre und dem düsteren Gruftie-Sound, wie man ihn Ende der 80er-Jahre in den Schwarzlicht-Diskotheken hierzulande gern hörte.
Dabei bleibt die Band schön düster und melancholisch; die Stücke sind nie schnell, sondern werden von tragisch klingenden Sequenzen durchwabert. Das kann ich mir nicht jeden Tag anhören; lasse ich mich aber darauf ein, packen mich die Stücke sehr wohl.
Eigentlich ist das eine optimale Musik für einen kühlen Herbsttag, wenn es regnet und die Nächte langsam länger werden. Bei einem Anfall von Weltschmerz kann sie aber auch gut eingesetzt werden.
Das Beste: Die CD ist im Handel nur schwer zu finden. Die Band hat aber erfreulicherweise eine Bandcamp-Seite, wo man sie sich anhören oder auch legal herunterladen kann.
Musikalisch bewegt sich die Band dabei in den Bahnen, die sie vor Jahresfrist gelegt hat. Man pendelt zwischen dem Synthie-Pop der frühen 80er-Jahre und dem düsteren Gruftie-Sound, wie man ihn Ende der 80er-Jahre in den Schwarzlicht-Diskotheken hierzulande gern hörte.
Dabei bleibt die Band schön düster und melancholisch; die Stücke sind nie schnell, sondern werden von tragisch klingenden Sequenzen durchwabert. Das kann ich mir nicht jeden Tag anhören; lasse ich mich aber darauf ein, packen mich die Stücke sehr wohl.
Eigentlich ist das eine optimale Musik für einen kühlen Herbsttag, wenn es regnet und die Nächte langsam länger werden. Bei einem Anfall von Weltschmerz kann sie aber auch gut eingesetzt werden.
Das Beste: Die CD ist im Handel nur schwer zu finden. Die Band hat aber erfreulicherweise eine Bandcamp-Seite, wo man sie sich anhören oder auch legal herunterladen kann.
20 Mai 2015
Zu faul für Pegida
Am Dienstag, 19. Mai 2015, gingen die »Anhänger der Pegida-Bewegung«, wie es immer so schön heißt, in Karlsruhe zum mittlerweile neunten Mal auf die Straße. Diesmal ging der angebliche Spaziergang durch die zentrale Innenstadt; ich war allerdings nicht dabei.
Gründe gibt es viele dafür. Einer ist sicher, dass ich mir von der Anwesenheit irgendwelcher Pegidioten in der Stadt nicht die Wochenplanung bestimmen lasse. Letztlich war ich zu faul für die Pegida, und ich futterte zu der Zeit gerade eine kurdische Pide, als die Superpatrioten ihren menschenhassenden Unfug durch die Innenstadt brüllten.
Zu viel Arbeit hatte ich an dem Tag sowieso. Auch nach dem Abendessen eilte ich ein weiteres Mal an den Computer, um Texte zu schreiben und die gefühlt 250 Mails zu beantworten, die sich während des Wochenendes auf meinem Computer angesammelt hatten. Arbeit und Faulheit zugleich siegten in meinem Fall also über meinen Wunsch, mich der Pegida auf der Straße in den Weg zu stellen.
Das taten genügend andere Leute. Wie die Medien berichteten und am Dienstagabend sogar iim Teletext zu lesen war, kam es an einigen Stellen der Innenstadt sogar zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Anti-Pegida-Demonstranten. Beurteilen kann ich das nicht, weil ich davon selbst nichts mitbekommen habe.
Gründe gibt es viele dafür. Einer ist sicher, dass ich mir von der Anwesenheit irgendwelcher Pegidioten in der Stadt nicht die Wochenplanung bestimmen lasse. Letztlich war ich zu faul für die Pegida, und ich futterte zu der Zeit gerade eine kurdische Pide, als die Superpatrioten ihren menschenhassenden Unfug durch die Innenstadt brüllten.
Zu viel Arbeit hatte ich an dem Tag sowieso. Auch nach dem Abendessen eilte ich ein weiteres Mal an den Computer, um Texte zu schreiben und die gefühlt 250 Mails zu beantworten, die sich während des Wochenendes auf meinem Computer angesammelt hatten. Arbeit und Faulheit zugleich siegten in meinem Fall also über meinen Wunsch, mich der Pegida auf der Straße in den Weg zu stellen.
Das taten genügend andere Leute. Wie die Medien berichteten und am Dienstagabend sogar iim Teletext zu lesen war, kam es an einigen Stellen der Innenstadt sogar zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Anti-Pegida-Demonstranten. Beurteilen kann ich das nicht, weil ich davon selbst nichts mitbekommen habe.
Best Before aus Goslar
Die 90er-Jahre waren nicht unbedingt die Hoch-Zeit des Deutschpunk. Viele der Bands, die in diesem Jahrzehnt ihre Platten aufgenommen haben, sind spurlos verschwunden – das Interesse der Sammler und Forscher richtet sich aus nachvollziehbaren Gründen auf die frühen 80er-Jahre.
Deshalb ging eine Reihe von Bands geradezu unter. Dazu zählen auch Best Before; die stammten aus Goslar, blieben weitestgehend unbeachtet und veröffentlichten 1995 auf eigenem Label die Langspielplatte »schein sein«, die ich dieser Tage – weil ich sie im Radio spielte – mal wieder sehr genau anhörte.
Laut Textblatt handelte es sich um fünf Musiker, die Platte war auf 500 Exemplare limitiert; sicher deshalb, weil es einfach keinen größeren »Markt« gab. Musikalisch machte die Band ganz klassischen Punkrock, der schwer nach den ganz frühen 80er-Jahren klang: ein wenig rumpelig, ein wenig nach England klingend, nicht so schnell und ruppig wie der Deutschpunk um diese Zeit. Man erwartet geradezu, dass auf einmal eine Orgel zu plunkern anfängt oder ein Synthesizer allerlei Klänge auf die Ohren haut.
Auch textlich passt das in die frühen 80er-Jahre. Wenn die Band über den »Betonkoller« singt oder öffentlich ihr »Feindbild« hasst, klingt das in positiver Weise altmodisch. Andererseits haben die Texte eine starke Emo-Kante, und wer will, kann die Platte heute glatt als Vorläufer des später so erfolgreichen Emopunks bezeichnen.
Best Before ist eine Band, die in ihrer Zeit nie wichtig war; man hat sie nie großartig wahrgenommen. Mit »schein sein« hat die Band aber ein schönes Tondokument hinterlassen, das ich mir immer noch gern anhören mag.
Deshalb ging eine Reihe von Bands geradezu unter. Dazu zählen auch Best Before; die stammten aus Goslar, blieben weitestgehend unbeachtet und veröffentlichten 1995 auf eigenem Label die Langspielplatte »schein sein«, die ich dieser Tage – weil ich sie im Radio spielte – mal wieder sehr genau anhörte.
Laut Textblatt handelte es sich um fünf Musiker, die Platte war auf 500 Exemplare limitiert; sicher deshalb, weil es einfach keinen größeren »Markt« gab. Musikalisch machte die Band ganz klassischen Punkrock, der schwer nach den ganz frühen 80er-Jahren klang: ein wenig rumpelig, ein wenig nach England klingend, nicht so schnell und ruppig wie der Deutschpunk um diese Zeit. Man erwartet geradezu, dass auf einmal eine Orgel zu plunkern anfängt oder ein Synthesizer allerlei Klänge auf die Ohren haut.
Auch textlich passt das in die frühen 80er-Jahre. Wenn die Band über den »Betonkoller« singt oder öffentlich ihr »Feindbild« hasst, klingt das in positiver Weise altmodisch. Andererseits haben die Texte eine starke Emo-Kante, und wer will, kann die Platte heute glatt als Vorläufer des später so erfolgreichen Emopunks bezeichnen.
Best Before ist eine Band, die in ihrer Zeit nie wichtig war; man hat sie nie großartig wahrgenommen. Mit »schein sein« hat die Band aber ein schönes Tondokument hinterlassen, das ich mir immer noch gern anhören mag.
19 Mai 2015
Klare Statements als Geschichte
Wenn es ein Thema gibt, mit dem man in Deutschland immer noch provozieren kann, so ist es das Dritte Reich mit allem Drum und Dran. Das war mir schon in meiner Jugend bekannt, als ich gelegentlich mit Themen und Mitteln provozierte, die mir nach einigen Jahrzehnten sehr peinlich sind. Meine große Hoffnung dabei ist stets, dass sich außer mir hoffentlich niemand an gewisse Peinlichkeiten erinnert.
Über eine solche Provokation schrieb ich eine Kurzgeschichte, an der ich – obwohl sie keine 10.000 Anschläge lang ist – recht lange herum dokterte. Sie ist für die Anthologie mit Punkrock-Geschichten gedacht, an der ich immer wieder arbeite und die hoffentlich irgendwann auch erscheinen wird.
Tatsächlich ist eine Kurzgeschichte entstanden, die einen biografischen Kern hat, diesen aber sehr weit ausdehnt. Die geschilderten Geschehnisse haben so – in der geschilderten Zuspitzung – nie stattgefunden. Trotzdem weiß ich, dass viele Leser glauben werden, dass das eine Eins-zu-Eins-Geschichte ist, die einen durchaus kritischen Schwank aus meiner Jugend präsentiert.
Mittlerweile bin ich mir nicht sicher, ob ich die Geschichte »Klare Statements« wirklich für das Buch verwenden soll. Sie gefällt mir, aber sie wird durchaus dazu verleiten, sie völlig falsch zu verstehen. Mal schauen, ob die Feigheit gewinnt – oder nicht ...
Über eine solche Provokation schrieb ich eine Kurzgeschichte, an der ich – obwohl sie keine 10.000 Anschläge lang ist – recht lange herum dokterte. Sie ist für die Anthologie mit Punkrock-Geschichten gedacht, an der ich immer wieder arbeite und die hoffentlich irgendwann auch erscheinen wird.
Tatsächlich ist eine Kurzgeschichte entstanden, die einen biografischen Kern hat, diesen aber sehr weit ausdehnt. Die geschilderten Geschehnisse haben so – in der geschilderten Zuspitzung – nie stattgefunden. Trotzdem weiß ich, dass viele Leser glauben werden, dass das eine Eins-zu-Eins-Geschichte ist, die einen durchaus kritischen Schwank aus meiner Jugend präsentiert.
Mittlerweile bin ich mir nicht sicher, ob ich die Geschichte »Klare Statements« wirklich für das Buch verwenden soll. Sie gefällt mir, aber sie wird durchaus dazu verleiten, sie völlig falsch zu verstehen. Mal schauen, ob die Feigheit gewinnt – oder nicht ...
18 Mai 2015
Wie immer ein skurriler Kinky-Krimi
Weil ich es nicht geschafft hatte, den Musiker und Schriftsteller Kinky Friedman live in Karlsruhe zu sehen, musste ich notgedrungenerweise auf ein gedrucktes Buch zurückgreifen. Tatsächlich stellte sich heraus, dass ich einen ungelesenen Roman des amerikanisch-texanisch-jüdischen Schriftstellers im Stapel hatte – mit »Elvis, Jesus & Coca-Cola« hatte ich in der Folge dann auch viel Spaß ...
Es handelt sich um einen echt typischen »Kinky«-Roman, der sogar einen gewissen Fortsetzungscharakter aufweist. In seinem Verlauf führt der Autor nämlich eine Figur ein, die in späteren Romanen eine eher romantische Rolle spielen wird. (Ich muss die einzelnen Bände endlich einmal in der richtigen Reihenfolge lesen!)
Gleichzeitig ist es ein typischer »Kinky«-Roman, was die eigentliche Geschichte angeht. Das heißt: Die Handlung ist sehr verschlungen, verfolgt nicht immer den logischen Bahnen eines seriösen Krimis und macht gerade deshalb vielen Leuten viel Spaß.
Er beginnt mit dem Tod eines guten Freundes; dieser arbeitete zuletzt an einer Dokumentation über Elvis-Imitatoren. Dann verschwindet eine Ex-Freundin des Detektivs unter mysteriösen Umständen. Die Polizei wird aufmerksam, weil beide Personen Kinkys Namen kritzelten, bevor sie verschwanden.
Kinky schlussfolgert messerscharf: Das alles muss mit dem geplanten Elvis-Imitatoren-Film zusammenhängen. Wie genau, das weiß er noch nicht. Aber er aktiviert all seine Freunde, und gemeinsam wird ermittelt – dabei stolpern sie nicht nur in haarsträubende Gespräche, sondern auch über die Vergangenheit des Detektivs ...
Wer jetzt meint, das klinge seltsam, der hat recht. Kinky Friedmans Romane zeichnen sich durch streckenweise absurde Dialoge, skurrile Weltbeobachtungen und die weitestgehende Abwesenheit klassischer Detektivarbeit aus. Der Ermittler spricht lieber mit seiner Katze, die ihm eh nicht antwortet, als mit irgendwelchen möglichen Zeugen; mit denen unterhält er sich zwar auch, aber das findet in einem Ton statt, den man als Leser entweder zum Lachen oder zum Ärgern findet.
Ich habe mich bei »Elvis, Jesus & Coca-Cola« wieder einmal großartig amüsiert. Wer das Universum von Kinky Friedman nicht kennt, wird mit dem Roman wahrscheinlich nicht so viel anfangen können – ich halte die Schreibe dieses Autors für brillant und fand mich zum wiederholten Mal in dieser Einschätzung bestätigt. Sehr schön!
Es handelt sich um einen echt typischen »Kinky«-Roman, der sogar einen gewissen Fortsetzungscharakter aufweist. In seinem Verlauf führt der Autor nämlich eine Figur ein, die in späteren Romanen eine eher romantische Rolle spielen wird. (Ich muss die einzelnen Bände endlich einmal in der richtigen Reihenfolge lesen!)
Gleichzeitig ist es ein typischer »Kinky«-Roman, was die eigentliche Geschichte angeht. Das heißt: Die Handlung ist sehr verschlungen, verfolgt nicht immer den logischen Bahnen eines seriösen Krimis und macht gerade deshalb vielen Leuten viel Spaß.
Er beginnt mit dem Tod eines guten Freundes; dieser arbeitete zuletzt an einer Dokumentation über Elvis-Imitatoren. Dann verschwindet eine Ex-Freundin des Detektivs unter mysteriösen Umständen. Die Polizei wird aufmerksam, weil beide Personen Kinkys Namen kritzelten, bevor sie verschwanden.
Kinky schlussfolgert messerscharf: Das alles muss mit dem geplanten Elvis-Imitatoren-Film zusammenhängen. Wie genau, das weiß er noch nicht. Aber er aktiviert all seine Freunde, und gemeinsam wird ermittelt – dabei stolpern sie nicht nur in haarsträubende Gespräche, sondern auch über die Vergangenheit des Detektivs ...
Wer jetzt meint, das klinge seltsam, der hat recht. Kinky Friedmans Romane zeichnen sich durch streckenweise absurde Dialoge, skurrile Weltbeobachtungen und die weitestgehende Abwesenheit klassischer Detektivarbeit aus. Der Ermittler spricht lieber mit seiner Katze, die ihm eh nicht antwortet, als mit irgendwelchen möglichen Zeugen; mit denen unterhält er sich zwar auch, aber das findet in einem Ton statt, den man als Leser entweder zum Lachen oder zum Ärgern findet.
Ich habe mich bei »Elvis, Jesus & Coca-Cola« wieder einmal großartig amüsiert. Wer das Universum von Kinky Friedman nicht kennt, wird mit dem Roman wahrscheinlich nicht so viel anfangen können – ich halte die Schreibe dieses Autors für brillant und fand mich zum wiederholten Mal in dieser Einschätzung bestätigt. Sehr schön!
17 Mai 2015
Im schicken Restaurant
Wir hatten einen Grund, etwas zu feiern, also besuchten wir ein schickes Restaurant in der Innenstadt von Karlsruhe. Es war nicht ganz billig, aber auch nicht in der finanziellen Oberklasse. Das anwesende Publikum wirkte ebenfalls schick, die weißen Tischdecken machten einen feierlichen Eindruck.
Was mit als erstes verwunderte: Die Weine in der Karte waren nur sehr grob aufgelistet. Es stand beispielsweise ein Gavi aus der Toskana, ohne dass man erfuhr, woher er genau kam, oder es wurde ein Chardonnay gelistet, ohne dass dabei stand, aus welchem Land er stammte.
Deshalb fragte ich nach: »Woher ist der Chardonnay?« Ich vermutete schon, dass er aus Italien kam, aber er hätte ebensogut aus dem Elsass, aus Baden oder der Pfalz kommen können.
Die nette Bedienung war ratlos. Sie müsse nachschauen, sagte sie – das fand ich schon ein wenig schwach. Wir sahen ihr zu, wie sie zur Theke ging, die Weißweinflasche aus dem Kühlschrank fischte und das Etikett studierte. Dann kam sie zurück.
»Er ist aus Venedig«, sagte sie.
Ich starrte sie an. »Nord- oder Südhang?«, brachte ich hervor.
Unter dem Tisch kassierte ich Tritte gegen das Schienbein. Die Bedienung war irritiert und sagte erst einmal kein Wort. Und ich bestellte den Chardonnay aus der Region Venetien.
Der Wein schmeckte, das Essen war lecker, aber ich war irgendwie froh, als ich hinterher wieder auf der Straße war. Für die ach so feine Gesellschaft, bei der dann zu oft nur Schein statt Sein vorherrscht, habe ich dann doch nicht so viel übrig.
Was mit als erstes verwunderte: Die Weine in der Karte waren nur sehr grob aufgelistet. Es stand beispielsweise ein Gavi aus der Toskana, ohne dass man erfuhr, woher er genau kam, oder es wurde ein Chardonnay gelistet, ohne dass dabei stand, aus welchem Land er stammte.
Deshalb fragte ich nach: »Woher ist der Chardonnay?« Ich vermutete schon, dass er aus Italien kam, aber er hätte ebensogut aus dem Elsass, aus Baden oder der Pfalz kommen können.
Die nette Bedienung war ratlos. Sie müsse nachschauen, sagte sie – das fand ich schon ein wenig schwach. Wir sahen ihr zu, wie sie zur Theke ging, die Weißweinflasche aus dem Kühlschrank fischte und das Etikett studierte. Dann kam sie zurück.
»Er ist aus Venedig«, sagte sie.
Ich starrte sie an. »Nord- oder Südhang?«, brachte ich hervor.
Unter dem Tisch kassierte ich Tritte gegen das Schienbein. Die Bedienung war irritiert und sagte erst einmal kein Wort. Und ich bestellte den Chardonnay aus der Region Venetien.
Der Wein schmeckte, das Essen war lecker, aber ich war irgendwie froh, als ich hinterher wieder auf der Straße war. Für die ach so feine Gesellschaft, bei der dann zu oft nur Schein statt Sein vorherrscht, habe ich dann doch nicht so viel übrig.
16 Mai 2015
Seminartag in der Mühle
In diesem Jahr mache ich das Jubiläum voll: 1995 war ich zum ersten Mal in Wolfenbüttel, um an der dortigen Bundesakademie für kulturelle Bildung etwas über Science Fiction zu erzählen. Seither war ich einige Dutzend Male in der Stadt in Niedersachsen, die dank ihrer schönen Innenstadt einen positiven Charme hat.
An diesem Wochenende geht es wieder einmal um die Kurzgeschichte, genauer gesagt, es geht um diejenige mit einem phantastischen Charakter, Science Fiction und Fantasy und allgemeinere Phantastik also. Am heutigen Samstag gab es die erste Schreibübung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, mittlerweile haben wir auch alle Geschichten durchgesprochen, die wir im Vorfeld erhalten haben.
Mein Co-Dozent Uwe Anton und ich werden alsbald an die nächsten Aufgaben gehen. Wir wollen die Autorinnen und Autor schon ein wenig fordern; es ist ja kein Ferienlager. Also müssen sie heute abend noch einmal an einer Textaufgabe arbeiten, die wir anschließend im Team diskutieren werden.
Die Ergebnisse sind immer wieder verblüffend: Unter Druck arbeiten manche Leute echt besser ...
An diesem Wochenende geht es wieder einmal um die Kurzgeschichte, genauer gesagt, es geht um diejenige mit einem phantastischen Charakter, Science Fiction und Fantasy und allgemeinere Phantastik also. Am heutigen Samstag gab es die erste Schreibübung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, mittlerweile haben wir auch alle Geschichten durchgesprochen, die wir im Vorfeld erhalten haben.
Mein Co-Dozent Uwe Anton und ich werden alsbald an die nächsten Aufgaben gehen. Wir wollen die Autorinnen und Autor schon ein wenig fordern; es ist ja kein Ferienlager. Also müssen sie heute abend noch einmal an einer Textaufgabe arbeiten, die wir anschließend im Team diskutieren werden.
Die Ergebnisse sind immer wieder verblüffend: Unter Druck arbeiten manche Leute echt besser ...
15 Mai 2015
Gedichte an der Wand
Seit mindestens fünf Jahren steht mitten in Wolfenbüttel ein Gebäude leer, das die »City« der reizvollen Kleinstadt geprägt hat. Ich meine das Gebäude, in dem jahrelang das Kaufhaus »Hertie« untergebracht war. Wann immer ich in Wolfenbüttel bin, um – wie an diesem Wochenende – in der Bundesakademie für kulturelle Bildung als Dozent tätig zu sein, versetzt mir der Anblick einen Stich.
Immerhin kam jemand auf die tolle Idee, riesige Plakate an die Wände und an die leeren Schaufenster zu pinnen und auf diese Gedichte zu drucken. Jetzt kann man immerhin Gedichte lesen, wenn man durch die Innenstadt spaziert und das marode Gebäude bewundert.
Das ist eine schlaue Idee. Noch schlauer wäre natürlich, das schöne Gebäude in irgendeiner Art wieder aufzumöbeln. Aber Gedichte oder Kunst sind oder wären schon mal ein brauchbarer Ansatz ...
Immerhin kam jemand auf die tolle Idee, riesige Plakate an die Wände und an die leeren Schaufenster zu pinnen und auf diese Gedichte zu drucken. Jetzt kann man immerhin Gedichte lesen, wenn man durch die Innenstadt spaziert und das marode Gebäude bewundert.
Das ist eine schlaue Idee. Noch schlauer wäre natürlich, das schöne Gebäude in irgendeiner Art wieder aufzumöbeln. Aber Gedichte oder Kunst sind oder wären schon mal ein brauchbarer Ansatz ...
14 Mai 2015
Papier im Internet
Es ist einer der schlechten alten Witze, die wir in der Redaktion immer mal wiederholen: »Dann druck ich jetzt mal das Internet für ihn aus« oder dergleichen. Laut Medienberichten haben das dann mal zwei britische Forscher ernsthaft gemacht – weniger ausgedruckt als berechnet.
Die zwei Männer von der University of Leicester checkten anscheinend, wieviel Papier man brauchen würde – in A4 oder dergleichen –, um das auszudrucken, was im Internet öffentlichen aufzufinden sei. Dabei gingen sie von rund viereinhalb Milliarden sichtbarer Seiten im Internet aus; wenn jede von diesen dreißig »Blätter« hat, kommt man auf die 136 Milliarden A4-Seiten.
Das kommt mir jetzt ein wenig vor, und ich frage mich, wofür Wissenschaftler eigentlich ihr Geld erhalten – aber jetzt wissen wir das halt auch ... Gefühlt habe ich allein davon eine Million Seiten gefüllt.
Die zwei Männer von der University of Leicester checkten anscheinend, wieviel Papier man brauchen würde – in A4 oder dergleichen –, um das auszudrucken, was im Internet öffentlichen aufzufinden sei. Dabei gingen sie von rund viereinhalb Milliarden sichtbarer Seiten im Internet aus; wenn jede von diesen dreißig »Blätter« hat, kommt man auf die 136 Milliarden A4-Seiten.
Das kommt mir jetzt ein wenig vor, und ich frage mich, wofür Wissenschaftler eigentlich ihr Geld erhalten – aber jetzt wissen wir das halt auch ... Gefühlt habe ich allein davon eine Million Seiten gefüllt.
13 Mai 2015
Erbärmlicher Haufen
Dass ich meinen Zeitplan nicht nach den Bedürfnissen der Pegida-Anmelder ausrichte, dürfte einleuchten. Der normale Beruf und das normale Leben gehen schließlich vor, und die Reihenfolge ist – mit einem gewissen Zähneknirschen – auch korrekt formuliert. Trotzdem begab ich mich am Dienstag, 12. Mai 2015, mal wieder zur Demonstration gegen den Pegida-Aufmarsch.
Als ich ankam, lief die Kundgebung der Rechten bereits. Schätzungsweise 80 bis 100 Leute standen unter Deutschlandfahnen auf der Amalienstraße und sangen das Deutschlandlied. Rings um die sie hatte sich die Polizei aufgebaut, und überall hinter und an den Sperrgittern standen Demonstranten, die pfiffen und brüllten und sonstwie Radau machte. Die Pegidioten wirkten wie ein erbärmliches Häufchen, und fast hätte ich mit ihnen Mitleid gehabt.
Die Gegendemonstration war diesmal wie ein Straßenfest aufgezogen worden. Ein Lastwagen war zur Bühne umfunktioniert worden, es gab Informationsstände politischer Gruppen, und es gab Essen sowie Getränke; alles in allem herrschte eine fröhliche Stimmung. Das herrliche Sommerwetter trug sicher dazu bei. Ich stand viel herum und redete mit Bekannten, guckte den Nazis ab und zu auch mal zu, ignorierte sie aber meist.
Als es später mal für einige Minuten regnete, flüchtete ich mich mit einigen Bekannten unter die Bäume. Aus den Lautsprechern drang zu diesem Zeitpunkt sogar klassische Musik, und dazu tanzten einige Leute – das hatte was im Sommerregen.
Das Wetter wurde besser, die Pegida lief los. Ich spazierte zur Straßenkreuzung zwischen Wald- und Sophienstraße, um dort mehr oder weniger lautstark zu protestieren; hier gab es ein wenig Geschubse mit der Polizei. Auf einem Balkon, unter dem die Pegida durchmarschiert, wurde ein »Gegen Nazis«-Transparent entrollt, und es lief »Imagine« von John Lennon aus den Boxen – das hatte was.
Später waren die Nazis wieder auf der Amalienstraße und wir auf dem Stephansplatz. Es war eher langweilig. Musik lief, die Polizei war eher entspannt und tat cool, das erbärmliche Häuflein Pegidioten hörte irgendwelchen Reden zu und wurde dann von der Polizei wegbegleitet. Alles in allem ein entspannter Frühsommerabend in der Innenstadt von Karlsruhe ...
Als ich ankam, lief die Kundgebung der Rechten bereits. Schätzungsweise 80 bis 100 Leute standen unter Deutschlandfahnen auf der Amalienstraße und sangen das Deutschlandlied. Rings um die sie hatte sich die Polizei aufgebaut, und überall hinter und an den Sperrgittern standen Demonstranten, die pfiffen und brüllten und sonstwie Radau machte. Die Pegidioten wirkten wie ein erbärmliches Häufchen, und fast hätte ich mit ihnen Mitleid gehabt.
Die Gegendemonstration war diesmal wie ein Straßenfest aufgezogen worden. Ein Lastwagen war zur Bühne umfunktioniert worden, es gab Informationsstände politischer Gruppen, und es gab Essen sowie Getränke; alles in allem herrschte eine fröhliche Stimmung. Das herrliche Sommerwetter trug sicher dazu bei. Ich stand viel herum und redete mit Bekannten, guckte den Nazis ab und zu auch mal zu, ignorierte sie aber meist.
Als es später mal für einige Minuten regnete, flüchtete ich mich mit einigen Bekannten unter die Bäume. Aus den Lautsprechern drang zu diesem Zeitpunkt sogar klassische Musik, und dazu tanzten einige Leute – das hatte was im Sommerregen.
Das Wetter wurde besser, die Pegida lief los. Ich spazierte zur Straßenkreuzung zwischen Wald- und Sophienstraße, um dort mehr oder weniger lautstark zu protestieren; hier gab es ein wenig Geschubse mit der Polizei. Auf einem Balkon, unter dem die Pegida durchmarschiert, wurde ein »Gegen Nazis«-Transparent entrollt, und es lief »Imagine« von John Lennon aus den Boxen – das hatte was.
Später waren die Nazis wieder auf der Amalienstraße und wir auf dem Stephansplatz. Es war eher langweilig. Musik lief, die Polizei war eher entspannt und tat cool, das erbärmliche Häuflein Pegidioten hörte irgendwelchen Reden zu und wurde dann von der Polizei wegbegleitet. Alles in allem ein entspannter Frühsommerabend in der Innenstadt von Karlsruhe ...
12 Mai 2015
»Exodus« von 2014
Es ist mir ja schon einigermaßen peinlich: Dieser Tage flatterte mir die Ausgabe 32 von »Exodus« ins Haus. Und ich las – ebenfalls dieser Tage – erst die letzten Texte der Ausgabe 31. Es ging nicht früher. Aber andererseits: Wenn ein Heft gut ist und man es vor allem nicht zeitnah lesen muss, kann es einige Tage liegen bleiben ...
Für Science-Fiction-Fans ist »Exodus« eine absolute Empfehlung. Ein »Muss« würde ich sogar sagen, vor allem, wenn man sich für Kurzgeschichten und gelungene Grafiken interessiert. Deutschsprachige Autoren werden präsentiert, die Geschichten sind stets gut lesbar und manchmal sogar richtig herausragend.
Wobei ich diesmal die Optik echt stark fand. Oliver Engelhard war mir kein Begriff; seine Science-Fiction-Bilder, die auf Farbtafeln präsentiert werden, empfinde ich als gelungen. Man könnte sie nicht auf einen kommerziellen Roman packen, dafür sind sie nicht verkaufsträchtig genug – aber sie haben einen ganz eigenen Charme, bei dem seltsam gerundete Frauengesichter auf eine technisch-kalte Umgebung stoßen.
Ein Science-Fiction-Magazin, in dem es auch noch Gedichte und schlaue Sätze gibt, die optisch schön präsentiert werden, ist sowieso eine ausgefallene Sache. »Exodus« war in den 70er-Jahren schon ziemlich klasse, und ich finde es seit den Nuller-Jahren wieder echt klasse. Eine echte Pflichtlektüre!
Und ich gelobe, die Nummer 32 ein weniger flotter zu lesen ...
Für Science-Fiction-Fans ist »Exodus« eine absolute Empfehlung. Ein »Muss« würde ich sogar sagen, vor allem, wenn man sich für Kurzgeschichten und gelungene Grafiken interessiert. Deutschsprachige Autoren werden präsentiert, die Geschichten sind stets gut lesbar und manchmal sogar richtig herausragend.
Wobei ich diesmal die Optik echt stark fand. Oliver Engelhard war mir kein Begriff; seine Science-Fiction-Bilder, die auf Farbtafeln präsentiert werden, empfinde ich als gelungen. Man könnte sie nicht auf einen kommerziellen Roman packen, dafür sind sie nicht verkaufsträchtig genug – aber sie haben einen ganz eigenen Charme, bei dem seltsam gerundete Frauengesichter auf eine technisch-kalte Umgebung stoßen.
Ein Science-Fiction-Magazin, in dem es auch noch Gedichte und schlaue Sätze gibt, die optisch schön präsentiert werden, ist sowieso eine ausgefallene Sache. »Exodus« war in den 70er-Jahren schon ziemlich klasse, und ich finde es seit den Nuller-Jahren wieder echt klasse. Eine echte Pflichtlektüre!
Und ich gelobe, die Nummer 32 ein weniger flotter zu lesen ...
11 Mai 2015
Zeitreise zum 90er-Jahre-Hardcore
Hardcore in den 90er-Jahren wurde echt anders. Zumindest in meinen Augen. Auch in Karlsruhe. Aus einer rasanten Musikrichtung und einer frischen Szene wurde eine festgefügte Hauptlinie, der sich die meisten Bands unterzuordnen schienen – nur das, was aus New York kam, faszinierte in diesen Tagen und Jahren viele Leute in der Szene.
Eine typische Band dieser Zeit war Beat Down. Die Band kam aus Karlsruhe, ich sah sie in den späten 90er-Jahren mehrfach und fand die Leute nett. Musikalisch war das nicht immer meine Tasse Bier, aber es knallte ordentlich.
Dieser Tage hörte ich mir endlich mal wieder die CD »Blood 'n Tears« an, die 1997 erschienen war. Darauf sind insgesamt 22 Stücke – in nicht mal 40 Minuten, yep! – , die schwer nach New York riechen und in denen Oi!, Punkrock und Metal eine unheilige Beziehung eingehen, aus der eben der spezielle Hardcore jener Tage entstand.
Das war schon damals nicht originell und ist es heute erst recht nicht. Aber wie die Band das machte, das war schon konsequent, und ich mochte den Sound. Rüpelig und rotzig, immer mal mit fettem »Oi!«-Gebrüll, dann wieder mit rasanter Gitarrenarbeit.
Die CD kann man sich immer noch anhören. Die Band klingt vor allem so, wie man Ende der 90er-Jahre idealerweise Hardcore spielte. Insofern handelt es sich bei »Blood 'n Tears« glatt um ein Zeitdokument. Damit hätten wir damals auch nicht gerechnet ...
Eine typische Band dieser Zeit war Beat Down. Die Band kam aus Karlsruhe, ich sah sie in den späten 90er-Jahren mehrfach und fand die Leute nett. Musikalisch war das nicht immer meine Tasse Bier, aber es knallte ordentlich.
Dieser Tage hörte ich mir endlich mal wieder die CD »Blood 'n Tears« an, die 1997 erschienen war. Darauf sind insgesamt 22 Stücke – in nicht mal 40 Minuten, yep! – , die schwer nach New York riechen und in denen Oi!, Punkrock und Metal eine unheilige Beziehung eingehen, aus der eben der spezielle Hardcore jener Tage entstand.
Das war schon damals nicht originell und ist es heute erst recht nicht. Aber wie die Band das machte, das war schon konsequent, und ich mochte den Sound. Rüpelig und rotzig, immer mal mit fettem »Oi!«-Gebrüll, dann wieder mit rasanter Gitarrenarbeit.
Die CD kann man sich immer noch anhören. Die Band klingt vor allem so, wie man Ende der 90er-Jahre idealerweise Hardcore spielte. Insofern handelt es sich bei »Blood 'n Tears« glatt um ein Zeitdokument. Damit hätten wir damals auch nicht gerechnet ...
Vier Personen machen Science Fiction
Um es vorwegzunehmen: Ich mag Action, auch und gerade im Kino. Wenn es kracht und scheppert und auf der Leinwand ein Feuerwerk der Bilder abgebrannt wird, dann finde ich das gut. Aber manchmal stellt sich bei mir eine gewisse Ermüdung ein, und ich will manche Filme einfach nicht anschauen. Deshalb guckte ich mir nicht den aktuellen »Avengers«-Ballerfilm an, sondern entschied mich für »Ex Machina«.
Dabei handelt es sich um einen klassischen Science-Fiction-Film, auch wenn er vorgeblich im »Hier und Jetzt« spielt. Ein junger Programmierer, der für einen Multimedia-Konzern arbeitet – eine Mischung aus Google und Facebook – gewinnt einen Preis; er darf eine Woche mit seinem obersten Boss zusammen in einem abgelegenen Labor an einem faszinierenden Experiment teilnehmen.
Sein Chef hat ein Kunstwesen geschaffen, dem er die Gestalt einer faszinierenden, wenngleich künstlich wirkenden Frau gegeben hat. Und er stellt sich und seinem jungen Besucher die Frage, ob das Kunstwesen schon so weit entwickelt ist, dass man es für »echtes Leben« handeln könnte. Aus dieser Frage und aus dem Zusammenspiel zwischen den zwei Männern, der Roboterfrau und einer ungewöhnlich wirkenden »Dienerin« entsteht ein packendes Vier-Personen-Stück, das in dem luxuriösen Haus und seinen Laboren im Keller spielt.
Seien wir ehrlich: Bei »Ex Machina« handelt sich um eine Schöpfungsgeschichte, die fast schon biblischen Charakter hat. Die Zahlen, die einzelne Sitzungen beziffern, machen das geradezu aufdringlich klar. Aber das stört nicht; dieser religiöse Aspekt kann von mir zudem auch nur interpretiert sein. Der Film ist faszinierend und spannend zugleich.
Mit zum faszinierenden Eindruck, den der Film auf mich gemacht hat, gehören die Gegensätze: die fast schon klaustrophobische Stimmung in den unterirdischen Labors auf der einen Seite, die grandiose Natur auf der anderen Seite. Wenn die zwei Männer einen Gebirgsbach bis an den Rand eines Gletschers hinaufsteigen, hat das etwas Symbolisches – und es ist spannend, obwohl sie nur miteinander reden.
Letztlich stellt der Film allerlei Fragen, wie sie von den klassischen Science-Fiction-Autoren schon gestellt worden sind. Ab wann ist ein Mensch ein Mensch? Kann eine Maschine echte Gefühle entwickeln? Und wenn sie Gefühle nur »nachbaut«, ist sie dann nicht auch in gewisser Weise menschlich?
»Ex Machina« ist ein Science-Fiction-Film der – zumeist – leisen Töne. Dass er dennoch packend ist und vor allem zum Nachdenken Anlass gibt, hebt ihn aus der Masse heraus. Ich fand ihn hervorragend und empfehle ihn sehr gern weiter.
Dabei handelt es sich um einen klassischen Science-Fiction-Film, auch wenn er vorgeblich im »Hier und Jetzt« spielt. Ein junger Programmierer, der für einen Multimedia-Konzern arbeitet – eine Mischung aus Google und Facebook – gewinnt einen Preis; er darf eine Woche mit seinem obersten Boss zusammen in einem abgelegenen Labor an einem faszinierenden Experiment teilnehmen.
Sein Chef hat ein Kunstwesen geschaffen, dem er die Gestalt einer faszinierenden, wenngleich künstlich wirkenden Frau gegeben hat. Und er stellt sich und seinem jungen Besucher die Frage, ob das Kunstwesen schon so weit entwickelt ist, dass man es für »echtes Leben« handeln könnte. Aus dieser Frage und aus dem Zusammenspiel zwischen den zwei Männern, der Roboterfrau und einer ungewöhnlich wirkenden »Dienerin« entsteht ein packendes Vier-Personen-Stück, das in dem luxuriösen Haus und seinen Laboren im Keller spielt.
Seien wir ehrlich: Bei »Ex Machina« handelt sich um eine Schöpfungsgeschichte, die fast schon biblischen Charakter hat. Die Zahlen, die einzelne Sitzungen beziffern, machen das geradezu aufdringlich klar. Aber das stört nicht; dieser religiöse Aspekt kann von mir zudem auch nur interpretiert sein. Der Film ist faszinierend und spannend zugleich.
Mit zum faszinierenden Eindruck, den der Film auf mich gemacht hat, gehören die Gegensätze: die fast schon klaustrophobische Stimmung in den unterirdischen Labors auf der einen Seite, die grandiose Natur auf der anderen Seite. Wenn die zwei Männer einen Gebirgsbach bis an den Rand eines Gletschers hinaufsteigen, hat das etwas Symbolisches – und es ist spannend, obwohl sie nur miteinander reden.
Letztlich stellt der Film allerlei Fragen, wie sie von den klassischen Science-Fiction-Autoren schon gestellt worden sind. Ab wann ist ein Mensch ein Mensch? Kann eine Maschine echte Gefühle entwickeln? Und wenn sie Gefühle nur »nachbaut«, ist sie dann nicht auch in gewisser Weise menschlich?
»Ex Machina« ist ein Science-Fiction-Film der – zumeist – leisen Töne. Dass er dennoch packend ist und vor allem zum Nachdenken Anlass gibt, hebt ihn aus der Masse heraus. Ich fand ihn hervorragend und empfehle ihn sehr gern weiter.
10 Mai 2015
Acht Jahre zum Feiern
Seit acht Jahren gibt es die »Alte Hackerei«, seit dieser Zeit ist die Punkrock-Kneipe zu einer Institution geworden, die weit über die Grenzen von Karlsruhe hinaus bekannt ist – innerhalb der Szene, versteht sich. Dass man in der Kneipe auch gut feiern kann, das merkte ich am Samstagabend, 9. Mai 2015 – der achte Geburtstag wurde zünftig mit Bier und anderen Getränken begossen.
Als ich eintraf, spielte die erste Band bereits. The Strapones aus der Schweiz knallten rockenden Hardcore-Punk in den Saal, rhythmisch und auf den Punkt gebracht, knallig und einfach gut. Das war nicht schreiend originell, aber mir gefiel es; diese Art Musik kann ich einfach immer gut hören und mag sie vor allem live sehr.
In der Pause zwischen den Bands trank ich viel Bier und redete viel. Im hinteren Teil der »Hackerei« stand wieder ein Karaokebus; das hat sich in den vergangenen Jahren als Konzept bewährt. Am frühen Abend tummelten sich dort vor allem die Kinder der älterer werdenden Punkrock-Generation, später enterten dann auch Erwachsene die Bühne, um irgendwelche Lieder zu trällern.
Pünktlich zu WWK war ich wieder im Saal. In den 90er-Jahren hatte ich die Band gut ein Dutzend mal gesehen, und der ruppige Hardcore-Punk packte mich auch diesmal. Die röchelnd-röhrende Stimme des Sängers, die gelegentlich an Motörhead erinnert, der wummernde Gitarren- und Bassangriff auf die Gehörzellen – das funktionierte für mich immer noch. Super!
Die letzte Band des Abends interessierte mich eigentlich nicht. Dampfmaschine machten Hardrock, das sagte man mir schon vor Wochen, und das ist nun mal nicht meine Tasse Bier. Weil's mich aber interessierte, schaute ich mir ein Stück an, war fassungslos und blieb dann, um mir den Rest ihres Auftritts anzuschauen.
Klar ist das Hardrock, meinetwegen sogar Metal, aber mit einer tüchtigen Hardcore-Kante. Der Sänger macht eine schräge Show auf der Bühne, wirkt wahnsinnig und durchgeknallt; die Musik wiederum hört sich an wie eine Mixtur aus Motörhead und – meinetwegen – Biohazard, also sehr wuchtig. Wenn sich das mit deutschen Texten paart, kommt etwas heraus, das einem das Hirn zwischen den Ohren ordentlich durchpustet.
Das fand das Publikum auch, es wurde ordentlich gefeiert, mitgesungen und getanzt. Und nachdem die Bands von der Bühne verschwunden waren, ging es genauso weiter: mit viel Bier, mit lauter Musik, mit betrunkenen Gesprächen und gelegentlichen Tänzen.
Als ich das Gelände des Alten Schlachthofes verließ und mein Rad in Richtung Heimat lenkte, waren die Vögel schon wieder so fürchterlich laut, dass ich wohl davon Kopfweh bekam. Aber wer auf einen »Hackerei«-Geburtstag geht, muss wohl mit Spätfolgen rechnen ...
Als ich eintraf, spielte die erste Band bereits. The Strapones aus der Schweiz knallten rockenden Hardcore-Punk in den Saal, rhythmisch und auf den Punkt gebracht, knallig und einfach gut. Das war nicht schreiend originell, aber mir gefiel es; diese Art Musik kann ich einfach immer gut hören und mag sie vor allem live sehr.
In der Pause zwischen den Bands trank ich viel Bier und redete viel. Im hinteren Teil der »Hackerei« stand wieder ein Karaokebus; das hat sich in den vergangenen Jahren als Konzept bewährt. Am frühen Abend tummelten sich dort vor allem die Kinder der älterer werdenden Punkrock-Generation, später enterten dann auch Erwachsene die Bühne, um irgendwelche Lieder zu trällern.
Pünktlich zu WWK war ich wieder im Saal. In den 90er-Jahren hatte ich die Band gut ein Dutzend mal gesehen, und der ruppige Hardcore-Punk packte mich auch diesmal. Die röchelnd-röhrende Stimme des Sängers, die gelegentlich an Motörhead erinnert, der wummernde Gitarren- und Bassangriff auf die Gehörzellen – das funktionierte für mich immer noch. Super!
Die letzte Band des Abends interessierte mich eigentlich nicht. Dampfmaschine machten Hardrock, das sagte man mir schon vor Wochen, und das ist nun mal nicht meine Tasse Bier. Weil's mich aber interessierte, schaute ich mir ein Stück an, war fassungslos und blieb dann, um mir den Rest ihres Auftritts anzuschauen.
Klar ist das Hardrock, meinetwegen sogar Metal, aber mit einer tüchtigen Hardcore-Kante. Der Sänger macht eine schräge Show auf der Bühne, wirkt wahnsinnig und durchgeknallt; die Musik wiederum hört sich an wie eine Mixtur aus Motörhead und – meinetwegen – Biohazard, also sehr wuchtig. Wenn sich das mit deutschen Texten paart, kommt etwas heraus, das einem das Hirn zwischen den Ohren ordentlich durchpustet.
Das fand das Publikum auch, es wurde ordentlich gefeiert, mitgesungen und getanzt. Und nachdem die Bands von der Bühne verschwunden waren, ging es genauso weiter: mit viel Bier, mit lauter Musik, mit betrunkenen Gesprächen und gelegentlichen Tänzen.
Als ich das Gelände des Alten Schlachthofes verließ und mein Rad in Richtung Heimat lenkte, waren die Vögel schon wieder so fürchterlich laut, dass ich wohl davon Kopfweh bekam. Aber wer auf einen »Hackerei«-Geburtstag geht, muss wohl mit Spätfolgen rechnen ...
09 Mai 2015
Im Hotel Paradiso
Am Freitag abend, 8. Mai 2015, war ich im Theaterhaus in Stuttgart, gegeben wurde dort die »Familie Flöz« mit ihrem Stück »Hotel Paradiso«. Wer sich jetzt darunter nichts vorstellen kann, dem geht es wie mir vor einigen Wochen, als ich zum ersten Mal davon hörte.
Bei der »Familie Flöz« handelt es sich um eine Theatertruppe, die an verschiedenen Standorten auftritt. In Stuttgart spielten gerade einmal vier Schauspieler geschätzte zwanzig Personen; das wird durch ständig wechselnde Masken und Kostüme klargemacht. Da es keine Dialoge gibt und die gesamte Handlung durch Geräusche – Musik und Effekte aus dem Hintergrund – und Bewegung präsentiert wird, entsteht schnell eine faszinierende Spannung.
Bei »Hotel Paradiso« wiederum handelt es sich um eine Familiengeschichte: ein Hotel im Niedergang, eine Seniorchefin, die kaum noch kann, ein Bruder, der mit seiner Schwester im Dauerstreit liegt, ein mörderischer Koch und ein diebisches Dienstmädchen. Das alles spielt sich in einem immer schnelleren Reigen aus Liebe und Gewalt ab, mal urkomisch, mal traurig, immer abwechslungsreich und höchst unterhaltsam.
Ich lachte oft schallend, ich war häufig völlig baff, wenn ich die originellen Auftritte der Schauspieler sah. Und ich war am Ende völlig begeistert. Die »Familie Flöz« ist Theater – aber echt von der »anderen Art«. Toll!
Hier der direkte Link zur Unterseite von »Hotel Paradiso«; ich finde schon die liebevollen Masken sehr schön ... Und wer nur den Trailer zu »Hotel Paradiso« anschauen möchte, klicke hier ...
Bei der »Familie Flöz« handelt es sich um eine Theatertruppe, die an verschiedenen Standorten auftritt. In Stuttgart spielten gerade einmal vier Schauspieler geschätzte zwanzig Personen; das wird durch ständig wechselnde Masken und Kostüme klargemacht. Da es keine Dialoge gibt und die gesamte Handlung durch Geräusche – Musik und Effekte aus dem Hintergrund – und Bewegung präsentiert wird, entsteht schnell eine faszinierende Spannung.
Bei »Hotel Paradiso« wiederum handelt es sich um eine Familiengeschichte: ein Hotel im Niedergang, eine Seniorchefin, die kaum noch kann, ein Bruder, der mit seiner Schwester im Dauerstreit liegt, ein mörderischer Koch und ein diebisches Dienstmädchen. Das alles spielt sich in einem immer schnelleren Reigen aus Liebe und Gewalt ab, mal urkomisch, mal traurig, immer abwechslungsreich und höchst unterhaltsam.
Ich lachte oft schallend, ich war häufig völlig baff, wenn ich die originellen Auftritte der Schauspieler sah. Und ich war am Ende völlig begeistert. Die »Familie Flöz« ist Theater – aber echt von der »anderen Art«. Toll!
Hier der direkte Link zur Unterseite von »Hotel Paradiso«; ich finde schon die liebevollen Masken sehr schön ... Und wer nur den Trailer zu »Hotel Paradiso« anschauen möchte, klicke hier ...
08 Mai 2015
Geschichten eines Originals
Bereits 2011 erschien ein Buch, das bei mir zuerst im »Noch zu lesen«-Stapel versackte, dann von mir mit großem Vergnügen gelesen wurde, bevor ich glatt vergaß, darüber auch einige positive Zeilen zu schreiben. Das Buch nennt sich »Sackratten-Blues«, es stammt von Chris Hyde und trägt den Untertitel »letzte Stories«.
Angesichts des fortgeschrittenen Alters des Autors – er ist schon deutlich über die 70 – kann man wohl davon ausgehen, dass nicht mehr viele Bücher von ihm verfasst werden dürften. Ein Alterswerk ist der »Sackratten-Blues« allerdings trotzdem nicht. Stattdessen bekommt man als Leser einen ordentlichen Schlag vor das Fressbrett serviert, in direkter und unmittelbarer Sprache, wie man sie nur selten findet.
Chris Hyde heißt in Wirklichkeit Helmut Wenske, in den 70er-Jahren war er vor allem als Künstler bekannt. Ich hatte selbst Poster von ihm in meinem Jugendzimmer hängen, faszinierende Interpretationen von Geschichten des amerikanischen Schriftstellers H.P. Lovecraft beispielsweise.
In den 80er-Jahren begann Wenske unter seinem Autorennamen Chris Hyde damit, seine Jugend in Bücher zu vereweigen. Vor allem »Rock’n’Roll Tripper« ist ein echter Kracher, viel besser als die Fortsetzung mit »Scheiß drauf!«. In diesen Büchern schrieb er über die Szene in den 60er-Jahren, über Drogen und Reisen, über Prügeleien und Suff, ein Leben an der Grenze – und das alles in einer knalligen, sehr unmittelbar wirkenden Sprache.
»Der Sackratten-Blues« passt zu den anderen zwei Büchern; es sind autobiografische Geschichten, in denen es um Saufen, Ficken und Prügeln geht. Chris Hyde trieb sich in Hanau in den unmöglichsten Lokalitäten herum, erlebte dabei logischerweise sehr viel, und darüber schreibt er.
Sprachlich bleibt er in der Gosse, das ist kein sauberer Stil, das wirkt alles, als sei es erzählt und einfach heruntergeschrieben worden. Ganz ehrlich, das muss man mögen; streckenweise war's mir ein wenig zu anstrengend. Wenn man sich auf den »Beat« der Sprache einlässt, macht das alles aber richtig Spaß.
Was bei alledem eh auffällt: Der Mann hat etwas erlebt, und darüber schreibt er. Das unterscheidet ihn von vielen der sogenannten Popliteraten, deren Schreibe man anmerkt, dass sie außer der Universität und irgendwelchen Lesebühnen noch nicht viel vom Leben gesehen haben.
Wer auf »hohe Literatur« steht, muss wohl eher die Finger von dem Werk lassen. Wer einen schnoddrig geschriebenen Einblick in das Leben eines echten Originals haben möchte, ist hier an der besten Adresse überhaupt. Es ist kein »Muss«-Buch und verändert sicher kein Leben, unterhält aber gut.
Das Paperback umfasst 114 Seiten und erschien im Verlag Robert Richter. Für 14,80 Euro ist es überall im Buchhandel zu bestellen, auch bei den bekannten Versendern. Idealerweise bestellt man es aber direkt beim Verlag, in dessen Shop haufenweise anderer »undergroundiger« Bücher zu finden sind.
Angesichts des fortgeschrittenen Alters des Autors – er ist schon deutlich über die 70 – kann man wohl davon ausgehen, dass nicht mehr viele Bücher von ihm verfasst werden dürften. Ein Alterswerk ist der »Sackratten-Blues« allerdings trotzdem nicht. Stattdessen bekommt man als Leser einen ordentlichen Schlag vor das Fressbrett serviert, in direkter und unmittelbarer Sprache, wie man sie nur selten findet.
Chris Hyde heißt in Wirklichkeit Helmut Wenske, in den 70er-Jahren war er vor allem als Künstler bekannt. Ich hatte selbst Poster von ihm in meinem Jugendzimmer hängen, faszinierende Interpretationen von Geschichten des amerikanischen Schriftstellers H.P. Lovecraft beispielsweise.
In den 80er-Jahren begann Wenske unter seinem Autorennamen Chris Hyde damit, seine Jugend in Bücher zu vereweigen. Vor allem »Rock’n’Roll Tripper« ist ein echter Kracher, viel besser als die Fortsetzung mit »Scheiß drauf!«. In diesen Büchern schrieb er über die Szene in den 60er-Jahren, über Drogen und Reisen, über Prügeleien und Suff, ein Leben an der Grenze – und das alles in einer knalligen, sehr unmittelbar wirkenden Sprache.
»Der Sackratten-Blues« passt zu den anderen zwei Büchern; es sind autobiografische Geschichten, in denen es um Saufen, Ficken und Prügeln geht. Chris Hyde trieb sich in Hanau in den unmöglichsten Lokalitäten herum, erlebte dabei logischerweise sehr viel, und darüber schreibt er.
Sprachlich bleibt er in der Gosse, das ist kein sauberer Stil, das wirkt alles, als sei es erzählt und einfach heruntergeschrieben worden. Ganz ehrlich, das muss man mögen; streckenweise war's mir ein wenig zu anstrengend. Wenn man sich auf den »Beat« der Sprache einlässt, macht das alles aber richtig Spaß.
Was bei alledem eh auffällt: Der Mann hat etwas erlebt, und darüber schreibt er. Das unterscheidet ihn von vielen der sogenannten Popliteraten, deren Schreibe man anmerkt, dass sie außer der Universität und irgendwelchen Lesebühnen noch nicht viel vom Leben gesehen haben.
Wer auf »hohe Literatur« steht, muss wohl eher die Finger von dem Werk lassen. Wer einen schnoddrig geschriebenen Einblick in das Leben eines echten Originals haben möchte, ist hier an der besten Adresse überhaupt. Es ist kein »Muss«-Buch und verändert sicher kein Leben, unterhält aber gut.
Das Paperback umfasst 114 Seiten und erschien im Verlag Robert Richter. Für 14,80 Euro ist es überall im Buchhandel zu bestellen, auch bei den bekannten Versendern. Idealerweise bestellt man es aber direkt beim Verlag, in dessen Shop haufenweise anderer »undergroundiger« Bücher zu finden sind.
07 Mai 2015
Nosferatu und das Müsli
Die Handlung des einminütigen Kurzfilms ist reichlich blöd, aber das ist bei der abschließend kommenden Werbebotschaft kaum anders zu machen. Trotzdem freut es mich als Genre-Fan sehr, wenn ich sehe, dass britische Werbeleute einen echten Phantastik-Klassiker für ihre Aktion aufgegriffen haben.
Letztlich geht es um Frühstücksflocken, klar. Aber eine solche Werbung kann man doof und langweilig machen, und so ist sie meist. Oder man geht ran und macht etwas Augenzwinkerndes aus dem Thema.
Die Rede ist von »Nosferatu« auf der einen Seite – ja, der klassische deutsche Horror-Film von Murna von 1922 – sowie der Marke »Crunchy Nuts« auf der anderen Seite. In der Agentur Leo Burnett London scheint jemand Sinn für schrägen Humor und uralten Horror zu haben. Das finde ich gut!
Letztlich geht es um Frühstücksflocken, klar. Aber eine solche Werbung kann man doof und langweilig machen, und so ist sie meist. Oder man geht ran und macht etwas Augenzwinkerndes aus dem Thema.
Die Rede ist von »Nosferatu« auf der einen Seite – ja, der klassische deutsche Horror-Film von Murna von 1922 – sowie der Marke »Crunchy Nuts« auf der anderen Seite. In der Agentur Leo Burnett London scheint jemand Sinn für schrägen Humor und uralten Horror zu haben. Das finde ich gut!
06 Mai 2015
Begehrte Autoren
Es ist noch nicht lange her, da wurden die sogenannten Indie-Autoren von den Verlagen eher belächelt. Das seien doch die Schreiberlinge, die es nicht geschafft hätten, bei einem der Großen des Geschäfts einen Vertrag zu ergattern. Das seien doch alles Leute, die nichts könnten.
Zumindest einige dieser Autoren sind erfolgreich. In der Masse ergeben sie zudem ein schönes Geschäft.
Das hat jetzt auch die sogannnte Tolino-Allianz bemerkt, zu der sich Gruppen wie Thalia, Hugendubel, Weltbild oder Libri zusammengeschlossen werden – benannt nach dem Lesegerät Tolino. Die Tolino-Allianz möchte mit ihrem neuen Angebot massiv in den Markt der Selfpublisher vorstoßen, wie die Fachzeitschrift »buchreport.express« in ihrer Ausgabe vom 30. April 2015 meldet.
Die Zusammenarbeit mit den Autoren soll über Neobooks erfolgen, die Selfpublishing-Tochter von Droemer-Knaur. Angesprochen werden Autorinnen und Autoren aus dem deutschsprachigen Raum; sie können künftig ihre E-Books kostenlos hochladen und über die Shops vertreiben lassen.
Versprochen wird sehr viel, unter anderem können besonders erfolgreiche Autoren sogar eine Printauflage erwarten. Ziel ist ganz offensichtlich, direkt gegen Amazon und dessen Selfpublishing-Programm anzutreten.
Attraktiv ist das unter anderem für Autoren, die etwas gegen Amazon haben, bisher aber von dem amerikanischen Handelsriesen abhängig waren. Wie sich das Ganze weiter entwickelt, weiß derzeit keiner. Möglicherweise wird der E-Book-Markt endgültig unübersichtlich – für die Kunden könnte das trotzdem einen schöne Entwicklung sein, weil für sie die Auswahl noch größer wird.
Zumindest einige dieser Autoren sind erfolgreich. In der Masse ergeben sie zudem ein schönes Geschäft.
Das hat jetzt auch die sogannnte Tolino-Allianz bemerkt, zu der sich Gruppen wie Thalia, Hugendubel, Weltbild oder Libri zusammengeschlossen werden – benannt nach dem Lesegerät Tolino. Die Tolino-Allianz möchte mit ihrem neuen Angebot massiv in den Markt der Selfpublisher vorstoßen, wie die Fachzeitschrift »buchreport.express« in ihrer Ausgabe vom 30. April 2015 meldet.
Die Zusammenarbeit mit den Autoren soll über Neobooks erfolgen, die Selfpublishing-Tochter von Droemer-Knaur. Angesprochen werden Autorinnen und Autoren aus dem deutschsprachigen Raum; sie können künftig ihre E-Books kostenlos hochladen und über die Shops vertreiben lassen.
Versprochen wird sehr viel, unter anderem können besonders erfolgreiche Autoren sogar eine Printauflage erwarten. Ziel ist ganz offensichtlich, direkt gegen Amazon und dessen Selfpublishing-Programm anzutreten.
Attraktiv ist das unter anderem für Autoren, die etwas gegen Amazon haben, bisher aber von dem amerikanischen Handelsriesen abhängig waren. Wie sich das Ganze weiter entwickelt, weiß derzeit keiner. Möglicherweise wird der E-Book-Markt endgültig unübersichtlich – für die Kunden könnte das trotzdem einen schöne Entwicklung sein, weil für sie die Auswahl noch größer wird.
Ganz alte Schule
Sprache ist oft verräterisch, häufig sogar albern. Bei manchen Leuten frag ich mich sowieso, ob sie dieselbe Sprache benutzen wie ich.
Da nennt sich also eine Gruppe von Nazis, die nicht nur »ein bisschen einen« auf radikal machen, sondern echt radikal und gefährlich sind, allen Ernstes »Old School Society«. Wenn das nicht ein so ernsthaftes Thema wäre, müsste ich ja schallend lachen: Seit wann geben sich eigentlich deutsche Nazis völlig ernsthsft englischsprachige Bezeichnungen?
Weil sie aus der Skinhead-Szene stammen und mit Skrewdriver und anderem Kram sozialisiert wurden? Und wie habe ich mir das vorzustellen, wenn die sich auf ihrem Kameradschaftsabend treffen? Wie klingt denn »Old School Society« auf Sächsisch? »Öld Skühl Socee-ütüh«?
Da nennt sich also eine Gruppe von Nazis, die nicht nur »ein bisschen einen« auf radikal machen, sondern echt radikal und gefährlich sind, allen Ernstes »Old School Society«. Wenn das nicht ein so ernsthaftes Thema wäre, müsste ich ja schallend lachen: Seit wann geben sich eigentlich deutsche Nazis völlig ernsthsft englischsprachige Bezeichnungen?
Weil sie aus der Skinhead-Szene stammen und mit Skrewdriver und anderem Kram sozialisiert wurden? Und wie habe ich mir das vorzustellen, wenn die sich auf ihrem Kameradschaftsabend treffen? Wie klingt denn »Old School Society« auf Sächsisch? »Öld Skühl Socee-ütüh«?
05 Mai 2015
Beam, Bastei und die Flatrate
Auch wenn der Artikel schon seit einem Monat erschienen ist, finde ich die darin formulierten Inhalte immer noch bemerkenswert. Bastei-Lübbe – derzeit auf Platz 16 in der Hitliste der »100 größten deutschsprachigen Verlage – möchte im digitalen Geschäft weiter ordentlich Gas geben.
Man habe, so formulierte es die Fachzeitschrift »buchreport.magazin« in ihrer Ausgabe vom April 2015 »die weltweit rund 3,6 Mrd Mobile-Web-Nutzer im Blick«, also jene Leute, die sich ständig mit ihren Smartphones und Tablets in digitalen Welten bewegen. Vor allem die Firma Beam-E-Books, die von Lübbe im Herbst 2014 gekauft worden ist, soll hier der Dreh- und Angelpunkt werden.
In den Jahren 2016 bis 2020 soll Beam, »schrittweise als globaler Streaming-Player etablieren«, schreibt das Fachmagazin in streckenweise seltsamem Denglisch. Dabei setze Lübbe vor allem auf die »Idee, sich dabei ganz auf massenkompatible Serieninhalte zu konzentrieren«.
Das gehöre für Lübbe gewissermaßen zur »Genstruktur«, weil man schließlich große Erfolge mit Serien wie »Jerry Cotton« und »John Sinclair« feiere. Dass es sich dabei nicht um Serien mit Fortsetzungscharakter handelt, scheint den Journalisten der Fachzeitschrift entgangen zu sein.
Das schadet den Expansionsgedanken der Firma nicht. Man möchte in verschiedenen Ländern seinen »Markteintritt« erreichen, man möchte für Beam eine Flatrate einführen. In Deutschland soll diese dann 4,99 Euro pro Monat kosten. Und bis 2020 wolle man 24 Millionen Nutzer haben, mit denen man »einen dreistelligen Umsatz in Millionenhöhe« erreichen wolle.
Ob und wie das klappt, ist sicher spannend. Der Lübbe-Vorstandsvorsitzende hat auf jeden Fall eine wichtige Idee. Man wünsche sich »Serien von Spitzenschreibern«, und diese sollten ihre Serien »exklusiv und für einen begrenzten Zeitraum exklusiv für Beam« schreiben.
Man habe, so formulierte es die Fachzeitschrift »buchreport.magazin« in ihrer Ausgabe vom April 2015 »die weltweit rund 3,6 Mrd Mobile-Web-Nutzer im Blick«, also jene Leute, die sich ständig mit ihren Smartphones und Tablets in digitalen Welten bewegen. Vor allem die Firma Beam-E-Books, die von Lübbe im Herbst 2014 gekauft worden ist, soll hier der Dreh- und Angelpunkt werden.
In den Jahren 2016 bis 2020 soll Beam, »schrittweise als globaler Streaming-Player etablieren«, schreibt das Fachmagazin in streckenweise seltsamem Denglisch. Dabei setze Lübbe vor allem auf die »Idee, sich dabei ganz auf massenkompatible Serieninhalte zu konzentrieren«.
Das gehöre für Lübbe gewissermaßen zur »Genstruktur«, weil man schließlich große Erfolge mit Serien wie »Jerry Cotton« und »John Sinclair« feiere. Dass es sich dabei nicht um Serien mit Fortsetzungscharakter handelt, scheint den Journalisten der Fachzeitschrift entgangen zu sein.
Das schadet den Expansionsgedanken der Firma nicht. Man möchte in verschiedenen Ländern seinen »Markteintritt« erreichen, man möchte für Beam eine Flatrate einführen. In Deutschland soll diese dann 4,99 Euro pro Monat kosten. Und bis 2020 wolle man 24 Millionen Nutzer haben, mit denen man »einen dreistelligen Umsatz in Millionenhöhe« erreichen wolle.
Ob und wie das klappt, ist sicher spannend. Der Lübbe-Vorstandsvorsitzende hat auf jeden Fall eine wichtige Idee. Man wünsche sich »Serien von Spitzenschreibern«, und diese sollten ihre Serien »exklusiv und für einen begrenzten Zeitraum exklusiv für Beam« schreiben.
04 Mai 2015
Krachiges aus Berlin
Eine gelungene Mischung aus völlig unterschiedlichen Stilrichtungen bot ich am Sonntag abend, 3. Mai 2015, meinen Hörerinnen und Hörern im Querfunk an. Im ENPUNKT-Radio ging es diesmal um Musik aus Berlin – und da musste die Terrorgruppe als Einstieg geradezu sein.
Danach ließ ich es munter weiterlaufen. Unter anderen kamen die Offenders – vier Italiener in Berlin – und die Bottrops mit Terrorgruppe-Kollegen, was sehr gut passte. Zum melodischen Getändel passte ebenfalls die Band Mothers Little Helpers, die eher Indie Rock spielt.
Deutschpunkig wurde es mit den Kaput Krauts aus den Nuller- und No Exit aus den 90er-Jahren. Für die Hardcore-Fraktion lieferte ich mit Ghostwriter ein echt wuchtiges Brett.
Den Leckerbissen hielt ich bis zum Ende zurück: Mekanik Destrüktiv Kommandöh aus dem Jahr 1981, krachig und avantgardistisch und irgendwie trotzdem Punk. Es würde mich ja interessieren, wie das beim durchschnittlichen Punkrockhörer ankam ...
Danach ließ ich es munter weiterlaufen. Unter anderen kamen die Offenders – vier Italiener in Berlin – und die Bottrops mit Terrorgruppe-Kollegen, was sehr gut passte. Zum melodischen Getändel passte ebenfalls die Band Mothers Little Helpers, die eher Indie Rock spielt.
Deutschpunkig wurde es mit den Kaput Krauts aus den Nuller- und No Exit aus den 90er-Jahren. Für die Hardcore-Fraktion lieferte ich mit Ghostwriter ein echt wuchtiges Brett.
Den Leckerbissen hielt ich bis zum Ende zurück: Mekanik Destrüktiv Kommandöh aus dem Jahr 1981, krachig und avantgardistisch und irgendwie trotzdem Punk. Es würde mich ja interessieren, wie das beim durchschnittlichen Punkrockhörer ankam ...
03 Mai 2015
Hzero überzeugen achtmal
Manchmal sind es die schlichten Dinge, die mein Herz erfreuen. In diesem Fall ist es der geradelinige, auf den Punkt gedroschene und rasante Hardcore-Punk, den die Band Hzero aus Barcelona spielt. Die Platte »Cana Antiqua« der Band kam 2008 heraus – offizieller Termin war echt mein Geburtstag! – und überzeugt absolut.
Enthalten sind acht Stücke, allesamt in spanischer oder katalanischer Sprache. Es wird nicht nur geknüppelt, sondern auch gerockt, aber auf eine Art und Weise, die nichts mit dem lahmen Hardrock zu tun hat, der sich in den vergangenen Jahren in der Szene immer mehr breit gemacht hat. Man stelle sich beispielsweise Bands wie D.O.A. aus Kanada in spanischer Sprache vor, dann hat man einen Eindruck von Hzero.
Auch wenn ich von den Texten nichts verstehe, gehen sie schnell ins Ohr. Man wippt mit, man wackelt mit, man will eigentlich mitsingen. Warum ist so eine Band denn eigentlich nicht bekannter geworden, verdammt noch mal?
Erschienen ist die Vinylscheibe bei dem kleinen spanischen Label Sell Our Souls; die Platte selbst habe ich bei einem deutschen Vertrieb für kleines Geld erstanden. (Das Schöne ist heute, dass es Bandcamp gibt – und dort kann man die Platte anhören und kaufen.)
Enthalten sind acht Stücke, allesamt in spanischer oder katalanischer Sprache. Es wird nicht nur geknüppelt, sondern auch gerockt, aber auf eine Art und Weise, die nichts mit dem lahmen Hardrock zu tun hat, der sich in den vergangenen Jahren in der Szene immer mehr breit gemacht hat. Man stelle sich beispielsweise Bands wie D.O.A. aus Kanada in spanischer Sprache vor, dann hat man einen Eindruck von Hzero.
Auch wenn ich von den Texten nichts verstehe, gehen sie schnell ins Ohr. Man wippt mit, man wackelt mit, man will eigentlich mitsingen. Warum ist so eine Band denn eigentlich nicht bekannter geworden, verdammt noch mal?
Erschienen ist die Vinylscheibe bei dem kleinen spanischen Label Sell Our Souls; die Platte selbst habe ich bei einem deutschen Vertrieb für kleines Geld erstanden. (Das Schöne ist heute, dass es Bandcamp gibt – und dort kann man die Platte anhören und kaufen.)
02 Mai 2015
Multikulti beim Chinesen
Weil wir ins Kino wollten und vorher keine Zeit hatten, daheim zu kochen, entschieden wir uns spontan, beim »Kinochinesen« zu futtern. Um es vorwegzunehmen: Das war nicht besonders gut. Als Vegetarier reichte es bei mir zu langweilig schmeckendem Gemüse, das ich mit reichlich Gewürzen nachbearbeitete; die Fleisch- und Fischfraktion war ernsthaft unglücklich.
Lustig war der Tisch direkt neben uns: gut ein Dutzend Frauen zwischen Anfang vierzig und Mitte fünfzig. Sie feierten etwas, sie reden wild durcheinander. Es klang wie russisch, in das reichlich viel deutsche Lehnwörter fließen.
Irgendwann sangen sie zu allem Überfluss: »Happy Birthday« in einem wunderlichen Englisch mit seltsam klingenden Einsprengseln. Das fand ich doch lustig: Deutschrussen singen Englisch beim Chinesen. Multikulti vom feinsten. Da stört es dann auch nicht mehr, dass das Essen nicht gerade berauschend war.
Lustig war der Tisch direkt neben uns: gut ein Dutzend Frauen zwischen Anfang vierzig und Mitte fünfzig. Sie feierten etwas, sie reden wild durcheinander. Es klang wie russisch, in das reichlich viel deutsche Lehnwörter fließen.
Irgendwann sangen sie zu allem Überfluss: »Happy Birthday« in einem wunderlichen Englisch mit seltsam klingenden Einsprengseln. Das fand ich doch lustig: Deutschrussen singen Englisch beim Chinesen. Multikulti vom feinsten. Da stört es dann auch nicht mehr, dass das Essen nicht gerade berauschend war.
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