31 März 2010

Mal wieder MEMENTO MORI

ausgekramt: »The Cultural Value of Fear, Distrust & Hypochondria«

Ab Mitte der 80er Jahre machten die Wehrkraftzersetzer (WKZ) in Ludwigshafen von sich reden – nach einer gewissen Deutschpunk-Phase wechselten dieselben Leute aber zum Hardcore über und nannten sich ab 1987 dann Memento Mori. Unter diesem Namen spielte man metallisch klingenden, schnellen Hardcore, wie er um diese Zeit überall in Deutschland boomte.

Eine der Platten der Band war »The Cultural Value of Fear, Distrust & Hypochondria«, die 1990 herauskam. Die Deutschpunk-Wurzeln werden nicht verleugnet, denn immerhin findet sich eine Hardcore-Version des WKZ-Klassikers »Gift & Galle« auf der Scheibe – ansonsten aber spielte man ruppigen Hardcore mit einer fiesen Metal-Kante und einem Gesang, der manchmal arg gekünstelt klang.

Live war die Band klasse, da gefiel sie mir besser als auf Platte. Ich sah sie mehrfach, unter anderem in Berlin, und veranstaltete im November 1989 ein denkwürdiges Konzert mit ihnen in Freudenstadt. Denkwürdig deshalb, weil haufenweise DDR-Bürger auftauchten – es war der Tag nach der Maueröffnung – und 280 Besucher das Gelände um das Jugendzentrum ziemlich zusammenrockten. (Das ist wahrscheinlich der Grund, warum ich auf der Platte auch gegrüßt werde ...)

Die Mitglieder der Band waren ausgesprochen sympathisch, man traf sich oft auf Konzerten und bei anderen Gelegenheiten. Die englischsprachigen Texte passen auch gut in die Zeit: »a fucking cop / ask for my name / send him a bullet / through his brain« ist nur ein Beispiel dafür.

Seien wir fair: Unter rein musikalischen Aspekten ist die Platte nicht weiter erwähnenswert. Sie war 1990 auf ihre Weise typisch und passt in den zeitlichen Zusammenhang; von daher höre ich sie auch heute noch gern an. Wer sie in einer Verkaufskiste findet, sollte sie mitnehmen – als Zeitdokument ist das bei Blasting Youth Records erschienene Werk ziemlich gut.

30 März 2010

Unwissenheit rules

Mittagspause in Karlsruhe: Ich entscheide mich für den Mittagstisch im »L'Incontro«, wo ich abends schon gelegentlich essen war und wo man im Sommer nett auf unbequemen Plastikstühlen im Freien sitzen kann, umgeben von Abgas und Straßenlärm. Ich bekomme überbackene Nudeln, die gut schmecken, zu einem sehr ordentlichen Preis, und dazu das laufende Radioprogramm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Unter anderem verrät man mir, dass ein Experiment im Large Hadron Collider in Genf wohl erfolgreich verlaufen ist. Als regelmäßiger Leser von »bild der wissenschaft« und des PERRY RHODAN-Journals bin ich einigermaßen im Bilde darüber, um was es da eigentlich geht. Ohne Vorkenntnisse hätte den Beitrag allerdings niemand verstanden - da bin ich mir sicher. Guter Journalismus sieht anders aus.

Das scheint auch den Damen am Nachbartisch ähnlich zu gehen. »Was die da schon wieder alles machen«, sagt die eine kopfschüttelnd im schlimmsten Badisch.

Die andere stimmt mit vollem Mund zu: »Die machen noch die ganze Welt kaputt mit ihrem Quatsch.«

Man sieht: Das öffentlich-rechtliche Radio kommt seinem Ziel immer näher, die Bevölkerung sachgerecht und wissenschaftlich-korrekt aufzuklären.

29 März 2010

Romanarbeiten nicht am Eigenwerk

Die letzten zwei Tage habe ich mich intensiv mit einem Roman beschäftigt, der nicht einmal von mir selbst ist, an dem mir aber sehr viel liegt: Er stammt von einem Kollegen, der ihn zwar fertigstellen, aber nicht mehr an einen Verlag schicken konnte.

Mir wurde das Manuskript im Sommer 2009 zur Verfügung gestellt, und erst jetzt habe ich Hirn und Herz und Zeit gefunden, mich damit auseinanderzusetzen. War nicht immer einfach.

Das Manuskript ist ziemlich genial: ein spannender Roman voller Leben, geschrieben in einer unmittelbaren Sprache, die mitreißt und die in eine packende Handlung hineinzieht. Der Roman thematisiert die große Liebe ebenso wie den Tod, das Leiden im Krankenhaus und den Tanz in der Diskothek, und er spart nicht an Sex, Drogen und ein wenig Gewalt.

Mit hochgejubeltem Kinderkram irgendwelcher angeblicher junggenialen Autorinnen hat das Werk dennoch nichts zu tun. Zu redigieren ist nicht viel - außer man möchte krampfhaft die gelungene Sprache kaputthauen.

Auf der Leipziger Buchmesse sprach ich mit einem Lektor, den ich seit Jahren kenne, und werde ihm als ersten das Manuskript anbieten. Ich möchte, dass es veröffentlicht wird, weil ich es stark finde. Und weil es in gewisser Weise das Vermächtnis eines Menschen ist, den ich sehr schätzte.

28 März 2010

Im historischen Ristorante

Mal wieder ein Rückblick auf die Italien-Reise im Juni 2009

Den Tipp hatten uns Freunde in Karlsruhe gegeben: »Wenn ihr schon mal an den Gardasee fahrt, müsst ihr unbedingt ins Tre Camini fahren und dort zu Abend essen. Das ist der Hammer!« Und so trugen wir uns ein Abendessen in diesem Restaurant als verbindlichen Termin für unsere Reise ein.

Dank Google-Maps und einigen Ratschlägen, die wir zu Hause erhalten hatten, fanden wir sowohl die kleine Gemeinde namens Albare di Costermano, gewissermaßen zwischen dem Gardasee und der Autobahn gelegen, als auch das Gasthaus. Es entpuppte sich als ein altes Gebäude, wunderschön zwischen den sanften Hügeln der Region gelegen und von Bäumen und Büschen umwachsen.

Auf dem Parkplatz standen auffallend viele Nobelkarossen mit deutschen Kennzeichen, und die Kellner in dem schicken Gebäude sprachen alle zumindest brauchbares Deutsch. Angesichts der Tatsache, dass sich mein Italienisch nach wie vor auf radebrechendes Gestotter beschränkte, war das eine absolute Erleichterung.

Bei den Getränken beschränkten wir uns auf Wein und Wasser; da ich der Fahrer war, musste ich mich schwer zurückhalten. Beim Essen ignorierte ich ausnahmsweise meinen Vegetarismus und probierte von den leckeren Gardasee-Fischen. Dazu gab es haufenweise Beilagen, anschließend noch Nachtisch, einen Espresso und Grappa – das dann nicht mehr für mich.

Alles in allem war es großartig, inklusive der aufmerksamen und freundlichen Bedienung. Der Mann trug Krawatte, sonst ein »Gehtgarnicht«-Kriterium, an diesem Abend aber passte das ebenso wie die Gartenlaubenstimmung, in der wir saßen. Ich hätte stundenlang weiterschmausen können.

Preiswert war der Spaß nicht, das sei vorsichtig angemerkt. Aber ich bereute keinen Cent des dreistelligen Euro-Betrages, den ich hinterher in bar auf den Tisch blätterte. Wenn ich derart lecker futtern kann, zahle ich dafür gern mehr als im Imbiss um die Ecke ...

27 März 2010

Wie ein Horror-Hörspiel entsteht

Man muss die Hörspielserie »Gordon Black« nicht kennen; ich tu's auch nicht. Sie wird vom kleinen Label Nocturna Entertainment verlegt, verantwortlich dafür ist Swen M. Schreivogel, und während der Produktion dieser Serie schrieb er Tagebuch. Auszüge daraus veröffentlichte er stets im Online-Fanzine »Zauberspiegel«.

Im Sommer 2009 kam das ganze als ein kleines Buch heraus: »Gordon Black Produktionsnotizen – Eine Hörspielserie entsteht« nennt sich das Büchlein, das keine 70 Seiten stark ist und von daher an ein Fanzine erinnert. Es ist sauber gesetzt, von daher schon professionell, und enthält auch haufenweise Fotos (auf einem bin ich sogar zu sehen, yep).

Auch wenn mich das Thema »Gordon Black« nicht sonderlich interessiert, las ich das Büchlein durch. Hörspiele berühren am Rand schließlich meine beruflichen Aufgaben, zudem finde ich es stets lesenswert, wenn Leute aus ihrem Alltag und aus ihren Berufen berichten – von daher ist Schreivogels Buch nichts anderes als ein besonders schick gestaltetes Egozine.

Man liest über gut laufende Ergebnisse, staunt über die zahlreichen Gespräche bis hin zum Erfolg und freut sich letztlich mit dem Macher darüber, dass die Hörspiele offensichtlich gut funktioniert haben. Da hat jemand sein Hobby zum Beruf gemacht und schreibt mit viel Begeisterung darüber – das lese ich dann sehr gern. Cooles Fanzine, ähm, Buch!

26 März 2010

Schickes Informationsheft

»Sie interessieren sich für Jugendkulturen?« So titelt der Katalog fürs Frühjahr 2010, den der Archiv der Jugendkulturen Verlag herausgegeben hat. Übersichtlich und schön werden in diesem Prospekt die Bücher des Verlages präsentiert – das ist mittlerweile ein richtig tolles Programm geworden.

Eine Seite widmet sich dem Phänomen Punk, der Titel dazu ist »Punk im Archiv der Jugendkulturen«. Davon wiederum die Hälfte nennt sich »Klaus N. Frick im Archiv der Jugendkulturen«.

Dort werden die drei Bücher präsentiert, die ich in diesem Verlag veröffentlicht habe. Es handelt sich um die Romane »Vielen Dank, Peter Pank« und »Chaos en France« sowie die Kurzgeschichtensammlung »Zwei Whisky mit Neumann«. Gefällt mir alles sehr gut, und ich bin ziemlich stolz darauf.

25 März 2010

Jellos neue Platte

Die Dead Kennedys gehören zu den besten und einflussreichsten Punk-Bands aller Zeiten; ich kann selbst nicht sagen, wie oft ich ihre Platten gehört und wie oft ich zu ihren Stücken gepogt habe. Ihr Frontmann hieß Jello Biafra, eine charismatische Figur ohnegleichen – und Biafra war auch der, der nach dem Ende der Band allein weitermachte, weil er dem Punk-Spirit einerseits und seinen politischen Ansichten anderseits weiterhin verhaftet war.

Kein Wunder, dass er immer wieder Solo-Platten rausbrachte oder gemeinsame Aktionen mit Bands wie den Melvins oder DOA startete. So ein Mann hört nicht einfach auf, und seit 2009 hat er eine neue Band am Start: Diese nennt sich Guantanamo School Of Medicine und besteht aus Leuten, die bei anderen Bands gespielt haben oder immer noch spielen.

Dass die Band aus alten Hasen besteht, merkt man der Platte »The Audacity of Hype«, die im Sommer 2009 rauskam, deutlich an: Das ist kein Hochgeschwindigkeitspunk wie 1980, aber das ist auch 30 Jahre her; es ist Punkrock im mittleren Tempo, immer mal wieder ein bisschen zurückgenommen, aber dennoch treibend und zum Hüpfen anregend. Davon konnte ich mich im Jahr 2009 ja auch überzeugen – ich fand das Konzert SO 36 in Berlin ja extrem klasse.

Natürlich ist Biafras Stimme das vorherrschende Element bei allen Stücken, aber ohne die Klasse-Musiker wäre die Platte nicht so klasse. Die Texte sind sehr politisch, was man so auch erwartet hat – und musikalisch ist das alles ziemlich gelungen. Eine der erfreulichsten amerikanischen Punk-Platten im Jahr 2009!

24 März 2010

Berichte aus dem Punkrockland

Wenn's eine Seite gibt, die ich nur wegen der Bilder anschaue, dann ist das sicher PUNKFOTO. Keine Ahnung, wie viele tausend Bilder sich da mittlerweile eingefunden haben, aber es werden ja auch ständig mehr. Ein Hammer, was Karl Nagel da schon wieder aufgebaut hat!

Viele Bilder stammen aus den 80er Jahren, es gibt also genug für Nostalgiker zu sehen. Schwerpunkte bilden immer wieder die Chaostage in Hannover. Aber auch Punk aus der DDR, die 90er Jahre oder auch ganz aktuelle Bilder wurden eingestellt – es kommt immer nur darauf an, wer etwas liefert.

Ich selbst habe bislang noch keine Bilder eingestellt, das muss ich noch tun. Bislang fehlten mir die Zeit und die Lust, an einen Scanner zu sitzen, obwohl im Nachbarbüro einer steht. Aber auch das sollte nur eine Frage der Zeit sein – dann sind so wichtige Städte wie Freudenstadt und Nagold endlich auch vertreten ...

23 März 2010

Seriös in Leipzig


Gewissermaßen nachgereicht: ein optischer Eindruck von der Leipziger Buchmesse. So sieht man also als Redakteur aus, wenn man vier Tage Messe hinter sich hat ...

Ich war um diese Zeit schon ziemlich durch den Wind und redete sehr viel Unfug. Und dabei amüsierte ich mich auch über diverse Bemühungen, PERRY RHODAN-Inhalte schräg umzuwandeln.

22 März 2010

Ich liebe die Nacht-Pizzeria

Sonntag abend, 19 Uhr: Wir verließen die Leipziger Buchmesse, schon recht erschöpft, aber in bester Stimmung; es nieselte leicht. Zwischen Erfurt und Eisenach regnete es in Strömen, im hessischen Bergland war es auch nicht sehr angenehm.

Dennoch kamen wir klasse voran, kurz vor Mitternacht landeten wir erfolgreich in Karlsruhe. Wenn man den ganzen Tag nur Kekse gegessen hat, sind Gummibärchen für die Rückfahrt zwar eine tolle Sache, sorgen aber unterm Strich dafür, dass man richtigen Hunger hat.

Wir gingen in genau den Laden, in dem man nach Mitternacht noch vernünftiges Essen zu guten Preisen kriegt: ins »La Strada« oder »Pasta Pasta« auf der Karlstraße. Der Laden hat bis morgens um fünf Uhr geöffnet, das Publikum ist zu vorgerückter Stunde gelegentlich seltsam.

Mir egal. Die Suppen waren spitze und möbelten uns auf, der Salat war ebenfalls super, und dazu ein Pizza-Brot und ein Bier. Ich war so müde, dass ich fast mit dem Gesicht voran in die Suppe gepurzelt wäre - aber ich war so glücklich, leckeres Essen zu erhalten!

21 März 2010

Fist On Demand

Es ist erstaunlich, dass man als Erwachsener geradezu Hassgefühle auf kleine Manga-Kids entwickeln kann. Wenn aber in einer Messehalle nichts mehr geht, wenn wirklich der komplette Verkehr zum Stocken gerät, weil Tausende von Jugendlichen in Kostümen alle Gänge versperren, dann wächst die schlechte Laune.

Ich versuchte mich gestern trotzdem zu amüsieren und lachte viel - aber als ich für den Gang zur Toilette gut eine halbe Stunde brauchte, um die gerade mal 20 Meter zurückzulegen, wurde ich ein wenig mieser gelaunt. Ein Kollege aus einem befreundeten Kleinverlag brachte es auf den Punkt: "Wir machen jetzt nur noch Fist On Demand und bahnen uns so den Weg frei."

20 März 2010

Moritzbastei nur halbvoll

Es ist eine Tradition, während der Leipziger Buchmesse am Freitag abend in die Moritzbastei zu gehen, um sich dort zu lauter Disco-Musik mit Buchhändlern, Verlagskollegen und Autoren zu betrinken. Dieses Jahr versuchten wir das auch zu schaffen, tranken aber vorher schon im Bayerischen Bahnhof das eine oder andere Bierlein und einen Korn. Himmel hilf.

Als wir in die Moritzbastei kamen, eilten uns bereits die ersten Menschen entgegen, die schon gingen. Die Stimmung war nicht besonders toll, vielleicht halb so viel Leute waren da wie letztes Jahr. Insgesamt aber machte es uns Spaß ...

Ich unterhielt mich dann doch mit dem einen oder anderen Autor, ebenso sprach ich mit Kollegen anderer Verlage. Wie das so ist. Wichtig ist in Leipzig aber, dass man sich mit Sätzen wie "wir telefonieren dann mal" trennt. Offensichtlich die Messe, bei der man Telefontermine vereinbart. Und das tut man auch nachts um drei Uhr nach sieben Bier im Kopf.

19 März 2010

Pauken und Trompeten

Am zweiten Tag auf der Leipziger Buchmesse ist die Luft zum Schneiden dick. Mir tun die sogenannten Autoren leid, die bei den Druckkostenzuschussverlagen um die Ecke lesen. Niemand interessiert sich für sie, und die Lautsprecher sind so eingestellt, dass man schon in zwei, drei Metern Entfernung nichts von dem versteht, was sie zu sagen haben.

Zum Ausgleich ist schräg hinter uns ein Stand, bei dem manchmal getrommelt und gesungen wird. Beides jeweils ohrenbetäubend und superlaut. Und ich frage mich, ob man da nicht das eine mit dem anderen tauschen könnte. Ob's schlimmer würde? Oder zumindest unterhaltsamer?

Therapeutischer Ansatz für die Leipziger Buchmesse ...

18 März 2010

Messetrubel reloaded

Wieder einmal die Leipziger Buchmesse, wieder mal bin ich erschöpft. Manche Dinge wiederholen sich in all den Jahren. Immerhin ist das Wetter gut, die Sonne scheint. Also kann ich mich geistig-moralisch auf stressig-unterhaltsame Tage einstellen.

Zwischen all den bunt gekleideten Manga-Mädels komme ich mir manchmal arg alt vor. Da hilft es auch nichts, wenn die manchmal bei uns am Stand stehen und sich die bunten Covers unserer Bücher angucken ...

17 März 2010

Krawattenträger

Irgendwann um 1980 herum beschloss ich, »anders zu sein« als andere Jugendliche. Ich band mir eine Krawatte um den Kopf, um meine struppigen Haare zu bändigen - das fand ich ganz toll. Noch heute bekomme ich das zu hören: »Du hast doch früher einen Schlips am Ohr gehabt.« Immerhin das blieb nach bald 30 Jahren hängen.

Schaue ich mir jetzt die Online-Werbung der Zeitschrift »Business Punk« an, die ich noch nicht gelesen habe, amüsiere ich mich sehr. Da gibt's das Bild eines normalen Schlipsträgers auf der einen Seite, und unter ihm steht »Business«. Neben ihm ein anderer Schlipsträger, und unter diesem steht »Punk«.

So einfach ist das heute, denke ich. Künftig binde ich mir auf der Buchmesse einfach die Krawatte um den Kopf, behaupte, das sei »Business Punk« und muss dabei nicht mal lügen. Cool.

16 März 2010

Pogo mit klarer Ansage

Irgendwann in der Mitte der 90er Jahre verlor ich größtenteils das Interesse an Hardcore: Das ganze war mir zu metallisch geworden, zu einer Ansammlung von »Styles« und »Moves«, wo mir persönlich jeder Inhalt verloren gegangen war. Die Zahl der von mir besuchten Hardcore-Konzerte schrumpfte stark.

Am Abend des Montags, 15. März 2010, erkannte ich wieder einmal, warum ich mit dieser Art von Hardcore nicht mehr viel anfangen kann. Ich war im »Crazy Kong« in Karlsruhe, jenem Musikschuppen, der sich das Gebäude mit dem Bordell teilen muss, das sich ein Stockwerk darüber befindet. Vielleicht 120 weitere Besucher hatten sich eingefunden.

Zuerst traten OSA189 auf, eine HipHop-Band aus Oberreut, einem Ortsteil von Karlsruhe. Die vier bis fünf kräftigen Männer auf der Bühne trugen einheitlich aussehende Klamotten mit Nummern, die insgesamt die Postleitzahl von Oberreut ergaben, und waren vom starken Drang erfüllt, das Publikum zum Mitmachen zu animieren: »Jetzt kommt doch nach vorne!« wurde die träge Masse aufgerufen, oder «Jetzt schreit alle mit!«

Textlich ging's um Lokalpatriotismus (»Karlsruuuuuu«), Fußball und Gewalt, zitiert wurden Punkrock-Themen wie »Schutt und Asche«, »Pöbel und Gesocks« und »ACAB«. Großes Kino, das mich ein wenig ratlos zurückließ.

Die mir persönlich bekannten Jungs von Warstreet bollerten danach ihren Hardcore-Sound in die Menge: musikalisch ein ziemlicher Kracher, von der Bühne herunter gut serviert. Auch hier immer wieder der Appell, doch bitteschön nach vorne zu kommen und mitzumachen.

Das machten Teile des Publikums auf Aufforderung dann stets, es gab in der Folge jeweils zwischen sieben und zwölf Sekunden Karate- und Kickbox-Pogo, und dann standen wieder alle herum. Das Tanz-Prinzip erschloss sich mir da nicht so ganz.

Nach längerer Umbau- und Gitarrenstimm-Pause kletterten endlich Skarhead auf die Bühne: insgesamt sechs Mann aus New York. Jemand erklärte mir, der Schlagzeuger habe früher bei Madball gespielt (die hat unsereins vor 15 Jahren im Jugendzentrum Eggenstein gesehen, auch lustig). Auf meinen Hinweis, dass mir so was völlig egal sei, kam ein entgeistertes »du kennst dich aber auch gar nicht aus«.

Musikalisch boten die Amis das volle Brett: Hardcore, wie man ihn aus New York kennt und auch gelegentlich mag, schnell und aggressiv gespielt, mit zwei Sängern, die sich die Lunge rausbrüllten. Optisch passte das: Stirnbänder um den Kopf, Halsketten, Kniestrümpfe und entsprechende Hosen.

(In New York scheint es Ausstattungsläden für die Bands zu geben, in denen es Kniestrümpfe gibt. Dafür keine Bordelle, wenn man bedenkt, wie oft die Sänger ihre Witzeleien über die »whores« im Stock über dem Konzertraum machten.)

Das Publikum ließ sich bereitwillig zum »Tanzen« animieren. Wenn der Sänger einen Circle Pit anordnete, rannte man zwanzig Sekunden im Kreis, und wenn der Sänger darum bat, »fucking crazy« zu sein, gab's fünfzehn Sekunden Karate-Pogo. Ansonsten stand man herum, ließ gelegentlich die Arme kreisen und schrie in das hingehaltene Mikro.

Alles in allem eher seltsam für mich. Hardcore finde ich musikalisch immer noch ziemlich klasse, aber mit dieser »Harte-Männer«-Nummer kann ich 2010 so wenig anfangen wie 1995. Und ich möchte mich nicht dafür anschreien lassen, dass ich nicht mitmache - meine Tanzschulzeit ist richtig lange her ...

15 März 2010

Schlechte Erinnerung

Im Jahr 2008 schaffte ich es noch regelmäßig, meine Kolumne »Der Redakteur erinnert sich« zu verfassen, und ich brachte in meinem ENPUNKT-Blog auch regelmäßig einen Hinweis auf die aktuellen Kolumnen und damit Links zur PERRY RHODAN-Homepage. Schon 2009 war ich da säumig und brachte es auf gerade mal eine Handvoll Kolumnen, und 2010 war ich noch mieser unterwegs: Gerade zweimal erinnerte ich öffentlich an diverse Jugendsünden.

Genug gejammert!, hier der Hinweis auf die letzten zwei Kolumnen, die ich jeweils selbst sehr amüsant fand. Darüber möge sich jeder selbst sein Urteil bilden.

Unter »Mein TERRA ASTRA-Versuch« berichte ich über meinen Versuch, im Jahr 1983 als Heftromanautor durchzustarten. Es klappte damals nicht, und es hat bis heute nicht geklappt.

Unter dem prosaischen Titel »Autorenkonferenz am 17. Mai 1994« geht es um genau das ... also um eine Autorenkonferenz, die vor 16 Jahren etwa veranstaltet wurde. Unter anderem ging es damals um die Planungen für den nächsten Handlungsabschnitt, die größtenteils so nicht verwirklicht wurden. Das liest sich heute alles ein wenig seltsam - aber so ist es wohl, wenn Ideen nicht umgesetzt werden ...

14 März 2010

Reise nach Musandam

Erinnerung an Fujairah im November 2009

Angesichts des lange anhaltenden Winters bietet es sich ja geradezu für mich an, noch einmal auf den letztjährigen Urlaub zurückzublicken, genauer auf die Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate. An einem Tag unternahmen wir einen Ausflug nach Musandam, zu der Halbinsel, die gewissermaßen die Straße von Hormus von unten abschirmt. (Seit Jahrhunderten leben die Leute in dieser Gegend übrigens davon, dass sie zwischen dem Iran und den arabischen Staaten einen eifrigen Schmuggelbetrieb aufrecht erhalten.)

Mit einem Minibus fuhren wir von Dadna, dem Ort unseres Hotels, nach Dibba, der Hafenstadt, die in drei Teile gegliedert ist. Einer gehört zum Emirat Fujairah, einer zum Emirat Sharjah, einer zum Bezirk Musandam des eigenständiges Staates Oman. Ganz schön kompliziert, aber sonderlich wichtig nahm keiner die Grenzen. Zwar hielten wir unsere Pässe in der Hand, aber es gab keine ernsthafte Kontrolle.

Im Hafen des omanischen Teils der Stadt wechselten wir auf eine Dau über, also ein arabisches Schiff, aus Holz gebaut, aber natürlich mit einem Motor ausgestattet. Und mit diesem schipperten wir dann hinaus aufs Meer und der Küste entlang.

Es war ein wunderbarer Tag: strahlender Sonnenschein, ein klares Wasser, links von uns die Steilküste von Musandam. Zweimal steuerten wir Buchten an, wo man über den Korallenriffen schnorcheln oder am Sandstrand faul in der Sonne liegen konnte, zwischendurch gab es leckeres Essen an Bord des Schiffes, und den Rest gammelten wir auf dem Sonnendeck und faulenzten.

Für die russischen Touristen an Bord des Schiffes gab's noch eine spezielle »Fishing-Einlage«, die Herren durften sich mit Angeln versuchen und irgendwelche Viecher aus dem Meer ziehen. Ziemlich unnötig, aber tolerant und vor allem faul, wie wir nun mal waren, dösten wir einfach weiter.

Am frühen Abend waren wir wieder zurück im Hotel, ohne Sonnenbrand, aber völlig erschöpft. Stundenlanges Nichtstun, abgewechselt mit ein bisschen schnorcheln, kann ganz schön anstrengend sein ...

12 März 2010

Wenn alte Punker rocken

Die »Alte Hackerei« ist nicht gerade als Jugendzentrum bekannt, sondern ist eher ein Treffpunkt der »Ü 40«-Generation. Am Donnerstag, 11. März 2010, schien das Durchschnittsalter sogar noch mal einen Schlag nach oben zu schnellen: Die U.K. Subs aus England gastierten in Karlsruhe.

Die Band, von deren Originalbesetzung eh nur noch der Sänger übrig ist, existiert seit 1977 und hat vor allem in den späten 70er Jahren einige unsterbliche Punkrock-Stücke herausgehauen. In den 80er Jahren sah ich sie bei einem grauenvoll schlechten Auftritt, in den 90er Jahren waren sie klasse. Von daher war ich gespannt auf den Auftritt.

Rund 150 Leute drängten sich in der »Alten Hackerei«, als ich ankam. Die Vorgruppe - die Bone Idles aus Karlsruhe - hatte ich leider bereits verpasst, und die Engländer hatten gerade zu spielen angefangen. Ich besorgte mir Bier und quetschte mich in den Mob.

Es war richtig klasse. Auf der Bühne schienen Charlie Harper und seine Begleiter richtig viel Spaß zu haben, und musikalisch war nichts von Altersschwäche zu spüren: Die Stücke kamen wuchtig und wurden schnell gespielt, der Bass wummerte manchmal eine Spur zu arg, aber sonst stimmte alles.

Vor allem bei den Klassikern wie »Warhead« oder »Stranglehold« tanzte der Saal, und gegen Ende musste ich auch ein wenig hüpfen und war hinterher schön verschwitzt. Ein wunderbarer Konzert-Abend, der mir bewiesen hat, dass es manche von den alten Punks immer noch können.

11 März 2010

Mom's Day machen Funpunk

»Quietschvergnügte Punkrocker von der Schwäbischen Alb« - so lässt sich die Band Mom's Day von der Presse nennen. Genauso sehen sie aus, genauso klingen sie: Die vier studentisch wirkenden, sehr »lustigen« Typen dieser Punk-Kapelle machen die Art von Punk-Musik, die niemanden schocken oder aufrütteln will, die ideal ist für Leute, die gerne »gut drauf« sind und sich auf »Indie«-Festivals aufhalten.

Dabei ist die CD »super sonnig« eigentlich schick gestaltet: schöner Papp-Karton mit Comic-Bildern, sogar mit eigenem Brettspiel für die Fans der Band. Legt man die CD allerdings ein, hört man belanglosen Melodie-Punk mit belanglosen deutschen Texten über Liebesleid, spätes Aufstehen und andere wichtige Themen. (Es gibt auch englische Texte, aber da benutzt die Band ein Schulenglisch, bei dem's mir die Schuhe auszieht.) Da ist Phil Collins noch mehr Punk.

Musikalisch ist das ganze okay, wenn man auf Funpunk steht. Die Burschen haben in den 90er Jahren sicher ihre Prise Wizo eingefangen und die einschlägigen Ami-Platten daheim stehen. Zwei-, dreimal gibt es in den Stücken ein wenig Emo-Gekreische, das positiv überrascht und das verrät, dass die Kerle wahrscheinlich was besseres hinbekämen.

Aber so? Diese Art Funpunk fand ich schon 1990 – in der Funpunk-Höchstzeit – grausig langweilig.

10 März 2010

Mit Alice unterwegs

Ich war in »Alice im Wunderland«, natürlich in der Drei-D-Version. Und ich war streckenweise sehr gut unterhalten und manchmal sogar beeindruckt: schöne Tricks, viele bunte Bilder, schnell erzählte Geschichte.

Unterm Strich war's ja eine Emanzipationsgeschichte: Junge Frau drückt sich vor der Zwangsheirat und entwickelt eigenes Ich. Schön, so was liest und sieht man immer noch viel zu selten.

Warum in der Werbung überall Johnny Depp in den Vordergrund gestellt wurde, hat seinen Sinn in der besseren Verkäuflichkeit seines Namens. Den Hutmacher spielte er auch sehr gut. Die Hauptdarstellerin war meiner Ansicht aber die junge Alice, die zeitweise sehr amüsant durch die schräge Handlung stolperte.

Im Nachhinein fragte ich mich nur eines: Hat es für diesen Film den 3-D-Effekt gebraucht? Nein, hat es nicht. Die Tricks hätten auch im konventionellen Bild gewirkt, und für die Story war die zusätzliche Dimension überhaupt nicht von Belang.

Gute Kino-Unterhaltung war's allemal. Wer Fantasy mag, hat an diesem Streifen seinen Spaß - und im Kino wirken die großen Bilder sicher besser als später in der Glotze. Also: angucken!

09 März 2010

Leuchttürme für intellektuelle Bürger

Es ist immer wieder schön, wer sich in diesem Land als »bürgerlich« bezeichnet und mit diesem Ausdruck ja immer alle anderen außerhalb der bürgerlichen Rechte und Pflichten verortet. (Das macht es der Oberschicht und denen, die sich dafür halten, viel einfacher, sich vom »Pöbel« zu distanzieren.) Gelegentlich hilft der Blick in sogenannte bürgerliche Medien immer wieder weiter.

In den letzten Jahren habe ich immer mal wieder »Cicero« geblättert und angelesen; auf Dienstreisen liegt es in Hotels oder wird einem sonstwie kostenlos untergeschoben. Das Magazin ist konservativ, aber nicht blöd; der Herausgeber Wolfram Weimer, den ich bei einer Veranstaltung in Heidelberg erlebte, weiß offensichtlich, wovon er redet.

Wer sich für Medien interessiert, hat vielleicht mitbekommen, dass Weimer im Sommer 2010 den »Focus« übernimmt, den rechtskonservativen Versuch des Burda-Konzerns, dem als »links« angesehenen »Spiegel« Konkurrenz zu machen. Seit 1993 gibt es den »Focus«, und ich finde das Heft völlig ungenießbar, lasse es bei Dienstreisen auch dann liegen, wenn ich es im Flugzeug gratis kriege: Im Gegensatz zur »Bild« ist der »Focus« kreuzlangweilig.

Weimer hat große Ziele. Die Medien zitieren ihn damit, dass er das Magazin für »intellektuelle Debatten öffnen« wolle, zu einem »Leuchtturm des bürgerlichen Deutschlands«. Das klingt nach intellektuellem Geschwurbel und vor allem erst mal superwichtig.

Und jetzt? Gibt's die übliche Verunglimpfung von Hartz-IV-Empfängern und Minderheiten jetzt mit mehr Fremdwörtern? Wird jetzt das »konservative« Herumtrampeln auf Schwächeren mit Schachtelsätzen garniert? Zitiert man jetzt einfach einige Lyriker aus dem 19. Jahrhundert, wenn man Frauen diskriminiert?

Interessante Gedankengang. Ich warte gespannt auf das Erscheinen des ersten »Leuchtturms«. Dann muss ich ja glatt mal »Focus« lesen.

08 März 2010

Aus den Neuenglandstaaten

Ziemlich knallig ging es in meiner Radiosendung am Sonntag, 7. März 2010, zu: Das Thema waren Bands aus den Neuenglandstaaten der USA, also aus dem Nordosten des Landes. Seltsame Regionen wie Delaware, New Hampshire oder Connecticut konnte ich ausgraben und den Leuten zu Gehör bringen, eine Single, die ich spielte, hatte zudem nur eine Presswerk-Auflage von 300 Exemplaren erreicht.

Wobei's musikalisch durchaus abwechslungsreich war, wie ich finde: The Queers mit albernem Funpunk oder Casting Out mit leichtem IndieRock und einem Schuss Punk bildeten den gelungenen Einstieg; X One Way X waren dann die total Verarsche auf den aktuellen Hardcore-Zirkus.

Nach dem ruppigen Irokesen-Punkrock der Bomb Squadron dann viel Hardcore: Government Warning und Strike Anywhere aus Richmond in Virginias sowie Let It Burn aus New Jersey. Und eine Band, die ich immer wieder gern spiele: die wunderbaren Anti-Flag aus Pittsburgh, deren Melodie-Punk mit schmissigen Polit-Texten mir stets gefällt.

Gelungene Mischung, wie ich finde. Und erstmals ein Versuch, parallel zur Sendung auch zu »twittern«. Da kann man gern sagen, dass das Unfug ist – Spaß gemacht hat's, und ein Experiment war's ebenfalls.

07 März 2010

Punkrock im Eiskeller

Die Fleischmarkthalle in Karlsruhe ist ein monumentales altes Gebäude, gut fünf, sechs Meter hoch und mit einem stabilen Boden aus Beton ausgestattet. Wenn außerhalb des Gebäudes Minusgrade herrschen, benötigt man innen eine anständige Heizung. Den plötzlichen Wintereinbruch am 5. und 6. März 2010 hatten die Veranstalter des »Freak'n'Art«-Festivals so dann doch nicht eingeplant.

Als ich am Freitag, 5. März, hinkam, hielten sich die Temperaturen noch im niedrigen Plus-Bereich. Im Saal hielten sich geschätzte 200 Punks auf, was die Temperatur zumindest ein wenig erhöhte; wären es 600 oder 700 gewesen, hätte man sicher geschwitzt. So aber schaffte es der Rumpel-Punk der Mannheimer Mari & The Krauts nicht, mehr als ein halbes bis ganzes Dutzend Punkrocker zum Pogen zu bringen.

Nach länger dauernden Umbaupause standen SS-Kaliert auf der Bühne: Irokesenpunk wie aus dem Fotoalbum, musikalisch im Prinzip ein heftiger Hardcore-Mix aus späten G.B.H. und frühen Rawside. Von den Texten und Aussagen der Band blieb im Soundmatsch leider nichts übrig; die Show fand ich trotzdem gelungen.

Ihnen folgte der Höhepunkt dieses Abends: Die Kassierer, vier gebildete Herren mittleren Alters, mit denen ich zuvor über Literatur, alte Romanhefte und gemeinsame Jugenderinnerungen geplaudert hatte. Auf der Bühne ließen sie – wie gehabt – die Sau raus und schafften es, die um diese Zeit gut 400 Besucher gut in Bewegung zu bringen.

Ich wankte danach noch in die »Alte Hackerei« um die Ecke, wo Hardcore-Disco lief und die Temperaturen aufgrund der beengten Räumlichkeiten deutlich höher waren. Gegen drei Uhr nachts, als ich mit dem Rad durch die Innenstadt nach Hause düste, tobte ein fieser, eiskalter Schneewind, so dass ich zeitweise kaum etwas sah. Fies.

Am Samstag stand ich selbst auf dem Programm: Ich las ab 17 Uhr auf der großen Bühne. Schnee lag überall in der Stadt, es war zwischenzeitlich noch kälter geworden, und in der Fleischmarkthalle herrschten Minus-Temperaturen. Ich fand mein bescheidenes Publikum ziemlich tapfer – und mich irgendwann auch, weshalb ich nach einer Stunde Sitzens und Lesens auch froh war, aufhören zu können.

Nach mir dann die Oralapostel, eine Band aus Karlsruhe; ich hatte von den Burschen noch nie zuvor einen gesehen, fand den Funpunk der Jungs aber gar nicht mal übel. Nicht viel anfangen konnte ich danach mit Spätzlesdreck: Deutschpunk in Verkleidung und auf Schwäbisch scheint nicht meine Sache zu sein.

Danach Kein Hass Da, die neue Band von Karl Nagel, deren Prinzip recht einfach war: Man nimmt die Stücke der klassischen Ami-Band Bad Brains, übersetzt sie ins Deutsche und macht daraus eine eigene Show. Das klappte ziemlich gut, und sogar einige frierende Punks tanzten dazu Pogo.

Ich gestehe, dass ich mir den Rest des Abends nicht mehr anschaute. Sehr unpunkig verzog ich mich nach Hause, wo es deutlich wärmer war und ich nicht mehr zu frieren brauchte ...

05 März 2010

Ganz okay mit Roxy Epoxy & The Rebound

Ich mochte – wie viele andere auch – die Epoxies. Die Band aus Portland machte seit anfang der Nuller-Jahre ziemlich coolen Wave-Punk, der ein wenig nach den alten B-52s klang, aber genug an eigener Note aufwies. Die ersten zwei Platten haben mir sehr gut gefallen, und ich habe bedauert, als sich die Band auflöste.

Die Sängerin, die sich Roxy Epoxy nennt, macht mit eigener Band weiter; die nennt sich jetzt The Rebound. Aber unterm Strich ist es eben Roxy mit einer neuen Begleitband, denn es ist vor allem die charakteristische Stimme und der leicht zickig-zackig klingende Wave-Punk, der die Stücke ausmacht.

Auf der ersten eigenen Platte, die unter dem Titel »Band-Aids On Bullet Holes« im Jahr 2009 herauskam, hört man das auf jeden Fall sehr gut. Wüsste man's nicht besser, könnte man die Platte einfach für ein neues Werk der Epoxies halten – so ähnlich klingt das ganze. Allein das Keyboard ist hier deutlich schwächer, fällt nicht so sehr ins Gewicht.

Die Platte ist gut, sie macht vor allem gute Laune, und sie geht beim dritten oder vierten Mal noch besser ins Ohr. Zu den besten Platten des Jahres 2009 wird sie von späteren Historikern sicher nicht gezählt werden; wer aber coole Frauenstimmen im Punkrock mag, ist hier sehr gut aufgehoben.

04 März 2010

Aufm Hörbuch


Schon jetzt freue ich mich auf den nächsten PANKERKNACKER. Die Nummer 23 des famosen Punkrock-Fanzines aus Berlin (ehemals Villingen-Schwenningen und Freiburg) wird nämlich nicht nur einen Beitrag von mir enthalten, sondern auch ein Hörbuch mit allerlei Texten. Und diese wiederum werden von allerlei Promimenten eingelesen.

So hat sich Axel, der Sänger der ehemals ultrabeliebten Punkrock-Band Wizo dazu bereit erklärt, eine Kurzgeschichte von mir einzulesen. Auf das Ergebnis bin ich natürlich schon jetzt sehr gespannt - wie kommt das dann rüber?

Nur noch wenige Tage, bis das Heft in meinem Briefkasten liegt. Wem es ähnlich wie mir gehen soll, bestelle es einfach ...

03 März 2010

Bewerber macht ernst

Gelegentlich bekomme ich Bewerbungen auf den Tisch, entweder in Papierform oder meist per Mail. Da möchten manche Leute eben bei der PERRY RHODAN-Serie mitschreiben oder ein Cover anfertigen, andere bieten uns gleich einen ganzen Roman an. Das ist meist recht vernünftig, aber manchmal eher skurril.

So bekam ich unlängst die »Initiativbewerbung« eines jungen Mannes, der offensichtlich in einem Seminar gelernt hatte, dass solche Initiativen in den Firmen ganz gern gesehen werden.

Er hatte sich zuvor eine eigene Homepage zugelegt, und von dieser aus schickte er seine Mail los. Selbstverständlich ohne korrekte oder konkrete Ansprechpartner, sondern einfach pauschal an die auf unserer Homepage angegebene Internet-Adresse.

Er sei durch eine "Internetrecherche" auf unser Unternehmen aufmerksam geworden. Und: »... und würde mich freuen meine Kreativität und Flexibilität für Ihren Unternehmenserfolg einsetzen zu können«, schrieb er weiter. Genau das Geblubber, was man wahrscheinlich heute in Seminaren lernt. Die Recherche möchte ich aber sehen, bei der man nicht die konkrete Adresse erfährt ...

Aus den weiteren Dokumenten, die er per Mail mitschickte, erfuhr ich gleich mehrfach, wie flexibel er sei. Er sei eigentlich für jede Stelle brauchbar, sollte das wohl heißen.

An Selbstbewusstsein fehlte es dem jungen Mann also nicht. Ich verzichtete dennoch darauf, ihm gleich ein Job-Angebot zu mailen, sondern schaltete das Ding ebenso unpersönlich ab, wie es mir unpersönlich in die Mailbox geflattert war ... Pech.

02 März 2010

Neues altes Braustüble

Seit bald zehn Jahren wohne ich nun in der Weststadt in Karlsruhe, und ich habe bislang keinen Fuß ins »Braustüble« gesetzt. Dabei ist es vielleicht 500 Meter von meiner Wohnungstür entfernt. Das mag am Namen liegen, der ein bisschen arg altbacken wirkt.

Jetzt aber gibt es neue Pächterinnen, und die Eröffnung wurde am Montag, 1. März, gefeiert. Kein Wunder, dass ich hinmusste. Ich war nicht der einzige, der diese Idee hatte: Die Kneipe war proppenvoll.

Neben Leuten, die unschwer als Nachbarn zu erkennen waren und die etwa die Hälfte des Publikums ausmachten, tummelten sich haufenweise Leute im Raum, die ich aus der »Alten Hackerei« und früheren Nächten in der »Steffi« seit vielen vielen Jahren kannte; manche waren dabei, die ich seit Jahren kaum mehr gesehen hatte. Von daher war die Mischung klasse, das Bier schmeckte, und die gute Stimmung kochte.

Begeistert war ich von der Kegelbahn; die ist so richtig altmodisch und nicht zu vergleichen mit den modernen Bowling-Bahnen, die sich überall breitgemacht haben. Wir versprachen uns gegenseitig, künftig im »Braustüble« zum Kegeln aufzuschlagen.

Den Biergarten konnte ich wegen des Wetters noch nicht testen, er sieht aber gut aus. Ich freue mich schon auf den Sommer: Dann kann ich auch mal in der Nachbarschaft die Fußball-Weltmeisterschaft gucken oder ein Weizenbier trinken, ohne mit dem Rad in die Nordstadt düsen zu müssen.

Das Essen probierte ich am ersten Abend nicht, weil ich schon mit gefülltem Magen hinkam. Diejenigen, die etwas futterten, lobten es aber: eher konventionell, aber gut vom Preis und von der Qualität her. Dafür genoss ich Bier - aus Mannheim importiert, aha! - und Grappa, während die Damenwelt dem Wein zusprach.

Gelungener Abend! Demnächst mehr in jenem Theater, würde ich sagen ...

01 März 2010

Mischung aus Zukunftswestern und SF-Satire

Ich mag Ronald M. Hahn: persönlich sowieso, als Herausgeber von NOVA erst recht und als Autor eigentlich auch. Seine Beiträge zur Bastei-Heftromanserie »Maddrax« und deren Hardcover-Ableger im Zaubermond fand ich teilweise recht unterhaltsam; leider publizierte er in den letzten Jahren viel zu selten eigenständiges Material.

Zuletzt las ich »Der Klon« von ihm, erschienen als Band 15 der »Maddrax«-Buchreihe. Von der Handlung ist das kein so bestechender Roman: Er spielt in der fernen Zukunft des frühen 26. Jahrhunderts, in einer Welt, die nach einem Meteoriten-Eischlag langsam wieder zu einer neuen Zivilisation findet.

Der Roman ist immerhin unterhaltsam, er spielt in einem Nordamerika, das nicht mehr viel mit den heutigen USA zu tun hat. Es gibt allerlei Organisationen, die von heute noch übrig sind und die in der zerstörten Welt der Zukunft um Macht und Einfluss ringen. Dazu zählen Klone von Arnold Schwarzenegger, dem letzten US-Präsidenten – das ist einer der typischen Gags der Serie –, und diese Klone spielen natürlich eine Rolle.

Seien wir ehrlich: Ich habe den Roman ungefähr ein halbes Jahr nach der Lektüre komplett vergessen. Was mir im Gedächtnis blieb, waren Anspielungen – unter anderem auf Schwarzenegger-Filme.

So gibt sich eine Nebenfigur den Geheimnamen »Quaid« und erinnert sich an einen Traum, in dem er als Bauarbeiter den Mars befreite: eine Anspielung auf den Film »Total Recall«. Oder es gibt einen Traum von einem Jungen, der zuerst Sklave in einer Getreidemühle ist, um später ein Kämpfer zu werden: eine Anspielung auf »Conan«, den ersten Kinoerfolg Schwarzeneggers.

Weitere Anspielungen gehen auf Computersysteme ein (»Hape Deskjet« als Name) oder veräppeln den zuständigen Redakteur des Bastei-Verlages als »Mayk van Gladbach«. Die Helden kippen den nutzlosen Geist von George W. Bush in den Ausguss oder retten wichtige Gen-Behälter der wichtigsten Menschen der Vergangenheit, zu denen unter anderem eben Heidi Klum gehört.

Wer solche Gags mag, wird sich bei diesem Buch wunderbar unterhalten. Wer damit nichts anfangen kann, muss schon ein »Maddrax«-Fan sein. Aber davon gibt es gottseidank auch genügend.