30 Dezember 2012

Plattensammler sind Deppen

(Der folgende Text wurde von mir für das OX-Fanzine geschrieben und erschien in der aktuellen Nummer 105; die gibt's überall im einschlägigen Handel. Hier wird diese Kolumne von mir nur dokumentiert. Wen es also interessiert ...)

»Ich bin doch kein Plattensammler«, verkünde ich immer wieder. Niemand glaubt mir, der jemals bei uns zu Hause war.

»Und was ist das?«, ruft die Dame meines Herzens und schleppt mich vor die Wand aus Vinyl. »Sind das etwa keine Schallplatten?« Sie zerrt mich an den Schrank mit den Schubfächern, zieht eine hervor, zeigt auf die Singles. »Und das? Ist das keine Sammlung?«

Nein, ist es nicht. Die Schallplatten haben sich im Lauf der Jahre sozusagen ange..., nun ja, eben angesammelt. Ich sammle nicht systematisch, und mir ist es egal, ob ich die Erst- oder Drittpressung habe. Und die Farbe des Vinyls ist mir egal, meistens zumindest.

Manchmal aber kommen Dinge um die Ecke, da verfalle ich in die Sabber-Status eines echten Sammlers: die Holzkiste der »KAOS conspiracy« ist so ein Fall. Sie kam beim Konzert von DANGERMAN aus Oslo und BONE IDLES aus Karlsruhe heraus und enthält – einigermaßen logisch – die aktuellen Platten der Bands, eine EP und eine LP nämlich.

In der handgemachten und schön bedruckten Holzkiste stecken darüber hinaus weitere Dinge, die man fürs tägliche Überleben braucht: Bierdeckel mit den Band-Logos, ein Kochlöffel und ein Küchentuch, natürlich alles im »Branding« der Bands. Einem gemütlichen Koch-Abend mit beschaulichem Hardcore-Punk steht nichts im Weg ...

Das kann man beknackt finden – muss man aber nicht. Ich find's super, und ich stelle die wunderbare Holzkiste mit breitem Grinsen ins Plattenregal. Ein tolles Stück für die ... nun ja ... für die Sammlung, das man zudem noch anhören kann.

Mit der Sammlung kann man notfalls in zwanzig Jahren das Haus heizen, wenn die Ölkrise richtig schlimm geworden ist. Und die Holzkiste dient als Anzünder für das Vinyl, das dann lustig vor sich hinkokeln darf.

Nein, ich bin doch kein Plattensammler! Ich doch nicht!

Me.Man.Machine klingt wie Wave der 80er

Wieder so eine ungewöhnliche Band aus der Schweiz: Me.Man.Machine machen eine Musik, die man im weitesten Sinne als IndiePop bezeichnen könnte, die immer wieder an die 80er-Jahre und deren poppigen Wave-Sound erinnert und die dennoch nicht nach einem Abklatsch klingt. Ich habe die CD »Reviver« gehört, die zum Jahresende 2012 herauskam und die elf Stücke enthält.

Meist ist die Musik ruhig, der Sound wirkt orchestral und geradezu getragen; die Melodien finde ich gelungen und schön. Auffallend ist der Gesang, der geradezu über den Stücken wabert, aber klar bleibt und die in den Liedern vermittelten Geschichten gut rüberbringt.

Man merkt's vielleicht an meinem Text hier an, dass ich mit der CD meine Schwierigkeiten hatte. Es ist eine Musik, mit der ich mich nicht gut auskennne, bei der ich sagen kann, dass sie mir durchaus gefällt, bei der ich aber auch weiß, dass sie für mich nicht »knallt«.

Man muss wahrscheinlich ein Fan des 80er-Jahre-Wave sein, um die Band so richtig zu würdigen; für mich ist es unterm Strich dann doch nicht meine Tasse Bier. Als Radiomusik ist der melancholische Sound von Me.Man.Machine kaum tauglich – aber ich würde so etwas lieber hören als den Großteil der gängigen Popmusik.

28 Dezember 2012

Verlagseinbrecher

Eigentlich war's eine richtig gute Idee: Wir fahren übers Wochenende weg, ich lasse mein Auto im Hof des Verlages stehen. Mit dem Büroschlüssel gehe ich am Sonntag abend dann durch den Personaleingang in den Hof des Verlages, dann öffne ich das Tor und fahre mit dem Auto hinaus – und einer fröhlichen Fahrt in die Weihnachtsfeiertage steht nichts im Wege.

Soweit der Plan. Dummerweise vergaß ich, den Büroschlüssel mitzunehmen.

Dieser steckte in meiner Arbeitstasche, die ich großzügig im Kofferraum liegen ließ, weil ich sie beim Wochenend-Trip schließlich nicht benötigte. Zwar war ich clever genug, das selbst zu merken, aber es war zu spät.

Und so stand ich am Sonntag abend, kurz vor Mitternacht quasi, vor dem verschlossenen Tor. Ich bin sicher, dass ich keine besonders gute Figur machte, aber mir blieb nichts anderes übrig, als über den Zaun zu klettern. Mit 49 Jahren versuche ich mich als Einbrecher, dachte ich.

Tatsächlich klappte alles. Ich kam gut über den Zaun, der in diesem Fall sehr stabil ist, und ging zu meinem Auto. Der Rest klappte ebenfalls: Das Tor öffnete sich unter infernalischen Geräuschen, ich konnte mit dem Auto aus dem Hof fahren. Niemand rief die Polizei, ich bekam keinen Ärger. Auch recht ...

27 Dezember 2012

Knallharter Vampyr-Krimi

Eigentlich gehören Geschichten, in denen Vampire eine wesentliche Rolle spielen, zu den Klassikern der phantastischen Literatur, und es spricht nichts dagegen, sie zu mögen. In den vergangenen Jahren sind allerdings die Kuschel-Vampire immer beliebter geworden und füllen in Buchhandlungen mittlerweile ganze Regale. Da ist es gut, ab und zu mal einen Roman zu lesen, in dem Blutsauger der gefährlichen Art mitwirken.

Ein solcher Blutsauger ist Joe Pitt. Der Mann ist Vampyr – was sich exakt so schreibt ... – und zugleich eine Art Ermittler. In Manhattan schlägt er sich durch; New York ist in verschiedene Bezirke unterteilt, in denen Vampyr-Clans regieren. Joe, der sich nicht an alle Regeln hält und stolz auf seine Unabhängigkeit ist, legt sich mit den falschen Leuten an – und dann beginnt ein knallharter Kampf ums Überleben.

So in etwa lässt sich die Handlung von »Stadt aus Blut« zusammenfassen. Geschrieben wurde der Roman von Charlie Huston, den ich von seinen Krimis her kenne: Die Trilogie um Hank Thompson, den »Prügelknaben«, las ich mit riesiger Begeisterung. In einem sehr ähnlichen Stil wurde der vorliegende Roman verfasst, der zugleich Auftakt zu einer fünf Bände umfassenden Blutsauger-Reihe ist.

Seine Vampyre sind Menschen, die an einer Virus-Infektion leiden, die sie dazu zwingt, regelmäßig frisches Blut zu sich zu nehmen und das Tageslicht zu meiden. Sie durchstreifen das nächtliche Manhattan, wo sie in Kneipen oder Bordellen arbeiten oder generell für die Unterwelt tätig sind.

Neben ihnen gibt es übrigens auch noch Zombies – und diese sind viel gefährlicher. Denn Gefahr ist allemal im Spiel, wenn Joe Pitt und die anderen Infizierten auf der Straße unterwegs sind ...

Ohne Schmarrn: »Stadt aus Blut« ist der Hammer. Der Roman ist gnadenlos spannend, zieht einen durch den rasanten Stil – alles im Präsens geschrieben – unweigerlich in die Handlung hinein und lässt einen nicht mehr los. Da hat der Heyne-Verlag einen echten Kracher im Programm, eine knallige Mischung aus Krimi und Horror.

Der Roman hat mich umgehauen, und ich lege ihn jedem ans Herz. Das Ding lohnt sich; es ist seit einigen Jahren auf dem Markt, kann aber noch regulär gekauft werden. Die 320 Taschenbuchseiten lassen sich ratzfatz lesen ...

21 Dezember 2012

Ordentlich getankt

Ich stand an der Theke und trank mein Feierabendbier; einige Schritt entfernt saßen einige Männer und eine Frau, die miteinander sehr fröhlich tafelten. Es war eine der vielen Weihnachtsfeiern, über die ich in den vergangenen Wochen beständig stolperte, und sie schien besonders feuchtfröhlich zu sein.

Irgendwann standen die Männer auf. Taxifahrer kamen und holten die Dame sowie einen Mann ab, und irgendwann war nur noch einer der Männer übrig. Er schwankte leicht. Wie ich später erfuhr, hatte er fünf Gläser Rotwein getrunken, also über einen Liter.

»Ich fahr' dann mal in die Bereitschaft«, sagte er so laut, dass ich es ebenfalls hören konnte. Dann ging er zur Tür.

Der Mann war Chirurg, wie ich später erfuhr. Und ich stellte mir vor, wie er in dieser Nacht noch in seinem Zustand irgendwelche Unfallopfer verarzten würde ...

20 Dezember 2012

Christopher Gould und sein Indie-Pop

Von dem Musiker Christopher Gould hatte ich bis vor kurzem nichts gehört. Das hat nichts zu bedeuten, ich kann mir nicht alles merken – und mit der allgemeinen Pop-Musik habe ich so viel nicht zu tun. Aber jetzt bekam ich zwei CDs des Musikers, und ich hörte sie mir beide an.

Das eine ist die Single »Cosy Black Hole In My Soul«, eine Auskopplung aus der topaktuellen CD des Musikers: Im Prinzip handelt es sich um normale Pop-Musik, die durch schwere Gitarren wuchtiger wirkt und dank der ausdrucksstarken Stimme des Sängers gewinnt. Das ganze hat eine Spur von Nachdenklich, hört sich gut an, haut mich aber nicht um.

Mehr in die Reggae-Richtung gehen Stücke wie »At Your Service«, das sich mit »Be King« auf einer weiteren CD-Single befindet: ein schleppender, gleichzeitig angenehmer Rhythmus, eine fröhliche Melodie und ein sehr angenehmer - ansprechend!

Kurzgefasstes Fazit der beiden CDs: Christopher Goulds Musik ist absolut okay, hat mir aber zu wenig Dampf – das aber ist rein geschmäcklerisch.

19 Dezember 2012

F.A.N. wird hundert

Als ich vor vielen Jahren mit der Science Fiction infiziert wurde, kam ich bald mit der Fan-Szene in Kontakt. Es gab Fan-Zeitschriften, es gab Clubs, und es gab haufenweise alte Streitereien, die zu einer Zeit begonnen hatten, als ich noch nicht mal geboren war. Die alten Herren, auf die ich in den frühesten 80er-Jahren traf, waren durchaus wechselhaft in ihren Ansichten und Meinungen.

Zu einer Legende gehörte damals schon F.A.N.. Diese obskure Abkürzung stand für »Futurian Amateur News«, und es handelte sich um eine sogenannte APA, was meiner Erinnerung nach für »Amateur Press Association« steht. Wohlgemerkt: Ich spreche jetzt von den 60er-Jahren, zu einer Zeit also, in der ich noch nicht geboren oder des Lesens nicht mächtig war.

In diesem legendären F.A.N. diskutierten die Fans untereinander. Sie schrieben und vervielfältigten ihre eigenen Mini-Fanzines, schickten diese an einen Organisator, dieser tackerte sie zusammen und schickte sie dann an alle Diskussionsteilnehmer raus. Die wiederum reagierten mit ihren eigenen Fanzines auf die Kommentare der anderen, und so entstand eine Diskussion. So etwas wie eine Facebook-Gruppe also, bloß ohne Computer und viel-viel-viel langsamer.

Mir geht es jetzt nicht um die Geschichte von F.A.N., die ich gerne mal aufarbeiten würde; mir geht es um das Hier und Heute. Das F.A.N. gibt es nämlich seit einigen Jahren wieder. Vor über zwanzig Jahren wurde das Ding wieder ins Leben gerufen, damals sauber kopiert, aber immer noch nach den gleichen Prinzipien gestaltet und verschickt.

Dieser Tage erschien die Nummer 100. Ich bin seit einigen Jahren Mitglied und schreibe selbst Beiträge. Im Zeitalter der sozialen Netzwerke kommt mir das manchmal selbst sehr antiquiert und rückwärtsgewandt vor, andererseits finde ich diese Sammlung von Science-Fiction-Fans, die auf altmodische Weise kommunizieren und diskutieren, schon wieder richtig toll.

Hundert Ausgaben F.A.N. – wer hätte das gedacht, als die ersten Ausgaben in den 60er-Jahren mit Umdruckern hergestellt und vertrieben wurden? Ich finde es richtig gut, dass es dieses Heft noch gibt und dass ich mitwirken darf. Auch wenn die Science Fiction dadurch heute keine Impulse mehr erhalten wird – es macht Spaß und ist einfach ... na ja ... einfach schön.

18 Dezember 2012

Knappe Gedichte

»Überdachte Haltestelle / einer steht im Weg / trägt dick auf // telefoniert sich auf / die andere Seite.« Das ist ein kurzes Gedicht von Matthias Kehle, und es entstammt dem schmalen aber sehr schicken Hardcover-Band »Drahtamseln«, der im Rimbaud-Verlag erschienen ist und den ich unlängst endlich mal gelesen habe.

Kehle, den ich persönlich kenne, wohnt in Karlsruhe, wo er als Journalist und Autor tätig ist. In seinen Gedichten ist er sparsam, was die Worte angeht, und großzügig, was die Einladungen an die Leser betrifft, sich auf seine Zeilen einzulassen, auf seine Sicht der Dinge und der Welt.

In knappen Zeilen wirft er einen Blick auf Karlsruhe, auf den Zoo oder ein Einkaufszentrum; er verbindet Landschaftsbeschreibungen oder die Betrachtung von Graffiti mit kurzen Wortspielen. Das ist manchmal sehr lapidar, sehr trocken, dann wieder augenzwinkernd und ausgesprochen geschickt.

Manchmal hatte ich als Leser das Gefühl, den Autor vor mir zu sehen: Den Stift in der Hand, quasi vor den Mund gehalten, angespannt auf die Welt und ihre Wunder schauend.

Das Buch ist richtig schön, und man wird nicht dümmer davon, wenn man über einen längeren Zeitraum immer mal wieder ein Gedicht aus den »Drahtamseln« liest. So machte ich es zumindest: immer morgens, bevor es an die Trivialdeutsch-Front ging.

17 Dezember 2012

Von Hobbits und Zwergen

Ich bin Science-Fiction- und Fantasy-Fan, und ich habe »Der kleine Hobbit« vor über dreißig Jahren erstmals gelesen. Das Buch habe ich in bester Erinnerung, die Trilogie »Der Herr der Ringe« fand ich richtig klasse, also musste ich in den neuen Peter-Jackson-Film gehen – ich war gewissermaßen gezwungen.

Wir schauten uns  »Der Hobbit: Eine unerwartete Reise« in dem neuen HFR-Format an. Dieses neue Format, das die Kinokarten ganz schön verteuert, zeigt Drei-D-Filme in besserer Qualität – das ist so. Die Bilder waren bestechend klar, das sah alles dermaßen toll aus, dass ich oft völlig begeistert war. Drei-D-Filme halte ich oftmals über überzogen und für unnötig; mit dem neuen Format kann man sich die ohne Ruckeln und ohne Flimmern anschauen. Das ist schon klasse – ob man so was allerdings braucht, ist die andere Frage.

Und die Handlung? Ach ja, die Handlung ... Sagen wir so: Wenn man aus einem Kinderbuch einen Dreiteiler macht, der aus jeweils drei Stunden besteht, muss man als Produzent und Regisseur die Handlung einfach dehnen, damit der Stoff ausreicht.

Genau das hat der Regisseur getan, und das führt zu sehr gedehnten Handlungen. Die Bilder sind wunderschön, die Landschaften sind beeindruckend, und die Ork-Stadt in den Bergen begeisterte mich beim Zuschauen. Aber ein wenig langatmig war das ganze schon.

Dazu kam die Unentschlossenheit beim Regisseur und Produzenten. Man wusste wohl nicht, ob man einen Film für Erwachsene – mit blutigen Schlachten – oder für Kinder – mit kuscheligen Kleintieren – machen wollte. Und dieses Lavieren zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen ging mir streckenweise auf die Nerven.

Gut war der Film. Ich fühlte mich drei Stunden lang gut unterhalten. Den »Boah, ey!«-Effekt wie beim »Herrn der Ringe« gab es nicht, dafür hat man die Bilder eben schon mal gesehen. Aber es ist sehr ordentliche Kino-Unterhaltung, und ich werde mir den zweiten »Hobbit«-Teil auf jeden Fall anschauen.


16 Dezember 2012

Mit der Penang-Eisenbahn

Eine Erinnerung an den Malaysia-Trip im Dezember 1998 und Januar 1999

Es brauchte gut einen halben Tag, bis ich den verdammten Penang Hill bestiegen hatte, und es kostete nur drei Ringgit, um hinterher wieder vom Berg herunterzukommen: Ich benutzte nämlich schlicht und ergreifend die Bahn. Alles in allem war es aber ein toller Ausflug an diesem 5. Januar 1999 ...

Ich brach am frühen Morgen auf, verließ die Stadt George Town mit dem Bus, fuhr mit diesem bis zum sogenannten Moon Gate und betrat dort den Dschungel. Da ich keine Lust hatte, mich irgendwelchen Treppen anzuvertrauen, verließ ich mich auf kleinere Markierungen und folgte den schmalen Pfaden, die sich den Berg hinaufzogen. Es war schon am frühen Morgen warm, und es wurde im Verlauf des Tages brüllend heiß.

Und es wurde feucht: Der Penang Hill ist mehrere hundert Meter hoch, mein Aufstieg begann von Normalhöhe Null, und der Berg ist zu einem großen Teil von Regenwald bedeckt. Ich war schon nach einer Stunde triefend nass.

Aber es war großartig. Ich genoss die Wanderung durch den Bergwald, ich liebte die seltenen Ausblicke über die Insel Penang und hinaus auf das Meer zwischen Malaysia und Sumatra, und ich machte gelegentlich Pausen auf Baumstämmen oder den seltenen Felsbrocken. Zweimal kreuzte ich die Schienen der Bahn und entschloss mich dabei, den Weg nicht zurückzugehen.

Als ich an der Bergstation ankam, war ich ziemlich kaputt. An einem Brunnen wusch ich mich und zog mir das trockene T-Shirt an, das ich schlauerweise mit mir geschleppt hatte. Ich fühlte mich richtig gut.

Und dann fuhr ich mit der roten Bahn zurück, die zwar auf Schienen läuft, aber ansonsten an einem Stahlseil gezogen wird. Ich fand sie wenig vertrauenserweckend, aber sie brachte mich in einer vergleichsweise geringen Zeit zurück auf den Boden der Tatsache, zur Talstation eben. Es war ein toller Ausflug, an den ich gern zurückdenke ...

15 Dezember 2012

Japanischer Mythos als illustriertes Märchen

Seit gut zwanzig Jahren begleiten mich die »Sandman«-Comics: zuerst in Form vereinzelter amerikanischer Comic-Hefte, später in Form der Paperbacks bei Ehapa, dann in Form der deutschsprachigen Ausgaben bei Panini. Und immer wieder weiß die Reihe zu überraschen, selbst dann, wenn es ausgefallen Sonderausgaben sind.

So eine ist »Traumjäger«, die ursprünglich zum zehnten Geburtstag der Serie erschien. Das Ding lag schon seit einiger Zeit bei mir daheim, jetzt habe ich es endlich gelesen. Kein Wunder – es ist kein Comic, sondern eine Kurzgeschichte. Der Text ist von Neil Gaiman, dem britischen Fantasy-Genie, und illustriert wurde das ganze sehr künstlerisch von Yoshitaka Amano.

Gaiman hatte sich dafür vor zehn Jahren eine klassisch-japanische Geschichte vorgenommen und diese nacherzählt. Es geht um Liebe und Träume, um einen jungen Mönch und eine verliebte Füchsin, um einen reichen Magier und den Herrn der Träume; es ist eine traurige Geschichte, eine Mixtur aus Märchen und Fantasy, die auf ein Ende zusteuert, mit dem man eigentlich schon früh rechnen muss.

Der Text ist märchenhaft, wie nicht anders zu erwarten, die Zeichnungen sehr künstlerisch: weit entfernt von einem Comic, wenig anschaulich, eher verfremdet, aber dennoch ... ja, träumerisch. Okay, ich stehe auf den »Sandman«, weshalb mir das Ding auch gefällt. Mehrheitsfähig dürfte es nicht sein ...

14 Dezember 2012

Mystery Press gelesen

Richtig gern schmökere ich stets in der aktuellen »Mystery Press«; gestern landete die aktuelle Dezember-Ausgabe auf meinem Schreibtisch, und ich las sie gleich am selben Abend durch. Wer nicht weiß, um was es sich hierbei handelt: Es ist das Kundenmagazin des Zaubermond-Verlages, und es richtet sich vor allem an Kunden dieses Verlages. Ich bin nicht unbedingt Kunde, sondern eher ein Partner, aber ich mag das Magazin trotzdem.

Auf zwölf Seiten im A4-Format, die sich hinter einem schönen Cover von Arndt Drechsler (er trägt neuerdings eine Art Irokesenhaarschnitt; nach langen Jahren mit Glatze sieht das schräg aus ..) verbergen, gibt es Informationen zu den aktuellen Verlagsprodukten. Unter anderem gibt Manfred Weinland, mit dem ich in den 90er-Jahren schon einmal zusammengearbeitet haben, einen Ausblick auf die Science-Fiction-Serie »Bad Earth«, bei der die junge Autorin Carolina Möbis – sie hat auch einmal für uns geschrieben – mittlerweile richtig fest eingestiegen ist.

Schön finde ich das Interview mit Claudia Urbschat-Mingues. Sie ist vor allem Synchronsprecherin, unter anderem für Angelina Jolie, mischte bei den PERRY RHODAN-Hörspielen mit, wo ich sie einmal kennenlernte, und spricht jetzt Horror-Hörspiele wie »Dorian Hunter« oder »John Sinclair«. Solche Hintergrundberichte mag ich.

Insgesamt ist die aktuelle Ausgabe wieder einmal gelungen: zwar dünn, aber dafür kostenlos und schön zugleich. Na also!, so schön kann Verlagswerbung sein.

13 Dezember 2012

Die letzte Steuer

Im April 1988 kam es zu meiner wohl letzten Begegnung mit dem Finanzamt Freudenstadt wegen des kleinen Verlages, den ich mit meiner Schwester und drei Science-Fiction-Freunden gegründet hatte: Die edition bogenschütze wurde aufgelöst, das semiprofessionelle Magazin SAGITTARIUS war nach einigen sehr aufreibenden und stressigen Jahren dann auch Geschichte.

Aus der Sicht des Jahres 2012 wirken die Steuerunterlagen komplett anarchronistisch. Von mir waren beispielsweise die Besteuerungsgrundlagen für unsere Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit einer Schreibmaschine ausgefüllt worden; das Finanzamt machte seine Erläuterungen dazu handschriftlich. Immerhin erwies sich der eigentliche Bescheid als ein Computer-Ausdruck; so weit war man in diesem Jahr dann doch schon.

Noch einmal mussten Vorsteuer und Umsatzsteuer, Einfuhr-Umsatzsteuer (wir verkauften auch ins Ausland) und andere kleinen Dinge gegeneinander gerechnet werden – dann konnte ich daran gehen, jedem Gesellschafter seinen Anteil auszuzahlen. Dann war meine Rechnung mit dem Finanzamt fertig.

Wir hatten in den drei Jahren keinen Verlust gemacht und auch keinen Gewinn eingefahren; wir hatten unzählige Stunden gearbeitet, ohne damit Geld verdient oder verloren zu haben. Als ich diese letzten Unterlagen ablieferte, blieb bei mir vor allem ein Gefühl unendlicher Erleichterung.

Die Trauer, dass ich mein Science-Fiction-Fanzine nicht mehr weiter herausgeben konnte, kam erst später. Und was ich dann als nächstes plante, ist sowieso eine ganz andere Geschichte ...

12 Dezember 2012

Todeskommando Atomsturm krachen!

Hölle, ist das eine gute Band! Trotz des Namens, bei dem man entweder auf stumpfen Schlappiro-Deutschpunk oder ironischen Intellektuellen-Punkrock schließen könnte, überzeugt die erste Platte der aus München stammenden Todeskommando Atomsturm von vorne bis hinten. Das Ding heißt »Zeit zu pöbeln« und enthält vierzehn Stücke; die sind abwechslungsreich und gut gleichermaßen.

Musikalisch klingt das ganze sehr modern; hier kann man keine Spur vom klassischen Deutschpunk ausmachen. Die Band hat ihre Dosis an aktuellen Bands wie Pascow gehört, bringt aber längst eine eigene Note ein.

Dazu kommt die ausdrucksstarke Stimme der Sängerin, die alle Stücke trägt. Mal singt sie richtig, dann rotzt sie wieder ihre Wut hinaus – immer wieder wechselnd, immer gut knallend. Wer Stücke wie »Popcorn, Cola, Revolution« singen kann, ist auf der richtigen Seite der Macht ...

Sehr schön!

Ein Ex-Kommissar, sein Neffe und ein Mord

Bei Kommissar Maigret und seinen Schöpfer, den französischen Schriftsteller Georges Simenon, komme ich immer wieder ins Schwärmen. Der Autor schuf in zahlreichen Kriminalromanen die Figur des zähen Ermittlers, der ein wenig gemütlich wirkt, aber letztlich immer zum Erfolg kommt.

»Maigret und sein Neffe« sehe ich in gewisser Weise als eine Ausnahme. Maigret ist in diesem Roman nämlich längst pensioniert. Er wohnt auf dem Land, genießt seinen Ruhestand, und erst als sein Neffe bei ihm auftaucht – ein eher argloser Elsässer –, reist der Ex-Kommissar wieder nach Paris.

Dort stößt er auf den Widerwillen ehemaliger Kollegen, die etwas gegen seine eigenen Ermittlungen haben, und stochert rasch in ein Wespennest aus Bordell- und Nachtclubbesitzern. Selbstverständlich ist der Neffe unschuldig, und ebenso selbstverständlich wird der Mörder gefasst. Den Weg dahin schildert Simenon wieder einmal meisterhaft.

Ganz nebenbei erfährt man als Leser wieder ein wenig mehr über Maigret und sein Vorlieben. Erinnerungen an seine elsässische Frau werden wach, der Gegensatz zwischen schönem Dorf und anstrengender Stadt wird dargestellt, ebenso die Verlockungen – junge Frauen, frivoles Theater – der Metropolen.

Sprachlich bleibt Simenon wie immer sehr reduziert. Er legt Wert auf Dialoge und knappe Beschreibungen, die aber funktionieren auch mit wenigen Sätzen: »Die Luft war frisch, die Sonne strahlte, und das Menschengewimmel in Paris war so dicht und so munter wie ein wildes Ballett.« Bei so einem Satz muss ich nicht viel mehr wissen!

Mit gerade einmal 164 Seiten ist der Roman sehr kurz, ein kleines Meisterwerk gewissermaßen. Verfasst wurde er im Januar 1934, aber er wirkt frisch und modern, keine Sekunde lang ist das sprachlich oder inhaltlich antiquiert. (Versuche doch mal jemand, deutschsprachige Phantastik aus dieser Zeit zu lesen.) Toll!

11 Dezember 2012

Geschlechterklischee in rot und blond

Eine Blondine im engen roten Kleid, ein Bibliothekar mit Studienrat-Bart und entsprechendem Pullover: Das gibt ein Duell der besonderen Art. Die Dame klappert mit den Absätzen, sie lässt ihren Stuhl unangenehme Geräusche von sich geben, und all das ärgert den auf Stille bedachten Bibliothekar ...

Eine kurze Geschichte in eineinhalb Minuten, ein Werbespot der besonderen Art. Dahinter steckt die sogenannte Initiative Clean Energy Partnership, also die Autoindustrie ... Wenn aber Werbung so schön präsentiert, finde ich das klasse. Das Filmchen gibt's auf Youtube.

Bert der Säufer und andere Bekannte

Die aktuelle Ausgabe 105 des OX-Fanzines ist erschienen, und wieder einmal ist eine aktuelle Fortsetzung meines Romans »Und: Hardcore!« erschienen, dem dritten Teil meiner »Peter Pank«-Saga. Die Geschichten um den von mir erdachten Punkrocker beschäftigen mich jetzt auch schon bald zwanzig Jahre.

Noch einmal geht es um Stuttgart und um einen Abschied ohne Tränen, dann wechselt die Handlung zurück in das kleine Dorf am Rand der Schwäbischen Alb. Dort hat sich in der Abwesenheit des jungen, gelegentlich ganz schön verstrahlten Helden einiges getan – nicht immer und unbedingt zum Positiven.

Eine alte Nebenfigur taucht wieder auf, die ich zu Beginn des Fortsetzungsromans eingeführt, aber seither so gut wie nicht mehr erwähnt habe: Es ist Bert der Säufer, der im Assi-Haus in der Nähe des Bauwagens wohnt, in dem Peter Pank sonst haust. Und wie so oft, so ist der lottobegeisterte Säufer auch jetzt wieder über einige Dinge erstaunlich gut informiert ...

10 Dezember 2012

Peer und die seinen

»Zum Glück gibt es die SPD.« So sarkastisch formulierte es die Bonner Punkrock-Band Hammerhead vor gut einem Dutzend Jahren auf einer ihrer Platten. Und damit ist ja eigentlich alles gesagt ... Heute wollte ich eigentlich über Peer Steinbrück und diesen Kandidaten der Sozialdemokraten für die Bundestagswahl im nächsten Jahr schreiben.

Aber es ist sinnlos, sich mit den Argumenten des Kandidaten, seiner zwei Stunden dauernden Rede, den zehn Minuten Applaus oder den mehr als neunzig Prozent Zustimmung abzuarbeiten. Die Energie, die ich hierfür aufbringen müsste, wäre verschwendet; nach diesem Wochenende ist zumindest mir klar, dass wir Angela Merkel noch länger als Bundeskanzlerin ertragen müssen.

Die Sozialdemokratie richtet sich in einer Rolle ein, die man höchstens mit einem »nicht so gemeint« oder auch einem »sowohl als auch« bezeichnen könnte. Man wollte mit den Hartz-Gesetzen eigentlich etwas ganz positives erreichen, hat stattdessen aber zu einer Verelendung der Unterschicht und einer flächendeckenden Entsolidarisierung der Mittelschicht beigetragen.

Mit einer Lockerung diverser anderer Gesetze wollte man den »Wettbewerb« in Deutschland vereinfachen und hat damit dem Raubtier-Kapitalismus erst recht die Türen aufgerissen. Und mit der sogenannten Riester-Rente wurde das gesetzliche Rentensystem ausgehöhlt, wurden private Versicherungsdienstleister stinkereich gemacht und wurde die Altersarmut zementiert.

Eine tolle Bilanz, die sich die SPD in ihrer Regierungszeit unter dem Kanzler Schröder und der Kanzlerin Merkel eingebrockt hat. Dass man sich von diesen Erfolgen nicht distanzieren möchte, leuchtet mir ein. Dass man für den weiteren Kampf »gegen unten« dann ausgerechnet einen wichtigen Protagonisten des bisherigen Kampfes an die Spitze setzt, ist ebenfalls nachvollziehbar.

Wieso man diese Bande jetzt wählen soll, ist mir allerdings nicht klargeworden. Wer Steinbrück wählt, kann doch auch gleich sein Kreuzchen bei der FDP machen. Das wäre zumindest ehrlicher ...

09 Dezember 2012

Gelungen und phantastisch

Dass ich ein Freund der Zeitschrift »phantastisch!« bin, habe ich schon oft verlautbart: Es ist das derzeit einzige Magazin für Science Fiction und Fantasy im deutschsprachigen Raum, das zumindest semiprofessionellen Standards standhält und in Farbe kommt. Seit das Heft im Atlantis-Verlag erscheint, hat sich das positiv ausgewirkt, und die aktuelle Ausgabe 48 hat mir erneut gefallen.

Ich mag die Interviews, die diesmal einen Fantasy-Schwerpunkt aufweisen: Der deutsche Autor Michael Peinkofer wird sehr kurz präsentiert, dazu kommen aber unter anderem Jesse Burlington, der mit seiner humoristischen Fantasy schon seine Fans gefunden hat. Manchmal hätte ich die Interviews gern ein wenig journalistischer als nur in den bekannten Frage-Antwort-Spielchen; sie sind aber jeweils lesenswert.

Bei den Artikeln kann mir nicht alles gefallen; das ist bei einem Magazin von 76 Seiten weder sinnvoll noch zu erwarten. Halbwegs wissenschaftlich kommt Bernd Robkers Abriss über die Unterschiede zwischen Fantasy und Science Fiction daher, interessant ist die Präsentation von Jugendlichen, die gern schreiben, neugierig macht die Vorstellung der Autorin Gioconda Belli.

Dazu kommen natürlich Buchbesprechungen, Informationen, Comics und haufenweise anderer Lesestoff, der mich zeitweise gut unterhält und meist gut informiert. Ich finde, dieses Magazin ist eine Pflichtlektüre für alle, die sich mit phantastischer Literatur sowie den Randbereichen beschäftigen, und die aktuelle Ausgabe ist ein besonders gelungenes Beispiel dafür.

08 Dezember 2012

Nach einem Viertel aufgegeben

Ich bin nicht mehr so leidensfähig wie früher. Das merke ich unter anderem bei der Lektüre von Romanen: Früher biss ich mich auch durch Bücher, die mir nicht so lagen, und hoffte darauf, dass sie mir irgendwann gefielen. Dieser Tage gab ich einem Werk immerhin fast hundert Druckseiten lang eine Chance nach der anderen, bevor ich die Waffen streckte.

Die Rede ist von dem Science-Fiction-Roman »Genom«, den der amerikanische Schriftsteller Alan Dean Foster verfasst hat und der als Taschenbuch im Bastei-Lübbe-Verlag erschienen ist. In früheren Jahren las ich Foster-Romane recht gern, und jetzt wollte ich buchstäblich nach Jahrzehnten endlich mal wieder ein aktuelles Buch lesen.

Das Thema klang und klingt interessant: In einer nahen Zukunft ist die Klimakatastrophe längst Wirklichkeit geworden. Amerikanische Küstenregionen sind überschwemmt worden, die Menschen haben haufenweise Probleme, mit denen heute noch niemand rechnet. Auf der anderen Seite haben sich Millionen von Menschen genetisch anpassen lassen: mit zusätzlichen Gliedmaßen oder allerlei mechanischen Ergänzungen.

Vor diesem Hintergrund siedelt Foster seine Geschichte an, und das klingt alles super-interessant. Das Problem ist nur: Da er die ganze Zeit die Hintergründe vermitteln möchte, verzichtet er darauf, eine nachvollziehbare Geschichte zu erzählen – das nervte mich irgendwann echt. Zudem störten mich unmotivierte Perspektivwechsel (aus der Innensicht der Figur auf die Außensicht und zurück), was mich immer aus der Lektüre schmeißt.

Wahrscheinlich ist der Roman für andere Leser ein echtes Vergnügen; mich hat er einfach nicht gepackt. Die vielen Ideen klingen interessant, und manche Szenen schildert der Autor sehr gut – insgesamt ergibt sich aber keine spannende Lektüre. Schade.

07 Dezember 2012

Die Nasen im Dorf

Es gibt Geschichten aus meiner Kindheit, an die erinnere ich mich, als seien sie gestern geschehen;  zumindest habe ich eine sehr dichte Erinnerung an ein Ereignis. An das hier erinnerte ich mich in den vergangenen Tagen mehrfach: immer dann, wenn es um die aktuelle Diskussion um ein Verbot der Nazi-Organistion NPD geht.

Ich war mit meinem Vater unterwegs, ich war ein kleiner Junge, und es muss in den späten 60er-Jahren gewesen sein. Wir gingen über die Talstraße mitten im Dorf, an der es damals noch die Molkerei, einen kleinen Laden und vor allem eine Tankstelle gab.

An einem Holzschuppen, der an der Talstraße aufragte, hatte jemand mit weißer Farbe und in großen Lettern ein »N«, ein »P« und ein »D« geschmiert. Das »NPD« sah ziemlich wuchtig aus und strahlte auf Dutzende von Metern über die Dorfstraße. Es war nicht die einzige Nazi-Schmiererei im Dorf, weil die Nazis damals ziemlich massiv auftraten – aber es ist die einzige, die mir in Erinnerung geblieben ist.

Ich fragte meinen Vater, was denn das »NPD« bedeute. Seine Antwort war kurz und knapp: »Das sind die, die den Hitler wiederhaben wollen.« Weitere Diskussionen waren überflüssig.

Politische Aufklärung im Jahr 1969; mehr musste man damals nicht sagen, und mehr muss man zu Nazis auch heute nicht sagen. Irgendwelche Diskussionen über Verbot oder Nicht-Verbot einer Nazi-Partei sind da fast schon egal.

Mein Vater war kein sonderlich politischer Mensch, er war weder in einer Partei, noch äußerte er groß seine politische Meinung. Aber was Nazis anging, hatte er mit wenigen Worten den Nagel auf den Punkt getroffen. In der aktuellen Diskussion fehlt mir das manchmal ...

06 Dezember 2012

Weihnachten in Rastatt

Aus Gründen, die hier keine Rolle spielen, verschlug es mich im Verlauf dieser Woche auf ein Territorium, wo ich mich so richtig fremd fühlte: Ich war auf dem Weihnachtsmarkt in Rastatt. Gefühlte zwei Dutzend Buden aus Holz und Verkaufskram waren aufgebaut, dazwischen gab es eine Bühne, von der herunter einige Männer in Winterjacken mit ihren Blasinstrumenten eine seltsame Musik verbreiteten.

Weil ich mir die seltsame Veranstaltung genauer angucken wollte, bummelte ich einmal zwischen den Ständen hindurch. Es gab haufenweise zu essen und zu trinken; dazwischen konnte man Andenken, Wintermützen und Holzspielzeug kaufen; das Zeugs also, das man auf jedem Weihnachtsmarkt vermutet und auch bekommt.

Mir fiel vor allem das Publikum auf: Es war noch recht früh am Abend, noch keine 18 Uhr, aber wegen der Jahreszeit schon dunkel. Und zwischen den Kleinfamilien und Rentnergruppen sah ich immer wieder einzelne Männer.

Sie waren stets allein, trugen einen verkniffenen Gesichtsausdruck, gerne eine Zigarette im Mundwinkel und eine Alkoholfahne mit sich durch die Gegend. Selten hatte ich eine derartige Ansammlungen von Ruinen auf zwei Beinen gesehen, die anscheinend nur durch Alkohol und schlechte Laune zusammengehalten wurden.

Beeindruckt verließ ich die Innenstadt von Rastatt. Nicht zum ersten Mal wunderte ich mich, dass ich in dieser Stadt schon zwei Jahrzehnte arbeitete, und nicht zum ersten Mal freute ich mich, dass ich außer dem Verlag, der Pizzeria und dem Bahnhof praktisch nichts von der Stadt mitbekomme.

Oscar Louise singt toll

Hinter dem ungewöhnlichen Namen Oscar Louise verbirgt sich eine Frau: Die Sängerin Rachel Hamel arbeitet laut Info in Wirklichkeit als Sängerin am Opernhaus in Lausanne, hat jetzt aber mit »Empty House« ihre erste Platte aufgenommen. Und diese Platte ist ihr ausgesprochen gut gelungen.

Die Sängerin wird von einer Handvoll richtig guter Musiker unterstützt, die allesamt aus der Szene der Westschweiz stammen und dort gut bekannt sind; die Stücke werden aber in erster Linie von ihrer Stücke getragen. Und diese hat es in sich: Zwischen Pop und Jazz wandelt die Sängerin, sie bringt Tragik und Gefühle, ohne dass dies auch nur eine Sekunde lang schmalzig oder kitschig wirken könnte.

Die Stücke sind sanft, stecken aber stets voller Spannung; langweilig wird einem beim Zuhören nie. Mit der Knallbummbeng-Musik, wie ich sie sonst die meiste Zeit höre, hat das wenig zu tun, eher mit der Musik einer Tori Amos – wobei der Vergleich hier natürlich hinkt. Die CD eignet sich zum intensiven Zuhören ebenso wie als Untermalung für eine lange Autofahrt.

Selbstverständlich passt sie zur Jahreszeit: Wer zum Fenster hinausschaut und den grauen Herbst und Winter beäugt, kann sich durch eine tüchtige Portion an Melancholie unterstützen lassen. Oscar Louise ist hier eine gute Wahl – ich finde die Platte echt stark!

05 Dezember 2012

Prisca und ich

Der »Fandom Observer« ist mir seit Jahrzehnten ein treuer Wegbegleiter: Ich habe das Fanzine seit der ersten Ausgabe abonniert und habe jahrelang fest daran mitgearbeitet. Immer mal wieder wird über meinen Beruf berichtet oder auch gelästert, gelegentlich werde ich kritisiert. Aber ich freue mich über jede Ausgabe, weil ich stets lesenswerte Beiträge finde.

Ich hoffe, dass für die Leser in der aktuellen Ausgabe 282 genügend lesenswerte Beiträge zu finden sind. In gedruckter Form habe ich das Heft noch nicht, die wunderbare Download-Version gibt es aber bereits. Enthalten ist in der Ausgabe nämlich ein Interview von mir, das ich mit Prisca Burrows geführt habe.

»Der Fluch der Halblinge« ist der erste Roman der Autorin; er hat selbstverständlich etwas mit »Der Hobbit«zu tun. Und hinter Prisca Burrows verbirgt sich die Autorin Uschi Zietsch-Jambor, die ich seit geschätzten 28 Jahren kenne – es hat Spaß gemacht, mit ihr das kleine Interview zu führen. Ein Grund mehr also, sich die kostenlose PDF-Ausgabe des »Fandom Observers« zu holen ...

04 Dezember 2012

Misanthropen-Sammlung

Bei der Rückreise von der Leipziger Buchmesse schenkte mir mein Mitfahrer das Taschenbuch »Fickt euch alle«, an dem er als Autor mitgewirkt hatte. Nach einem halben Jahr, in dem das keine hundert Seiten starke Werk bei mir im Stapel ungelesener Bücher gelegen hatte, kam ich während eines verlängerten Wochenendes endlich zur Lektüre.

Der Klappentext verrät, dass das Buch »ultimativ menschenverachtend« und »herzzereißend soziophob« ist. Das trifft auf die Kurzgeschichten zu: Sie haben eine Underground-Attitüde, sie beschreiben das Leben von Außenseitern und sogenannten Losern, und sie sind in einer schnoddrigen Sprache geschrieben.

Leider kann ich mit den meisten Texten nicht viel anfangen: Den Autoren geht es teilweise darum, ihre Befindlichkeit in die Welt zu kotzen, nicht aber unbedingt eine Geschichte zu erzählen. Das aber hätte mich weitaus mehr interessiert.

Ziemlich klasse ist die Kurzgeschichte von Stefan Kalbers, den ich mir wohl merken muss: Der Stil ist sauber, die Entwicklung der Haupterson und ihre seltsame Verwandlung sind gut geschildert. Ebenso klasse ist der Text von Jan Off, der sich als Mischung aus Gedicht und Geschichte präsentiert und die Sprüche der linksradikalen Szene verhöhnt.

Das beste an dem Buch ist sicher der Preis: Es kostet fünf Euro, was unschlagbar günstig ist. Für den geringen Preis gibt's eine ordentliche Breitseite an aktuellen Autoren, die im weitesten Sinne etwas mit Punkrock und Underground zu tun haben.

Nicht jedem kann alles gefallen; was ich doof finde, wird jemand anders vielleicht lieben. Von daher möchte ich eine vorsichtige Empfehlung abgeben: Dank der Bandbreite der Texte ist das Buch auf jeden Fall unterhaltsam.

Erschienen ist es als Koproduktion von Unsichtbar und gONZo Verlag; es hat die ISBN 978-3-942920-49-0 und kann mit dieser in jeder Buchhandlung bestellt werden, auch im Internet.

03 Dezember 2012

Wellenreuther verhindern

Noch nie war sich mein »soziales Umfeld« im Vorfeld einer Wahl so einig: Praktisch alle, mit denen ich mich unterhielt, kündigten an, ihr Kreuzchen auf dem Wahlzettel bei Frank Mentrup zu machen, dem Kandidaten der SPD, der Grünen und einiger kleinerer Gruppierungen. Ein Bekannter nutzte deshalb die Briefwahl, »damit ich's diesmal nicht schon wieder vergesse«.

Auch ich wählte den SPD-Mann, über den ich nicht viel mehr weiß als das, was ich in einer Fernsehsendung mitbekommen habe. Bei der letzten Oberbürgermeisterwahl hatte ich nicht abgestimmt, weil mir angesichts der Kandidaten völlig egal gewesen war, wer ans Ruder kommen würde.

Aber das war diesmal anders. Es war für mich keine Pro-Mentrup-Entscheidung. Es ging letztlich darum, den Kandidaten der CDU zu verhindern. Ingo Wellenreuther ist Präsident des örtlichen Fußballvereins, er ist Bundestagsabgeordneter und sitzt im Gemeinderat. In Karlsruhe tut er zumindest so, als sei er fest mit seiner Heimatstadt verwurzelt.

Aber man kann ihn nicht leiden; es gibt zu viele Geschichten über ihn und seine Intrigen. Zumindest können ihn gewisse Kreise nicht leiden. Als ich am Sonntag ins Wahllokal ging, kamen mir Leute entgegen, die ich für Wahl-Abstinenzler gehalten hätte. Viele junge Leute spazierten ins Lokal, die Beteiligung lag auch deutlich höher.

Die Zahlen sprachen für sich: rund 55 Prozent für Mentrup, rund 35 Prozent für Wellenreuther; bei uns im Viertel über 60 Prozent für Mentrup. Damit hätte ich nie gerechnet.

Ob man sich über Mentrups Wahlsieg freuen kann, ist noch nicht sicher: Am Wahlabend ließ er sich beim Feiern mit Niels Schmid sehen, dem SPD-Minister, den ich für einen der schlimmsten Fehlgriffe der Landes-SPD halte. Das lässt ja schlimmes befürchten ...

Österreich im Radio

In der gestrigen ENPUNKT-Radiosendung im Freien Radio Karlsruhe, also dem Querfunk, ging es um Österreich; ich präsentierte allerlei Bands aus der Alpenrepublik. Das meiste davon war recht aktuell, diesmal gab's also keinen Griff in die Geschichtskiste – schließlich spielen derzeit auch genügend aktuelle Bands in Österreich eine Rolle.

Mit 7 Sioux war immerhin eine Band dabei, die ich schon in den 80er-Jahren gern gehört hatte und von denen es seit einigen Jahren eine aktuelle Platte gibt. Darüber hinaus gab's sehr melodischen Punk an der Grenze zum Alternative-Rock von Facelift und Kung Fu Kitty oder knalligen Hardcore von Rentokill und Bombsquad aus Wien.

Ein bisschen Oi!-Sound gab's von den Breakthrough Breakers, noch mal eine Spur Hardcore sevierten Redlightsflash und The Avayou. Und den Abschluss bildeten Kreisky, eine Band, die keinen Punkrock macht, die ich aber aufgrund ihrer guten Texte und ihres originellen Sounds sehr schätze.

02 Dezember 2012

Das Ende der Edition

Nur wenige Jahre lang existierte die edition bogenschütze, der von mir und einigen Mitstreitern gegründete Kleinverlag. Im Mai 1988 wurde der Verlag »abgewickelt« und formal aufgelöst; und nach bald einem Vierteljahrhundert entsorgte ich in den ersten Tagen des Dezembers 2012 endlich die Unterlagen des Finanzamtes.

Schaue ich mir die Details heute an, komme ich aus dem Staunen kaum heraus. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen und dergleichen, die ich für unseren »Buch- und Zeitschriftenverlag« ablieferte, als die sich die edition bogenschütze GbR bezeichnete, wurden damals noch handschriftlich erstellt.

Unglaublich, aber wahr! Heute kann man sich das kaum noch vorstellen. Ich sah keine Möglichkeit, die umfangreichen Formulare mit der Schreibmaschine auszufüllen, und computertaugliche Formulare gab es damals noch keine.

Der kleine Verlag diente vor allem dazu, die Veröffentlichung meines Fanzines SAGITTARIUS, das damals als semiprofessionelle Science-Fiction-Zeitschrift auch im Buch- und Zeitschriftenhandel gekauft werden konnte, rechtlich abzusichern. Meine vier Mitstreiter und ich brachten einige Ausgaben auf den Markt, die sich sogar im Nachhhinein ohne Schamesröte anschauen lassen.

Irgendwann aber war die Luft raus, und als ich im Frühjahr 1988 aus Westafrika zurückkam, sorgte ich für die Auflösung des Kleinverlages. Es gab eine Reihe von unangehmen Gesprächen mit dem Finanzamt, dessen Beamte teilweise nach Kleinstbeträgen forschten (»Sie haben hier 17,23 Mark verbucht, dafür aber keinen Beleg angegeben. Wo ist dieser Beleg?«).

Danach war mir auf jeden Fall klar: Als Finanzmensch war ich untauglich. Sollte ich jemals Unternehmer werden, würde ich als erste Person jemanden einstellen, der sich mit so einem Mist auskannte ...

01 Dezember 2012

Weihnachtsterror zum Monatsanfang

Manchmal habe ich das Gefühl, auf einer Insel der Seeligen zu wohnen und normalerweise nichts vom normalen Wahnsinn mitzubekommen. An diesem Samstag, 1. Dezember 2012, fiel mir das wieder ganz besonders voll: Karlsruhe und vor allem seine Innenstadt war voll mit Menschen, die ihre Weihnachtseinkäufe erledigen wollten oder auch mussten. Ich hatte damit nicht einmal gerechnet – ein Beleg dafür, dass ich ganz schön weltfremd sein kann – und war geradezu verwirrt.

Vor den Parkhäusern stauten sich die Autos, nicht nur über hundert Meter hinweg, sondern hinaus bis zu den großen Straßen. Vor dem Ettlinger Tor, der großen »Mall«, warteten mehrere Dutzend Autofahrer bei laufendem Motor darauf, dass ein Platz im Parkhaus frei wurde; derselbe Anblick erwartete mich bei den Zufahrten zur Postgalerie.

Dort wiederum kamen mir ständig junge Frauen entgegen, die nicht nur eine »Primark«-Papiertüte trugen. Eine transportierte in jeder Hand drei der großen Taschen; sie war wegen des Gewichts kaum noch in der Lage, das alles zu tragen.

Und in dem einen Fachgeschäft, wo ich eigentlich etwas einkaufen musste, stand alles voll. Schlechte Luft, schlecht gelaunte Menschen, schreckliche Musik – ich machte, dass ich hinauskam, kaufte dann noch Grundnahrungsmittel sowie Getränke, eben das, was wir unbedingt brauchten, und verließ den Bereich der Fußgängerzone.

Nicht zum ersten Mal freute ich mich schon Wochen im voraus auf den Tag nach Weihnachten ...

Bizarre Leidenschaft

Anfangs der 80er-Jahre kam aus Hannover eine Reihe von interessanten Bands, nicht nur Punkrock, sondern ebenso auch die letzten Ausläufer der Neuen Deutschen Welle. Eine der Bands, über die ich so gut wie keine Informationen finden konnte, war Bizarre Leidenschaft: Vier sehr junge Burschen waren das, die auf dem Bandfoto erstaunlich ahnungslos und uncool in die Welt gucken, und sie machten den typischen Sound jener Tage.

Die Langspielplatte »Geheimnis«, die als einziges Ton-Dokument der Band übrig geblieben ist, enthält elf Stücke, die von einem Synthesizer, einer Gitarre und einem meist im Hintergrund den Takt vorgebenden Schlagzeug angetrieben werden. Dazu kommt die Stimme des Sängers, die sehr jung klingt und mit der er seine deutschsprachigen Texte säuselt. Ich hörte sie mir unlängst mal wieder an, garantiert zum ersten Mal seit zwanzig Jahren ...

Dabei kann sich die Band nicht aus dem Klischee befreien, zu dem im Jahr 1982 bereits die Neue Deutsche Welle geronnen war: Man ist ein wenig fröhlich, die Musik ist ein wenig hektisch, aber unterm Strich doch harmlos; das ganze klingt ein bisschen wie »UKW auf Speed«, um eine bekannte Band als Vergleich heranzuziehen.

Es gibt Gründe, warum Bizarre Leidenschaft so gut wie vergessen sind. Die Band kam zu einer Zeit, als die Neue Deutsche Welle ihren Höhepunkt erreicht hatte und man sie kaum noch ertragen konnte – unter dem Wust bekannter Bands dieser Tage ging sie mangels Originalität auch unter. Aber anhören kann man sich das Werk heute tatsächlich noch: als Zeitdokument vor allem ...

30 November 2012

Whow! Zoe Saldana

Den Thriller »Colombiana« hatte ich 2011 im Kino verpasst, obwohl ich ihn hatte anschauen wollen. Dann eben jetzt auf DVD, im Urlaub hat man für so etwas ja Zeit. Regisseur ist Olivier Megaton, der vorher vor allem Actionfilme gemacht hat; mit ihm arbeitete Luc Besson zusammen, den ich seit Filmen wie »Nikita« oder »Leon der Profi« gut finde – der Mann steht auf junge Frauen, die in seinen Filmen dann Leute umbringen.

Hauptdarstellerin des Streifens ist übrigens Zoe Saldana, die unverschämt gut aussieht und die dank ihrer schlanken Figur geradezu prädestiniert dazu ist, sich durch irgendwelche Lüftungsgänge zu zwängen oder auf Dächern herumzuturnen. Bei all der Action, die geboten wird, bin ich gern mal bereit, über irgendwelche Logikbrüche hinwegzuschauen.

Im Prinzip ist »Colombiana« eine knallharte Rachestory: Junges Mädchen aus Kolmbien bekommt mit, wie seine Eltern umgebracht werden, flüchtet sich in die amerikanische Botschaft, wird in die USA ausgeflogen und fängt 15 Jahre mit einem gnadenlosen Feldzug gegen die Killer und ihre Hintermänner an.

Viele Kritiker haben den Film verrissen: Er enthalte zu viel nachgeahmtes Zeugs, er sei emotional unbefriedigend, und er enthalte zu viele logische Brüche. Damit haben sie natürlich recht – aber mir ist so was gelegentlich völlig egal.

Ich ließ mich völlig auf die Geschichte ein und von Zoe Saldanas Action bezaubern. Das ist richtig klasse gemacht: tolle Kameraführung und guter Soundtrack inklusive. Super-Film!

29 November 2012

Wunderbares Weinmuseum

Rückblick auf den Piemont-Trip im August 2012

Das Weinmuseum in der winzigen Landgemeinde Barolo mussten wir ansteuern; das war gewissermaßen Pflichtprogramm. Wenn man schon einmal in der Region ist, wo einer der besten Weine der Welt angepflanzt wird, sollte man das Museum besichtigen. Um es kurz zu machen und vorwegzunehmen: Der Besuch lohnte sich.

Das Museum ist im alten Schloss untergebracht, das die Region gewissermaßen beherrscht: ein würdiges, altes Gebäude, das man schon von weitem sieht, dessen Inneres aber modern ausgebaut worden ist.

Von der Kasse fährt man hoch in den dritten Stock des Gebäudes, dort beginnt der Rundgang durch die Ausstellung; von dort aus geht man Stock für Stock hinunter in das Untergeschoss. Im dritten Stock gibt's den »Wein im Verlauf der Jahreszeiten«, im zweiten Stock den »Wein in der Geschichte und in der Kunst« und so weiter.

Als Besucher erfährt man vieles über die Geschichte des Fürstengeschlechtes dieser Region, über Weinanbau im Verlauf der Jahrhunderte oder die heutige Arbeit mit dem Barolo. Geschichte und Geschichtchen vermischen sich zu einer geglückten Mixtur; das ganze wird zudem sehr abwechslungsreich gestaltet, inklusive einer Reihe von interaktiven Möglichkeiten.

Den Abschluss des Rundgangs, den wir in aller Ruhe absolvierten und der deshalb gut drei Stunden in Anspruch nahm, bildet ein Weinkeller. Dort können zu vernünftigen Preisen diverse Barolo-Preise probiert und hinterher selbstverständlich auch gekauft werden.

Das Museum ist die Reise wert. Wer sich in der Region aufhält, sollte es auf jeden Fall besuchen – auch wer nur auf der Durchreise ist!

28 November 2012

Comic-Reporter zum zweiten


Irgendwie machen die Kollegen der Comic-Zeitschrift Alfonz einiges richtig: Die zweite Ausgabe liegt seit einiger Zeit vor, ich habe sie endlich durchgelesen, und ich finde sie gut.

Das Heft ist sauber gestaltet und durchgehend vierfarbig gedruckt; es enthält auf 84 Magazin-Seiten eine Vielzahl an Artikeln, Interviews und Rezensionen, die so ziemlich jeden Comic-Geschmack abdecken sollten. Das gefällt mir, das lädt mich nicht nur zum Blättern, sondern auch zum »richtigen Lesen« ein.

Selbstverständlich lese ich bei einem solchen Magazin nicht alles; das ist kaum zu schaffen. Ich empfinde viele Artikel als langweilig, weil mich die Themen nun mal nicht so sehr interessieren – aber sie gehören in ein solches Magazin einfach rein. So fand ich »Superman vs. Muhammad Ali« schon anno dunnemals doof und werde diesen Comic wohl nie mögen; Klassiker hin, Klassiker her!

Hintergrund-Berichte zu e-Comics finde ich spannender, das Verlagskonzept von Finix Comics interessiert mich auf jeden Fall, die Rückkehr von »Yps« nehme ich kopfschüttelnd zur Kenntnis: Die inhaltliche Bandbreite des Magazins ist absolut gelungen.

Matthias Hofmann und Volker Hamann, die sich als Redaktion austoben, haben mit der zweiten Ausgabe ihres Magazins eine saubere Fortsetzung zum gelungenen Start hingelegt. Auf die weiteren Hefte bin ich gespannt. (Ach ja, wer sich für das Heft interessiert: Auf der Alfonz-Homepage gibt's eine Leseprobe. Und kaufen könnt ihr's in jedem vernünftigen Comic-Laden.)

Bambix und der Geschichtenschneider

Der Titel der neuen Bambix-Platte ist ungewöhnlich: »Story Tailor« heißt das Ding, nicht »Storyteller«, also Geschichtenschneider und nicht Geschichtenerzähler. Ein nettes Wortspiel, das laut Band-Info auch mit der aktuellen persönlichen Situation der Sängerin Willia zu tun hat. Seit über zwanzig Jahren ist die Dame mit wechselnden Musikerinnen und Musikern unterwegs; derzeit wird sie von zwei Männer begleitet.

Richtig schlecht war der holländische Punkrock-Dampfer noch nie: immer eine tüchtige Melodie-Spur unter dem ausdrucksstarken Gesang, nie ins Weinerliche abgleitend, immer tüchtig Punk und wenig Rock, immer das Herz am richtigen Fleck. Ich sah Bambix im Verlauf der vergangenen Jahre und Jahrzehnte einige Male und fand sie immer gut.

Die neue Platte ist aber richtig klasse geworden; sie kommt mir ausgereift und erwachsen vor, was hier nicht negativ zu verstehen ist. Die Melodien sind toll, gelegentlich wird richtig angenehm gerockt, auf Hardcore-Geprügel verzichtet die Band und setzt stattdessen lieber eine Art Banjo oder gar ein Cello ein. Das klappt richtig gut, es gibt meiner Ansicht nach keinerlei Ausfälle auf der Platte.

Wenn Willia eine Punkrock-Erwachsene ist, möchte ich auch ein Punkrock-Erwachsener sein!

27 November 2012

Handwerker im Urlaub

Ich erlaube mir wieder einmal eine Woche Urlaub, in der ich mich allerdings kaum erholen werde: Während ich versuche, das Chaos zu lichten, in das sich mein Arbeitszimmer im Verlauf der vergangenen zwei, drei Jahre verwandelt hat, versuche ich ebenfalls, einige Texte zu schreiben, und muss vor allem als Bauleiter fungieren.

Der Grund: Wir lassen einen Raum renovieren, einen sehr wichtigen Raum sogar. Gemeint ist die Toilette, die dringend saniert werden muss. Und wenn man das macht, sollte man es auch richtig erledigen, nämlich inklusive der Fliesen.

Das ist dann echter Stereo-Krach: Vor dem Haus dauern noch die Straßenarbeiten an; Karlsruhe ist seit Monaten eine einzige Baustellenstadt, und unsere Straße macht keine Ausnahme. Von vorne der Presslufthammer, von hinten die Installateure – das wird ein erholsamer Urlaub ...

26 November 2012

Der Primark und ich

Samstag mittag in Karlsruhe: Eigentlich wollte ich leckeren Kaffee beim »Ettli« kaufen, weshalb ich zur Postgalerie in die Innenstadt radelte. Irritiert stellte ich fest, dass ein mittleres Gedränge um die Postgalerie herum herrschte.

Vor den Eingängen waren Sperrgitter aufgestellt, in denen wartende Menschen standen. Es waren vor allem junge Leute, gut neunzig Prozent davon weiblich. Diszipliziert standen sie vor der Tür an, diszipliziert ließen sie sich im Innern der Postgalerie von Security-Leuten in Reihen eingliedern. Sie alle warteten darauf, dass der »Primark« aufmachte.

Ich wusste bis zu diesem Tag nicht einmal genau, was ein »Primark« ist: ein internationaler Klamottenladen, der besonders preiswert ist. Mir war vor allem völlig unbekannt, welchen Zug er bei jungen Frauen genießt. Es gibt sogar eine Reihe von Youtube- und Blog-Berichten zu dieser Eröffnung in Karlsruhe – das verwunderte mich ganz schön.

Die komplette Postgalerie war an diesem Samstag voll mit »Primark«-Fans. Überall standen sie Schlange, überall waren sie mit ihren Einkaufstaschen aus Papier unterwegs. Sie freuten sich über ihre Einkäufe, sie strahlten und lachten, sie fotografierten sich mit ihren Handys; ich sah eine junge Frau, die sogar das »Primark«-Schild über dem Eingang des schönen alten Gebäudes ablichtete.

Seltsame Parallelgesellschaften ...

Ach ja: Kaffee kaufte ich bei dieser Expedition keinen. Den »Ettli« gibt es in der Postgalerie nicht mehr. Stattdessen holte ich mir dann eben einen Öko-Transfair-Schnickschnack-Kaffee im »Alnatura«, der ebenfalls ganz okay schmeckt.

25 November 2012

Batman rockt

Dass ich ein Fan der »Batman«-Comics bin, habe ich schon öfter verlautbart. Die Serie ist seit Jahren auf einem richtig guten Niveau, und es gibt zudem immer wieder Überraschungen, die mich sprachlos und begeistert zugleich zurück lassen.

Derzeit liegt die laufende Nummer fünf der neu gestarteten »Batman«-Heftserie am Kiosk. Enthalten sind die Hefte eins und zwei der neuen amerikanischen »Batman«-Heftserie. (Die Nummerierung der deutschen Serie ist erklärungsbedürftigt, tut aber hier nichts zur Sache.) Ich empfehle jedem, der ein Faible für Comics hat, da zumindest mal reinzugucken.

Die Story ist richtig spannend und zudem dynamisch erzählt, allerlei Schock-Effekte inklusive; sie erinnert ein wenig an amerikanische Kino-Thriller. Als Autor wurde Scott Snyder verpflichtet, und der Mann versteht einfach sein Geschäft.

Am knalligsten sind die Zeichnungen: atemberaubende Action, starke Perspektiven, ultra-realistisch das ganze. Kein Wunder, denn dafür ist Greg Capullo verantwortlich, der meiner Ansicht nach für die beste Phase der »Spawn«-Serie verantwortlich zeichnet. Das ist schon alles richtig große Klasse!

Die Zeit der Ghostbastardz ist schon rum

Kaum bekomme ich etwas von der Band Ghostbastardz mit, löst sich diese auch schon auf. Die vier jungen Männer aus Wetzlar und Umgebung spielten ab 2003 ihre Mischung aus Deutschpunk mit rockigem Unterton und Oi!; vor einigen Wochen erst gaben sie das Ende der Band bekannt.

Okay, sooo richtig wichtig war die Band nicht – aber die CD »Philosophen dieser Tage« lässt sich gut anhören. In eher durchschnittlichem Tempo, aber musikalisch durchaus versiert, walzt sich die Band durch das Dutzend Stücke; manchmal wird die Gitarre zu sehr ins Hardrockige gezogen, meist ist es aber klassischer Schunkelpunk.

Textlich bleibt man bei bekannten Mustern: In »Verbrannte Herzen« wird die allgemeine Zeitklage angestimmt: »Zu viele Menschen gehen blind durch diese Welt / Und Ignoranz heißt ihr Geschäft.« Und traurig-philosophisch wird's in »Der letzte Tanz«, was dann schon sehr skinhead-typisch ist: »Und schon wieder stehe ich vor dem Nichts, mit einem Glas in der Hand.«

Ich will nicht lästern, ganz und gar nicht: Die Band war nicht originell, wollte es auch nie sein. Aber wer auf den typischen Oi!-Punk aus deutschen Landen steht, bei dem sich politische Peinlichkeiten nicht finden lassen, für den ist die Band sicher eine Alternative. Die CD gibt's ja noch bei Contra Records, auch wenn sich die Band aufgelöst hat ...

23 November 2012

Abend der Sterngucker

Rückblick auf den Piemont-Trip im August 2012

Wir hatten lecker zu Abend gegessen und guten Wein getrunken; zu später Stunde waren wir auf dem Rückweg in unser Hotel: aus der Innenstadt von Alba hinaus und durch die Fußgängerzone. Die Straßen der schönen Altstadt waren voller Menschen: Ganze Familien waren in der lauen Sommernacht unterwegs, alle bester Laune, und die Restaurants und Bars quollen fast über vor lauter Gästen.

Ein riesiger Innenhof, der zur Universität zu gehören schien, hatte schon vor Stunden unser Interesse geweckt. Trotz mangelnder Italienisch-Kenntnisse war klar, dass es hier um Astronomie ging. Neugierig betraten wir den Hof: eine riesige quadratische Fläche, umgeben von Gebäuden, unter deren Arkadengängen man im Sommer einen kühlen Schatten finden konnte.

Der Hof war stockfinster. Nur die Sterne am Himmel und einige Taschenlampen erhellten ihn. Auch hier waren überall Menschen unterwegs, und wir traten näher.

Studenten und Dozenten der Uni hatten drei Teleskope aufgebaut, vor denen die Leute Schlange standen. Das ließen wir uns nicht entgehen. Zwar verstanden wir nur wenig von den Erläuterungen, aber nacheinander guckte jeder durch jedes Teleskop; jedes zeigte ein anderes Himmelsobjekt. Am faszinierendsten war der Anblick eines gleißenden Kugelsternhaufens.

Es war ein wunderschöner Abschluss unseres Aufenthalts in Alba, zugleich hatte das ganze etwas sehr romantisches: eine laue Sommernacht, herrliche Sterne, eine Spur von Wissenschaft und das ungläubige Staunen von Erwachsenen, die so einen Anblick in ihrem Leben nur selten oder gar nie erhalten ... toll!

22 November 2012

Das Tier von Garoua – beim Kindle

Es schadet ja nicht, in regelmäßigen Abständen ein bisschen Werbung für die eigenen Bücher zu machen. In diesem Fall mal wieder für »Das Tier von Garoua«, das als Taschenbuch bereits 2007 erschienen ist, das es seit einiger Zeit aber auch als E-Book gibt.

Unter anderem kann man es für den Kindle bestellen, selbstverständlich ebenso über andere E-Book-Partner, die ich bei Gelegenheit ebenfalls nennen werde. Das E-Book kostet 9,49 Euro und hat einen echten Nachteil: Wer möchte, dass ich es signiere, hat ein kleines Problem ...

21 November 2012

Schon wieder Zähneknirschen

Am 2. Dezember 2012 wird in Karlsruhe gewählt: Der neue Oberbürgermeister soll von den Bürgern bestimmt werden. Und nachdem ich die vergangenen Wahlen zu diesem Amt schlichtweg ignoriert und verpeilt habe, werde ich diesmal wohl zur Wahlurne pilgern. Ich werde, das kann ich jetzt schon ankündigen, zähneknirschend den Kandidaten wählen, der von der SPD und den Grünen unterstützt wird.

Warum das denn? Okay, ich könnte auch Sascha Oehme wählen, den ich aus Punkrock-Zusammenhängen kenne – aber in diesem Fall muss ich mein Kreuzchen bei der SPD machen. Mir ist dabei fast schon egal, was der Mann will und welche Ziele er in seinem Programm angibt. Wir wissen doch eh alle, dass sich Politiker nach der Wahl nicht mehr an ihre Programme erinnern können ...

Die echte Alternative ist allerdings, dass der Kandidat der CDU auch noch zum Oberbürgermeister gewählt wird; das muss man echt verhindern. Auch hier ist mir das Programm fast schon egal, aber die Art und Weise, wie sich der Mann in den Medien und auf den Plakaten präsentiert, finde ich einerseits widerwärtig und andererseits großkotzig – ich möchte nicht von »Ingo«, wie er sich flott-jugendlich nennen lässt, regiert oder eben auch verwaltet werden.

Es bleibt mir nichts anderes übrig, als für den Kandidaten zu stimmen, der als einziger eine Chance hat, wieder einen CDU-Menschen an die Macht in der Stadt zu bringen. Und so werde ich zähneknirschend mein Kreuzlein bei der SPD machen. Weit ist es mit mir gekommen ...

20 November 2012

Im Hotel Langhe

Rückblick auf den Piemont-Trip im August 2012

Es liegt nicht in der Innenstadt, sondern eher am Ortsrand: Im Hotel Langhe quartierten wir uns während unseres Aufenthalts in Alba für einge Zeit ein. Wir wohnten gewissermaßen nicht nur nachts im Zimmer, sondern auch in den frühen Abendstunden im schönen Garten des Hotels – bei kühlen Getränken und einem Buch. Dass zeitweise die Stechmücken nervten, kann man dem Hotel ja nicht negativ ankreiden ...

Mir gefiel die leicht »verkruschtelte« Atmosphäre. Überall standen Gegenstände herum, hingen Bilder an den Wänden. Das ganze sah aus wie ein Museum auf zwei Stockwerken, in dessen Räumlichkeiten irgendwie 27 Hotelzimmer integriert worden waren; wie ein Hotel wirkte das Haus sowieso nicht.

Das Hotel zeichnete sich durch Charme aus – und das meine ich ernsthaft. Wir wurden gleich zu Beginn freundlich begrüßt; wir bekamen Tipps für die Region oder auch für unseren Trip nach Turin, man empfahl uns Restaurants oder Weine, das ganze aber nicht aufdringlich, sondern sehr nett.

Die Zimmer waren sauber, wenngleich nicht supermodern; die Fenster blieben wegen der Stechmücken geschlossen. Zum Ausgleich ließen wir uns morgens das leckere Frühstück im gemütlichen Vorraum des Hotels schmecken und bummelten abends durch das nächtliche Alba; dank der Nähe des Hotels zur Innenstadt konnten wir uns auch das eine oder andere Glas Wein gönnen, was sonst »nicht drin« gewesen wäre.

Gerne wieder – das hat Spaß gemacht!

19 November 2012

Herbstschmerz-Pop aus Lausanne

Eine kratzige, manchmal zerbrechlich klingende Stimme, dazu dezente Musik: Das ist die Band Hemlock Smith aus Lausanne, von der ich bislang noch nichts gehört habe – zumindest klingt die Band so auf ihrer Platte »Everything Has Changed«, und die ist eigentlich eher ein Solo-Album des »Bandleaders« Michael Frei, wobei er aber mit anderen Musikern zusammenarbeitet. Klingt kompliziert, ich weiß, aber man braucht als Nicht-Kenner der Band doch eine Weile, um durchzusteigen.

Dabei ist das alles egal: Die Platte ist gut. Der Mann hat eine schöne Stimme, mit der er umzugehen weiß. Die Stücke sind oftmals sparsam instrumentiert, aber nur, wenn man nicht richtig hinhört. Im Vordergrund sind das Klavier und der Gesang zu vernemen, im Hintergrund spielt dann doch ein kleines Orchester.

Mal geht es in die Blues-Richtung (das phänomenale Stück »Death Ain't Got No Mercy«), dann wieder erzählen der Sänger und seine Band »The Story Of Cpt. Death«, komplett mit düsterem Sprechgesang und schleppendem Sound, und wenn das noch nicht genügt, macht man mit »Je n'ai Paris« einen sehr schönen Chanson in französischer Sprache und voller Melancholie.

Die CD ist keine Partyplatte, will sie nicht sein; dafür passt sie wunderbar zum Herbst. Obwohl sie auf den ersten Blick so schlicht wirkt, ist sie abwechslungsreich und spannend, zwar meilenweit von der Musik entfernt, die ich sonst so gern höre, aber deshalb umso einprägsamer. (Ach ja, wer unbedingt einen Vergleich möchte, der ziehe den ollen Nick Cave aus der Schublade. Der fiel mir als erster ein.)

18 November 2012

Der Emo-James geht um

Als wir aus dem Kino kamen, waren die Meinungen durchaus geteilt. Ich fand den Film klasse, in meiner Begleitung aber wurde geäußert: »Was war das denn für eine Emo-Kacke?« Die Rede ist in beiden Fällen vom neuen »James Bond«, dem durch die Werbung in jedes Ohr und in jedes Auge getrommelten Streifen namens »Skyfall«.

Der Film beginnt mit einer grandiosen Abfolge von Action-Szenen in der Innenstadt von Istanbul, im Basar der türkischen Metropole, auf den Dächern der Stadt, auf einem fahrenden Zukunft und so weiter: Das war unglaublich klasse gemacht, so sehr, dass mir fast der Atem wegblieb. Packende Szenen in Shanghai und Macao, in der Unterwelt von London und in einem uralten Landsitz in Schottland schlossen sich an.

Ich fand den Film spannend und abwechslungsreich; er hielt sich mit Ironie weitestgehend zurück, sondern nahm sich und die Zuschauer erstaunlich ernst. In seiner Mixtur aus Verfolgungsjagd-Action, Cybertechnik-Thriller und Wildwest-Showdown hat er mich überzeugt.

Was bei manchen Zuschauen nicht gut ankam, waren die Rückgriffe auf die Vergangenheit des Agenten, auf die persönlichen Verbindung zu seiner Chefin oder auch der grundsätzliche Plot: Bei aller Schießerei und Kämpferei ging es letztlich um verletzte Gefühle und persönliche Empfindung.

Es ist wahr – so viel Emo gab's bei »James Bond« noch nie. Aber ich fand ihn trotzdem glaubhaft und blieb mit großer Faszination die ganze Dauer des Streifens über bei der Stange. Es muss wohl jeder selbst herausfinden, wie ihm das Ding gefällt.

17 November 2012

Plaza Multinacional

Es war einer der letzten halbwegs warmen Tage dieses Jahres, und wir saßen an einem belebten Platz in Karlsruhe, futterten gemütlich irgendwelche Kleinigkeiten, tranken Kaffee und guckten den Leuten zu. Es war eine gemütliche Samstagmorgens-Beschaulichkeit, wie man sie ab und zu nach einer hektischen Woche haben muss.

Wobei es auf dem Platz durchaus hektisch zuging: Ständig fuhren Autos an uns vorüber, und Hunderte von Menschen spazierten vor unseren Nasen vorbei. Viele von ihnen redeten, und irgendwann fiel uns etwas auf: Es war das totale Sprachenwirrwarr.

Dann achteten wir genauer darauf. Wir hörten deutsch in allen möglichen Dialekt-Schattierungen von Badisch über Schwäbisch bis zu Pfälzisch und sogar gelegentlich sauberes Hochdeutsch oder eben diverse Varianten von »Kanak-Sprak«. Auffälliger war allerdings die Vielzahl von nicht-deutschen Sprachen.

Wir vernahmen spanische und italienische Worte, dazu türkische, russische und polnische (oder das, was wir dafür hielten) Sätze; immer mal wieder mischten sich afrikanische Sprachen darunter, dann natürlich Englisch sowie Chinesisch oder gar Japanisch. Nicht zu vergessen die verschiedenen Französisch- und Elsässisch-Varianten, was angesichts der nahen Grenze nicht überraschte.

Da war also richtig was geboten in der eigentlich eher geruhsamen Beamten- und Studentenstadt Karlsruhe. Wir fanden's toll – das hatte noch nicht die Ausmaße von echt multikulturellen Städten wie Singapur oder London, lieferte aber viel Abwechslung und Unterhaltung.

Und wir überlegten uns, den Europaplatz künftig in »Plaza Multinacional« umzutaufen. Angesichts der viele Spanier, die allein den vergangenen Monaten in die Stadt gekommen sind, wäre das glatt mal angebracht ...

16 November 2012

Träume von Rasse und Diktatur


Gerne erzähle ich in Vorträgen, dass die Science Fiction, wie wir sie kennen, eigentlich aus den Vereinigten Staaten kommt, dass es aber in Deutschland sehr wohl eine Tradition des sogenannten Zukunftsromans gab: Bereits vor dem Ersten Weltkrieg und zwischen den zwei Weltkriegen kamen haufenweise Romane in den Buchhandel, in denen die Autoren über mögliche Zukünfte schrieben und spekulierten.

Ehrlicherweise muss ich aber zugeben, dass ich von diesen Romanen so gut wie nichts gelesen habe. Als Jugendlicher gehörten einige Werke von Hans Dominik zu meiner Lektüre, aber die fand ich damals schon recht schnell ein wenig seltsam: Stets waren irgendwelche Chinesen die Bösewichter ...

Wie rassistisch, führerbetont und antidemokratisch ein großer Teil der deutschsprachigen Zukunftsromane zwischen den zwei Weltkriegen war, wusste ich nicht. Da half mir zuletzt die Lektüre eines Sachbuches auf die Sprünge: Rolf Tzschaschel mit seiner »geschichtswissenschaftlichen Untersuchung« unter dem Titel »Der Zukunftsroman der Weimarer Republik«.

Das Buch ist in der »Schriftenreihe« der Phantastischen Bibliothek Wetzlar erschienen, kann nur über diese bestellt werden – und man muss ein wenig suchen, um das zu finden –, ist aber eine absolut lohnende Lektüre für jeden, der sich für die Anfänge der Science Fiction interessiert. Tschaschel hat nämlich Dutzende von Romanen jener Zeit untersucht und kommt zu sehr kritischen Schlussfolgerungen.

Er formuliert es höflich: In den Zukunftsromanen dieser Zeit »... spiegeln sich die Zukunftswünsche und Zukunftsvorstellungen einer Epoche, die eine staatliche Ordnung besaß, die sie nur bedingt akzeptierte.« Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, dem verlorenen Ersten Weltkrieg, dem Verlust von Gebieten im Osten und Westen sowie der Blockade durch die Entente schienen viele Autoren und ihre Leser in schreckliche Klischees zu verfallen.

Franzosen und Chinesen sind in vielen Romanen die Bösewichte; die Franzosen sind's zudem oft, weil sie von Schwarzen unterwandert werden. Die Sehnsüchte in den Romanen richten sich nach einer starken Führerfigur, die mithilfe von Wunderwaffen den Weltkrieg gegen die Bösen gewinnt. Am Ende der Romane obsiegt entweder Deutschland allein oder eben die »weiße Rasse«.

Allein die Inhaltsangaben der Bücher lesen sich gruselig: eine Abfolge von Klischees, die sich wie eine Vorlage für das Dritte Reich darstellen, das wenige Jahre danach entstand. Man könnte meinen, das Führungspersonal der Nazis um Adolf Hitler hätte sich nach diesen Klischees ausgerichtet oder vorher zahlreiche Zukunftsromane jener Zeit gelesen.

Ich habe die Untersuchung mit großem Interesse gelesen – für Science-Fiction-Fans ist es eine erhellende, wenngleich nicht unbedingt immer positive Lektüre!

15 November 2012

Alba ist super!

Rückblick auf den Piemont-Trip im August 2012


Zu den schönsten Städten, die ich in den vergangenen Jahren in Italien besucht habe, gehört zweifelsohne Alba. Wir verbrachten einige entspannte Tage dort – und die Entspannung kam sicher auch durch die Stadt mit ihren Gassen und Kirchen, mit ihren Kneipen und Bars, mit ihren freundlichen Menschen und dem guten Wein, den man an jeder Ecke bekommt.

Bekannt ist die Stadt für ihre Trüffeln und für ihren Wein, und sie steht in jedem einschlägigen Reiseführern. Wir waren ein wenig vor dem Höhepunkt der Saison in der Stadt, da hielt sich der Zustrom von Touristen noch einigermaßen in Grenzen. Trotzdem waren zahlreiche Menschen in den Gassen und Straßen unterwegs.

Den Verkehr halten die Stadtväter gut aus dem eigentlichen Stadtkern heraus; das ist im wesentlichen eine Fußgängerzone. Neben schrecklichen Andenkenläden gibt es viele Möglichkeiten, sein Geld für italienische Leckereien auszugeben, von Nudeln über Schokolade bis hin zu Wein und Grappa, ganz zu schweigen von Käse und Schinken und andere Totes-Tier-Produkte.

Die Stadt würde ich jederzeit wieder besuchen. Ich kann einen Trip dahin nur empfehlen!

Schon ein Vierteljahrhundert


Ich erinnere mich noch gut daran, wie die Boxhamsters vor ewig langer Zeit starteten: Die Typen auf der Bühne sahen ziemlich »unpunkig« aus, und sie machten eine Musik, die gar nicht mehr in die Zeit zu passen schien. Ende der 80er-Jahre gab's entweder Hardcore oder Funpunk, dazwischen passte wenig anderes – so schien es mir.

Mit ihrem eigenständigen Stil haben sich die Jungs aus Gießen gewissermaßen durchgesetzt. Im Verlauf der letzten Jahre habe ich sie mehrfach live gesehen. Nicht jedes Konzert war klasse, aber oftmals waren es großartige Auftritte voller Spielfreude und Energie. Die Band war »emo«, als der Begriff erstens noch kein Schimpfwort war, und als er zweitens noch nicht für deutscheBands benutzt werden konnte.

Zum 25jährigen Jubiläum – Himmel, werden wir alle alt! – spendierten sich die Band und ihr Label gewissermaßen eine Jubel-Platte: eine EP mit drei Stücken, auf deren Cover eine schlichte »25« zu sehen ist und die als »Silberhochzeit« in irgendwelchen Listen auftaucht. Enthalten sind ein uraltes Stück, in dem herzzereißend geschrammelt wird, und zwei neue Stücke, die im klassischen Boxhamsters-Stil gehalten sind: schlaue deutschsprachige Texte, ein wenig intellektuell, dazu ein flotter Sound, der diesmal recht locker klingt.

Eine schöne Platte! Da hat die Band mal wieder nix falsch gemacht. Meinetwegen dürfen Co und seine Kollegen noch mal ein Vierteljahrhundert weitermachen ...

14 November 2012

Chaostage-Rückblick

Auf die Chaostage in Karlsruhe, die meiner Ansicht nach kein besonders großer Erfolg waren, bin ich ja schon einmal eingegangen. Viel besser tat das allerdings der Kollege Felix Mescoli in seinem »Big Rock Blog« – und das gleich zweimal.

Gleich nach dem Ereignis, also am Donnerstag, 11. Oktober 2012, schrieb er unter der ellenlangen Überschrift »Chaostage in Karlsruhe nur noch peinlich: Kid-Punks wollen Ü-40-Slime-Party stürmen« über das Konzert der angeblichen Punk-Legende Slime und die Attacken besoffener Kid-Punks. Ein lesenswerter Bericht!

Fast noch schöner ist sein zweiter Bericht, der eigentlich komplett im Konjunktiv gehalten sein müsste. Er kam am Montag, 15. Oktober 2012, also einige Tage nach den Ereignissen, und er trug ebenfalls einen langen Titel: »Kalrsruher Chaostage – wie sie hätten sein können – gehen zu Ende, Punks versprechen erfreuten Stadtvätern Neuauflage des Treffens«. Sehr satirisch, sehr gelungen

13 November 2012

Chaostage-Marketing

Im Oktober waren Chaostage in Karlsruhe, und so gut wie niemand hat etwas davon mitbekommen. Ich war selbst nicht da, sondern trieb mich auf der Buchmesse in Frankfurt herum – aber lustigerweise fragten mich seitdem einige Leute, ob ich mehr über die Chaostage in Karlsruhe wüsste. Ausgerechnet mich, tsts. Wohlgemerkt: Es fragten Menschen, die an dem bewussten Wochenende in der Stadt waren.

Die Chaostage fanden quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es interessierte so gut wie niemanden, und nur wenige Punks warfen beim Slime-Konzert mit Flaschen auf die unschlüssig und wenig dekorativ herumstehende Polizei.

Das war's: Die Chaostage waren im Prinzip ein Konzert mit Gestresse. In den 80er- und 90er-Jahren gehörte das fast zum Standard-Programm eines Punk-Konzerts.

Aber warum waren die Chaostage in Karlsruhe so schlapp? Weil das Marketing nicht stimmte: Es nützt nichts, einen Flyer zu machen, diesen zigtausendfach zu drucken und tausendfach zu verteilen; es nützt auch nichts, in einigen Internet-Foren zu der Veranstaltung aufzurufen und bei einigen Konzerten ewas durchzusagen.

Im Vorfeld früherer Chaostage in Hannover wurde buchstäblich monatelang getrommelt. Punks fuhren durch die halbe Republik, um alle Bunthaarigen zu mobilisieren. Und es benötigte stets eine knallige Mischung aus Straßenköter-Punks, Polit-Hardcore-Punks und schlaubrillentragenden Punk-Fanzinemachern, damit wirklich Tausende von Punks nach Hannover fuhren.

Bei den großen Chaostagen in den 80er- und 90er-Jahren gab es niemanden in der Punk-Szene, der nicht davon wusste. Man musste sich bewusst gegen die Chaostage entscheiden, um nicht nach Hannover zu fahren. Für die Chaostage in Karlsruhe hingegen musste man schon sehr engagiert sein, um von ihnen mitzubekommen – das genügt heutzutage einfach nicht mehr.

Falls die – mir persönlich völlig unbekannten – Macherinnen und Macher der Chaostage in Karlsruhe die Veranstaltung im nächsten Jahr wieder machen wollen, müssen sie auf jeden Fall in ihr Marketing investieren. Klingt komisch, ist aber so ...

Pop aus dem Kalkwerk

Aus Limburg stammt die Band 4 Tune Cookies, und in dieser Stadt habe ich in den 90er-Jahren manches Punk-Konzert gesehen; meist im Kalkwerk, in dem auch diese Band hier bereits aufgetreten ist. Die drei jungen Männer und die junge Frau machen aber andere Musik: Es ist eigentlich Pop, der aber dann mit schweren Gitarren um die Ecke kommt. Mir liegt die CD »Rewind« mit fünf Stücken vor.

Die Sängerin hetzt mit atemloser, aber cool klingender Stimme durch die englischsprachigen Songs, die sehr melodisch klingen; die Band hat eine Hand für schöne Melodien und kann das auch gut umsetzen. Super-originell ist das ganze nicht – aber der Anfang gefällt mir sehr gut.

Für die beinharte Punkrock-Fraktion ist es nichts. Aber wer ein Herz für flotte Melodien und gute Pop-Musik ohne Peinlichkeit hat, ist hier richtig. Ich bin gespannt, wie es mit der Band weitergeht!

12 November 2012

Ein Fanzine für Hansrudi Wäscher

Auch wenn man – so wie ich – kein allzugroßer Fan des deutschen Comic-Künstlers Hansrudi Wäscher ist, muss man den Hut vor seinem Lebenswerk ziehen: Wäscher schuf bereits in den 50er-Jahren Comics wie den Ritterhelden »Sigurd«, die Dschungel-Abenteuer von »Tibor« und die Science-Fiction-Geschichten von »Nick«. Generationen von Comic-Fans sind mit seinen Bildern aufgewachsen.

Das gilt auch für die Macher des Hansrudi Wäscher Fanclubs Bayern, der ein sehr gelungenes Fanzine publiziert. Die Ausgabe 34 erschien bereits im November 2011, wurde von mir erst in diesem Sommer gelesen und wird eben jetzt erst besprochen. Manche Dinge gehen bei mir einfach in den unendlichen Papierbergen unter.

Auf 92 Seiten im A4-Format, die professionell gestaltet sind, geht es um Wäschers Werke, Rückblicke auf Club-Treffen, Comic-Veranstaltungen und andere Comic-Themen. Sogar Wäscher-Comics werden abgedruckt, für Fans sicher ein unglaublicher Leckerbissen, die man sonst nie in dieser Qualität zu sehen bekommt.

Das Magazin ist echt lesenswert: nicht nur für die Fans des alten Meisters, sondern durchaus auch für andere Comic-Fans. Ein Interesse für den klassischen Stil der 50er- und 60er-Jahre sollte man allerdings dafür mitbringen ...

11 November 2012

Stimmen zum Käfig

Wie ich hier schon vermeldet habe, ist in der Ausgabe 29 der Science-Fiction-Zeitschrift »Exodus« meine Erzählung »Im Käfig« erschienen. Neugierig bin ich dann ja schon, wie ein Text von mir ankommt – hier mal erste Resonanzen.

In der Ausgabe 153 des verdienstvollen Fanzines »Fanzine-Kurier« schreibt Günther Freunek über »Exodus 29«. Dabei geht er unter anderem auf meine Kurzgeschichte ein und lobt, dass sie »nicht ins peinliche Klischee« kippt. Genauer: »Die Erzählung ist gelungen, bezieht ihre Dichte und Spannung allein aus der Beschreibung der beiden Hauptpersonen ...« Über ein solches Lob freue ich mich natürlich sehr!

Thomas Harbach bespricht auf der Internet-Seite des SF-Radios ebenfalls die Zeitschrift und damit auch meine Geschichte. Sie wirke »nicht unbedingt neu oder originell«. Immerhin gelinge es »dem Autoren, Sympathien im Leser zu wecken«. Die Geschichte überzeuge »eher auf einer emotionalen denn rationalen Ebene«.

Mehr als diese zwei Aussagen habe ich bislang nicht gefunden. Schauen wir mal, was hierzu noch auf mich zukommt ...

Alternative-Sumpf der 90er


Man muss nicht jede Band gut finden, die einem empfohlen und ans Herz gelegt wird. Das gilt im aktuellen Band für die Band The 4 Evas, deren Mitglieder aus Wien kommen, die mir – schaue ich mir die Biografie und alles drumherum an – eigentlich sympathisch sein sollten, mit denen ich aber beim Großteil ihrer Stücke nichts anfangen kann.

Im Januar 2012 erschien bereits ihre CD »Break Out«, die zehn Stücke enthält; musikalisch wird die Kapelle in Schublade Alternative-Rock gesteckt, und da passt sie hin: Letztlich werden hier die Sounds der frühen 90er-Jahren aufgegriffen und zu einem neuen Arrangement zusammengestopft.

Es gibt viele Leute, die auf eine Mixtur aus Nirvana und Red Hot Chili Peppers stehen; ich gehöre selten dazu. Manche Stücke krachen richtig; da ist das in Wien sitzende, aber aus Amis und Österreichern bestehende Trio auf der richtigen Spur. Bei anderen Stücken allerdings wird hardrockig geheult und gejammert, dass es einen grausen mag.

Die vier Evas aus Wien und ich werden wohl keine Freunde werden. Ich bin sicher, dass es die drei Herren gut verkraften werden ...