31 Oktober 2016

Technische Probleme und krachiger Sound

Seit ich meine Radiosendung im Querfunk mache, dem Freien Radio in Karlsruhe, ziehen sich meine Probleme mit der Technik durch all die Jahre. Ich mache das Radio stets »live«, sprich, es wird genau in dem Moment ausgestrahlt, in dem ich im Studio sitze – wenn dann etwas schiefgeht, tue ich mich schwer damit, locker und ruhig zu bleiben.

So auch am Sonntag, 30. Oktober 2016. Es war der fünfte Sonntag im Monat, also war ich wieder dran. Ausgesucht hatte ich »halbwegs aktuelle Punk-Platten aus Deutschland«, so das Motto der Sendung, und wie immer hatte ich diese Bezeichnung recht locker gemeint.

Auf Bands wie Illegale Farben aus Hamburg oder Disco//Oslo aus Hamburg traf das hundertprozentig zu, ebenfalls auf Steakknife aus dem Saarland oder den Rampage Kids aus Tübingen. Alle Bands waren durchaus unterschiedlich, man konnte sie aber locker in die Punkrock-Kiste packen. Änhliches galt für die Stereo Satanics aus Balingen oder Human Abfall aus Stuttgart.

Ein wenig an den Haaren herbeigezogen waren sicher Frau Doktor aus Wiesbaden oder Kornelius Flowers aus Trier – aber das machte nichts. Mein Hauptgegner war die Technik, nicht die Musikauswahl: Weil die Querfunk-Studios derzeit umgebaut werden, kam ich mit der frisch installierten und vor allem sehr provisorischen Technik nicht klar.

Immerhin half mir der Kollege vom Bürodienst, der glücklicherweise vor Ort war. So ging die Sendung nicht in totalen Peinlichkeiten unter. Dass die Vinylscheiben allerdings allesamt in Mono statt in Stereo abgespielt wurden, konnte er leider auch nicht verhindern.

»Da steckt wohl ein Kabel falsch«, meinte er. Das heißt dann wohl: Die nächste Radiosendung werde ich sicherheitshalber nur mit CDs bestreiten ...

30 Oktober 2016

Ein Höllenkreuz zum Geburtstag

»Der Abend fing harmlos an.« So harmlos beginnt ein Roman, über dessen literarischen Grad ich derzeit wenig sagen kann – ich müsste ihn dazu erst einmal lesen, wozu ich bislang nicht kam.

Es ist Band 2000 der Gruselheftserie »John Sinclair«; er kommt am 8. November 2016 in den Handel und trägt den Titel »Das Höllenkreuz«. Zu diesem respektablen Jubiläum kann ich den Kollegen im Bastei-Verlag nur gratulieren.

Zur Feier des Tages spendierte der Verlag der Serie ein umlaufendes Titelbild, das sich als Mini-Poster auf den Innenseiten des Umschlages wiederfindet. Dazu gibt es spezielle Hörspiel-Aktivitäten – aber das ist ja eine andere Baustelle.

Über den Inhalt werde ich mich noch kundig machen. Sätze wie »Grelles Scheinwerferlicht stach mir wie mit Klingen in die Augen« lassen schon mal auf krachige Lektüre schließen. Und wenn die Bösewichte Sätze wie »Es sind deine letzten Schritte, John Sinclair« von sich geben, weiß der erfahrene Heftromanleser rasch, was Sache ist.

Was ich aber ernsthaft großartig finde, ist das Sonderheft, das mit dem Band 2000 ausgeliefert wird, eingeschweißt mit dem Jubiläumsheft zusammen. 30 Farbbilder des Illustrators Vicente B. Ballestar werden mit kurzen Texten kombiniert, somit entsteht in »Die Serie in 30 Bildern« ein spannendes Porträt einer Serie, die hierzulande seit mehreren Jahrzehnten ihre Fans findet. Schönes Geburtstagsgeschenk!

29 Oktober 2016

Die Generation der Ahnungslosen

Die erste Generation von Politikern, die das Leben in der Bundesrepublik Deutschland prägten, war vom Krieg gezeichnet. Es waren Männer und einige wenige Frauen, die Krieg und Tod kannten, die im Widerstand waren oder mit Nazis mitgemacht hatten, die flüchten wurden oder Bombennächte übersehen mussten. Die wussten, wovon sie sprachen – und als irgendwann die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik begann, wurde das heftig diskutiert.

Der letzte Politiker von Rang, in der in der Bundesrepublik Deutschland noch wusste, was Krieg gewesen war, dürfte Helmut Kohl gewesen sein. Schon die Politiker nach ihm, allen voran der Bundeskanzler Gerhard Schröder, hatten sicher eine Ahnung von Krieg, weil sie in den Jahren danach groß geworden waren. Sie besaßen aber nicht das geschichtliche Bewusstsein, auf das Abenteuer des Kosovo-Krieges zu verzichten.

Und jetzt? Offenbar sind in diesen Tagen solche Leute am Ruder, die sogar zu jung dafür sind, um mit Erzählungen vom Krieg großzuwerden. (Wie ich. Wie Freudenstadt niedergebrannt wurde. Wie Pforzheim vernichtet wurde. Wie mein Vater an der Ostfront schwerverwundet wurde. Wie manche Männer erst 1955 aus der Gefangenschaft kamen. Das alles hörte ich tausendmal, das prägt mich bis heute.)

Im Jahr 2016 beschließt man in Berlin – wie 1914 und 1941? –, dass es gut ist, die Bundeswehr nach Osten zu verlagern. Demnächst werden deutsche Panzer im Baltikum stehen, quasi Auge in Auge mit den Russen. Wie wenig Geschichtsbewusstsein muss man eigentlich haben, um nicht zu erkennen, dass das eine Provokation ist oder zumindest so empfunden werden kann.

Nein, ich bin kein Russlandfreund und vor allem kein Putinologe. Aber die Antwort auf Russlands Verhalten in der Ukraine, in Syrien und auf der Krim kann nicht sein, dass die Bundeswehr in den Gegenden stationiert wird, wo zuletzt während des Nazi-Terrors ein gezielter Massenmord »in deutschem Namen« betrieben worden ist.

28 Oktober 2016

Feministische Sword & Sorcery

Fantasy hat immer wieder einen Makel, ob sie nun als gedrucktes Buch, als toll gezeichneter Comic oder als aufwendiger Film erscheint: Bei der Handlung legen die Macher gelegentlich wenig Wert auf gute Charaktere und nachvollziehbare Handlungen. Mit der Fantasy-Serie »Die Legende der Drachenritter« wird bewiesen, dass sich Hirn und Optik nicht unbedingt ausschließen müssen.

Unlängst ist der zwanzigste Band der Serie beim Splitter-Verlag erschienen. Zwanzig schön gestaltete Hardcover-Comics erzählen vom Kampf der Menschen gegen die Drachen, und ganz nebenbei erzählen sie vom Kampf von Frauen gegen Unterdrückung und andere Dinge. Wer möchte, kann die gesamte Serie wahrscheinlich auch unter einem feministischen Gesichtspunkt betrachten.

Am Anfang ging es den Machern vor allem um eine klassische Fantasy-Geschichte, in der manchmal viel Blut spritzte und halbnackte Kriegerinnen mit dem Schwert auf monströse Drachen losgingen. Aber Stück für Stück veränderte sich die Geschichte: Das kreative Autorenteam Ange – steht für Anne und Gerard – lieferte komplexere Geschichten und erweiterte seine Fantasy-Welt kontinuierlich.

Die wiederum ist nicht untypisch: In diesem Fantasy-Universum herrschen Schwert und Magie, bewaffnete Krieger ziehen durch die Königreiche, und rein technologisch ist man im späten Mittelalter stecken geblieben. Allerdings bilden die Drachen in dieser Welt die größten Bedrohung für die Menschen: Wo immer die mysteriösen Tiere auftauchen, verändert sich die Umgebung. Menschen werden zu Monstern, alles normale Leben verödet.

Die einzige Rettung kommt ausgerechnet von Jungfrauen – auf Basis dieser Erkenntnis wird der Orden der Drachenritter gegründet. Dieser versucht sich aus der Politik herauszuhalten, aber das gelingt nicht. Während die Königreiche kämpfen und Kaiser versuchen, die Macht zu erhalten, wollen die Drachenritter alle Menschen gegen die Drachen schützen.

Immer wieder geht es um die Rolle der Frau in einer archaischen Welt. Wie sehr müssen sich die Frauen verändern, wenn sie Krieg führen müssen? Wie kommen sie mit ihren jeweiligen Rollen zurecht?

Die Serie ist echt spannend, mir hat bisher jedes Album gefallen. Nicht jeder Zeichenstil packt mich – im Gegensatz zu den Autoren wechseln die Künstler –, aber sie alle liefern eher einen realistischen Stil. Das ist meist ziemlich klasse.

Zu allem »Überfluss« sind die Comic-Alben richtig schön gestaltet: piekfeiner Druck, perfekte Herstellung, astreine Hardcover-Umschläge. Das hat seinen Preis – das zwanzigste Album kostet beispielswiese 14,80 Euro.

Wer alle zwanzig Bände haben möchte, investiert also schon einiges. Aber er erhält auch eine der besten Fantasy-Reihen dieser Tage – wer Fantasy mag, wird »Die Legende der Drachenritter« lieben.

27 Oktober 2016

Mein Blick aus Europa

Aus meinem Kamerun-Tagebuch; eine Notiz vom 6. November 1999:

Später setzte ich mich wieder auf den Balkon des Hotels; ich musste mich erst noch etwas ausruhen. Die gegenüber wohnenden Kinder, denen ich am ersten Tag beim Fußballspielen zugeschaut hatte, versuchten ein Hühnchen zu schlachten, mitten auf der Straße.

Immer wieder versuchte das Tier, den Griffen der Kinder zu entkommen. Sie ließen es einige Schritte laufen, fingen das Hühnchen dann aber unter lautem Kreischen wieder ein.

Der größere Junge hielt es fest, seine Helfer hielten es ebenfalls, und dann versuchte er, dem Tier den Hals umzudrehen. Er schaffte es nicht. Ratlos standen die Kinder im Kreis herum.

Diesen Moment der Unaufmerksamkeit nutzte das Hühnchen. Es riss sich los, rannte einige Schritte, wurde sofort eingefangen.

Diesmal war offensichtlich ein Mädchen an der Reihe; es hatte eine Machete in der Hand und fuhr damit am Hals des Hühnchens herum, das alles still mit sich geschehen ließ. Der große Junge packte das Hühnchen nun so, dass es flach auf dem Boden lag, dann stellte er seinen Fuß mit den Badeschlappen direkt auf den Kopf. Zwei kleinere Jungen hielten die Beine und die Flügel des Hühnchens fest, die anderen Kinder schauten gespannt zu, einige waren in die Hocke gegangen und richteten ihre Blicke auf das Geschehen.

Als sich das Mädchen mit der Machete am Hals des Tieres zu schaffen machte, schaute ich feige zur Seite ...

26 Oktober 2016

Autoren in die Fresse

Ich kenne die Autorin nicht persönlich und könnte mir vorstellen, dass mir ihre Romane gar nicht so gut gefallen – aber Catalina Cudd hat in ihrem Blog »Dunkle Zeiten« einen sehr klaren Artikel verfasst. Den Titel finde ich ebenfalls sehr klar und aussagekräftig: »Von der Kunst, einem Autor in die Fresse zu hauen, ohne ihm gegenüber zu stehen«.

Es lohnt sich, diesen Artikel komplett zu lesen. Auch wenn ich noch nie eine Zeile dieser Autorin vor meinen Augen gehalten habe, kann ich sie sehr gut verstehen. Was für ein Frust, wenn man ein Buch verfasst hat und es dann »einfach so« in sogenannten Tauschbörsen kostenlos oder auf illegalen E-Book-Seiten gegen »kleines Geld« angeboten wird!

Ich bin mir sicher, dass mir jetzt wieder einige Leute vorwerfen werden, zur »Content-Mafia« zu gehören, aber ich stehe hundertprozentig hinter den Aussagen der mir unbekannten Autorin: Wer schreibt und tierisch viel Arbeit in sein Buch hineinsteckt, hat alles Recht der Welt, dafür auch bezahlt zu werden. Zumindest von den Leuten, die dann stundenlang in einem solchen Buch schmökern ...

Wer kreativ tätig ist und es »nicht nur« als Hobby betreibt, sollte in irgendeiner Art und Weise davon profitieren. Und jetzt komme mir bitteschön keiner mit so Dingen wie der »Kultur-Flatrate«, die immer wieder gern genannt wird.

Angesichts der realen Machtverhältnisse in den westlichen Staaten wird diese »Sondersteuer« sowieso nie kommen, profitieren würden davon sowieso die »großen Namen«. Menschen, die auf das geistige Eigentum anderer pfeifen, reden gern davon – weil sie genau wissen, dass diese Flatrate nie kommen wird.

25 Oktober 2016

Argies machen lahmen Punk

Dass die Argies in ihrem Heimatland Argentinien so erfolgreich sind, hat sicher seine Gründe – vielleicht sind es die Texte in spanischer Sprache, die ich leider nicht verstehe. Dass sie bei uns kein Szene-Hit geworden sind, trotz ihrer Bekanntschaft mit den Toten Hosen, liegt sicher daran, dass die Band unterm Strich relativ schlapp ist.

Das merkte ich, als ich mir dieser Tage mal wieder die Platte »Quien Despierta« anhörte, die bereits 2008 erschienen ist. In den besten Momenten ist das, was die Band auf den 13 Stücken bietet, halt gut gespielter Schunkel-Punk, oft aber auch eher Hardrock der lahmen Art mit viel Gitarrengedöns. Gelegentliche Ska-Einlagen zum hippeligen Herumhüpfen ergänzen das Ganze, machen die Platte aber nicht viel spektakulärer.

Ich hörte die CD nicht nur einmal an – aber es blieb nicht viel hängen. Die Musik ärgert nicht, aber sie packt ebensowenig. Es ist keine Band, die ich schlecht finde, auch keine Platte, die mir überhaupt nicht gefällt. Aber das alles versumpft mir zu sehr im Durchschnitt, als dass ich mir davon zu viel merken könnte ...

Philosophisches zur Science Fiction

Wann ich das Sachbuch »Philosophie und Science Fiction« erhalten habe, kann ich ziemlich genau sagen: Der Autor schenkte es mir im November 2013, als das Buch gerade frisch im Buchhandel war. Da war ich auf sein Engagement hin zu Besuch in Gelsenkirchen, wo ich im Rahmen des »Fantastischen Ruhrgebietes« ein wenig über meine Arbeit erzählen konnte.

Aber wie es so ist: An einem Buch mit derart komplexem Thema kaut man einige Zeit. Und wenn es dann noch eines ist, das man nicht am Stück lesen muss, sondern dessen Kapitel dazu einladen, immer mal wieder einige Seiten zu lesen ... Langer Rede kurzer Sinn: Mit der Lektüre wurde ich erst dieser Tage fertig.

Der Autor ist – soviel sollte man wissen – eigentlich gelernter Lehrer, war aber seit 1980 als hauptberuflicher Politiker tätig. Für die SPD saß er im Landtag von Nordrhein-Westfalen; seit Mitte er Nuller-Jahren widmet er sich diversen ehrenamtlichen Tätigkeiten und kümmert sich um sein Hobby Science Fiction.

In seinem Buch geht es um die Zusammenhänge zwischen Philosophie und Science Fiction. Welche Beziehungen es hierbei gibt, wird relativ schnell klar: In vielen Science-Fiction-Romanen werden philosophische Konzepte diskutiert, und in der Philosophie geht es häufig um einen Blick in eine mögliche Zukunft.

Das Buch liefert vor allem eine lesenswerte Darstellung verschiedenster Philosophie-Richtungen: Angefangen von den »alten Griechen« bis hin zu neueren Philosophen, stellt Hans Frey dar, welche Gedankengebilde sich wann durchsetzten oder zumindest diskutiert wurden. Passend zu den jeweiligen Beiträgen – etwa über Platon oder auch Kopernikus oder gar Marx – stellt er Science-Fiction-Romane vor, bei denen es einen inhaltlichen Bezug gibt.

Dabei zeigt Frey, dass er sich in der Science Fiction hervorragend auskennt. Bei der Philosophie kann ich das nicht so gut beurteilen, aber da wird es ähnlich sein. Seine Vergleiche sind stets nachvollziehbar, zumindest für einen Laien wie mich.

Frey nennt die wesentlichen Science-Fiction-Romane und bietet die Philosophie, die sie jeweils untermauert. Er zeigt die Zusammenhänge zwischen Autoren und Philosophen, zwischen den großen Denkern vergangener Zeiten und einem aktuellen Blick in eine mögliche Zukunft. Das ist streckenweise durchaus anstrengend, häufig aber unterhaltsam – mich regte es dazu an, gelegentlich eine Passage im einen oder anderen Buch nachzulesen.

»Philosophie und Science Fiction« erschien als schönes Paperback im Klappenbroschur-Format und umfasst 326 Seiten. Laut Verlagsangaben ist es vergriffen; ich bin aber sicher, dass man es im gut sortierten Secondhand-Buchhandel noch erhalten kann. Wer sich für Hintergründe zu seiner Lieblingsliteratur interessiert, sollte dieses Buch nicht ignorieren.

24 Oktober 2016

Treffen an der Garderobe

Wie das so auf der Messe abläuft: Ich fahre Rolltreppe, sehe vor mir einen Mann, der mir bekannt vorkommt. Ist es vielleicht der Autor Bernd Frenz, den ich auch schon seit Jahrzehnten kenne? Weil ich mir nicht sicher bin, rufe ich halblaut »Bernd«.

Er reagiert nicht darauf, und ich bin beruhigt. Er ist es nicht, also kann ich gleich in die Halle. Dann sehe ich, wie er an der Garderobe seine Jacke abgeben möchte – und ich erkenne ihn. Es ist wirklich Bernd Frenz. Wir geben uns die Hände, unterhalten uns über diverse Themen.

Auf einmal sehe ich einen anderen Herrn, den ich seit 35 Jahren kenne. Es ist Hermann Ritter, der in Begleitung seiner Schwester eingetroffen ist. Sie kenne ich nicht so lange wie ihn; allerdings kann es durchaus sein, dass sie in den 80er-Jahren unter dem Tisch gespielt hat, als ich ihn zum ersten Mal besuchte.

Wir begrüßen uns, wir unterhalten uns, und sie erhält den heiligen Auftrag: »Mach ein schönes Foto von uns.« Sie versucht alles, sie gibt sich redlich Mühe – aber letztlich bekommt sie nur wenig heraus, das irgendwie verwertbar wäre.

Danach gehen wir getrennte Wege, jeder hat seine eigenen Termine. Anne Haerle, von der das Foto stammt, sehe ich im Verlauf der Messe nicht noch einmal; über Hermann Ritter stolpere ich zu einer anderen Gelegenheit. Eine Buchmesse ist echt nichts anderes als ein riesiger Kontaktbasar, inklusive Anfassen und Albernheiten ...

23 Oktober 2016

Halb-privat auf dem BuCon

Der gute Vorsatz war vorhanden, ich konnte ihn nur nicht so richtig erfüllen – dabei wollte ich 2016 in Sachen BuchmesseCon alles richtig machen. (Und für mich mehr an privatem Vergnügen herausholen.) Ich fuhr an diesem Samstag, 22. Oktober 2016, nämlich gar nicht erst auf die Messe, sondern direkt nach Dreieich, wo im Bürgerhaus zum wiederholten Mal die traditionelle Fan-Veranstaltung ablief.

Um die lange Geschichte schön abzukürzen: Ich führte haufenweise Gespräche, die ich teilweise vorher vereinbart hatte, ignorierte mehr aus Zwang denn aus bewusstem Willen viele Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls vor Ort waren – und bemerkte kaum, wie die Zeit verging. So verpasste ich alle Programmpunkte, die ich mir anschauen wollte, und kam nicht dazu, auch nur mit der Hälfte der Leute zu sprechen, mit denen ich genau das vorhatte.

Letztlich absolvierte ich »meinen« Verlagsprogrammpunkt – also der offizielle Teil meines Besuches – und redete zu 80 Prozent dann doch nur über die einzelnen Aspekte »meiner« Raketenheftchenserie. Dagegen ist nichts zu sagen, das war alles unterhaltsam und witzig, oft sogar richtig wichtig – aber der große, geheimnisvolle Plan, »endlich auch mal privat« auf dem Con zu sein, wurde von mir selbst unterlaufen.

Aber gehen wir kurz von meiner Ego-Sichtweise weg: Die Organisatoren des BuchmesseCons haben mit ihrer Veranstaltung immer mehr Erfolg. Die vielen Räumlichkeiten, die bespielt werden, legen davon ebenso Zeugnis ab wie die gut gefüllten Räume und der Andrang bei manchen Lesungen. Zudem waren genügend Profi-Autoren und Verlagsleute anwesend; die Laune der Besucher empfand ich durchgehend als positiv.

Wer im Jahr 2016 immer noch meint, über den BuchmesseCon abschätzig die Nase rümpfen zu können, hat den falschen Blick. Die Veranstaltung hat längst eine Relevanz, die über den engen Kreis der Klein- und Fanverlage hinausreicht. Und das finde ich sehr gespektabel!

21 Oktober 2016

Nicht als Partyfeiern

Glaubt man den einschlägigen Berichten über eine Buchmesse, wird bei so einer Veranstaltung die ganze Zeit eine Party nach der anderen gefeiert. Teilweise mag das stimmen; vor allem Journalisten werden zu vielen Festivitäten eingeladen und mit Alkohol reichlich beschenkt. Journalisten sind aber, auch wenn sie das selbst meist nicht so richtig glauben, weder typisch für die normale Mehrheitsbevölkerung noch typisch für den gewöhnlichen Messebesucher ...

Als Messebesucher, der aus arbeitstechnischen Gründen durch die Heiligen Hallen von Frankfurt schlurft, habe ich eigentlich gar keine Lust auf Party. Ich bin froh, wenn ich nach einem schwitzigen Tag in den Hallen mit zahlreichen Gesprächen ein wenig meine Ruhe in der Heimat genießen kann – deshalb pendle ich zwischen Frankfurt und Karlsruhe, um im eigenen Bett zu übernachten.

So verpasste ich zum wiederholten Mal die Party, die unsere Partner von Edel Germany am Donnerstag ausrichten. Ich war eingeladen, fuhr aber lieber heim. Irgendwann muss ich sie mir aber wirklich einmal geben, vermute ich.

Immerhin reichte es zu einem Bier am Stand von Random House. Dort lief ich am Donnerstag kurz vor 18 Uhr auf. Ich traf einige Bekannte, die bei Verlagen wie Heyne oder Blanvalet arbeiten oder gearbeitet haben, trank mein Bier sehr schnell und verließ die Halle, um den Zug noch zu bekommen. Von Party kann man da kaum sprechen – aber nett war's trotzdem.

20 Oktober 2016

Mein wichtigster Termin

Ich will über das laufende Romanprojekt, an dem ich schreibe, nicht zu viel verraten – es ist nie gut, wenn man zu viel über ungelegene Eier redet. Aber am heutigen Donnerstag auf der Frankfurter Buchmesse nutzte ich die Gelegenheit, auch über mein eigenes Projekt zu sprechen, nicht nur über eine gewisse Raketenheftchenserie.

So sprach ich mit der Person, in deren Programm der Roman erscheinen soll, und ich sprach mit der Person, die ihn redigieren wird. »Ist da eine Liebesgeschichte drin?«, fragte die Person, die redigieren wird. »Ich musste in letzter Zeit zu viel Liebe machen.« Nachdem der Satz gefallen war, lachten wir einige Zeit sehr laut ...

Es ist ein Genre-Roman, und er ist dick. Er dürfte sogar zu dick sein; das heißt, dass ich kürzen muss. Das wird sicher ein seltsames Gefühl mich: Die bittere Medizin, die ich immer mal wieder meinen Autoren gebe, muss ich dann selbst schmecken.

Das seltsame Gefühl wird sowieso noch wachsen: Normalerweise schreibe ich über Bücher, ich lese Bücher, und ich bringe die Romane von Autoren heraus. Diesmal wäre ich dann selbst fällig, und dann muss ich mich der Kritik stellen. Da bin ich schon sehr nervös – dabei ist es bis zur Buchmesse 2017 noch sehr weit ...

19 Oktober 2016

Ich signiere auch Punkrock-Bücher

Die diesjährige Buchmesse ist nur noch wenige Stunden von mir entfernt, der diesjährige BuchmesseCon nur wenige Tage. In diesem Text geht es jetzt nicht um meine Existenz als Redakteur einer Science-Fiction-Serie, sondern um mein Dasein als Gelegenheitsschriftsteller. Als solcher bin ich auf dem BuchmesseCon in Dreieich durchaus anzutreffen.

Konkret: Ich habe einen Packen von Büchern in meinem Auto, und ich setze mich zumindest zeitweise an den Tisch des »Verlags in Farbe und Bunt«. Dort werde ich dann mein aktuelles Buch »Für immer Punk?« signieren, wenngleich es aus einem anderen Verlag stammt, sicher aber auch das eine oder andere Werk, das es in gedruckter oder vertonter Form von mir gibt.

Wer also schon immer mal ein signiertes Buch von mir haben möchte und mich seit langem nicht mehr in »freier Wildbahn« gesehen hat, sollte nach Dreieich fahren. Oder muss mich halt nach der Messe anschreiben und das Buch per Post bestellen – das ist halt immer ein wenig zeitaufwendiger ...

18 Oktober 2016

Der gute Geist zum dritten

Von den 80er-Jahren in die 90er-Jahre: Bei meinen Fortsetzungsromanen, die seit gut zwanzig Jahren (gefühlt ...) im »OX« erscheinen, hat sich ein Zeitsprung ereignet. Die eigentlichen »Peter Pank«-Geschichten spielten in den Jahren 1986 und 1987, mit Rückblenden auf die späten 70er- und frühen 80er-Jahren; in »Der gute Geist des Rock’n’Roll« hat sich die Handlung auf die 90er-Jahre verlagert.

Das bemerken die Leser vielleicht noch gar nicht so. Aktuell ist die dritte Fortsetzung erschienen, in der »OX«-Ausgabe 128. In ihr taucht der Mann, der sich als »der gute Geist« bezeichnet, wieder einmal auf und nervt Peter Meißner, die Hauptfigur des Romans. Sieht man von Gesprächen über Fußball ab, die im Sommer 1996 überall geführt wurden, könnte der Roman zu jeder Zeit spielen.

Wie es danach weitergeht, kann ich noch nicht verraten; das muss ich sowieso erst einmal schreiben. Aber sicher ist, dass mehr »Zeit-Kolorit« in die Geschichte reinmuss. Das wird sich dann auf die Musik beziehen, aber auch politisch-gesellschaftliche Umstände. Damit verrate ich an dieser Stelle nicht zu viel, denke ich ...

Sehr persönliches Renten-Egozine

Den Science-Fiction-Fan Kurt S. Denkena kenne ich – vom Namen her – seit den 70er-Jahren. Gesehen haben wir uns in all der Zeit kaum einmal. Mich hat er als Kritiker genervt; er fand nicht nur mich doof, sondern auch die Arbeit, die das Autorenteam und ich bei »meiner« Serie seit vielen Jahren leisten. Aber damit kam ich klar; gleicheitig respektierte ich ihn stets für seinen eigenständigen Kopf.

In seinem kleinen, aber sehr persönlichen Egozine »15« sagt er mit vielen Bildern und wenig Text aus, dass sich für ihn eine Epoche ihrem Ende neigt: Die letzten Monate seiner beruflichen Laufbahn liegen vor ihm, dann kommt die Rente. Auch die Science-Fiction-Szene scheint er verlassen zu wollen: Er verkauft Bücherberge und zieht sich vom Machen eigener Fanzines zurück.

Das ganze mit einem eigenen Egozine dokumentieren – das hat Stil, und es passt und ist konsequent. Zu viele Worte müssen da auch nicht verloren werden. Ein schöner Abschied eines Fans, der über Jahrzehnte hinweg die deutschsprachige Science-Fiction-Szene mit viel Kritik und Ironie begleitete ...

17 Oktober 2016

Starker Polizisten-Comic

Dass ich ein »Batman«-Fan bin, habe ich schon oft genug erzählt. Manche der neueren Entwicklungen der Comic-Saga finde ich grauenvoll, weil zu viele Superhelden und Parallelwelten in einem Abenteuer verwurstet werden. Da verliere ich den Überblick, das ist mir zu komplex –letztlich prügeln sich dann doch wieder nur kostümierte Helden, nur mit dem Unterschied, dass ich gar nicht mehr kapiere, warum sie das tun.

Da kommt mir ein Sonderband wie »Batman: Gordon aus Gotham« komplett recht. In deutscher Sprache fasst der Band, den es als Hard- und als Softcover gibt, die vier Bände der Miniserie »Batman: Gordon of Gotham« zusammen. Wenn man möchte, kann man sie als eine Vorlage für die unglaublich erfolgreiche »Gotham«-Fernsehserie betrachten.

Erzählt wird von der Frühgeschichte des Commissioners James Gordon. Bevor dieser nach Gotham kommt, ermittelt er in Chicago. Er bekommt rasch mit, dass dort die Korruption grassiert, und er muss sich mit dieser auseinandersetzen.

Die Geschichte wird dabei auf zwei Ebenen vermittelt: In der Handlungsgegenwart der »Batman«-Serie erzählt Gordon dem Dunklen Ritter von seiner eigenen Vergangenheit. Dabei geht es auch um Moral und eine innere Auseinandersetzung mit dem Job eines Polizisten angesichts einer gewalttätigen und korrupten Umgebung.

Die Geschichte ist nicht gerade brandneu. In den USA wurde sie 1998 veröffentlicht. Die Texte stammen von Dennis O’Neil, einem der alten Helden der amerikanischen Comic-Industrie, der offensichtlich großen Spaß daran hatte, eine spannende Krimi-Geschichte ohne jeglichen Superhelden-Quatsch zu erzählen. Das ist ziemlich klasse und macht auch heute noch Spaß.

Wobei mir die hyperrealistischen Zeichnungen von Dick Giordano am meisten gefallen. Der Zeichner, der 2010 bereits verstorben ist, zeigte bei diesem Comic noch einmal seine herausragende Technik. Actionlastige Kämpfe, die Nacht von Gotham, schnell übergeblendete Dialogbilder – das alles macht er richtig klasse. Dass mit Klaus Janson als Tuscher darüber hinaus ein weiteres Schwergewicht der amerikanischen Comic-Szene an diesem Comic beteiligt war, zeigt, dass hier nicht gespart wurde.

Das »Batman«-Universum gefällt mir deshalb, weil es innerhalb der Superhelden-Geschichten immer wieder ausgefallene und ungewöhnliche Einblicke erlaubt. »Batman: Gordon aus Gotham« bestätigt das aufs Neue! Ein starker Comic, der auch in der heutigen Zeit frisch und aktuell wirkt.

16 Oktober 2016

Neue Labels braucht das Land

Kurz vor der Buchmesse sind alle Verlage darum bemüht, die Öffentlichkeit über die aktuellen Pläne zu informieren. Seit Jahren geht es unter anderem darum, sich als besonders modern zu beweisen. Das ist auch in diesem Jahr nicht anders, und deshalb wimmelt es derzeit von Hinweisen auf neue »digitale Imprints«, um den dämlichen Marketingbegriff hier auch einmal zu bringen, oder amüsante Versuche, die Selfpublishing-Szene irgendwie einzubinden.

Auffällig ist im Oktober 2016 allerdings, dass ein Schwerpunkt auf phantastische Literatur gerichtet wird. Schon klar: Die großen Verlage haben diesen Trend mit ausgelöst. Heyne liefert seit 2014 mit »diezukunft.de« allerlei Hintergrund-Informationen rings um das Genre, seit dem Sommer 2016 ist »Tor Online« mit einem fetten Auftritt dabei.

Bastei-Lübbe schiebt zur Buchmesse eine neue Aktivität an. Sie nennt sich »Be«, ist ein neues Label und soll unter anderem fantastische Geschichten im Digital-Format veröffentlichen. Man will das Angebot »stärker segmentieren« und redet viel von Zielgruppen.

Carlsen hat bereits 2013 ein Label für Phantastik im digitalen Bereich aus der Taufe gehoben. Das genügt nicht: Im Oktober 2016 will man mit »Dark Diamonds« ein zusätzliches Label starten. Wie der »buchreport.express« meldet, soll es »vor allem Leserinnen zwischen 18 und 25 Jahren« erreichen. Titel wie »Nordlichtzauber«, »Seelenhauch« und »Unter den drei Monden« scheinen diese Absicht zu unterstützen.

Bleibt noch Penguin Random House, der größte Buchkonzern der Welt. Schon 2008 startete man mit dem Portal »Suvudu«; unter dem Namen »Unbound Worlds« will man sich stärker der digitalen Welt widmen und phantastische Literatur bringen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis es dazu einen deutschsprachigen Ableger gibt.

Für Genre-Fans wächst also das Angebot. Ich stelle für mich nur fest, dass es in einem Maße macht, das es mir unmöglich macht, auch nur ansatzweise den Überblick zu behalten. Vielleicht sollte sich mal jemand Gedanken darüber machen, die gute alte »Science Fiction Times« neu aufzulegen – gerne übrigens als monatliches Nachrichtenmagazin in gedruckter Form ...

15 Oktober 2016

Aldi verkauft Digitalbücher

Kaum haben es die Fachblätter – und auch einige Blogs wie dieser hier – mit einigem Erstaunen vermeldet, dass sich amerikanische und britische Ketten aus dem E-Book-Geschäft zurückziehen, geht ausgerechnet ein deutsches Unternehmen zum Gegenangriff über. Die Rede ist von Aldi – der Lebensmittelhändler verfügt offenbar über eine gut gefüllte »Kriegskasse«.

Ab dem 20. Oktober 2016 bietet Plattform »Aldi Life eBook«, von der ich bis heute nicht einmal etwas wusste, auch allerlei E-Books an. Welche das genau sind, weiß ich nicht; es wird derzeit davon gesprochen, dass eine Million Titel zur Verfügung stehen sollen, davon sogar 3000 kostenfrei.

Es soll eine Ergänzung zum bisherigen Streaming-Angebot sein, das Aldi auf »Aldi Life Musik« seit 2015 zur Verfügung stellt. Dort bezahlt man 7,99 Euro pro Monat und erhält dafür Musik ohne Werbung – eine Art Spotify also. Es ist nachvollziehbar, dass in absehbarer Zeit über ein solches Portal auch E-Books gestreamt werden können.

Ob das eine gute oder schlechte Entwicklung ist, kann bislang niemand sagen. Es belegt auf jeden Fall, dass das Geschäft mit digitalen Büchern noch lange nicht am Ende ist, wie manche immer wieder behaupten. Der »Markt« verändert sich ständig, weil bisher eben auch niemand weiß, wohin es sich entwickelt.

Meine Meinung: Es ist gut, wenn es eine Konkurrenz zu Amazon gibt. Mir wäre lieber, die Konkurrenz käme aus dem Buchhandel oder aus einer gemeinnützigen Organisation heraus. Aber hierzu gibt es ja auch bereits Bemühungen ...

14 Oktober 2016

Ich freue mich auf Dreieich

Es sind nur noch vergleichsweise wenige Tage, bis das Messefieber wieder für mich losgeht. Zum ersten Mal seit vielen Jahren werde ich nicht für zu viel Zeit auf die Frankfurter Buchmesse fahren. Wir haben keinen eigenen Messestand, also werde ich mich nur zwei Tage lang durch das Gewühl plagen. Am Samstag, 22. Oktober 2016, fahre ich nämlich erst gar nicht mehr auf die Messe, sondern besuche direkt den BuchmesseCon.

Dabei handelt es sich um eine Veranstaltung von Fans der phantastischen Literatur, die seit 31 Jahren quasi neben der Buchmesse veranstaltet wird. In früheren Jahren war es vor allem eine Veranstaltung der Grusel- und Horror-Szene, auf der sich in den 80er-Jahren beispielsweise Gruselheftautoren und die Macher von Horror-Fanzines trafen. Im Verlauf der 90er-Jahre blieb das so, in den Nuller-Jahren änderte sich das langsam – und seit einigen Jahren ist der BuchmesseCon eine absolut empfehlenswerte Veranstaltung für jeden Freund (und jede Freundin) des Genres.

Man muss sich das Ganze vorstellen wie eine Mischung aus einer Kleinverlagsmesse und einem Marathon von Autorenlesungen. Da lesen prominente Autoren wie Kai Meyer aus ihren Büchern vor, da präsentieren sich Science-Fiction-Serien auf dem Podium, da stellen Künstler ihre Bilder aus, da gibt es kleine Verlage mit Niveau und kleine Verlage, bei denen man sich vor Grausen abwendet – aber alles ist gleichberechtigt und wird gleich behandelt.

Ich freue mich mittlerweile wirklich auf die Veranstaltung in Dreieich – das liegt ein Dutzend Kilometer oder wenig mehr südlich von Frankfurt. Der Eintrittspreis ist überschaubar, es gibt eine sogenannte Contüte mit viel Inhalt, und man kann hier allerlei Autoren von »Du zu Du« anprechen, was im Tummel der Buchmesse verständlicherweise nicht möglich ist.

Über die weiteren Details wie den Eintrittspreis, die Öffnungszeiten und die Adresse informiert die Website der Veranstalter. Die sind – wie es sich gehört – zudem auch in Sozialen Netzwerken wie Facebook vertreten ...

13 Oktober 2016

Ein Marshallplan für Afrika

Die Kanzlerin war in Afrika, und in ihrem Gepäck hatte sie das Militär und die Abwehr von Flüchtlingen. Im einen Land sprach sie nur vom Militär und von Krieg (Mali), in anderen sprach sie davon, die Grenzen für Flüchtlinge abzuschotten (Äthiopien), im dritten bekam sie einen Vorschlag, den sie offenbar nicht kapierte, auf einem Silbertablett präsentiert (Niger).

Es ging bei dieser Reise offenbar nicht darum, den Menschen zu helfen, sondern Menschen davon abzuhalten, sich auf den Weg in eine möglicherweise bessere Zukunft zu machen. Ich bin kein Politiker und möchte keiner sein – aber wenn ich die entsprechenden Berichte lese, wundere ich mich eben.

Normalerweise wird die Politik von der Wirtschaft beherrscht. Das lässt sich besonders gut in Baden-Württemberg feststellen, wo ehemalige Marxisten heute als Ministerpräsidenten das umsetzen, was die Konzerne im Neckartal für ihre Gewinne brauchen. Sobald es aber um Afrika geht, setzt der wirtschaftliche Sachverstand in diesem Land offenbar aus.

Südlich der Sahara leben Hunderte von Millionen Menschen. Sieht man von dem Elend ab, an dessen Ursachen die europäischen Nationen zumindest mitschuld sind, haben diese Menschen ein großes Interesse an uns und vor allem an unseren Waren. Nichts würden sie lieber tun, als deutsche und europäische Produkte zu kaufen. Sie können sie sich nicht leisten – schon klar –, aber eigentlich wartet südlich der Sahara ein riesiger wirtschaftlicher Markt nur darauf, dass er sinnvoll erschlossen wird.

Warum also gibt es keine große Initiative der europäischen Wirtschaft, einen gemeinsamen Plan aufzulegen, der die afrikanischen Nationen zu gleichwertigen Wirtschaftspartnern macht? Einen Marshallplan 2.0 gewissermaßen, einer für das 21. Jahrhundert. Am Ende gäbe es mehr Wohlstand für alle – und die Fluchtursachen wären vielleicht eher zu bekämpfen.

(Ich meine: Irgendwoher müssen doch die Leute kommen, die in zwanzig Jahren die Aktien europäischer Unternehmen kaufen, um die Kurse weiter hochzutreiben. Das werden die überalterten Bevölkerungen in Mitteleuropa sicher nicht mehr tun.)

Das wäre alles nicht »für umme« zu kriegen. Das würde Geld und Nerven kosten. Aber das wäre ein Projekt, bei dem die Wirtschaft endlich mal zeigen könnte, dass sie an einem sinnvollen Geldverdienen interessiert ist.

Schon klar – das ist alles utopisch, und kein Mensch in Europa ist ernsthaft an einer Problemlösung dieser Art interessiert. Aber erstens habe ich keine Ahnung von Politik, und zweitens darf ich vielleicht auch mal fünf Minuten lang von einer vernünftigeren Zukunft träumen ...

12 Oktober 2016

Frau Antje und der Käse

Es gibt Dinge, die muss ein Mann einfach tun, dachte ich, als ich an der Gracht anhielt. Ich brauche ein Mantra, es musste etwas mit dieser Stadt zu tun haben, und es muss sich ebenso reimen. Ich war in Amsterdam, es war ein frischer Abend im Herbst.

Hausboote reihten sich aneinander, Touristen standen in Trauben herum und fotografierten, kreischende Möwen flogen im Pulk über das Wasser hinweg. Der fiese Wind, der von der Nordsee hereingeblasen wurde, pfiff zwischen den Häusern hindurch, wirbelte Blätter auf und schuf kleine Wellen auf der Gracht.

»Fällt Frau Antje in die Gracht, treibt ein Käse durch die Nacht«, murmelte ich vor mich hin. Es war mein Mantra in dieser Nacht.

Mit diesem Satz auf den Lippen ließ ich mich durch die Straßen der Stadt treiben. Ich roch den Dampf, der aus allerlei Bars ins Freie drang, und wurde schon vom Einatmen ein wenig bekifft. Ich fühlte mich wie ein Tagträumer, ich hatte Frau Antje im Sinn, und ich fühlte mich nicht fremder als in einer durchschnittlichen Stadt in Norddeutschland.

Ich spazierte um Fahrräder herum, die an den unmöglichsten Stellen standen; irritiert betrachtete ich Frauen, die sich in Schaufenstern feilboten; ich trank ein Bier im Stehen und einen Kaffee im Sitzen; ich lauschte dem Stimmengewirr um mich herum. Und ich hatte immer mein Mantra im Kopf: »Fällt Frau Antje in die Gracht, treibt ein Käse durch die Nacht.«

Es war der Moment, in dem ich erkannte, dass Amsterdam und ich die dicksten Käsefreunde aller Zeiten werden würden ...

11 Oktober 2016

Wenn John Sinclair feiert ...

Die Gruselheftserie »John Sinclair« feiert ihren Band 2000 – da gratuliere ich völlig ernsthaft. Ich finde es gut, wenn es neben »meiner« Raketenheftchenserie eine weitere Serie gibt, die im phantastischen Bereich so erfolgreich ist. Bei beiden Serien kann man nicht von Konkurrenz, sondern von Kollegialität sprechen.

Am 5. November wird das Jubiläum gefeiert; der Verlag Bastei Lübbe lädt nach Köln ein. Eigentlich sollte ich dorthin reisen und mein Glas auf den ollen Geisterjäger erheben. Immerhin ist er auch seit gut vierzig Jahren im Geschäft. (Keine Sorge, das klappt rein zeitlich nicht. Zudem ist die Veranstaltung eh schon ausverkauft.)

Einige der Aktivitäten, die von den Kollegen in Köln entfaltet werden, beobachte ich mit großem Interesse. Wie wird sich beispielsweise die geplante E-Book-Serie unter dem Titel »Sinclair Academy« durchsetzen, die sich vor allem an ein jüngeres Publikum richten soll? Und was wird aus dem geplanten Spin-Off, das den schönen Titel »Dark Land« tragen wird?

Jegliche Belebung des Heftroman-Marktes ist mir willkommen – ich fing vor bald vierzig Jahren mit der Lektüre von Heftromanen an und fände es todtraurig, wenn es diese spezielle Literatur-Darreichungsform irgendwann nicht mehr gäbe. Ob das dann Grusel- oder Science-Fiction-Romanen sind, ist mir in diesem Fall völlig gleichgültig.

10 Oktober 2016

Neues von Percy Pickwick

Eine der vielen frankobelgischen Comic-Figuren, die hierzulande nie so erfolgreich wurden, wie sie es vielleicht verdient hatten, ist Percy Pickwick. Der skurrile Brite mit dem charakteristischen blonden Schnauzbart und dem Regenschirm war vor allem im Frankreich der 80er- und 90er-Jahre populär. Die Serie passt zeichnerisch zu anderen klassischen Funny-Serien wie »Asterix« oder »Lucky Luke«, stand aber immer im Schatten der bekannten Serien.

Dem Toonfish-Verlag ist es zu verdanken, dass alle »Percy Pickwick«-Geschichten in einer wunderbaren Gesamtausgabe im Hardcover vorliegen. Völlig überraschend kam im Frühjahr 2016 ein neuer Band in den Handel: Band 23 der Reihe trägt den schönen Titel »Percy Pickwick und die Geisterfahrer« und ergänzt die klassischen Geschichten.

Als Autor wurde Zidrou verpflichtet, der mit bürgerlichem Namen Benoît Drousie heißt. Für die Zeichnungen ist Turk verantwortlich – bürgerlicher Name Philippe Liégeois –, der die Serie schon in den 70er-Jahren zu ihren ersten Erfolgen führte. Dass Turk sein Handwerk noch versteht, sieht man sofort: Die knollennasigen Figuren sehen aus wie »damals«, die flotten Zeichnungen machen all den Lesern sicher Spaß, die sich an dieser Art von bewusst unmodernem Comic erfreuen können.

Die Geschichte selbst ist rasch erzählt: In London und Umgebung fahren auf einmal immer wieder Leute auf der falschen Straßenseite – also rechts, statt links –, womit sie Verkehrsunfälle auslösen. Colonel Percy Pickwick erhält den delikaten Auftrag, sich um diesen Fall zu kümmern. Dabei kommt schnell heraus, dass der Bösewicht vom Kontinent stammt und nichts anderes vorhat, als die Engländer unter seine Kontrolle zu bekommen.

So wird ganz nebenbei in einem Funny-Comic die Situation Großbritanniens in der Europäischen Union verhandelt. Das Wort »Brexit« fällt nicht, aber eigentlich ist dieser Comic ein ironischer Kommentar auf diese Diskussion. Seien wir ehrlich: Die Geschichte ist nicht anspruchsvoll, die Auflösung eher schlicht.

Aber das macht nichts. Band 23 der klassischen Serie geht keine Experimente ein, sondern erzählt in klassisch-naiver Weise. Und das hat mir textlich wie zeichnerisch sehr gut gefallen. (Wer sich darunter nichts vorstellen kann, schaue sich die Leseprobe auf der Toonfish-Seite an.)

09 Oktober 2016

Die Insel der besonderen Kinder

Den Roman habe ich nicht gelesen, aber ich mag Filme von Tim Burton. Also lag es mehr als nahe, den Kinofilm »Die Insel der besonderen Kinder« anzuschauen – in der 3D-Version, allerdings in einem zu kleinen Saal, bei dem die Leinwand dann zu klein wirkt und man nie ein richtiges Gefühl für die dreidimensionalen Effekte bekommt.

Aber gut – die Geschichte funktioniert auch ohne übertriebene Drei-D-Effekte, ist vor allem am Anfang richtig gut. Jake ist ein Junge, der ziemlich an seinem Großvater hängt. Abe, so der abgekürzte Name für den Großvater, erzählte ihm über alle Jahre hinweg Geschichten von einer seltsamen Insel, auf der er sich vor Monstern versteckte und wo er viele wunderbare Freunde fand. Doch dann stirbt der Großvater bei einem Überfall, und der Junge wird neugierig.

Er schafft es, zu der Insel zu reisen, auf der sein Großvater während des Zweiten Weltkriegs in einem Waisenhaus lebte. Das Haus erweist sich als verlassen, die Jugendlichen des Dorfes sind eher merkwürdig, aber der Junge bleibt neugierig. So findet er letztlich heraus, welches Geheimnis wirklich hinter den »besonderen Kindern« steckt – und er muss letztlich für sie und ihr Überleben kämpfen ...

Vor allem in der ersten Hälfte des Filmes gibt es wunderbare Szenen; die fantastischen Effekte sind anfangs sehr behutsam, werden dann immer stärker. Spätestens dann, wenn das Geheimnis der Zeitschleife bekannt wird, verlässt der Film die »reine« Fantasy und rutscht sogar in die Science Fiction. Im letzten Drittel wird die Handlung leider wirr, und den Showdown auf einem Pier fand ich sogar ziemlich albern.

Seien wir fair: Wer einen unterhaltsamen Fantasy-Film mit vielen tollen Effekten sehen möchte, ist bei »Die Insel der besonderen Kinder« an der richtigen Stelle. Er oder sie muss allerdings den logischen Teil des Gehirns abschalten, weil bei der Produktion des Streifens die Logik nicht nur einmal grob in die Ecke geschubst wurde.

Was die Schauwerte angeht, so überzeugt »Die Insel der besonderen Kinder«. Eine Fortsetzung davon benötige ich allerdings nicht ...

08 Oktober 2016

Wieso dieses Buch?

Gelegentlich fragen mich Leute so Dinge wie: »Um was geht es in deinem Buch eigentlich?« Oder auch: »Ist das alles selbst erlebt?« Dazu kann ich tatsächlich aus dem Vorwort meines Buches »Für immer Punk?« zitieren:

»Das vorliegende Buch ist weder ein Roman noch ein Sachbuch. Weder ist beabsichtigt, einen historischen Abriss über die Punk-Szene im Deutschland der 80er- und 90er-Jahre zu geben, noch soll das Buch eine romanhafte Handlung über eine erfundene Figur zu erzählen. Es ist ein Buch mit Kurzgeschichten, von denen jede für sich selbst steht – wer sie in einen inneren Zusammenhang stellen mag, kann das aber gern tun.«

Dass ich irgendwann die erste Berührung mit der Punkrock-Szene hatte, veränderte mein Leben ebenso wie die erste Berührung mit der Science-Fiction-Serie, für die ich heute noch arbeite. Punk und alles, was dazu gehörte, war zeitweise mein Leben; die Science Fiction war mein Hobby. Mein Hobby wurde zu meinem Beruf, der Punkrock blieb und wurde wichtiger.

Aber, und hier zitiere ich wieder mein Vorwort: »Ich war dabei nie von irgendeiner Bedeutung: Weder habe ich in einer der wichtigen Bands gespielt, noch habe ich in einem der wichtigen politisch-kulturellen Zentren dafür gesorgt, dass die Szene florierte.«

Mein Buch enthält deshalb Kurzgeschichten und Erzählungen, die teilweise auf wahren Begebenheiten basieren, diese aber stark verändern und bewusst verzerren. Sie geben meine Eindrücke wieder, sind aber alles andere als seriöse Berichte.

Mein Ziel war und ist bei diesem Buch: Wie fühlte sich Punk in den frühen 80er-Jahren an, wie in den 90er-Jahren, und wie ist es für einen Mann von über fünfzig Jahren, der den »kleinen Punk im Kopf« bis heute nicht verloren hat?

Wenn ich dabei einige Leute gut unterhalten kann, freut es mich. Falls ich jemandem einen Anstoß geben oder eine Idee ins Hirn schubsen könnte, wäre es noch besser. Schauen wir mal ...

07 Oktober 2016

Onmens aus Belgien und ihr Elektro-Krach

Wieder so eine Band, von der ich zuvor nichts gehört hatte: Onmens sind aus Belgien, und »Onmens« heißt auf Flämisch so viel wie »Unmensch«. Es handelt sich dabei um zwei Musiker, die seit einigen Jahren zusammen spielen und die seitdem diverse Tonträger veröffentlicht haben. Ich hörte mir eine Platte der Band mit dem Titel »Witruimte« an – und war streckenweise irritiert, manchmal aber sehr davon angetan.

Langweilig ist die Platte nicht, manchmal eher stressig. Pumpende Bässe und ein verzerrter Brüllgesang, das alles elektronisch verzerrt und übersteuert, schnell manchmal, dann wieder mit einem seltsam verschleppten Rhythmus – alles in allem ist das ein explosives Gebräu, das nur schwer ins Ohr geht, das ich aber sehr originell finde.

Manchmal erinnert der Sound an den sogenannten Digital Hardcore der 90er-Jahre, vielleicht kann man das Ganze sogar in die Industrial-Ecke stellen, und manchmal schält sich ganz überraschend eine Melodie unter dem wuchtigen Sound hervor. Sieht man sich die Fotos an, wirkt die Band auch live sehr eindrucksvoll – ich bin sicher, dass das knallige Konzerte sind.

06 Oktober 2016

Zwei Texte zum Sternenlotsen

Mit dem Science-Fiction-Autor Rainer Castor arbeitete ich seit den 90er-Jahren zusammen. Auf zwanzig Jahre kamen wir nicht ganz, aber es fehlte nicht viel. Wir waren nicht immer einer Meinung – das ließ sich kaum vermeiden –, aber wir arbeiteten gut zusammen.

Er schrieb nicht nur für die Serie, für die ich ebenfalls tätig bin, sondern veröffentlichte eigenständige Romane. Sein »Der Blutvogt« schilderte beispielsweise in eindrucksvollen Bildern eine mittelalterliche Szenerie, wie ich sie zuvor nicht gelesen hatte.

Als er am 22. September 2015 starb, war ich schockiert. Das war viel zu früh!

Der Science-Fiction-Club »Terranischer Club Eden« hat sich der Mammut-Aufgabe gestellt, in zwei dicken Büchern an den Autor zu erinnern. Ich bin stolz darauf, mit zwei kurzen Texten in dem Buch vertreten zu sein.

Mein »Traurig in Andernach« ist eigentlich »nur« ein Blogtext – aber was soll man da auch mehr schreiben? Ein wenig ausführlicher ist »Mein letzter Tag mit Rainer«, in dem ich auf das Frühjahr 2015 und eine interne Besprechung zurückblicke.

In den nächsten Tagen und Wochen werde ich die Bücher lesen und durchstöbern, die ich heute als Belegexemplare erhalten habe. Und dabei werde ich oft an den viel zu früh verstorbenen Kollegen denken – er hatte noch so viele Pläne und hat viel zu wenig davon verwirklichen können.

05 Oktober 2016

Die letzte Sau im Kino

Im stolz-badischen Karlsruhe ist es schon etwas Besonderes, im Kino zu sitzen und einen Film anzugucken, in dem streckenweise ein schwäbisch-bayerischer Dialekt gesprochen wird, für den man flächendeckend in Deutschland sicher Untertitel brauchen wird. Ich habe »Die letzte Sau« angeschaut, im Kino, wie es sich gehört, und ich war streckenweise beeindruckt, fand ihn aber leider auch streckenweise doof und nicht richtig konseuent.

Dabei ist der Anfang richtig Klasse. Der »Held« ist »d’r Huber«, ein kleiner Bauer, der Schweine züchtet und sie zu einem kleinen Schlachter im Dorf liefert. Doch die Agrarindustrie macht beide kaputt: den Schlachter ebenfalls wie den Bauer. Und nacheinander werden sie zu Desperados, jeder auf seine Weise und beide ebenso planlos.

»Die letzte Sau« ist eine obskure Mischung aus Roadmovie (der Bauer Huber fährt mit einem Moped mit Seitenwagen quer durch die Republik), Märchen (die Zufälle sind arg skurril) und Tragikomödie (ich musste oft lachen, aber ebenso oft blieb mir das Lachen im Hals stecken). Vor allem am Anfang sind die Szenen großartig, auch in der Mitte gibt es starke Sequenzen, und am Ende versuppt der Film ein wenig.

Es ist ein »Indie-Film«, der sich bewusst der kleinen Leute annimmt, die von der Industrie an die Wand gedrückt werden. In starken Landschaftsaufnahmen wird ein Deutschland gezeigt, das man so kaum noch kennt: endlose Landschaften, Weizenfelder, Wälder, Wiesen – ein Idyll gewissermaßen. Ebenso stark, aber keine Sekunde lang witzig sind die Bilder von Schweinetransporten oder von der Methode, frischgeborene Sauen kurzerhand zu erschlagen.

Ich möchte eine eingeschränkte Empfehlung abgeben. Wer die Chance hat, den Film in seinem lokalen Kino anzuschauen, sollte das unbedingt tun – trotz aller Sprachprobleme, die sich für alle Menschen nördlich der Main-Linie ab und zu unweigerlich ergeben werden. Der Film wird irgendwann sicher in die Kinos kommen, aber erinnert man sich dann noch daran?

04 Oktober 2016

Comic-Blick auf die Hippie-Zeit

Für mich ist »Watchmen« einer der besten Comics aller Zeiten, sicher der eindrucksvollste Comic-Band der 80er-Jahre und ein wegweisendes Werk für die Comic-Schaffenden in den Vereinigten Staaten. Es lag nahe, dass irgendwann mal eine Reihe wie »Before Watchmen« kommen würde, und es war auch klar, dass sie nicht jeden Geschmack treffen könnte.

Ich kam erst dieser Tage dazu, »Silk Spectre« zu lesen. In Amerika erschien die Miniserie in vier Heften, hierzulande kam sie als Paperback bei Panini in den Handel. Trotz einiger Schwächen und eines unbefriedigenden Schlusses – allerdings wäre es kaum anders gegangen – hat mir dieser Comic sehr gut gefallen.

Silk Spectre ist eine Superheldin, zur Zeit des »Watchmen«-Comics ist sie eine der »Wächter«. Wie der Serientitel »Before Watchmen« nahelegt, erzählt der Comic ihre Vorgeschichte. Und wer mag, kann diese Geschichte als Superheldinnen-Erzählung lesen, ebenso aber als eine Geschichte vom Erwachsenwerden in der Zeit von »Flower Power«. Schaut man den Comic unter diesem Aspekt an, ist die Geschichte richtig gut.

Es geht letztlich um eine junge Frau, die ihren eigenen Weg gehen möchte, weg von ihrer übermächtigen Mutter – die eine Superheldin war –, hin zu den Idealen der Hippie-Bewegung. Dazu zählen Sex und Musik, allerlei Drogen sowie eine politische Orientierung, die in den USA auch heutzutage nicht gerade »Mainstream« ist.

Der Autor des Comics ist Darwyn Cooke, den ich für seine Neu-Interpretation von »Catwoman« sehr schätze, der aber auch die »Parker«-Krimis in beeindruckende Comic-Romane umsetzte. Cooke weiß einfach, wie man eine Geschichte erzählt, die mit nur geringen Klischees auskommt. Seine Heldin muss sich gegen gesellschaftliche Konventionen stemmen und ihren eigenen Weg finden; das geht nicht so einfach, und das schildert er packend.

Die Comic-Künstlerin Amanda Conner ist mir von diversen Superhelden-Geschichten her bekannt. Sie schafft es, psychedelische Sequenzen ebenso in den Comic einzubauen wie knallharte Action, die sehr realitätsnah vermittelt wird. Es gibt harte Kämpfe und Drogenerlebnisse – das alles packt sie in Bilder, die mich überzeugt haben.

So ist »Silk Spectre« sicher ein Comic, der sich an »Watchmen«-Fans richtet, weil nur diese alle Anspielungen verstehen können. Gleichzeitig aber ist er ein Comic, in dem die Hippie-Bewegung der späten 60er-Jahre in ein abwechslungsreiches Bild gerückt wird.

Sehr schön. Mein Tipp: Guckt in das Paperback rein! Noch kann man es kaufen, noch steht die Leseprobe im Internet zur Verfügung.

03 Oktober 2016

Das bisschen Totschlag

Ich kann nicht sagen, dass ich Jan – also Chaoze One – besonders gut kenne. Wir haben uns im Verlauf von vielen Jahren einige Male gesehen und ganz selten unterhalten. Er ist ein Rapper, vor dem ich Respekt habe, weil er schon immer eine knallige Musik mit klaren Aussagen verbunden hat.

Mit seinem Video »Das bisschen Totschlag«, das ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit veröffentlicht wurde, also am 3. Oktober 2016, sagt Chaoze One klar, wo er in diesen Tagen steht, und es drückt aus, was ich nicht mehr mit Sprache ausdrücken kann. »Euer Deutschland macht mir Angst« schreit er, die Texte sind darüber hinaus eindrucksvoll und klar. Dazu kommen aussagekräftige Bilder und Video-Sequenzen, dazu eine Musik, in der sich HipHop mit wütenden Gitarren verbindet.

Um es klar zu sagen: »Das bisschen Totschlag« ist mein Soundtrack zum diesjährigen Tag der Deutschen Einheit.

Hier ist der Direkt-Link:
https://www.youtube.com/watch?v=09nmVo4mkDA

Lookout als Thema

Nachdem ich im Juli technische Probleme gehabt hatte und meine Sendung abbrechen musste, setzte sich die Strähne des Nicht-Sendens fort. Im August und September war ich zweimal am Radio-Wochenende unterwegs. So kam es, dass ich erst wieder am Sonntag, 2. Oktober 2016, in meinem Studio im Querfunk saß, dem Freien Radio in Karlsruhe.

Als Thema hatte ich das Label Lookout Records ausgesucht; vor allem in den 90er-Jahren hatte ich eine Reihe von Bands extrem gern gehört, die auf diesem Label veröffentlicht wurden. Es war eine gute Gelegenheit für mich, während der Vorbereitung auf diese Sendung mal wieder einige Platten aus dieser Zeit zu hören.

Die große Zeit von Lookout Records war in den 90er-Jahren. Viele der damaligen Bands sind längst vergessen, sieht man von einigen Spezialisten ab. Einige andere sind weit weg vom Punk gelandet; das beste Beispiel hierfür ist die Band Neurosis, von der ich ein Stück aus dem Jahr 1990 spielte. Auch Avail waren nur am Anfang auf diesem Label und sind nur bedingt typisch.

Umso typischer waren dann Melodie-Punk-Kapellen wie Suirt Gun oder The Smugglers, die Vindictives oder auch The Crumbs. Mit den Potatomen brachte ich darüber hinaus eine Band, die eher IndiePop spielte. Wobei ... heute würde man das auch in die Emo-Ecke stecken oder sonstwie einen modernen Begriff dafür finden.

Mit der Sendung war ich unterm Strich zufrieden, die musikalische Bandbreite empfand ich als gelungen. Dass ich zuerst die Plattenspieler zusammenschrauben musste und mit dem wackeligen Mikrofon meine Probleme hatte, nervte allerdings ziemlich. Aber ich darf nicht meckern – schließlich bin ich bei dem Radioprojekt seit vielen Jahren inaktiv, was die Bereiche außerhalb meiner eigentlichen Sendung angeht ...

02 Oktober 2016

Digitale Krisen

Die Menschen, die bei jeder Gelegenheit erzählen, wie sehr die E-Books in der Krise stünden, erhielten in diesen Tagen »neues Futter«. Wie aus Branchenzeitschriften hervorgeht, hat Sainsbury's jetzt angekündigt, den Verkauf von E-Books einzustellen.

Auf der eigenen Website wird das nüchtern verkündet. »As of Saturday 1st October you can no longer buy eBooks from Sainsbury’s Entertainment on Demand.« Zur Erläuterung: Sainsbury's ist ein Konzern, der vor allem in Großbritannien zahlreiche Supermärkte betreibt.

Man baute vor vier Jahren eine eigene Abteilung für digitale Produkte auf. »Sainsbury's Entertainment« wurde groß angekündigt, zuletzt arbeiteten für die Abteilung rund vierzig Personen. Bis Ende Dezember werden diese wohl alle ihren Job verlieren.

Bereits im Frühjahr hatten andere Konzerne wie Waterstones oder Barnes & Nobles angekündigt, ihre Aktivitäten im E-Book-Markt einzustellen. Immerhin wird den Kunden jetzt empfohlen, zu Kobo zu wechseln. Die Blöße, gegenüber dem Marktführer Amazon zu kapitulieren, wollte man sich wohl nicht geben.

Die einzige echte Schlussfolgerung, die man aus diesen aktuellen Meldungen ziehen kann, ist allerdings die: Weiterhin ist Amazon im E-Book-Geschäft auf dem Vormarsch, an dem Online-Riesen kommt wohl niemand mehr vorbei. Die Konzentration im Handel nimmt weiter zu, vor allem in englischsprachigen Markt.

Dass das E-Book-Geschäft zurückgeht, kann man allerdings daraus nicht schließen. Es verlagert sich eben noch mehr auf den Marktführer – und offenbar weiß niemand ein Rezept dagegen. In einen ruinösen Preiskampf einzutreten, wie es in den Länden ohne Buchpreisbindung versucht worden ist, kann auf jeden Fall nicht helfen ...

01 Oktober 2016

Gedanken an Manfred Borchard

Gestern morgen – also am Freitag, 30. September 2016 – verstarb Manfred Borchard in Freiburg. Den meisten Besuchern meines Blogs wird der Name nicht so viel sagen; mich hat die Todesnachricht sehr getroffen. (Vor allem deshalb, weil ich mir gut ein halbes Jahr lang vorgenommen habe, mich bei ihm zu melden – und es nie auf die Reihe bekommen habe.)

Manfred Borchard habe ich vielleicht dreimal persönlich getroffen, viel öfter war es nicht. Geschrieben haben wir uns jahre- und jahrzehntelang. In den späten 70er-Jahren war er einer meiner ersten Science-Fiction-Kontakte. Er schrieb Kurzgeschichten, die unter anderem auf der Leserkontaktseite der PERRY RHODAN-Romane veröffentlicht wurde. Und er gab zusammen mit Helmut Ehls das hervorragende Fanzine »Phalanx« heraus,

Warum Manfred Borchard nicht den Sprung zum »Profi-Autor« gewagt hat, weiß ich nicht. Anfangs der 80er-Jahre wurde er in professionellen Anthologien veröffentlicht – aber wahrscheinlich waren seine Geschichten zu ausgefallen, zu experimentiell. Er spielte mit der Sprache, war oftmals sehr weit entfernt von der gängigen phantastischen Literatur.

Irgendwann in den 80er-Jahren hörte er damit auf, seine Kurzgeschichten zu veröffentlichen. Wir schrieben uns vor allem in den 90er-Jahren sehr regelmäßig. Manfred schickte mir dicke Umschläge, denen er auch Berichte über Punkrock und Comics beilegte, also Themen, von denen er annehmen konnte, dass sie mich interessierten.

Unser Kontakt schlief in den Nullerjahren ein, weil ich nicht mehr so regelmäßig antwortete. Auf E-Mails wollte Manfred nicht umsteigen, er schrieb lieber Briefe und bevorzugte diese Art der Kommunikation. In seinen Briefen war er originell und geistreich, und ich ärgere mich darüber, sie nicht alle aufgehoben zu haben.

Vor etwa einem Jahr hörte ich von seiner schweren Erkrankung. Ich nahm mir mehrfach vor, ihn anzurufen oder anzuschreiben. Viel zu oft fand ich Ausreden dafür, es nicht zu tun: zu viel Arbeit, zu viel Stress. Gestern erlag er seiner Krankheit.

Was bleibt, sind die Erinnerungen an einen Science-Fiction-Fan, den ich sehr schätzte, Erinnerungen an einen Autor und Fanzinemacher, der mich zeitweise sehr beeinflusste. Und was vor allem bleibt, ist die klare Absicht, nie wieder einen Krankenbesuch zu lange vor mir herzuschieben.