In einem Buchverlag in der südwestdeutschen Provinz standen die Zeichen bei der Jahrestagung auf Sturm. Die Zahlen waren nicht katastrophal ausgefallen, waren aber auch nicht so, dass man jubeln konnte. Vertrieb und Lektorat diskutierten über die neuen Titel und machten sich Gedanken, wie man das kommende Jahr besser planen könne. Die Diskussion wogte hin und her, sie war zeitweise recht konfus.
Bis der Geschäftsführer, der am Tischende saß und zeitweise den Eindruck machte, er sei eingeschlafen, auf einmal zusammenzuckte. Er räusperte sich lautstark, und die aufgeregte Diskussion verstummte. Alle sahen ihn an.
Langsam stand er auf. »Meine Damen, meine Herren!«, sagte er betont. Es war jedem in der Runde klar, dass etwas Wichtiges kommen würde. Er sah alle der Reihe nach an.
»Ich habe mir in den vergangenen Wochen einige Buchhandlungen angesehen«, sagte er. Das hatten alle mitbekommen. Er war mit einem Block und einem Stift in verschiedenen Buchhandlungen gewesen und hatte sich Notizen über die Platzierungen von Büchern gemacht. »Dabei ist mir etwas aufgefallen, das bei uns fehlt und das wir unbedingt in unsere strategischen Überlegungen einbeziehen müssen.«
Alle lauschten gespannt: Vertrieb und Marketing, Lektorat und Werbung. Was würde nun als neues Konzept kommen? Welche geniale Idee würde die Geschäftsführung präsentieren?
Der Geschäftsführer beugte sich nach vorne, stützte beide Fäuste auf den Konferenztisch. »Wir müssen«, sagte er dann, und er betonte jede Silbe besonders stark, »wir müssen einfach mehr Bestseller machen.«
Nach dieser beeindruckenden Idee herrschte einfach Stille. Und mehr gibt es zu dieser Szene auch nicht zu erzählen …
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen