31 Januar 2012

Großes Essen im Gasthof Linde

Unglaubliche zwölf Prozent Mehrwertsteuer waren am 28. März 1978 bei einem Essen in einem Restaurant fällig. Woher ich das weiß? Ich habe die Rechnung des Gasthofs Linde gefunden, in der an diesem Tag meine Konfirmationsfeier veranstaltet wurde.

Das war damals üblich: Nach der Konfirmation lud die Familie des Konfirmanten eine Festgemeinde in ein nahegelegenes Lokal ein und verköstigte sie. In diesem Fall waren es wohl die Tanten und Onkel sowie deren Kinder, und es kam unterm Strich eine Rechnung von 399,40 Mark heraus – für meine Eltern war das damals eine große Summe.

Dafür gab es 23 Mittagessen zum Preis von 13,80 Mark, wahrscheinlich Braten mit Beilagen. Getrunken wurde ordentlich: 17 Glas Bier – also Export – für 1,10 Mark und neun Pils für 2,10 Mark. Dazu kamen Bluna und Spezi sowie vier Asbach und fünf Kirschwasser. Für die Verhältnisse einer schwäbischen Arbeiterfamilie ließ man es also ordentlich krachen.

Im Schnee vor dem Gasthaus lieferte ich mir mit einigen anderen eine Schneeballschlacht. Mein »schönes Anzügle« wurde nass, und ich bekam einen Anschiss.

Kaffee und Kuchen wurden nicht mehr im Gasthaus verzehrt, sondern bei uns zu Hause serviert. Meine Mutter hatte gebacken, und sie stellte Kaffee und Kuchen auf den Tisch. Wie das so üblich war ...

Ich erinnere mich noch gut, als ich gegen später meine neue Schallplatte vorspielte. Es war die »Never Say Die« von Black Sabbath. Mein großer Cousin, damals schon über zwanzig Jahre, war gebührend beeindruckt. »Des isch aber progressiv«, sagte er. Es blieb unser einziges Gespräch über Musik.

Schiffbruch im Rahmenprogramm

Ich habe Inner Conflict schon lange nicht mehr gesehen, und wenn ich mir in diesen Tagen die Langspielplatte »Schiffbruch im Rahmenprogramm« anhöre, ist das glatt ein Grund, mich darüber zu ärgern. Die Band aus Köln macht deutschsprachigen Punkrock, für den die Schublade Deutschpunk nicht unbedingt zutreffend ist, der sich durch schlaue Texte, einen starken Gesang und einen saugut geschmierten Sound auszeichnet.

Klar ist es die Stimme der Sängerin Jenny, die zumeist die Stücke trägt; mit am besten gefallen mir aber die Stücke, in denen sich männliche und weibliche Stimme abwechseln. Dazu wummern Bass und Schlagzeug, setzt die Gitarre scharfe Akzente – das alles ist ein Sound, der nicht unbedingt zum Pogo einlädt, sondern eher zum Kopfwackeln und Fußwippen.

Textlich behandelt die Band häufig persönlich-menschliche Themen wie in »immer wieder«. Da heißt es: »gegen die vernunft / gegen den verstand / dem rasen zweier herzen / gegen jede fairness / gegen alle regeln.«

Und wenn es politisch-gesellschaftskritisch wird wie in »en vogue«, verzichtet die Band auf Parolen: »wir sind jetzt die friedensmacht / ein wahlsystem das funktioniert / sieh an, wer hätte das gedacht / und trotzdem hab ichs nicht kapiert.«

Die Platte ist übrigens vom Sommer 2007. Ich kann sie im Winter 2011/12 problemlos anhören und denke mir, dass sie Bestand haben wird. Das gilt auch für andere Tonträger der Band, für die das Label Twisted Chords verantwortlich ist.

30 Januar 2012

Zu wenig Musik im Pack

Das hatte ich mir toll ausgesucht: Für meine Radiosendung am Sonntag abend, 29. Januar 2012, wollte ich einige aktuelle Punkrock- und Hardcore-Platten aus deutschen Landen präsentieren. Zu diesem Zweck wählte ich einige CDs und Vinylscheiben aus, von denen ich klugerweise zwei daheim liegen ließ. Ganz schön blöd, aber eben nicht zu ändern.

Ich machte das beste aus der Situation, und die ENPUNKT-Radiosendung im Querfunk lief doch ganz gut ab. Mit den Berlinern von Zack Zack und der Münsteraner Dean Dirg-Bande gab's gleich zwei Bands, die sich bewusst an der Vergangenheit orientieren: einmal 1977, einmal 1982 - auch gut.

Aktuell klingenden Hardcore servierte ich von Cobretti aus Köln und Conmoto aus Limburg; die Limburger hatte ich letzten Herbst in der »Alten Hackerei« in Karlsruhe auch live bewundert. Braindead aus Hamburg lieferten ebenfalls Hardcore, sauber abgeschmeckt mit einer Prise Ska.

Deutschpunk mit einem Schlag Oi! gab's von Fahrenheit aus Magdeburg, Deutschpunk mit knalligem Hardcore-Sound kam von Abfukk vom Niederrhein. Und mit Düsenjäger und Captain Planet kam sogar die Emopunk-Fraktion auf ihre Kosten.

29 Januar 2012

Ziemlich beste Freunde

Die Geschichte klingt klischeehaft: Ein querschnittsgelähmter reicher Mann mit weißer Hautfarbe und ein Arbeitsloser mit schwarzer Hautfarbe, der ihn betreuen soll, freunden sich miteinander an – und das ganze funktioniert. Damit ist übrigens die komplette Handlung des Films »Ziemlich beste Freunde« sehr schnell zusammengefasst.

Den Film sahen wir uns am Samstag, 28. Januar 2012, in der Spätvorstellung an. Das gab uns die Gelegenheit, vorher an der Bar im Kino den einen oder anderen Cocktail zu trinken. Ein guter Einstieg in einen dann sehr gelungenen Film!

Das scheine ja nicht nur ich so zu empfinden. Der Film war in Frankreich ein riesiger Erfolg, und er scheint auch hierzulande super zu laufen. Kein Wunder: Die Mixtur aus sehr ernsthaftem Thema und richtig viel Witz funktioniert hervorragend.

Ich lachte viel während des Filmes: Die Pointen sitzen, die Situationskomik ist häufig überraschend. Und am Ende war ich ein wenig traurig, dass der Film schon vorüber war. Eine echte Empfehlung, ein schöner Start ins Kino-Jahr 2012!

28 Januar 2012

Rücktritt vom Amt

Normalerweise finde ich Politiker ziemlich blöde. (Härtere Ausdrücke lasse ich sicherheitshalber weg, man weiß ja nie, wer so einen Blog-Text liest ...)

Die meisten Politiker interessieren sich offensichtlich nur für ihre eigenen Interessen oder für die Interessen der Mächtigen, von denen sie gesteuert und geschmiert werden. Mich ekelt der Großteil der Bande an, wenn ich die entsprechenden Fressen im Fernsehen sehe oder ihre Aussagen in der Zeitung oder im Internet lese.

Doch jetzt hat mich mal eine Politikerin positiv überrascht. Eine, die ziemlich genau halb so alt ist wie ich. Ich meine Marina Weisband von der Piratenpartei.

Diese Partei ist mir wegen ihres Verhältnisses zum Urheberrecht herzlich unsympathisch, und über die politischen Ansichten der Dame weiß ich wenig. Ich sah sie einmal in einer Talkshow, wo sie wenig sagte, aber das wenige klang vernünftig.

Jetzt ist sie zurückgetreten. Sie bleibt Mitglied in der Partei, schreibt aber erst einmal ihre Diplomarbeit fertig. Damit reklamiert sie das Recht auf ein normales Leben.

Angesichts einer Parteienlandschaft, wo überall die aalglatten Karrieristen den Ton anzugeben scheinen, ist das mal eine richtig positive Aussage. Respekt!

27 Januar 2012

Meine Nase für die Schule

Die Vorstellung, dass sich eines Tages vielleicht Schüler im Unterricht mit Zeugs beschäftigen müssen, was ich mir ausgedacht habe, hat mich schon immer erheitert. Dieser Tage hat sie neue Nahrung erhalten. Im Schroedel-Verlag, der vor allem durch seine Schulbücher bekannt geworden ist, erschien ein Sachbuch zur Science Fiction.

Unter anderem gibt es Auszüge aus einem Interview, das die Zeitschrift »Mauerschau« vor einigen Jahren mit mir geführt hat. »Über die Grenzen einer Heftserie« ist der Text übertitelt, und in den Textauszügen geht es um meine Aussagen zur Wirtschaftspolitik einer fernen Zukunft.

Seien wir fair: Ansonsten hat das Buch wenig mit unterhaltender Science Fiction zu tun, sondern bringt vor allem Beispiele dafür, wie verkopft und mit wie wenig Spaß man Schüler mit dieser Literatur konfrontieren kann. Immerhin hat man Andreas Eschbach aufgenommen, ansonsten gibt es die üblichen Verdächtigten von H.G. Wells bis Stanislaw Lem.

Vor allem die sogenannten Arbeitsanregungen, die zu den einzelnen Texten gestellt werden, sind dazu angetan, einem Schüler wirklch jeden Spaß auszutreiben. Damit soll eine »Literatur zwischen Spannung, Fantastik und Zukunftsvision« vermittelt werden.

Da hatte ich es in meiner Schulzeit einfacher: Science Fiction war Literatur für Deppen und Eskapisten. Wer das las, machte es bewusst. Heute wird auch Science Fiction in den Kanon der Literaturvermittlung gepresst – kein Wunder, dass immer weniger Leute mit Spaß lesen wollen.

26 Januar 2012

Fantasy für Frauen und ich


Da ab diesem Monat die Abonnements möglich sind und die ersten Bücher offiziell ausgeliefert werden, kann ich auch einige Zeilen hier drüber schreiben: Die »Schattenlord«-Serie geht jetzt los. Dabei handelt es sich um eine neue Fantasy-Serie, für die ich als Redakteur mitverantwortlich bin. Chefautorin ist Uschi Zietsch-Jambor alias Susan Schwartz, die ich seit einem Vierteljahrhundert etwa kenne und mit der ich seit gut zwanzig Jahren zusammenarbeite.

Die »Schattenlord«-Serie ist die direkte Fortsetzung der »Elfenzeit«. Es ist eine Fantasy-Serie, die sich auch in punkto Cover-Gestaltung vor allem an Leserinnen richtet - Männer dürften da aber ebenso ihren Lesespaß dran haben. Es gibt auf jeden Fall genug Mord und Gemeinheiten, dass alle Geschlechter auf ihre Kosten kommen, ebenso gibt es Romantik und Witziges.

Immerhin haben wir zwanzig »Elfenzeit«-Bücher publiziert, und die »Schattenlord«-Geschichte sollte auch erfolgreich werden. Das Interessante daran ist, dass es die Hardcover-Bände nur im Abonnement gibt - entweder über die Homepage von BS Editionen oder über eine von uns eingerichtete Internet-Seite, die wiederum auf BS Editionen verweist.

Ich gestehe, dass ich auf diese Arbeit und ihre Erfolge recht stolz bin. Die »Elfenzeit«-Bücher habe ich selbst gern gelesen, und ich finde den Start von »Schattenlord« bisher sehr gut gelungen.

25 Januar 2012

Blick in das alte Impfbuch

Keine Ahnung, ob man heute noch als Baby ein Impfbuch erhält. Ich erhielt mein Impfbuch im Sommer 1964. Es war auf meine Adresse in Dietersweiler ausgestellt – damals noch eine selbständige Gemeinde –, und es enthält die ganz alte Hausnummer: Zu der Zeit wurden die Häuser im gesamten Dorf durchnumeriert; dass die Hausnummern nach Straßen vergeben wurden, kam erst einige Zeit später.

Am 29. Mai 1964 bekam ich meine erste Pocken-Impfung, und ich wurde in eine Impfliste eingetragen. In den folgenden Jahren kamen Impfungen gegen Diphterie und Tetanus hinzu, vor allem die Tetanus-Impfung war auf dem Land sicher sinnvoll.

Das Impfbuch endet 1977. Danach verwahrte es meine Mutter, ich selbst hatte keinen Zugriff darauf. Ich erinnere mich im Nachhinein weder an die Impfungen selbst noch an das Buch – all das ist komplett aus dem Gedächtnis gestrichen.

Interessant ist übrigens ein Blick auf das Schriftbild. Im Staatlichen Gesundheitsamt in Freudenstadt wurde noch 1975 die Sütterlinschrift benutzt – zumindest hatte der Arzt oder die Ärztin seine/ihre Probleme damit, die neue Handschrift zu nutzen ...

Mit Oliver Twist ins All

Eine Band, die sich The Oliver Twist nennt, kann schon mal nicht schlecht sein. Das dachte ich anfangs der Nuller-Jahre, als ich die zweite Platte der Band kaufte: Das Ding wurde Ende 2000 aufgenommen und erschien unter dem Titel »Automatic Construct Kill«; auf dem Cover sieht man die fünf Bandmitglieder als Comic-Figuren, die in Raumanzügen stecken. So was finde ich als Science-Fiction-Fan ja eh gut.

Dieser Tage hörte ich sie mir nach langen Jahren wieder mal an. Und ich fand sie richtig gut, finde sie immer noch richtig gut. Punkrock ist das, was auf der Platte zu hören ist, beim besten Willen nicht. Zumindest dann nicht, wenn man an Punkrock all die Definitionen anlegt, die in den letzten dreißig Jahren ausgebrütet wurden.

Wäre man großzügig und würde Devo oder Gang Of Four unter die Punk-Definition packen, ja, dann wären The Oliver Twist auch Punkrock. Was die fünf jungen Männer (mittlerweile dürften sie anfangs bis Mitte dreißig sein, aber damals ...) fabrizieren, ist ein teilweise sehr hippeliger, teilweise durchaus sperriger Sound. Die Gitarre ist oft kantig, die Melodien oft abgehackt, darüber ein Gesang, der ein wenig ins »Hohe« rüberrutscht.

Keine Ahnung, wie man so einen Stil nennen soll; Indie-Rock wäre für diese Band wohl eine Beleidigung. Aber eigentlich ist es eh egal: Die Platte ist irgendwie Science-Fiction-Musik für Leute, die keine Lust haben, die ganze Zeit Synthie-Gewaber zu hören ... Auf jeden Fall isses cool!

24 Januar 2012

Organbank aus Berlin

Eigentlich war »Organbank« eine der ganz frühen deutschsprachigen Punk-Bands. Aber ich glaube nicht, dass Carsten Scheibe daran dachte, als er 1986 ein Fanzine unter diesem Titel herausbrachte. Die Auflage war gering, laut Impressum zwischen 40 und 50 Exemplaren, und ich hatte heute nach vielen Jahren mal wieder die erste Ausgabe in der Hand.

Es ist ein typisches Egozine jener Zeit: ein wenig großspurig, ein wenig rotzig und voller Diskussionspunkte. Das Heft geht auf andere Fanzines an – darunter natürlich auch welche von mir –, macht Werbung für »Tales«, also das eigene Heft, und erzählt darüber, wie es bei der Studienberatung ist.

Ebenfalls gibt es allgemeines Geplauder über die aktuelle Lebenssituation oder den Besuch von Achim Mehnert – heute SF-Autor, damals SF-Fan – in Berlin. Alles in allem ein Fanzine, das ich nach über 25 Jahren wieder komplett gelesen habe.

Es ist ein Blick in eine andere Welt ... Wir sind seitdem alle ein wenig älter und »reifer« geworden. Aber ich habe das Fanzine gern gelesen, lieber als manches heutige Fanzine und vor allem lieber als manche hektisch geschriebenen Blog- und Facebook-Texte der heutigen Zeit.

Dorks saufen in Bayern

Punk muss nicht originell sein, Deutschpunk gleich zweimal nicht. Die Dorks sind vier recht junge Punks, die irgendwo aus dem tiefsten Oberbayern kommen und Deutschpunk machen. Anscheinend saufen die drei jungen Herren und die junge Dame auch gern mal, und daraus machen sie Lieder.

Warum das Label meint, diese Mischung, würde »die Szene einmal kräftig« aufmischen, ist mir nicht klar – solche Texte gibt's seit den 80er-Jahren. Gemeint ist laut Info diese »mittlerweile so biedere Punkrockszene«, in der jeder hinter den anderen einen Sexisten oder gar Grauzone vermutet. Das Label tut der Band mit solchen Formulierungen keinen Gefallen; man könnte sie automatisch in eine der beiden Schubladen stecken.

Muss man nicht. Die Dorks machen rüpeligen Deutschpunk, der klingt, als habe man ihn 1982 eingespielt. Das ist keine Filigranmusik, da rappelt und rotzt es sehr authentisch vor sich hin. Textlich geht es häufig um Saufen und Ficken, es geht gegen Zivilpolizisten und gegen spießige Urlauber – nichts neues, aber konsequent.

Die Platte »Servus, gruezi & K.O.« ist die zweite der jungen Band; die erste war noch selbstproduziert, die hier kam auf dem Label SN-Punx heraus. Die Dorks sind keine Band, die man kennen muss; wahrscheinlich bin ich dafür jetzt doch zu alt. (Aber hey ... in den frühen 80er-Jahren fand ich die Cotzbrocken ernsthaft gut. Und schlechter als die sind Dorks allemal nicht.) Für Kid-Punks garantiert eine coole Scheibe!

Was ich lustig finde und was die Science-Fiction-Leser meines Blogs interessieren könnte: An der CD beteiligt war ein gewisser Frans Stummer. Der Mann zeichnete in den 80er- und 90er-Jahren haufenweise Bilder für Science-Fiction- und Fantasy-Fanzines und rockte in den späten 80er-Jahren mit seiner Band Sound Of One Hand auch mal das Jugendzentrum »Murgtäler Hof« in Freudenstadt.

23 Januar 2012

Post von der Betrugs-Abteilung

Phishing-Mails werden auch immer alberner: Heute erhielt ich elektronische Post von einer »Visa und Mastercard Online-Betrug Abteilung« (alle Schreibfehler eins zu eins übernommen). Die Mail-Adresse enthielt ein »visa-mastercard«, so dass es der Spamfilter offensichtlich als »seriös« erkannte und durchließ.

Das Schreiben war klar und eindeutig: Meine Karte sei »vorübergehend eingeschränkt durch unsere Betrug Prüfsystem«. Und noch klarer: »Zum Schutz gegen betrügerische Verwendung Ihrer Kreditkarte wir Ihre Karte beschränkt haben. Um Begrenzung zu entfernen und sicher Ihre Kreditkarte laden Sie sich bitte und füllen Sie das beigefügte Formular aus.«

Großartig: Es gab einen Zugang zu einer Internet-Seite, den ich natürlich nicht angeklickt habe. Und ich frage mich in einem solchen Fall nur, welcher Trottel eigentlich auf solche offensichtlichen Fälschungen hereinfällt.

22 Januar 2012

Die Sign-Offs aus Cleveland

Fünf Jungspunde – der Sänger war gerade mal 18 – aus Cleveland in Ohio knallten anfangs der Nullerjahre ihre erste Platte raus: Die Band nannte sich The Sign Offs, und genauso nannte sie ihre Platte. Veröffentlicht wurde das Ding von Disaster Records, und es rockt und knallt ohne Ende durch.

Die Burschen sind und waren stark beeinflusst von den 90er-Jahre-Bands aus Amerika – die wiederum bezogen sich ja auch auf die späten 70er-Jahre. Aber man hört manchmal die Forgotten oder die US-Bombs raus: dynamischer Sound mit viel Schmackes, immer wieder gelungene Melodien und ein rauher Gesang auf einer Linie.

Textlich geht es weniger um vordergründige Polit-Aussagen als um sarkastische Aussagen übers normale Leben von ganz normalen Jungmännern in den Staaten. Starke Platte, die man auch fünfmal hintereinander anhören kann, ohne dass sie eine Sekunde langweilt.

20 Januar 2012

Schlag im Sommer 1980

Es war im Frühsommer 1980; ich war mein erstes und letztes Jahr im neuen Schulzentrum in der Nordstadt, und es gab irgendein Schulfest. Zu vorgerückter Stunde, nachdem ich schon ein wenig Bier getrunken hatte und mir überlegte, bald heimzufahren, stand ich ein wenig ungünstig im Weg herum.

Ein Junge, etwa so alt wie ich, aber deutlich größer, kam in meine Nähe. »Hast du eine Zigarette für mich, du Assi?«, oder so ähnlich sprach er mich an. Er war eher in der Art eines »Normalos« gekleidet, während ich eher zersaust aussah.

Ich verstand nicht sofort, was er meinte, stammelte dann ein »ähm, nein«. Und bevor ich weiter nachdenken konnte, zog er ab: Die Faust traf mich frontal auf den Kiefer, und ich fiel nach hinten um.

Reichlich blöd blieb ich liegen und starrte verdattert zu dem Jungen hoch. Er stand über mir, die Hände geballt, sagte noch etwas, das ich nicht verstehen konnte, und ging weiter.

»Das war der XXX«, sagte mir einer meiner Kumpels, den ich auch in der Kurzgeschichte »In jenem Herbst« verewigt habe. »Der XXX ist der Sohn von dem Unternehmer YYY, und der ist voll bekannt.«

Heute morgen fuhr ich über die Landstraße, und ich sah das Zeichen des Unternehmens YYY auf einem Lieferwagen. Sogar die Adresse stimmte noch. Das Ereignis von damals ist über dreißig Jahre her, aber ich hatte die Bilder wieder in meinem Kopf, ziemlich gut sogar.

Ich überholte den Lieferwagen; am Steuer saß ein Mann, der etwa so alt war wie ich. Ob's der Schläger von damals war oder einer seiner Angestellten, das erfuhr ich selbstverständlich nicht. Aber eine seltsame »Begegnung« war's allemal.

Ungewöhnlicher Stil-Hybrid

Wenn sich ein Label schon mal als »Burg Herzberg« bezeichnet, liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei der Musik um Hippie-Klänge handeln könnte. Schaue ich mir dann noch die Bilder an, die man im Booklet der CD »The Goddess Rules« von Lava 303 findet, liegt die Assoziation zu Hippies noch näher: Eine Frau posiert in unterschiedlichen Outfits, meist mit schrägen Klamotten, häufig mit Gitarre.

Die Frau heißt laut Info Conni Maly, und sie scheint auf dieser CD alles selbst gemacht zu haben: alle Stücke geschrieben, so ziemlich alle Instrumente eingespielt, dazu gesungen und produziert. Respektable Leistung. Dass dabei eine ungewöhnliche Mixtur rausgekommen ist, mit der ich nicht unbedingt etwas anfangen kann, passt ins Bild.

Mal blubbert es elektronisch, dann wieder knallt eine Hardrock-Gitarre dazwischen; meist schwanken die Stücke zwischen flott und schräg, melodisch sind sie allemal. Im weitesten Sinne ist es IndieRock, wenn man unbedingt eine Schublade aufmachen will.

Textlich schwebt die Musikerin ebenfalls ein wenig zwischen den Welten. Mal sind die Texte politisch-naiv (gegen Manager ...), dann wieder sind sie albern, als hätten wir 1981, und die Neue Deutsche Welle würde gerade ins Radio schwappen.

Alles in allem eine ungewöhnliche Mischung: einige Stücke echt gelungen, einige zum Davonlaufen. Fan von Lava 303 werde ich sicher nicht werden, positiv schräg ist das ganze aber!

19 Januar 2012

Die erste Zeitschrift für Phantasten

Wenn es eine Zeitschrift gibt, die ich gerne einmal in den Händen halten würde, ist es »Der Orchideengarten«. In den Jahren 1919 bis 1921, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, war sie das erste Blatt überhaupt, in dem die phantastische Literatur sowie die dazu gehörenden Grafiken veröffentlicht wurden. Das Heft ist eine Legende, über die ich immer wieder gelesen habe, ohne je ein Exemplar wirklich gesehen zu haben.

Im kleinen Verlag Lindenstruth erschien jetzt eine kommentierte Bibliografie dieser Zeitschrift, die Robert N. Bloch – einer der absoluten Fachleute für phantastische Literatur – herausgegeben hat. Auf insgesamt 52 Seiten, die in Form einer gehefteten Broschüre vorliegen, werden alle Texte und Bilder aufgelistet und erläutert.

Was ich wirklich interessant finde, ist die Tatsache, dass die einzelnen Texte kurz beschrieben werden. So kann ich als Leser heutzutage nachvollziehen, welche Ideen die Autoren jener Tage hatte, welche Themen sie interessant fanden und dass es offensichtlich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg eine Sehnsucht nach Todesphantasien gab.

Das Heft enthält zahlreiche Abbildungen. Darunter sind sogar Farbtafeln, welche die schönsten Titelbilder zeigen. Sie geben einen schönen Einblick in die Optik einer längst in der Vergangenheit versunkenen Zeit.

Ich finde dieses Heft über eine klassische Zeitschrift sehr anschaulich und werde sicher nicht nur einmal darin blättern. Mit zwölf Euro ist es nicht gerade preiswert, dafür handelt es sich aber um ein Standardwerk, das bei Freunden der phantastischen Literatur ins Bücherregal gehört.

18 Januar 2012

Zwei Pop-Singles

Eigentlich ist das Format einer CD-Single – also ein Stück auf einer CD – ein Stück weit Verschwendung. Fürs Radio sind solche Singles allerdings geeignet, und zuletzt hörte ich zwei sehr unterschiedliche Singles.

Bereits im Juni 2011 kam »Trial & Error« von der Wiener Band Jellybeat, die ich bereits vor gut einem Jahr sehr euphorisch besprochen habe. Auch diese Single ist sehr gelungen: melodischer Pop mit einer schönen Elektro-Kante, schwingend und swingend und mit einer tollen Frauenstimme – das ist ein Stück, das gut ins Ohr geht und das mir super gefällt. Wird Zeit, dass ich die Band mal live sehe!

Deutlich ruhiger ist »Moon Over Berlin« des schweizerischen Trios Featherlike: Das ist mir fast zu pompös arrangiert und zusammengebaut, erinnert zeitweise an den New-Romantic-Sound vom Anfang der 80er-Jahre, hat aber immer noch genug an eigener Note. Der Schwulst passt irgendwann tatsächlich, und die Melodie ist auch gelungen. Und vielleicht ist das eine Annäherung an Berlin, die aufs Jahr 2011 ebenso passt wie ruppiger Punk in den 80er-Jahren.

17 Januar 2012

Stieg und die Filme

Die drei Romane der sogenannten Millennium-Trilogie wurden mir nach ihrem Erscheinen von mehreren Leuten ans Herz gelegt. »Das musst du unbedingt lesen«, war der übereinstimmende Tenor – aber irgendwie ließ ich es dann doch sein. Mich reizten die drei dicken Bücher erstaunlicherweise nicht, vielleicht gerade deshalb, weil sie mir so empfohlen wurden.

Auch die Kino-Filme verpasste ich. Bei ihnen geschah dasselbe: Praktisch jeder, der sie im Kino ansah, fand sie gut und empfahl sie mir. Aber nachdem ich den ersten Film im Kino verpasst hatte, brauchte ich die nächsten zwei nicht anzugucken.

Derzeit sind die Medien voll mit Berichten über die Neuverfilmung. Echte Fans schimpfen, weil das schnöde Hollywood wieder mal alles plattmacht; ich fand das, was ich gesehen habe, interessant genug, um einen Kinobesuch nicht auszuschließen. So etwas hängt ja immer von der freien Zeit ab.

Dankenswerterweise gibt es eine Fernsehfassung der Stieg-Larsson-Filme, die an drei Montagen gezeigt wurde. Soweit ich weiß, ist diese Version immer ein wenig gekürzt, was vor allem für einige der derben Action- und Vergewaltigungs-Szenen gelten dürfte.

Ich fand die drei Filme ziemlich klasse: spannend gemacht, gute Schauspieler, schnelle Handlung. Im Stieg-Larsson-Fieber bin ich immer noch nicht – aber ich kann jetzt endlich nachvollziehen, warum so viele Leute die Millennium-Trilogie mochten und immer noch mögen.

Vielleicht sollte ich sie mir jetzt doch mal besorgen ... und sei es nur als Anschauungsmaterial für das eigene Schreiben.

16 Januar 2012

Gelungenes Handbuch für Autoren

Ich schätze Titus Müller seit Jahren als sehr sympathischen Menschen, als unterhaltsam schreibenden Autor und als guten Referenten – ein Sachbuch habe ich in allerdings bisher nicht von ihm gelesen. Umso interessanter fand ich wohl deshalb die Lektüre des Buches »Vom Abenteuer, einen Roman zu schreiben«.

Das kleinformatige Buch erschien im Verlag der Text-Manufaktur, und enthält auf 144 Seiten (von denen allerdings rund 40 Seiten nur als weiße Notizblätter zu benutzen sind) allerlei Einblicke des Schriftstellers in seine Arbeit sowie Anmerkungen zum Schreiben an sich. Es ist kein schulmeisterliches Buch, keines von denen, die man als angehender Schriftsteller unbedingt gelesen haben sollte, aber eines, das vielleicht mehr über das Thema verrät als der x-te konventionelle Ratgeber.

Titus Müller doziert nicht, er erzählt. Zwar vermittelt er, wie er in seinen Romanen dafür sorgt, dass die Szenen spannend sind, oder er zeigt, wie wichtig ihm das Überarbeiten ist – aber er stellt sich nicht hin und gibt seine Aussagen als allgemeingültige Wahrheit aus. Das macht die Lektüre des Buches sowohl leicht als auch informativ.

Schön finde ich, dass der Autor auch bekannte Kollegen interviewt: Andreas Eschbach, Rebecca Gablé und Kai Meyer haben es in ihren Genres zu großer Bekanntheit gebracht, und sie geben einen anderen Blick auf ihre Schreibarbeit. Lesenwert!

Das Sachbuch ist eine empfehlenswerte Lektüre – nicht nur für Schreibanfänger, sondern auch für solche Autoren, die schon länger an Texten arbeiten. Mithilfe der ISBN 978-3-942247-00-9 gibt's das Buch im Handel, es kostet 14,90 Euro.

15 Januar 2012

Nachts in der Pfalz

Die Teamtagung war vorüber, zumindest der wichtigste Tag; während die Kollegen bereits ins Bett gegangen waren, folgte ich meinem Bewegungsdrang. Ich spazierte durch St. Martin, das Dorf in der südlichen Pfalz, in dem wir uns für diese eine Nacht einquartiert hatten.

Außer mir war niemand unterwegs, meine Schritte hallten von den schönen Fachwerkhäusern entgegen. Ich bummelte durch die beleuchteten Straßen, kam irgendwann an den Rand des Dorfes und ging einige Dutzend Meter einen Weg entlang, der in die Weinberge führte.

Dort blieb ich stehen und schaute auf das Dorf hinunter. Im Hintergrund leuchtete das Hambacher Schloss, unter mir glommen einige Lichter, am Himmel sah ich die Sterne in einer Klarheit, die ich in Karlsruhe gelegentlich vermisste. Dann ging ich weiter. Allein wie bisher.

Später traf ich ein Paar, beide um die dreißig. Der Mann und die Frau führten ihren Hund aus; sie blieben abwartend stehen, als ich näher kam, und gingen dann rasch in eine Seitenstraße, als ob sie mir ausweichen wollten.

Erst am nächsten Tag wurde mir klar, was ich eigentlich veranstaltet: Ich ging allein durch ein stilles, dunkles Dorf, mitten auf der Straße und mit schwarzen Klamotten am Leib, eine dunkle Mütze auf dem Kopf und die Hände wegen der Kälte in die Jackentasche gestopft. Wahrscheinlich hatte ich auf die Leute gewirkt, als sei ich ein Triebtäter oder sonst ein Verbrecher, der gerade aus einem Horror-Film entsprungen war ...

14 Januar 2012

The Jam mit Sound Affects

Auch wenn The Jam eigentlich nie eine »echte« Punk-Band waren, gehören sie in den Zusammenhang. Vor allem die ersten Stücke der Band knallten ordentlich – danach wurden die Briten aber schnell sanfter und poppiger. Ich habe in London ihre Platte »Sound Affects« gekauft, die ich bislang gar nicht kannte, und die finde ich richtig klasse.

Es war die fünfte Platte der Band, und die elf Stücke darauf sind tatsächlich Brit-Pop, der allerdings nicht so viel mit dem zu tun hat, was man in den 90er-Jahren unter diesem Label verkaufte. Das bekannteste Stück von der Platte ist »That's Entertainment«, die wunderbare Beschreibung von Lebenswirklichkeiten, eine Ansammlung szenischer Kurzgeschreibungen über das Aufwachen am frühen Morgen, das Zerschmeißen von Glas in der Nacht und das Küssen von Liebenden.

Aber auch die anderen Stücke sind einfach wunderbare Pop-Musik, wie sie vielleicht nur in dieser von Punk beeinflussten Zeit gelingen konnte: ungestüm und eben nicht in der schmierigen Soße verkommen, zu der Pop anfangs der 80er-Jahre unweigerlich wurde.

Die Platte war 1980 sehr kommerziell, allerdings nur in England. Hierzulande ging sie unter, und die meisten Leute im deutschen Sprachraum kennen die Band sowieso nicht. Die sorgsam instrumentierten Stücke, der immer lockere Gesang, die schlauen Texte und das alles haben einen kommerziellen Erfolg nicht verhindert – was wieder mal beweist, dass das eine mit dem anderen nicht unbedingt etwas zu tun hat.

»Sound Affects« ist super, und die Platte werde ich sicher noch einige Male hören. Mit Punkrock hat sie nichts mehr zu tun. Aber damit kann ich wohl leben ...

13 Januar 2012

Strategische Aufgaben und so

In meiner Funktion als Redakteur werde ich öfter zu Seminaren »eingeladen«. Nicht als Referent, sondern als zahlender Kunde; man geht davon aus, dass mein Arbeitgeber das schon alles bezahlen wird. Und so erhielt ich dieser Tage ein schönes Prospekt zu einer Fachtagung zum Thema »Community Management & PR«.

Das Ding soll im Februar in Berlin stattfinden und kostet knapp unter tausend Euro. Mit der Anfahrt und dem Hotel müsste mein Arbeitgeber rund 1500 Euro für alles blechen, wenn ich teilnehmen würde. Da mich solche Bildungsangebote stets interessieren, schaute ich mir alles gründlich an.

Die Tagung sollte Kommunikationsverantwortliche ansprechen. »Best Cases, Diskussionen und Interviews bieten Einblick in den state of the art«, so hieß es. Beeindruckt schaute ich mir das Vorwort weiter an.

Und anderem gehören »Speednetworking« und ein »Conference Pitch« zum Angebot. Damit könne ich mein »persönliches Netzwerk unkompliziert und on the job« erweitern. Und das »abendliche Get-Together mit Sascha Lobos Key Speech« wurde ebenfalls gelobt.

Ich gestehe, dass mich die Neugierde dazu trieb, das ganze Heft durchzublättern. Aber die Aussicht, mit Sascha Lobo – das ist der Unsympath mit Schnauzer und rotem Iro, der ständig in der Glotze zusehen ist – ein »Get-Together« zu erleben, schreckte mich ebenso ab wie das schreckliche Denglisch der Ankündigung.

So werde ich wohl auf die angepriesenen »Herausforderungen und Chancen« dieser »Social Media-Tagung« (nur echt mit fehlendem Bindestrich!) verzichten müssen und meinen »Social Media«-Kram (hier richtig mit fehlendem Bindestrich) weiterhin »auf gut Glück« versuchen ...

12 Januar 2012

Alfonz kommt 2012


Nachdem bereits im Sommer 2011 mit dem »Comic Report« eine neue Publikation für die deutschsprachige Comic-Gemeinde erschienen ist, kommt jetzt aus dem gleichen Haus ein neues Fachmagazin. Der Titel: »Alfonz«. Der Untertitel: »Der Comicreporter«.

Die erste von zwei Nullnummern gibt's zum kostenlosen Download auf der entsprechenden Internet-Seite, und ich lud mir das Ding natürlich gleich herunter. Verantwortlich für das neue Heft sind nämlich zwei Leute, die ich seit Jahrzehnten kenne. Volker Hamann publiziert mit der »Reddition« seit langer Zeit ein anspruchsvolles Comic-Magazin, und Matthias Hofmann ist seit den 80er-Jahren in der Science-Fiction-Szene aktiv, machte in den 90er-Jahren einen eigenen Comic-Vertrieb und ist seit einiger Zeit »wieder da«.

Die Ausgabe 0a hat mir schon mal gut gefallen. Berichte zu Comics, kurze Interviews, dazu Besprechungen – das liest sich alles kompetent und gut, und das macht auf jeden Fall neugierig. Ob »der Markt« ein zusätzliches Comic-Magazin abnimmt, muss sich zeigen; der Anfang ist schon mal gelegt und macht zumindest mich neugierig.

11 Januar 2012

Am Rand von Punk

Mit seinen musikalischen Projekten vollzog Karl Nagel in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre den Wechsel von Punk zu Hardcore nach: zuerst die Alten Kameraden und Preußens Gloria, dann Morbid Outburst und zuletzt Militant Mothers. Jede dieser Bands war auf ihre Art gut, am besten gefiel mir Morbid Outburst – und die Militant Mothers waren am Rand dessen angesiedelt, was man als »normal« im Punk- und Hardcore-Sinn ansehen könnte.

Das belegt sehr schön die Langspielplatte »Dream Trash Live«, die ich dieser Tage mal wieder anhörte. Sie kam 1991 raus, wurde live in der »Glocksee« in Hannover aufgenommen und enthält unter anderem intensive Live-Versionen von »The Acid Of Life«, dem Titelstück dieser gleichnamigen Platte.

Karl Nagels mal hektischer, mal abgedrehter Gesang trägt die Aufnahmen; dazu kommen eine verzerrte Gitarre, ein häufig verschleppter Schlagzeug-Rhythmus und generell Melodien, die im Punk eher untypisch sind. Anfangs der 90er-Jahre war der sogenannte JazzCore nicht gerade eine Welle, aber es gab eine Reihe von Bands, die sich an den Grenzen von Punk und Hardcore aufhielten – die Militant Mothers gehörten dazu.

Live war die Band ein Kracher, da gibt es nichts. Auf Platte ist es durchaus anstrengend, aber beim zweiten und dritten Anhören entdecke ich wieder, wie ungewöhnlich und irgendwann mitreißend sie ist. Weit entfernt vom Uffta-Uffta-Punk, aber eben noch lange kein »Alternative-Rock« oder anderer 90er-Jahre-Schmodder.

Von der Attitude her ist das immer noch Punk, aber eben kein »normaler«. Im Rückblick eine gute Platte – sie gibt die Energie der Band gut wieder.

Übrigens wurde die »Dream Trash Live« richtig toll gestaltet: Meine Version steckt in einer Hülle aus dünnem Blech, die besprüht wurde und deren Farbe bei unsachgemäßer Behandlung abbröckelt. Für echte Plattensammler ist das eine Herausforderung – aber die hören die Musik eh nicht an, sondern lassen das ganze als Kunstwerk im Schrank stehen.

10 Januar 2012

Softdrinks mit Blick aufs Meer

Rückblick auf den Zypern-Trip im Herbst 2010

In der Touristengemeinde Ayia Napa war an diesem Tag nicht viel los. Zwar schien die Sonne, doch es ging bereits ein frischer Wind; wer konnte, ging in der Sonne und suchte nicht – wie im Sommer sicher üblich – die Schatten der Vordächer. Nach einem langen Spaziergang, den wir entlang der Strandpromenade und durch die kleinen Straßen unternommen hatten, wollten wir auf jeden Fall ein wenig ausruhen.

Wir steuerten das »Aragma Café« an; zumindest nannte sich das Lokal so. Es war eine Art überdachte Veranda, deren Obergeschoss in dieser Nachsaison bereits nicht mehr zugänglich war. Das Holz knarrte unter unseren Füßen, und von unserem Platz aus hatten wir einen schönen Blick auf den Hafen, hinaus aufs Meer und auf die menschenleere Straße, die in Richtung Hauptstraße führte.

Der Kaffee selbst war stark und machte wach, das Schweppes war eiskalt und löschte den Durst. Viel zu reden und zu tun gab es nicht. Wir saßen da, hörten der Dudelmusik zu, die hinter einem Verschlag hervordrang, schauten auf das Meer und ließen die Gedanken treiben.

So muss Urlaub sein, dachte ich in diesen Momenten garantiert. Ich brauchte nicht einmal ein Buch, um mich abzulenken und mich auf andere Gedanken zu bringen. Die Luft, das Meer und der strahlend blaue Himmel genügten, um mich abdriften zu lassen.

09 Januar 2012

Warum ich nie Punk wurde

1978 gab es bei uns in der Kleinstadt einen Plattenladen, der besser war als die üblichen seriösen Musikgeschäfte; da trieben sich unter anderem die älteren Jungs aus unserer Schule herum. Gelegentlich ließ ich mich dort blicken, vor allem deshalb, weil der Plattenladen keine fünfzig Meter vom Jugendzentrum entfernt war.

Eines Tages hatten mich die Ramones, die ich bislang vor allem aus dem Deutschlandfunk, dem Radio Beromünster und aus der »Bravo« kannte, ausreichend angefixt, und ich ging in den Plattenladen. Ganz neu war zu diesem Zeitpunkt nämlich die Platte »Rocket To Russia« auf dem Markt, die ich aus der »Bravo« kannte.

Der Plattenladen führte diese Langspielplatte nicht. Die herumlungendern Jungs, die teilweise schon 17 oder 18 Jahre alt waren, veräppelten mich, weil ich so »doofe Krachmusik« hören wollte. Und da ich auf jeden Fall eine Platte kaufen wollte, hörte ich mir fleißig andere Musik an.

Das End' vom Lied war, dass ich mit der »Never Say Die« von Black Sabbath abzog. Diese Platte war in jenem Sommer absolut brandneu, und wer zu den »harten Jungs« gehören wollte, musste diese Art von Hardrock hören.

So wurde nix aus meiner Karriere als erster Punkrocker in Freudenstadt. Zum »harten Jungen« wurde ich ebensowenig, obwohl ich mir im Laufe der Zeit noch einige Black Sabbath-Platten besorgte. Die habe ich seit dem letzten Umzug nicht mehr in die Hand genommen, während ich die Ramones immer noch anhören kann ...

08 Januar 2012

Regen in Rüdesheim

Zwischen den Feiertagen brachen wir zu einer ungewöhnlichen Expedition auf: Wir fuhren ins Rheingau, das ist die Gegend am Rhein, die zwischen Wiesbaden und der Loreley liegt – zumindest habe ich das jetzt so kapiert. Weltmarken wie »Asbach Uralt« kommen von dort, was mir vorher nicht bekannt war.

Wir steuerten unter anderem Rüdesheim an, was ich bislang nur vom Hörensagen kannte. Die Drosselgasse ist im Sommer das Hauptverkehrszentrum des kleinen Städtchens, in dem sich die Touristen nur so drängeln. Entsprechende Fotos betrachtete ich staunend.

Denn als wir da waren, fühlten wir uns zeitweise recht einsam. Das lag sicher am Wetter. Ein strammer Wind blies Regen über den Rhein, der in die Gassen und Straßen der Stadt prasselte, feucht und fies und ziemlich kühl.

Tagsüber waren wir nicht völlig allein. Es gab Menschen auf der Straße, die – der Sprache nach zu urteilen – in Rüdesheim wohnten und arbeiteten. Und es waren einige wenige Touristen unterwegs, die Andenkenläden und Restaurants besuchten und durchstöberten.

Abends herrschte fast Totenstille. Unsere Schritte klapperten die menschenleere Drosselgasse hinauf und hinunter, kein Restaurant hatte offen, und selbstverständlich waren die Andenkenläden bereits geschlossen.

Wir landeten in einem sehr bürgerlichen Restaurant, das an diesem Abend vor allem von Einheimischen – sowie einer japanisch wirkenden Familie – frequentiert wurde. Dort gab es leicht sauren Wein aus der Region sowie ein sehr vernünftiges Abendessen. Aber das ist dann schon wieder eine ganz andere Geschichte ...

07 Januar 2012

Wenn Pinocchio flüchtet

Meine Autofahrer-CD in den letzten Wochen war übrigens häufig eine Band namens Pinocchio auf der Flucht. Das ist ein sehr normal aussehendes Trio aus der Gegend um Regensburg, wenn ich es richtig verstanden habe, und ich habe ihre CD »Wo dein Herz schlägt« fürs OX durchaus zwiespältig besprochen: kein Verriss, aber auch kein Jubeln.

Mittlerweile finde ich das fies und nicht mehr zutreffend. Mein alter Spruch, man könnte Plattenbesprechungen erst nach einem Jahr verfassen, ist nicht ganz falsch. Die CD geht mir immer besser ins Ohr, der treibende Punkrock mit deutschen Texten gefällt mir immer besser.

Vergleiche sind schwer, irgendwelche Bands möchte ich als Anhaltspunkt nicht aus der Schublade ziehen. Das ist meinetwegen Emo, aber dann bitte ohne Gejammer, und geht auch nach einigem Anhören gut ins Ohr. Mit ihrer dritten CD hat's die Band auf jeden Fall geschafft: Die Jungs vergesse ich so schnell nicht.

Rotziges Punkrock-Trio aus Berlin

Wer Stücke schreibt, auf denen Textzeilen wie »My Baby Is An Anarchist« vorkommen, kann kein schlechter Mensch sein. Ich höre seit Tagen immer wieder die EP »We Vibrate!« des aus Berlin stammenden Trios Erotic Devices.

Das sind zwei junge Männer und eine junge Frau aus Berlin, die laut Info erst seit 2010 ihren 77er-Punk spielen. Das ganze machen sie aber so frisch und rotzig, dass man meinen könnte, es handle sich um etwas ganz neues, nicht um ein Genre, das schon soooo einen Buckel hat.

Die vier Stücke sind flott und melodisch, sie sind auf den Punkt gebracht und haben eine knackige Melodie; die englischsprachigen Texte passen wie die Faust aufs Auge. Schade, dass die Band bei ihrer Tour zwar mutmaßlich an Karlsruhe vorbeigefahren ist (bei der Rückfahrt aus der Schweiz nach Berlin), dort aber nicht angehalten hat. Dieses gepfefferte Punkrock-Gebräu würde ich mir gern live anschauen!

Erschienen ist die EP bei Incognito Records. Die Gestaltung orientiert sich mit dem Comic-Cover prompt auch an der Frühzeit des Punkrock – passt alles!

06 Januar 2012

Die Iden des März

Schon der Titel ist ganz schön schlaumeierisch: »The Ides Of March« ... da muss man zumindest eine Sekunde lang das Hirn anstrengen, um zu erkennen, um was es sich handeln könnte. Guckt man sich aber den Film mit George Clooney an, was ich am Donnerstag, 5. Januar 2012, getan habe, wird recht schnell klar: Das ist ein richtig toller Film, politisch und spannend und auf hohem Niveau faszinierend.

Clooney, der in dem Streifen eine der Hauptpersonen spielt und zugleich die Regie führt, lässt dem jungen Schauspieler Ryan Gosling in gewisser Weise den Vortritt: Gosling ist der Held des Streifens, ein kluger Wahlkampfstratete, der dem von Clooney gespielten Gouverneur zum Sieg bei den Vorwahlen und zum Einzug ins Weiße Haus verhelfen soll.

Ich will jetzt nicht den Inhalt des Films zusammenfassen – das lässt sich leicht googeln -, sondern ihn schlicht loben: Selten hat man Politik in so schönen Bildern so schmutzig dargestellt gesehen.

Ganz nebenbei bekommt man als Zuschauer auch noch vermittelt, wie die Vorwahlkämpfe in den USA ablaufen. Staatsbürgerkunde gewissermaßen ... und das auch noch spannend und sehr unterhaltsam. Den Film kann ich nur empfehlen!

05 Januar 2012

Eine Träne für den Keller

Man kann nicht behaupten, dass ich ein großer Fan des »Substage« in Karlsruhe war. Der Musik-Club, der in einer alten Unterführung lag und deshalb zuvor den Namen »Subway« trug, sprach mich nicht immer mit seinem Programm an.

Wenn ich jetzt aber am alten Standort vorbeikomme, wird mir geradezu wehmütig ums Herz. In den letzten Wochen und Tagen verwandelte sich das Gelände in eine riesige Baustelle, um die der Verkehr fast täglich anders herumgelotst wurde. Zuletzt ragte nur noch der obere, blau angestrichene Mauer-Rest zur Treppe und zum Eingang aus den Trümmern hervor.

Das »Substage« muss dem Größenwahn weichen; gemeint ist die Untertunnelung der Innenstadt mit dem sogenannten U-Strab-Projekt. Karlsruhe bekommt eine U-Bahn, und dafür muss eben die Jugendkultur raus aus der City und in die Oststadt. Da stört sie nicht so ...

Es bleibt die Erinnerung an eine Reihe sehr gelungener Konzerte. Die Ärzte in heimeliger Club-Atmosphäre, die Terrorgruppe oder Across The Border, Steakknife oder Team Dresch, No Means No oder Hot Water Music – es waren richtig viele Bands, wenn ich es mir genau überlege. Und im Nachhinein werden die niedrige Decke, die hohen Bierpreise und andere kritisch zu sehende Elemente glatt noch verklärt.

Altes »Substage« - ich zerdrück' 'ne Träne für Dich!

04 Januar 2012

Ziemlich dunkle Stunde

Eigentlich wollten wir am Dienstag, 3. Januar 2012, endlich mal wieder ins Kino. Zur Auswahl standen der neue »Sherlock Holmes« oder der aktuelle Polit-Film von George Clooney. Was wir nicht bedachten: Es sind Ferien, und es war Kinotag.

Im gerammelt vollen »Filmpalast« entschieden wir uns spontan für »Darkest Hour«, einen Science-Fiction-Film. Immerhin begann ich das Jahr 2012 also mit einem echten Genre-Film, der zudem in Moskau spielt – und ich wurde zumindest gut unterhalten, vor allem dann, wenn ich den Kopf ausschaltete und die teilweise erbärmlichen Dialoge ignorierte.

Zwei junge Amerikaner, ein doofer Schwede (mit dem sie im Konflikt liegen) und zwei junge Amerikanerinnen werden in Moskau von einer Invasion bösartiger Aliens überrascht. Im Gegensatz zu Millionen anderen Menschen überleben sie den Angriff, weil sie sich in einem Keller verkriechen.

Nach einigen Tagen kommen sie ans Tageslicht, die Frauen erstaunlicherweise immer noch sauber geschminkt und mit Dauerwellen, und schlagen sich durch menschenleere Straßen zur amerikanischen Botschaft durch. Die Aliens, die sich nur in Gestalt von schillernden Energiewellen zeigen, sind nach wie vor eine tödliche Gefahr – doch unsere jungen Helden treffen auf tapfere Rrrrrussen, die längst den Kampf gegen die Invasion aufgenommen haben.

Das klingt jetzt nicht nur albern und klischeehaft, das ist es auch. Wer eine originelle Science-Fiction-Geschichte wollte, ist hier fehl am Platz. Ich erwartete das erst gar nicht und wurde mit ordentlicher Unterhaltung belohnt.

Wie die fünf jungen Leute sich durchschlagen, das ist spannend geschildert. Vor allem auch deshalb, weil eben nicht alle überleben.

Die Trick-Effekte sind gut eingesetzt, die Action geht dadurch rasant ab. Der Film ist als 3D-Streifen angelegt, und das ist hier durchaus sinnvoll: Wenn es kracht und scheppert und einem die Einzelteile quasi um die Ohren fliegen, fühlt man sich als Zuschauer »so richtig mittendrin«.

Seien wir fair: Der Film ist Action pur, er nimmt sich nicht komplett ernst, und er ist unterhaltsam. Viel mehr kann man offensichtlich nicht erwarten ...

03 Januar 2012

Zwischen Con und Zukunft

Ein kleines Interview mit mir findet sich in der aktuellen Ausgabe des Online-Fanzines »Corona«. Jennifer Michels stellte die Fragen, ich versuchte sinnvolle Antworten zu geben. Dabei ging es wieder einmal um meinen Job, nicht um mein schrecklich spannendes Dasein als Gelegenheitsautor oder Spätpubertierender.

Alles Gejammer dazu nutzt nichts - ich habe mich über das Interview trotzdem gefreut. Und wer es nachlesen mag, muss einfach auf die »Corona«-Seite geben. Die lohnt sich übrigens sowieso.

02 Januar 2012

Radiostart gelungen

Eigentlich hatte ich nichts vorbereitet, trotzdem wurde die Radiosendung am Sonntag, 1. Januar 2012, ganz ordentlich. Zumindest nach meinem Geschmack, denn die Mischung machte es wohl aus.

Ich fischte, weil ich kein Konzept für eine Sendung hatte, eine halbe Stunde lang in meinen CD-Kisten herum. Dann radelte ich ins Querfunk-Studio und konzentrierte mich während der Sendung vor allem auf Bands aus Deutschland, die in den 90er-Jahren aktiv waren.

So kamen unter anderem Wizo und die Terrorgruppe aus den Lautsprechern. Während die beiden Bands mit ihrem melodischen Punk gut zusammenpassten, war es bei Beat Down (Prügel-Hardcore) und Across The Border (Folk-Punk) aus dem Raum Karlsruhe nicht leicht, eine gemeinsame Linie zu finden.

Zur allgemeinen Verwirrung trug ich womöglich bei, in dem ich Bands wie Recharge aus Hannover (knüppelnder Hardcore-Punk) und Bullocks (quietschender Melodie-Punk) aus Düsseldorf brachte; dazu die Toten Hosen (okay, Stücke aus den 80er-Jahren) oder Steakknife (knalliger Punkrock) aus Saarbrücken und so.

Zumindest mir machte meine Radiosendung Spaß. Ob und wie es anderen Leuten beim Anhören gefiel, weiß ich nicht.

01 Januar 2012

Ballern bei Bismarck

Zum ersten Mal in all den Jahren feierte ich das Neue Jahr in Ettlingen; das ist eine kleine, sehr hübsche Stadt zwischen Karlsruhe und Rastatt, am Rand des Schwarzwaldes gelegen. Das Regenwetter hörte pünktlich auf, wir gingen hoch zum sogenannten Panoramaweg, passierten eine Bismarck-Statue und standen dann unterhalt des Bismarck-Turmes.

Von diesem Punkt aus hatten wir einen schönen Blick auf die Straßen von Ettlingen, auf die umliegenden Gemeinden und sogar auf den Rand von Karlsruhe. Als das Feuerwerk zum Jahreswechsel startete, gab das ein eindrucksvolles Bild: Hinter uns wurde vom Bismarck-Turm ins Tal geballert, aus den Kleingärten zu unseren Füßen wurde zurückgeschossen; wir hielten mit einigen Raketen eher zaghaft dagegen und beschränkten uns vor allem auf das Sekttrinken und Zugucken.

Alles in allem ein sehr gelungener Jahreswechsel. Nach dem katastrophalen Jahr 2011, das für mich außer Arbeit-Arbeit-Arbeit wenig bereitzuhalten hatte, kann es 2012 ja auch nur besser werden ...