15 März 2022

In den schlappen 90er-Jahren

Eine Comic-Serie wie »Rick Master« kann nicht immer auf dem gleichen Niveau laufen, was die Inhalte und die Verkaufszahlen angeht. Das merkte man – so denke ich – irgendwann in den 90er-Jahren. Ich selbst hatte zu der Zeit das Interesse an »Rick Master« völlig verloren und las lieber die alten Geschichten noch einmal.

Sehe ich mir heute den Band 19 der Gesamtausgabe an, in dem drei Alben aus den 90er-Jahren zusammengefasst werden, bekomme ich den Eindruck, dass damals die Zeit an der Serie vorüber gegangen war. Die Macher wussten mit vielen Entwicklungen der 90er-Jahre nichts mehr anzufangen und versuchten, irgendwie mitzuhalten. Das ging zu Lasten der Geschichten. (Lesbar sind sie trotzdem, keine Frage!)

Man wollte das bisherige Schema der Geschichten aufbrechen. Jahrzehntelang war das Erfolgsrezept der Serie, dass Rick Master einen komplizierten Mordfall in einem Band aufklärte. Dazu verschlug es ihn gern in die unterschiedlichsten Regionen in Frankreich und Belgien, seine Freundin und ihr Vater, der Kommissar, spielten immer eine wichtige Rolle. Jeder Fall war in sich abgeschlossen.

Man wollte offenbar in den 90er-Jahren auf Komplexität setzen. Ein schönes Beispiel hierfür ist dann gleich »Die Stunde des Kidnappers«, das sich als eine direkte Fortsetzung zu einer vorherigen Geschichte. Es gibt mehrere Verdächtigte, jeder ist irgendwie ein möglicher Killer; die Motive sind nicht so richtig nachvollziehbar, und aufgelöst wird der Fall eher zufällig.

Bei »Die Hand des Todes« wird die komplizierte Erzählweise noch auf die Spitze getrieben. Die modernen Elemente fallen stark auf: Unter anderem taucht eine junge Frau mit grün gefärbten Haaren auf, die Handlung spielt teilweise auf einer kleinen Insel, die sich zum eigenen Staat ausgerufen hat und die im Prinzip einem reichen Videoverkäufer gehört.

Und »Verbrechen im Internet« als direkte Fortsetzung war seiner Zeit vielleiht auch voraus: Der Comic erschien 1998, da steckte das Internet für Normalbürger noch in seinen Kinderschuhen. Entsprechend hanebüchen ist die Internet-Idee – aber gut, so ist das eben, wenn man versucht, zeitaktuell zu schreiben und zu zeichnen.

Der neunzehnte Band der »Rick Master«-Gesamtausgabe ist sicher nicht schlecht. Die Geschichten sind ja trotzdem unterhaltsam, die Zeichnungen nach wie vor auf hohem Niveau. Aber dass die Serie zu der Zeit ein wenig schwächelte, lässt sich anhand der drei Alben nachvollziehen.

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Weitere Informationen zu Band 19 der »Rick Master«-Gesamtausgabe gibt es auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages, inklusive einer Leseprobe.
Hier:
https://www.splitter-verlag.de/rick-master-gesamtausgabe-bd-19.html