Ich musste lange überlegen, als ich zum ersten Mal gefragt wurde, wann und bei welcher Gelegenheit ich die kalifornische Band D.I. schon einmal gesehen hatte. Wahrscheinlich war es 1989 oder 1990 in Pforzheim, bei einem Konzert im »Kupferdächle«, aber meine Erinnerung war nicht hundertprozentig sicher.
Ich entschied mich, allen zu erzählen, es sei dreißig Jahre her – das hörte sich dann doch gut an. Und ich wollte nicht noch einmal dreißig Jahre warten, um D.I. ein weiteres Mal zu sehen.
Also fuhr ich am Sonntagabend, 28. Juli 2019, in die Oststadt, um in der dortigen »Alten Hackerei« sowieso gleich mal wieder auf viele Bekannte zu treffen, auch Leute, die ich teilweise seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte. Solche »alten« Bands holen dann Leute aus der Versenkung, über die ich mich doch freue. (Häufig erkenne ich das Gesicht noch, kann den Namen aber nicht zuordnen.)
Als ich eintraf, spielte die erste Band bereits. Sie stammte aus Lahr – das liegt zwischen Karlsruhe und Freiburg, also in relativer Nähe – und nannte sich Social Anxiety Disorder, freundlicherweise mit S.A.D. abgekürzt. Die vierköpfige Band lieferte Punk, der schwer nach dem Kalifornien der 80er-Jahre klang: melodiös, mit Schmackes gespielt, mit einem Basser, der nicht zu Unrecht in der Mitte der Bühne stand – sehr knallig gespielt – und einem Sänger, der witzige Ansagen machte. Hinterher kaufte ich mir noch die EP der Band; ich fand's eh unfassbar, dass ich von den Leuten, die ja allesamt nicht mehr so superjung waren, noch nie gehört hatte.
War bei S.A.D. die Stimmung im Konzertraum noch ein wenig unterkühlt, füllte sich der Raum bei D.I. sehr schnell. Man muss klar sagen: Die alten Herren hatten allesamt ein wenig Bauch angesetzt und wirkten nicht mehr ganz so sportlich wie vor dreißig Jahren – aber das galt ja auch für Leute wie mich, von daher konnte ich das kaum kritisieren. Dafür legten sie gleich vom ersten Ton an sehr dynamisch los, und all meine Zweifel waren schnell weggewischt.
Die Band machte das, was sie schon früher gut konnte. Die großen Hits der alten Zeit wurden knallig serviert, die Stop-and-Go-Stücke der frühen 80er-Jahren knüppelten die Musiker mit einer großen Spielfreude ins Publikum. Die Band grinste und lachte, man machte Faxen, und das Publikum grölte und tobte und jubelte.
Zwischendurch wurde an den verstorbenen Steve Soto – von den Adolescents – erinnert und das Stück »Amoeba« gespielt. Der Grund war ein ernsthafter, ja, ein trauriger; die kannten sich ja seit Jahrzehnten. Aber das großartige Stück wurde dann trotzdem abgefeiert.
Ich stand anfangs in meiner Ecke, dann hüpfte ich irgendwann auf und ab, und nach einiger Zeit schwang ich mein Tanzbein ein wenig großzügiger. Anders gesagt: Als das Konzert zu Ende war, hatte ich keinen trockenen Faden mehr am Körper. Aber was sollte ich da auch machen? Kurzum: großartiges Konzert mit einer supergut aufgelegten Band.
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