08 Juli 2019

Feiern am Rastplatz

»Das sieht noch nicht aus wie Afrika«, sagte der Typ mit dem dunkelblonden Vollbart und setzte sich zu mir. Er hatte zwei Dosen Bier in der Hand, frisch gekauft offenbar, und schob mir eine über den Tisch.

Ich nickte. »Und die Temperatur stimmt auch nicht.«

Er nickte ebenfalls und öffnete seine Bierdose. »Die andere ist für dich.«

Nachdem ich meine Dose geöffnet hatte, stießen wir an, dann tranken wir. Das kühle Bier schmeckte mir, auch wenn mich das Wetter eher nach einem heißen Getränk gieren ließ.

Ich schaute in die Nacht hinaus. Ein kalter Wind trieb feinen Regen über den Rastplatz, der so aussah, als würde er bald in Schnee übergehen. Die Temperaturen lagen knapp über dem Gefrierpunkt.

In dem Bus, den wir bis nach Westafrika transportieren wollten, war es warm. Wir hatten die Türen verschlossen, und nachdem wir gekocht hatten, hing in der Luft noch der Geruch nach mexikanischem Feuertopf – irgendeine Konserve – und Gas. Auf den gebastelten Betten, die wir auf den umgebauten Sitzreihen errichtet hatten, würden wir in der Nacht nicht zu sehr frieren.

»Wir sind heute nicht weit gekommen«, sagte der andere. »Bis Westafrika sind's noch einige tausend Kilometer.«

Ich lachte trocken. »Gestern morgen bin ich von dort aufgebrochen.« Ich wies in die Dunkelheit, wo irgendwo der Schwarzwald anfing. »Nach Bayern, wo wir den Bus hergerichtet haben.« Am Morgen hatte sich eine Panne an die andere gereiht, und wir waren mit einer riesigen Verspätung aufgebrochen.

Die Nacht würden wir auf der Raststätte Pforzheim verbringen, wir lagen hinter jeglichem Plan zurück. Noch war ich optimistisch. Es würde alles klappen: die Reise nach Afrika, die Abenteuer, die auf mich warteten, die Fahrt durch die Sahara. Aber es war dennoch ernüchternd gewesen, sich in der Toilette der Rastanlage zu waschen und die Zähne zu putzen.

»Du hast heute Geburtstag, haben mir die anderen gesagt.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Der andere hob seine Dose an.

»Ja«, sagte ich. »Ich werde heute 24.«

»Kein optimaler Start ins neue Jahr.«

Wir stießen an und tranken. »Das kannst du laut sagen«, meinte ich und wischte mir Schaum vom Mund. »Aber es kann eigentlich nur besser werden.«

Er grinste. »Na dann: alles Gute!«

So begann mein fünfundzwanzigstes Lebensjahr. Am 9. Dezember 1987. Auf einem Rastplatz bei Pforzheim.

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