12 Dezember 2021

Ich war ein Verschickungskind

Immer wieder ist in jüngster Zeit das Thema der sogenannten Verschickungskinder in der Diskussion. Millionen von Kindern wurden in den Jahrzehnten nach dem Krieg auf einen Kuraufenthalt geschickt – viele wurden bei diesen Kuren misshandelt, und es lief vieles sehr schief.

Dass ich auch eines dieser Kinder war, hatte ich schon fast vergessen. Es gibt keine schriftlichen Unterlagen in meinem Besitz dazu, aber je mehr ich daran denke, desto mehr fällt mir ein.

Ich habe keine Erinnerungen an irgendwelche Misshandlungen oder dergleichen, aber wenn man als Erwachsener versucht, sich an seine Kindheit zurückzuerinnern, wird einiges seltsam. Die Pädagogik war zumindest grenzwertig. Wobei ich ja einer der »Großen« war … viele Kinder waren jünger als ich Jugendlicher mit meinen 13 Jahren.

Es muss Anfang 1977 gewesen sein; es lag zeitweise viel Schnee. Später kann es nicht gewesen sein, weil ich ab dem Sommer 1977 zum beinharten Fan einer Raketenheftchenserie aus Rastatt wurde. Früher kann es auch nicht gewesen sein, weil ich mich noch erinnere, dass ich in diesem Kinderheim im Radio zum ersten Mal »die neue Musik aus England« zu hören bekam, also Punkrock. Und ich verliebte mich ein wenig, das kann auch kaum früher gewesen sein.

Untergebracht war ich in einem christlichen Kindererholungsheim namens St. Hubertus in der Gemeinde Scheidegg im Allgäu. Von meinem Zimmer aus hatte ich einen tollen Blick in die Ferne, auf hohe Berge voller Wald, hinter denen irgendwo Österreich kam.

Ich bin sicher, dass ich dazu noch eine Reihe von Geschichten aus dem Hirn quetschen kann. Für einen schockierenden Enthüllungsroman wird es kaum reichen …

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Wer mit dem Thema »Verschickungskinder« nichts anfangen kann, findet hier in der Wikipedia einen ersten Einblick:
https://de.wikipedia.org/wiki/Verschickungskinder