20 April 2022

Ein Gesellschaftsroman voller Drama und Sarkasmus

Seltsame Dinge geschehen in Opunake, einer kleinen Stadt in Neuseeland: Ein Mädchen gibt an, von Außerirdischen entführt und geschwängert worden zu sein. Weitere Mädchen sind auf einmal schwanger. Eine Kuh wird auf einem Acker gefunden, von einem immensen Gewicht zerquetscht – von einem Raumschiff? Das alles hängt möglicherweise damit zusammen, dass ein junger Mann die örtliche Bibliothek übernommen hat, beseelt von dem Auftrag, mehr Bildung in den abgelegenen Ort zu bringen …

So ließe sich der Anfang von »Liebe am Ende der Welt« zusammenfassen. Der Roman ist schon 2011 im deutschsprachigen Raum erschienen (und davor 1999 im englischsprachigen Raum – das merkt man übrigens deutlich daran, dass es im Roman kein Internet und keine Smartphones gibt …), ich las ihn erst dieser Tage.

Verfasst wurde er von Anthony McCarten, der die Gegend sehr gut kennt, in der sein Roman spielt – er wuchs in New Plymouth auf, der nächstgelegenen Stadt. Es war sein erstes großes Werk – danach wurde er vor allem dadurch bekannt, dass er Drehbücher schrieb.

»Liebe am Ende der Welt« hat sehr skurrile Züge, manchmal ist es wirklich lustig. Gleichzeitig aber zeigt der Autor auch, wie eng und beschränkt so eine Kleinstadt sein kann; wie sich Hass gegen eine junge Frau entwickelt, wie gewalttätig Eltern sein können und wie schwierig es ist, den Zwängen zu entkommen, die sich unweigerlich entwickeln. Er hält dabei bewusst keine saubere Erzählperspektive ein, springt manchmal von Kopf zu Kopf – und weil er das gut macht, stört es mich ausnahmsweise nicht.

McCarten zeigt nicht nur die junge Frau, die ungewollt schwanger wird, sondern gibt auch weitere Einblicke in die kleine Stadt: ein überlasteter Sheriff, ein Bürgermeister, der große Pläne hat, eine Fleischfabrik, die wie eine Maschine auch die Bürger der Stadt zu verschlingen droht. Somit entstand ein Roman, der nicht so dick ist wie manch moderner Gesellschaftsroman, in seiner Mixtur aus dramatisch und komisch mich durchgehend fesseln konnte.

(Erschienen ist das Werk bei Diogenes. Ich habe die Hardcover-Version gelesen; es gibt den Roman auch als Taschenbuch und E-Book.)

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Wer einige Hintergründe zu »Liebe am Ende der Welt« habe möchte, erfährt auf der Internet-Seite des Diogenes-Verlags ein bisschen:

https://www.diogenes.ch/leser/titel/anthony-mccarten/liebe-am-ende-der-welt-9783257242089.html