13 April 2022

Kein Sachbuch, eher eine Streitschrift

Mir ist der Autor Bernhard Heinzlmaier seit Jahren bekannt, nicht persönlich, aber vom Namen her. Wir veröffentlichen letztlich im gleichen Verlag; er ist Jugendforscher und leitet ein Marktforschungsunternehmen. Mit »Generation Corona« legte er im Herbst 2021 ein Buch vor, das – wie der Titel schon klar sagt – von Jugendlichen während der Corona-Pandemie handelt.

Der Autor zeigt klar, am Ende auch durch Statistiken belegt, welche Folgen die Corona-Pandemie für Jugendliche hat. Junge Leute, die sich an die »Maßnahmen« halten, sind von ihren Freunden isoliert; sie sitzen im Elternhaus fest und können nicht auf Konzerte, in Clubs oder zu Sportveranstaltungen gehen.

Dabei müsse man aber klar die sozialen Unterschiede beachten, so Henzlmaier: Während Jugendliche aus wohlhabenden Elternhäusern weniger Probleme mit alledem haben – weil sie daheim beispielsweise genügend Raum zu Lernen haben –, sind Jugendliche aus ärmeren Elternhäusern von den Folgen der Pandemie viel stärker betroffen.

Weite Teile des Buches verbringt Heinzlmaier damit, die Ober- und die Unterschichten auseinanderzudividieren. Dabei nimmt sein Buch einen unangenehmen Sound ein; es klingt zeitweise so, als habe der Autor die Reden von Sahra Wagenknecht genommen und auf sein Thema übertragen: Reichere Jugendliche könnten sich den Luxus leisten, sich für allerlei Themen einzusetzen (er nennt ausdrücklich »Fridays For Future«), während ärmere Jugendliche sich früher als andere für einen Beruf und für das Geldverdienen entscheiden müssten.

Rein inhaltlich stimme ich dem Autor in mancher Frage zu. Wer mit 16 eine Lehre anfangen muss, hat eine andere Perspektive auf das Leben als Leute, die mit 25 noch studieren. (Dass dies wiederum vom Großteil der Journalisten und Wissenschaftler nicht gesehen wird, ist peinlich genug.) Ärgerlich ist das Buch dann, wenn es jegliche Objektivität vermissen lässt und in ein »Bashing« der Oberschichtenjugendlichen übergeht.

Mehrfach spricht der Autor sich gegen die Diskussion über Gleichstellungsthemen aus. Das sagt er harmlos und ein wenig »waberig«, aber er bleibt stets im Wagenknecht-Sound des besorgten Links-Bürgers: »Wir reden lieber im Übermaß über Anerkennungsprobleme von Kleingruppen anstelle über Lösungen, die das Leben aller Menschen in äußerst herausfordernden Zeiten erleichtern könnten.« (Seite 123)

Er hat recht, wenn er schreibt, dass Jugendliche aus der Arbeiterschicht oder aus dem Subproletariat – der untersten Ebene der Dienstleistungsgesellschaft – in allen medialen Diskussionen an den Rand gedrängt werden und man sie kaum wahrnimmt. All diese Ungerechtigkeiten werden durch Corona noch extrem verstärkt; die Unterschiede zwischen bildungsfernen und bildungsnahen Haushalten haben sich irrsinnig vergrößert.

Aber hilft man dem Thema wirklich weiter, wenn man die heutige Jugend mehrheitlich als »unselbständig, zaghaft und konformistisch« (Seite 123) bezeichnet? Ich glaube nicht. Somit ist »Generation Corona« ein durchaus lesenswertes Buch, aber halt in weiten Teilen kein Sachbuch, sondern eine Streitschrift, die sich liest, als stamme sie aus einem Labor der Linkspartei.

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Einige Informationen zzu »Generation Corona« gibt es auf der Internet-Seite des Hirnkost-Verlages:
https://shop.hirnkost.de/produkt/generation-corona/