Seit einiger Zeit hatten wir die Hauptstraße verlassen, wir rollten über eine gut ausgebaute Piste. In der Ferne glitzerte die Oberfläche eines Sees. Ich war ein wenig nervös, weil ich nicht einschätzen konnte, wo wir uns aufhielten. Die kleinen Karten in meinem Reiseführer zeigten solche Details nicht an, und die Kamerun-Karte, die ich auf dieser Reise mit mir führte, wollte ich nicht auspacken.
Aber noch behielt ich die Ruhe. Solange alle Passagiere im Minibus gelassen blieben, verlief alles nach Plan. Wenn sich die Leute aufregten, bestand auch für mich Grund zur Aufregung.
In einer Staubwolke kam der Minibus zum Halten. Der Fahrer rief etwas, das ich nicht verstand. Rings um mich bewegten sich die Leute; der Junge, der dem Fahrer half, machte die Seitentür auf, und die ersten Leute stiegen aus.
Mein Nebensitzer erklärte es mir in bestem Französisch: »Wir machen eine Pause, vielleicht eine Stunde. Bleiben Sie in der Nähe, gehen Sie nicht zu weit weg.« Er zwinkerte. »Aber man wird Sie im Zweifelsfall suchen.«
Ich grinste. »En dilla, ich weiß.« Das riefen die Fahrer im Norden Kameruns immer, bevor es weiterging. Wenn ich es richtig verstanden hatte, hieß das so viel wie »wir fahren«. Und wer das hörte, hatte sich beim Bus einzufinden. Allerdings war bisher immer ein Junge losgelaufen und hatte mich gesucht, auch wenn ich schon selbst auf dem Weg gewesen war.
»Bis später«, sagte mein Nebensitzer. Ächzend stieg er aus. Er war schon älter, ich schätzte ihn auf 60 Jahre, und er trug einen dunkelbraunen Anzug, der an seinem dürren Körper viel zu groß aussah.
Ich folgte ihm und sah mich um. Mein Seesack war auf dem Dach des Minibusses gut verstaut, wie mir ein Kontrollblick bestätigte. Der Fahrer und sein Gehilfe standen an der Frontseite des Wagens und öffneten die Luke. Vielleicht wollten sie etwas kontrollieren.
Mit meinem kleinen Rucksack in der Hand, in dem sich unter anderem eine Wasserflasche und mein Notizblock befanden, spazierte ich unter großen Bäumen die Straße entlang. Im Schatten ging ein vergleichsweise kühler Wind, den ich als angenehm empfand. Ich trank einen kräftigen Schluck Wasser.
»Soll ich zum See laufen?«, überlegte ich halblaut, ließ es aber dann sein. Ich schätzte, dass ich noch gut einen Kilometer zu gehen hätte, und das war mir zu riskant. Ich wollte in der Nähe des Busses bleiben.
Rechts und links standen einige bescheidene Häuser. Eine Frau zerstieß etwas in einem Behältnis, zwei Männer dösten unter einem Vordach. An einigen Verkaufsstände gab es Obst und Gemüse, Brot und anderes zu kaufen. Eine Frau briet Brochettes auf der Glut, ein kleiner Junge erhitzte Beignets.
Bei dem Jungen kaufte ich vier Beignets. Ich mochte dieses Teiggebäck, es erinnerte mich an die Fasnetsküchle im Schwäbischen. Der Junge strahlte mich an, als er mir die Beignets in einem Stück Zeitungspapier – der Ersatz für einen Teller reichte –, und ich gab ihm sein Geld. Mit den Teigbällchen ließ ich mich auf großen Stein nieder, der im Schatten eines Baumes stand. Sie schmeckten köstlich.
Ich ließ meinen Blick schweifen, während ich langsam kaute und immer mal wieder einen Schluck Wasser trank. Die Stimmung eines solchen kleinen Marktes hatte ich bei meinen Reisen in Afrika schon immer geschätzt. Dass in der Nähe der Lagodo-Stausee war, wie mir der Reiseführer nach kurzem Blättern verriet, war gar nicht so wichtig. Entscheidend war, dass ich in aller Ruhe durch ein fremdes Land gondelte und Eindrücke sammelte.
Am Minibus wurde gearbeitet. Der Fahrer und sein Gehilfe schraubten am Motor herum und ließen den Anlasser gelegentlich aufheulen, als ginge es darum, grundsätzlich alles zu reparieren. Ich hoffte, dass sie nur alles überprüften und nichts wirklich kaputt war.
Der kleine Junge, bei dem ich die Beignets gekaufte hatte, paradierte auf einmal über die Straße, begleitet von einem anderen Jungen. Die beiden taten so, als gingen sie im Stechschritt, sie schienen eine Parade nachzuahmen und hoben immer wieder die Hand grüßend an die Schläfe. Sie gingen hin und her, bestaunt und belacht von den Passanten.
Es war eine sehr ruhige und sehr angenehme Pause bei meiner Fahrt von Nagoundéré nach Garoua, und ich genoss den Aufenthalt an diesem warmen Novembertag des Jahres 1999 sehr. Als der Fahrer sein »en dilla« rief und sich die anderen Reisenden und ich auf den Weg zum Minibus machten, war ich fast ein wenig traurig.
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