01 September 2022

Brummende Wirtschaft, mysteriöse Morde

Ich mag Kriminalromane, in denen es nicht nur um einen Mordfall und seine Aufklärung geht, sondern die darüber hinaus weitere Einblicke ermöglichen: in gesellschaftliche Zusammenhänge, in ein fremdes Land oder in eine interessante Person. Der Roman »Boom Town Blues« bietet mir alle drei Richtungen an.

Verfasst wurde er von Ellen Dunne, und es ist der dritte Teil einer Serie. Die ersten beiden Teile kenne ich nicht, man muss sie aber auch nicht gelesen haben, weil man sehr leicht in die Geschichte hineinkommt und die paar Anspielungen auf die vorherigen Fälle schnell versteht. Letztlich handelt es sich um einen Krimi, der im Dublin von heute spielt und der die Vergangenheit der Heldin zwar immer wieder thematisiert, aber nicht aufdringlich werden lässt.

Der Fall ist ein bisschen kompliziert. Eine junge deutsche Frau, die in Dublin arbeitet, wird ausgerechnet in der Botschaft von Österreich vergiftet. Wer hat allerdings einen Grund, eine solche Frau zu töten, und wieso muss dieser Mord ausgerechnet in einer Botschaft stattfinden? Gut, dass sich gerade Patsy Logan in Dublin aufhält: Sie ist eigentlich Kommissarin in München und kann schnell ermitteln.

Sie übernimmt den Fall und hat vom ersten Tag an die üblichen Kompetenzschwierigkeiten mit den örtlichen Ermittlern. Immerhin hilft der Verbindungsmann der österreichischen Botschaft. Und so arbeitet sich Logan, die eigentlich einen Haufen privater Probleme bewältigen möchte, in einen Mordfall hinein, der aufs Engste mit den aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen verbunden ist …

Das wiederum erzählt die Autorin in unterhaltsamer Art und Weise. Sie verzichtet auf einen erhobenen Zeigefinger und moralische Grundsatzreden, macht aber klar, was in Irland passiert ist: die Finanzkrise zu Beginn der 2000er-Jahre, der Rausch auf billige Immobilien, die Gewinnsucht breiter Kreise, die Folgen der daraus resultierenden Kreditkrise.

Während sich einige Menschen gnadenlos bereichern, sacken weite Teile der Gesellschaft in die Armut ab und müssen schauen, wie sie überleben. In diesem Durcheinander von aufstrebenden neuen Machteliten und einer sich vergrößernden Unterschicht geschehen gleich mehrere Morde – und sie hängen allesamt zusammen.

»Boom Town Blues« ist ein Krimi, der von gesellschaftlichen Konflikten erzählt und auch zeigt, wie Beziehungen zerbröckeln. Vor allem stellt dieser Krimi eine Kommissarin in den Vordergrund, die unkonventionell ist, die auch mal frech und aufmüpfig auftritt und die auf ungewöhnliche Weise ermittelt.

Ich habe mich bei der Lektüre sehr gut unterhalten, werde mir wohl auch die anderen zwei Romane der Reihe besorgen und empfehle »Boom Town Blues« all jenen, die eine neue Autorin und eine spannende Szenerie kennenlernen wollen. 

Erschienen ist »Boom Town Blues« im Haymon-Verlag als schönes Taschenbuch. Das 320 Seiten starke Buch kostet 13,95 Euro. (Wer sich ein wenig einlesen möchte, findet auf der Internet-Seite des Verlags eine Leseprobe.) 

(Die Rezension erschien bereits auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Redaktion und wird hier nur aus Dokumentationszwecken wiederholt.)

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