22 Juli 2020

Skurrile britische Familiengeschichte

Glaubt man diversen Filmen und Romanen, so ist die Dichte an skurrilen Gestalten in Großbritannien besonders hoch – und das meine ich jetzt ausdrücklich nicht politisch. Über Jahrzehnte hinweg spießte der Schriftsteller Tom Sharpe die schrägen Sitten mancher Engländer auf und wurde damit zum Bestsellerautor.

Manche seiner Romane wurden verfilmt, viele davon blieben eher unbekannt. Ich las dieser Tage »Lauter Irre«, der 2009 verfasst wurde und 2010 in deutscher Sprache erschien. Um es vorsichtig zu sagen: Ich unterhielt mich gut, ich fand den Roman streckenweise auch amüsant, aber so richtig brillant fand ich das Ganze nicht. Wieder einmal ein Beleg dafür, dass Humor einfach Geschmackssache ist und nicht jedem alles gefallen kann ...

Im Prinzip wird eine Familiengeschichte erzählt, die Vorgeschichte beginnt im Mittelalter. Die Familie Grope wird seitdem von Frauen dominiert, die allesamt groß und stark und rothaarig sind und auch noch als hässlich gelten. Männer werden eher als Zuchtkaninchen betrachtet, die dabei helfen müssen, die Linie fortzusetzen.

Nach einem ellenlangen Rückblick auf die Familiengeschichte geht die Handlung endlich los: Eine Nachfahrin der Familie Grope lässt ihren Neffen entführen. Er soll sie schwängern – dummerweise hat er aber eigene Pläne. Er möchte das Matriarchat abschaffen und sich an die Stelle des Familienoberhauptes setzen.

Im Verlauf der Handlung geht viel schief, die Figuren müssen sich irgendwie aber zusammenraufen. Das war's dann auch: Der Roman ist insgesamt nicht schlecht, zieht sich aber ziemlich in die Länge, obwohl er gar nicht umfangreich ist. Viel zu lachen oder gar zu grinsen gab es nicht, und da lag sicher nicht nur an der stereotypen Darstellung der Geschlechtsverhältnisse.

Möglicherweise lag es sogar an der Übersetzung, aber »Lauter Irre« hat für mich einfach nicht funktioniert. Der Roman war zu zäh, die Witze blieben überschaubar. In den 80er-Jahren hatte ich einige Tom-Sharpe-Werke gelesen, die fand ich lustig. Entweder hat sich mein Humorverständnis seitdem sehr stark verändert, oder der Autor ließ in seinen letzten Lebensjahren – er starb 2013 – deutlich nach.

»Lauter Irre« lohnt sich meiner Ansicht nach nicht. Ich hatte von dem Roman die Hardcover-Version, und ich verschenkte sie über einen örtlichen Bücherschrank. Möglicherweise findet ein anderer Leser mehr Freude daran.

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