09 Juni 2020

Ein Comic-Roman über den Ersten Weltkrieg

Während in Deutschland nach wie vor der Zweite Weltkrieg das historische Thema schlechthin ist – natürlich auch wegen der monströsen Verbrechen der Deutschen in dieser Zeit –, ist in Frankreich der Erste Weltkrieg von großer Bedeutung. Kein Wunder: Vier Jahre lang tobte der Krieg mitten im Land, wurde in erbittertem Stellungskrieg um jeden Meter gekämpft, verloren Millionen von Menschen mitten in Frankreich ihr Leben.

Mit der Comic-Serie »Krieg der Knirpse« legte der deutschsprachige Panini-Ableger einen Fünfbänder vor, der den Ersten Weltkrieg aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen erzählt. Dabei wird kein Augenmerk auf den Frontverlauf gelegt, die großen Schlachten spielen keine Rolle. Es geht darum, wie sich ganz normale Menschen verhalten, wenn Teile ihres Landes besetzt ist und der Krieg weite Teile der Heimat verheert.

Hauptfiguren der fünf Bände sind vier Waisenkinder, allgemein als die »Lulus« bezeichnet – jeder von ihnen hat einen Namen, der mit »Lu« anfängt. Als der Krieg ausbricht, wird das Dorf, in dem sie leben, von den Deutschen überrollt. Die Jungs freuen sich zuerst über die Freiheit – weil alle Erwachsenen geflohen sind, können sie tun und lassen, was sie wollen –, müssen sich dann aber immer häufiger unter großen Problemen durchschlagen.

Von Régis Hautière stammen die Texte und das Konzept; der Autor hat schon mehrere Comics veröffentlicht, ist also kein unbekanntes Blatt mehr. Er zeigt seine Kinder und Jugendliche sehr glaubhaft, verzichtet auf Nationalismen – in einem Album freunden sich die Jugendlichen sogar mit einem deutschen Deserteur an – und lässt die wirkliche Brutalität des Krieges im Hintergrund. Er zeigt dennoch, wie ein Krieg die Menschen verändert und wie schwer es ist, sich seine Menschlichkeit zu bewahren.

Als Zeichner war mir Hardoc (bürgerlich: Vincent Lemaire) vorher nicht bekannt. Seine Bilder sind nicht unbedingt realistisch, haben aber ebensowenig einen reinen Funny-Charakter. Sie passen zum weiten Feld des frankobelgischen Abenteuer-Comics, wirken aber eigenständig genug. Die Kriegshandlungen, die eh meist im Hintergrund spielen, werden realistisch dargestellt, die Toten inklusive. Wenn es darum geht, die Kinder und Jugendlichen zu zeigen, wirkt das Ganze deutlich verspielter.

Insgesamt ist »Krieg der Knirpse« sehr gelungen. Die Geschichte zieht einen in den Bann, man kann sie kaum eindeutig in ein Genre pressen, und die schönen Hardcover-Alben machen sich gut im Regal. Den schönen Fünfteiler aus dem Hause Panini kann ich also leichten Herzens empfehlen!

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