Haight-Ashbury gilt als das Viertel in San Francisco, in dem die Hippie-Zeit einen zentralen Punkt hatte: Hier trieben sich Ende der 60er Jahre die sogenannten Blumenkinder herum, hier gab es Rock-Musik und Drogen, lange Haaren und flattrige Jeans.
Davon war immer noch etwas zu spüren, als ich im November 2005 dort unterwegs war. Kleine Cafés versprühten den Charme alternativer Läden, wie ich ihn von Deutschland her kannte. Kleine Häuser gaben dem Viertel ohnehin einen wenig weltstädtischen Charakter, ich flanierte zwischen ihnen gemütlich dahin. Normalerweise.
Wenn es nicht ausgerechnet regnete ...
Als ich durch das Viertel taperte, auf der Suche nach einem guten Plattenladen, goss es immer wieder in Strömen. Manchmal nieselte es nur, dann ging ich auf die Straße, dann aber pisste es wieder, und ich flüchtete mich abwechselnd in Cafés oder Plattengeschäfte, Öko-Shops oder Esoterik-Buchläden. Mit meinen zersausten Haaren und dem Viertagesbart passte ich gut zur allgemeinen Kundschaft dieser Geschäfte.
Und so ging ich durch Haight-Ashbury, stellte fest, daß in den meisten Plattenläden nichts Relevantes für mich zu finden war, bis ich endlich bei Amoeba Music war, jenem Laden, den ich ansteuern wollte. Ich hatte seine Filiale bereits in Hollywood besucht und war dort sehr beeindruckt gewesen – in San Francisco wirkte das Ganze noch eindrucksvoller: eine riesige Halle voller Schallplatten, zwischen denen sich allerlei Menschen herumtrieben, zumeist Männer mittleren Alters, wie ich selbstkritisch feststellte.
Nach einigem Suchen landete ich in einer Ecke, in der es preiswerte Singles gab. Das Angebot hatte etwas für sich: Man kaufte fünf Singles zum Stück von je 50 Cent und bekam dann eine davon gratis; so richtig verstand ich das System nicht, aber es wirkte sympathisch. Da konnte ein Schwabe wie ich nicht widerstehen.
Ich zog Kiste um Kiste aus dem Regal und stöberte sie durch. Die meisten Platten sagten mir nichts, größtenteils völlig unbekannte amerikanische Bands, deren Platten keine Auflage von 500 Exemplaren überschritten. Immerhin fanden sich aber auch Bands wie die Hanson Brothers oder die deutschen Jimmy Keith & His Shocky Horrors in den Krabbelkisten.
Unangenehm war nur, als ich zwischendurch pinkeln musste. Wie nicht anders zu erwarten, gab es in dem Plattenladen kein Klo. Also blieb mir nichts anderes übrig, als durch den Nieselregen zu gehen, bis ich den Haight-Ashbury-Park erreichte. Und während ich dort regen einen regennassen Busch strullerte, machte ich mir klar, dass ich im Augenblick geschichtsträchtigen Boden verunreinigte – ein merkwürdiges Gefühl.
Um es kurz zu machen: Ich kaufte 27 Singles, bekam weitere acht Stück gratis oben drauf. Unterm Strich bezahlte ich also für insgesamt 35 Schallplatten den stolzen Preis von 14,65 Dollar, inklusive der Steuern. Stolz wie ein kleines Kind, glücklich in meiner Käuferlaune, ging ich zurück zur Bushaltestelle, um mich zum Hostel durchzuschlagen. Ein erfolgreicher Tag in San Francisco ...
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