(Sicherheitshalber: eine erfundene Geschichte)
»Ich lächle nie«, sagte die Frau auf einmal und verzog bei diesem Satz keine Miene. »Wer als Frau zu viel lächelt, wird als dümmlich oder naiv wahrgenommen, und das möchte nicht.«
Ich starrte sie an, war aber schlau genug, nichts zu sagen. Wir waren eine fröhliche Runde an diesem Spätsommertag; der Abend war schon ein wenig vorangeschritten, die Sonne neigte sich stärker, aber es war immer noch angenehm warm. Weingläser und Bierflaschen standen auf dem großen Tisch, wir waren alle in bester Laune.
»Aber warum das denn?«, fragte eine andere Frau. Ich kannte sie gut. Sie war das, was man »blitzg'scheit« nannte, hatte ein fröhliches Wesen und lachte gern und laut. »Da gibt's doch keinen Widerspruch.«
»Doch, den gibt es«, beharrte die Frau mit dem ernsthaften Gesichtsausdruck. »Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, die von den Regeln der Männer definiert wird. Und wenn eine Frau zu oft lacht oder lächelt, interpretieren das die Männer immer falsch. Das wiederum möchte ich nicht.«
Es entwickelte sich eine kurze Diskussion, die schnell ins Persönliche abglitt und damit endete, dass die ernsthafte Frau aufstand. »Ihr versteht mich nicht, und ihr wollt mich nicht verstehen«, sagte sie ruhig und ohne jegliche Regung im Gesicht. »Das ist dann Zeitverschwendung für mich. Ich wünsche euch einen schönen Abend mit euren Männern und euren Gefühlen.«
Sie ging, und alle starrten ihr nach. Gut zwei Minuten lang herrschte Stille am Tisch, dann begann die Diskussion darüber. Und ich war stolz auf mich, weil ich es schaffte, weiterhin die Ruhe zu behalten und nichts zu sagen.
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