Ich wohne seit 1994 in Karlsruhe, und einige der Mysterien der so harmlos wirkenden Studenten- und Beamtenstadt haben mich von Anfang an fasziniert: Das Schloss steht inmitten eines »Sonnenkranzes« aus 32 Straßen und Wegen, die sternförmig in alle Richtungen ausstrahlen, teilweise bewusst auf Kirchen und Wallfahrtsorte in der Umgebung ausgerichtet; es gibt eine Pyramide und einen Obelisken, ohne dass der Normalbürger so recht weiß, welche Funktion sie in der »Architektur« der Stadtanlage haben.
All diesen Fragen geht der Autor Bernd Hettlage in seinem packenden Roman »Das Geheimnis von Karlsruhe« nach. Er schafft es wirklich, historische Elemente so mit einer Handlung in der Gegenwart zu verbinden, dass ich ihm gerne auf seinem Weg durch die Karlsruher Vergangenheit folgte.
Lukas Arnold ist die Hauptfigur des Romans. Er interessiert sich für die Geschichte seiner Heimatstadt, er studiert alte Dokumente. Da er von einem der Stadtgründer abstammt, gibt es eine persönliche Verbindung zur Gründungszeit von Karlsruhe. Er muss feststellen, dass die alten Geschichten über die Stadt einen wahren Kern haben ....
Geschickt verarbeitet der Autor alle möglichen Mythen. Nicht nur der angebliche Traum des Markgrafen, nicht nur die angeblichen Linien, die vom Schloss ausgehen und allerlei mystische Orte verbinden; Hettlage baut auch noch den Mythos um Kaspar Hauser ein und verbindet so Karlsruhe mit der europäischen Politik.
Es entsteht eine wilde Verschwörungsgeschichte, in der sich Elemente eines Thrillers mit denen eines phantastischen Romans verbinden. Ganz nebenbei erfährt man einiges über die Geschichte der Stadt sowie über die aktuellen Örtlichkeiten. Das alles macht der Autor richtig gut. Als Leser war ich von dem Roman gefesselt und wollte kaum mit der Lektüre aufhören.
Stilistisch hätte ich einiges auszusetzen gehabt; meiner Ansicht nach hätte das Lektorat vor allem bei der Dialogführung gründlicher rangehen müssen. Manchmal wird die Lektüre durch nicht gerade optimale Formulierungen unnötig erschwert. Aber da bin ich vielleicht auch zu empfindlich.
»Das Geheimnis von Karlsruhe« ist ein gelungener Roman, zumindest über weite Teile hinweg. Er macht Spaß, er unterhält hervorragend, er vermittelt viele Informationen.
Problematisch ist der Schluss. In gewisser Weise kann man ihn als folgerichtig – wegen der entsprechenden Andeutungen zuvor – betrachten, für die meisten Leser dürfte er eine Enttäuschung sein. Der Autor macht aus einem spannenden und durchaus gelungenen Thriller, der über Dan-Brown-Qualitäten verfügt, einen Science-Fiction-Roman – der nicht einmal mich als Science-Fiction-Fan zu überzeugen weiß.
Trotzdem möchte ich das Werk empfehlen. Der Thriller setzt Karlsruhe hervorragend in Szene, und das fand ich gut. Erschienen ist er als Hardcover-Band in Lindemanns Bibliothek, einem örtlichen Verlag. Nicht nur für Menschen, die in der selben Stadt wie ich leben!
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