Der neue Vertriebskollege machte einen sympathischen Eindruck. Er sprach fehlerfreies Hochdeutsch, er hatte ein klares Auftreten, und ich nahm ihm ab, dass er viele Bücher verkaufen könnte. Also sicher auch Bücher aus der Redaktion, in der ich tätig war. Vielleicht konnte er dabei mithelfen, die von mir betreuten Science-Fiction-Romane besser in die Buchhandlungen zu bringen?
Bei der Vertretertagung nutzte ich die Gelegenheit, mich beim »gemütlichen Teil« an ihn heranzuwanzen. Wie er denn zur Science Fiction stehe? Ob er denn für Aktionen zu haben sei? Wie stehe es denn mit Veranstaltungen in Buchhandlungen, für die er zuständig sei?
Er blieb stets höflich, aber ebenso unverbindlich. Das müsse man sehen, meinte er. Buchhandlungen seien nicht mehr so einfach wie in den 90er-Jahren; alles sei komplizierter geworden.
»Ich kann Ihnen mal ein Informationspaket zuschicken«, schlug ich vor. »Das würde einige Leseproben und Informationen enthalten, ebenso einige akuelle Titel. Dann können Sie sich einlesen.«
Er wirkte verwundert, dann antwortete er im langsamen Ton eines Mannes, der mit einem schwachsinnig wirkenden Menschen spricht. »Das brauche ich nicht. Wenn ich Bücher verkaufe, muss ich doch nicht wissen, was drin steht.«
Nun war ich verwundert. Bevor ich reagieren konnte, schob er nach: »Ich habe noch nie ein Buch von einem Verlag gelesen, für den ich als Vertriebsmann zuständig war.« Er schien auf diese Aussage geradezu stolz zu sein.
Und ich war mal wieder um eine Hoffnung ärmer.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen