»Ich weiß zwar, dass es unmöglich ist, heute einen Verlag zu finden«, so schreibt mir ein Autor, dessen Namen ich lieber verschweigen möchte. Es sei schließlich nicht üblich, die Romane unbekannter Autoren zu veröffentlichen. Aber er sei »so frech« und übersende mir deshalb sein Manuskript.
Der Autor liefert in seinem Begleitschreiben gleich mehrere Tipp- und Kommafehler, aber darüber sehe ich erst einmal großzügig hinweg. Ich bin ja mittlerweile so manches gewöhnt. Selbstbewusstsein kann man ihm nicht absprechen.
Immerhin habe sein Buch einiges Potenzial, es seien Fortsetzungen möglich und man könne es sogar als Spielfilm umsetzen. Er habe für das Buch sogar eine Sprache entwickelt. Offensichtlich hat ihm niemand geraten, sich zuerst das Programm der Verlage anzuschauen, an die er sein Manuskript schickt.
Das letzte Mal, das der Verlag, in dem ich arbeite, einen serienunabhängigen Science-Fiction-Roman veröffentlicht hat, war um 1990 herum. Bei solcher Recherche wundert mich manches nicht.
Immerhin bin ich neugierig und sehe mir das Manuskript dann doch an: Zehn-Punkt-Schrift, 70 Zeichen breit, vierzig Zeilen pro Seite, doppelseitig bedruckt, erratische Absatzformatierung, seltsame Formulierung. Ich schaffe es echt nicht, auch nur die erste Seite zu lesen.
Nein, das ist kein Bericht aus der Zeitmaschine. Solche Dinge geschehen im Jahr 2020.
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