30 August 2024

Die Rache des Kreuzritters

Es ist eine Weile her, seit ich zuletzt ein Hörspiel der »John Sinclair«-Serie gehört habe. Dieser Tage hörte ich mir die Folge 49 der »Sinclair Classics« an, die den martialischen Titel »Die Rache des Kreuzritters« trägt. Zumindest am Anfang fand ich die Story ungewöhnlich; wenn am Ende dann Köpfe fliegen und das Blut spritzt, weiß ich aber wieder, dass ich im Universum des Geisterjägers gelandet bin …

Der Reihe nach: Die Geschichte beginnt im Elsass. Zwei deutsche Paare machen dort Urlaub, ausgerechnet in der Nähe einer Burg, auf der angeblich der Geist eines alten Kreuzritters sein Unwesen treibt. Natürlich lassen sich die Touristen nicht von irgendwelchen Warnungen abhalten und zelten auf der Burg. Dort treffen sie auf einen skelettierten Geist, der auf einem toten Pferd reitet, aber sein Schwert schwingen kann, ebenso auf John Sinclair, den Geisterjäger aus London, und einen deutschen Kollegen.

Wieder einmal hat mich das Hörspiel gefesselt, auch wenn der Inhalt schon arg an den Haaren herbeigezogen ist. Skelette auf Pferden, magische Symbole an einem Tor, dann aber wieder echte Leichen ohne Köpfe, die allerdings nach Blut dürsten – hier wird allerlei miteinander vermengt, was vielleicht nicht so richtig sinnvoll zusammenpasst. In einem Roman würde mich das mit Sicherheit stören, in einem Hörspiel finde ich es unterhaltsam.

Die Geschichte wird knallig präsentiert: effektvolle Geräusche, schnelle Dialoge, viel Geschrei und gut eingesetzte Musik. Das ist plakativ, aber sehr gut gemacht. Und man will dann selbst als kritischer Hörer gern wissen, wer von den vier Touristen stirbt und wer überlebt. Sehr gerne angehört, sehr spannend!

29 August 2024

Ein Traum von Freibad

Eine Kürzestgeschichte, frei erfunden natürlich

Die Runde im Biergarten war recht lustig. Wir tranken Wein und Bier, wir redeten durcheinander, die Themen wechselten sich munter ab. Bis auf einmal nur die Frau, die ich an diesem Abend erst kennengelernt hatte, und ich am Tisch saßen. Die anderen waren an einem Nachbartisch, wo ein Geburtstag gefeiert wurde, oder versackten gerade an der Theke.

»Eigentlich müsste man bei so einem Wetter irgendwo baden gehen«, sagte ich und wischte mir über die Unterarme. »Ich bin nach diesem Tag völlig verschwitzt.«

Sie nickte. »Ein Baggersee oder ein Freibad um die Ecke, das wäre schön.«

»Als Jugendliche sind wir mal mit den Rädern ins Nachbardorf und haben uns dort über den Zaun des Freibads geschlichen. Wir wollten baden, wahrscheinlich hatte das jemand von anderen gehört, und wir wollten's nachmachen.«

»Und? Hat's geklappt?«

Ich winkte ab. »Wir sind nicht mal über den Zaun gekommen, weil wir Schiss hatten. Da waren andere mutiger. Im Freibad zumindest.« Ich grinste. »Es gab sogar Sex im Freibad.«

»Aha.« Sie klang uninteressiert.

»Doch, echt.« Ich geriet in Fahrt. »Ein Typ aus unserem Dorf hatte damals auf der Liegewiese, okay, es war der abgetrennte Bereich, wo nicht jeder hinkam …« Ich fand zur Spur zurück. »Aber dort hatte er Sex mit seiner Freundin, und drei Dutzend Leute haben zugeschaut, der komplette Motorrad-Club.«

»Das gab's bei uns auch.« Sie blickte an mir vorbei, während sie weiterredete. »Ähnliche Szenerie: Freibad, Liegewiese, Sex. Er war vielleicht 18 oder 19 Jahre alt und hatte schon ein Motorrad, sie war 15 und sollte bald 16 werden. Die beiden hatten also Sex, und die Leute standen drumherum und feuerten sie an. Und das Mädchen hat gestrahlt und sich gefreut, klar, endlich war die Kleine auch mal im Zentrum der Aufmerksamkeit, und Handys gab's damals noch nicht.«

»Und dann?«, fragte ich, als sie eine Pause einlegte.

»Na ja, die anderen haben die beiden dann angefeuert. Das Mädchen lachte und amüsierte sich ebenso wie der Junge, und dann fing einer an, ›in den Arsch‹ zu rufen, und die anderen fielen darin ein, bis es ein richtiger Chor wurde.« Sie brach wieder ab.

»Und dann?«

»Dann hat er's getan. Und weil das Mädchen nicht sein Gesicht verlieren wollte, hat es alles mit sich machen lassen, hat zwar geweint, aber nicht ›aufhören!‹ oder so etwas gerufen.« Sie hielt inne und sah mich direkt an. »Bevor du fragst: Das ist die ganze Geschichte, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«

Ich hielt den Mund. Die anderen kamen ohnehin zurück. Innerhalb von Sekunden war das Gewirr angetrunkener Stimmen um mich herum.

»Über was habt ihr denn geredet?«, fragte Caro.

»Ach.« Ich machte eine nichtssagende Handbewegung. »Es ging ums Freibad.«

»Haha.« Sie lacht auf. »Da kann ich auch eine Geschichte erzählen. Wir sind mit den Rädern raus zum Freibad, wir wollten über den Zaun klettern und dann nackt baden. Aber ...«

28 August 2024

Beeindruckender Science-Fiction-Klassiker

Die Geschichte beginnt nach einem schrecklichen Krieg, der offensichtlich mit atomaren Waffen ausgetragen worden ist. Weite Teile der ehemaligen Vereinigten Staaten sind menschenleer. Die Überlebenden haben sich in kleinen Gemeinden eingerichtet, wo sie ein einfaches Dasein fristen. Über sie regieren christliche Sekten, die unter anderem verbieten, mit den technischen Mitteln der Vergangenheit zu arbeiten.

Doch zwei Jungs haben keine Lust darauf, in diesen Verhältnissen zu leben. Sie wollen ausbrechen. Als sie etwas entdecken, das sich nach einigen Versuchen als Funkgerät entpuppt, können sie damit zwar nicht umgehen, aber ihr Interesse an der Außenwelt wird geweckt. Also beginnen sie eine Reise zu der Stadt, an der angeblich die Schätze vergangener Epochen aufbewahrt werden und wo man in eine neue Zukunft blickt …

So lässt sich die Handlung von »Das lange Morgen« zusammenfassen, einem echten Klassiker der Science-Fiction-Literatur. Verfasst wurde er von Leigh Brackett (1915 bis 1978), eine der bedeutendsten Autorinnen der 50er- und 60er-Jahre. Sie schrieb Drehbücher und Romane, Kurzgeschichten und Erzählungen. Unter dem Titel »The Long Tomorrow« wurde der Roman bereits 1955 veröffentlicht, seit einigen Monaten liegt er in einer neuen Übersetzung vor.

Verantwortlich dafür ist der Carcosa-Verlag, der erst vor einigen Monaten gegründet worden ist. Zu seinem Programm gehören Science-Fiction-Titel aus dem englischen Sprachraum sowie Sekundärliteratur; es lohnt sich auf jeden Fall, die Website des Verlags zu besuchen und sich umzuschauen. Es gibt schon jetzt viel zu entdecken.

Mich sprach Leigh Bracketts Roman sehr an. Die Autorin verzichtet auf all das, was man gemeinhin mit der Science Fiction der fünfziger Jahrre verbindet: Es gibt weder Raumschiffe noch Zeitreisen, keinen strahlenden Helden und keinen finsteren Bösewicht. Stattdessen wirft sie einen kritisch-literarischen Blick auf die Vereinigten Staaten, der sich mit klassischen Mainstream-Autoren wie John Steinbeck vergleichen lässt.

Das klingt vielleicht vermessen, ich meine es aber ernst. Der Roman ist zeitlos, auch wenn die Vision der Zukunft – er spielt ja wohl in unserer Zeit – so nicht eingetreten ist: 1955 stellte man sich künftige Computer als riesige Maschinen vor und glaubte, die friedliche Nutzung der Atomenergie bringe keine Probleme mit sich. Sieht man von diesen zwei Elementen ab, die ohnehin erst am Ende des Romans eine Rolle spielen, handelt es sich bei »Das lange Morgen« um eine unterhaltsame Geschichte, die stets aus der Sicht der jungen Hauptfiguren erzählt wird.

Bracketts Erzählweise ist altmodisch im positiven Sinn. Es gibt keine stilistischen Experimente, die Geschichte verläuft geradlinig. Gelegentlich springt die Perspektive ein wenig – zu jener Zeit üblich –, was aber nicht sehr stört.

Der Blick der Autorin auf die amerikanische Kultur nach einem Atomkrieg ist durchaus pessimistisch, und ihre Darstellung des religiösen Fanatismus finde ich erschreckend. Vor allem das erste Drittel des Romans ist trotz der ruhigen Erzählweise richtig stark – man glaubt sich in eine ländliche Region versetzt, die von christlichen Fanatikern beherrscht wird.

Wer klassische Science Fiction mag, sollte dieses Buch lesen. Man kann es übrigens jederzeit auch Menschen in die Hand drücken, die sonst von der SF-Literatur die Finger lassen …

(Diese Rezension veröffentlichte ich bereits im Januar 2024 auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN. Hier wird sie aus dokumentarischen Gründen wiederholt.)

27 August 2024

Wenn der Joker weltweit antritt

Wenn ich Superhelden-Comics lese, bevorzuge ich seit Jahren diejenigen, die eher auf die »menschlichen« Helden setzen, also nicht zu viele spezielle Gaben aufweisen, und gleichzeitig menschliche Schwächen haben, die ihre Geschichte anders gestalten. Das heißt konkret: Im Marvel-Universum mag ich vor allem die Figur des blinden Daredevil, im DC-Univesum wiederum ist es Batman, der als Dunkler Ritter über Gotham wacht, letztlich aber »nur« große Intelligenz, viel Muskelkraft und haufenweise technische Gerätschaften einsetzt.

Als vor einigen Jahren im Rahmen des DC-Universums die Heldengruppe »Batman Incorporated« eingeführt wurde, fand ich die Idee anfangs ganz gut, wurde ihr aber rasch überdrüssig. Auf allen Kontinenten und in gefühlt allen Ländern der Erde gab es auf einmal Superhelden, die sich Batman und seinem Kampf gegen das Verbrechen anschlossen. Das war zeitweise ein wenig albern – warum sollte sich ein Superheld in China ausgerechnet »Batman of China« nennen?

»Batman Incorporated« kam in den USA in Form von Heften heraus. Ich las bereits den ersten Paperback-Band, der hierzulande den Anfang der Serie zusammenfasste. Mittlerweile hat sich auch der Joker, also der große Gegenspieler des Dunklen Ritters, diesem Trend angeschlossen und Joker Incorporated gegründet.

Dazu gibt es mittlerweile einen entsprechenden Comic-Band, den ich mittlerweile gelesen habe; er enthält die amerikanischen Hefte acht bis zwölf als Gesamtpaket. Doch wie soll ich sagen: Das ist zwar alles unterhaltsam und gut gemacht, aber das braucht echt niemand.

Konkret: Das ist in den einzelnen Storys spannend erzählt, und zeichnerisch kann ich nicht meckern – aber die Vielzahl unnötiger Charaktere sorgte dafür, dass ich keinen echten Überblick bekam. So ist »Joker Incorporated« sicher ein Comic, der beinharte »Batman«-Fans gut unterhält, den ich aber sonst nicht empfehlen kann.

26 August 2024

Unheimliche Begegnung, unheimlich lahm

Es ist schon sehr lange her, seit ich »Unheimliche Begegnung der dritten Art« gesehen habe. Im Kino bekam ich den Streifen damals nicht mit, aus welchen Gründen auch immer. Wahrscheinlich war das vor Beginn meiner Kino-Zeit – ich gehe davon aus, dass ich den Film in den frühen 80er-Jahren mal auf einem Con gesehen habe, vielleicht auf einem Fernseher. Ich kannte ihn aber nie komplett.

Deshalb fand ich es gut, dass er derzeit in der Mediathek von 3sat zu sehen ist, und habe ihn mir endlich am Stück angeguckt. Wie soll ich es sagen? Ich erkannte auch 2024, warum die Geschichte vor bald fünfzig Jahren faszinierte, aber sie faszinierte mich heute nicht.

Die ganze Geschichte ist zäh erzählt, geradezu langweilig. Ich fand die Figuren nicht überzeugend, die Kommunikation mit den Aliens wirkt geradezu albern. Klar war das 1977 eine neue und spannende Geschichte, aber sie ist nicht gut gealtert. Sie wirkt nicht wie Science Fiction, sondern kommt einem sehr altmodisch vor.

Ich empfehle trotzdem, den Streifen anzuschauen. Die Faszination von damals lässt sich schon erahnen, auch wenn sie sich heute nicht mehr vermittelt.

23 August 2024

Paris ist auch kein Paradies

Weil ich Paris für eine beeindruckende Metropole halte, was zuletzt durch die großartige Eröffnung zu den Olympischen Spielen unterstrichen wurde, schaue ich mir gern Filme an, die in dieser Stadt spielen. Damit war es logisch, den aktuellen Kinofilm »Paris Paradies« in der »Schauburg« in Karlsruhe zu genießen. Ich wusste nicht so recht, was mich erwartete, und stellte mich auf eine eher flache Komödie ein ...

Mit dieser Erwartung lag ich ziemlich daneben. Der Film spielt mit allen möglichen Themen, unterm Strich geht es aber immer um den Tod und die Liebe, mal zusammen, mal als Gegensätze. Erzählt wird fast ein Dutzend Geschichten, die teilweise sehr berührend sind, die einen manchmal zum Lachen bringen, bei denen man aber auch die eine oder andere Träne verdrücken muss.

Regie führte Marjane Satraphi, die ein großes Ensemble an bekannten und weniger bekannten Schauspielern zusammenstellte. Beeindruckend fand ich Monica Bellucci, die früher als »sexy«-junger Filmstar vermarktet wurde und nun eine alternde Opern-Diva spielt, die den alten Zeiten hinterher trauert und nicht damit klarkommt, dass sie fast sechzig Jahre alt ist.

Teilweise grob fand ich die Geschichte um ein Teenager-Mädchen, das von einem Sadisten entführt wird, diesen aber fast ins Koma quasselt. Stark war die Geschichte mit dem Barbesitzer, der mit seinem Lokal gewissermaßen das Epizentrum der Geschichte bildet und seit vielen Jahren seiner toten Frau hinterher trauert, ohne etwas vom wirklichen Leben mitzubekommen.

Und so weiter.

Schon klar: Man muss das französische Kino mögen. Wer nur Action oder Science Fiction mag, ist hier womöglich falsch beraten. Ich fand den Film sehr gelungen – ein vielseitiger Film, dem vielleicht die zentrale Geschichte fehlt, der aber eine Reihe von tollen Geschichten schön bündelt.

22 August 2024

Der Dreher kreiselt nicht mehr

Ich zog 1994 nach Karlsruhe, wo ich Jürgen Leppert recht schnell kennenlernte. Wir trafen uns bei diversen Gelegenheiten: im Schlossgarten, im Freien Radio, bei Konzerten. Vor allem bei diesen Konzerten fiel der Mann mit dem weißen Bart auf: Meist bewegte er sich irgendwann nach vorne, trat an den Rand der Bühne und begann dort, sich um seine eigene Achse zu drehen.

Es war gleichgültig, welche Musik lief. Er kreiselte bei Jazz-Konzerten und Techno-Partys, er war bei Hardcore-Punk anzutreffen und auch bei irgendwelchen Pop-Kapellen. Er drehte sich in einer ganz bestimmten Geschwindigkeit, und das machte er so gleichmäßig, dass er dabei ein Glas Wein in der Hand halten konnte, ohne dass auch nur ein Tropfen daraus spritzte.

Er war ein Original, man fand ihn skurril. Ich erlebte nie, dass ihn jemand blöd anmachte. Man gönnte ihm seinen Platz in der Nähe der Bühne, wo sogar das Pogo-Getümmel einen Platz für ihn schuf. Die Leute staunten ihn an, aber man gönnte ihm seinen eigenen Lebensstil.

Ich stritt mich nicht nur einmal mit ihm – politisch waren wir nicht immer einer Meinung –, aber ich mochte ihn. Während der Corona-Zeit verlor ich ihn aus den Augen, zuletzt dürfte ich ihn vor fünf Jahren gesehen haben.

Der örtlichen Presse und dem lokalen Tratsch entnahm ich, dass er in der vergangenen Woche gestorben ist. Das macht mich traurig, er gehörte für mich immer zu Karlsruhe dazu. Vielleicht schreibe ich einige Geschichten über ihn auf – ich habe ihn unterm Strich als einen positiven und immer leicht schrägen Menschen wahrgenommen, einen der Leute, die einem unweigerlich im Gedächtnis bleiben.

Spannender Wettlauf zum Mars

Seit einigen Jahren ist der Schriftsteller Phillip P. Peterson praktisch nicht mehr aus der deutschsprachigen Science-Fiction-Landschaft wegzudenken. Seine Romane veröffentlichte er anfangs als Selfpublisher, sie kamen gut an und wurden mit Preisen ausgezeichnet. Mittlerweile werden seine Werke auch von renommierten Verlagen herausgebracht – zuletzt las ich von ihm »Janus«, einen packenden Science-Fiction-Thriller.

Der Roman spielt in einer recht nahen Zukunft. Der Krieg in der Ukraine ist vorüber, aber noch nicht sehr lange, spielt allerdings auch keine Rolle mehr. Nach wie vor stehen sich Russland und die westlichen Mächte sehr kritisch gegenüber – die Astronauten und Wissenschaftler weltweit arbeiten jedoch gern zusammen. In dieser Lage werden bemannte Flüge zum Mars geplant, eher behutsam und mit einem gewissen Vorlauf.

Doch dann muss auf einmal alles beschleunigt werden: Man entdeckt auf dem kleinen Mond Phobos ein Objekt, das eindeutig künstlich ist. Es ist klar, dass Außerirdische auf dem Trabanten des Mars etwas hinterlassen haben.

Auf einmal wird der Wettlauf zum Mars entschiedener und auch aggressiver geführt. Und während die Astronauten der verschiedenen irdischen Machtblöcke auf ihre Reise durch das Sonnensystem gehen, rüsten sich die Militärs auf der Erde zum atomaren Schlagabtausch …

Im Wesentlichen erzählt Phillip P. Peterson seine Geschichte auf zwei Handlungsebenen: Die Astronautin Jenny Nelson möchte unbedingt ins All fliegen, ist aber anfangs überhaupt nicht bei der Mannschaft, die für die weite Reise ausgebildet wird. Ihr Lebenspartner ist ein Manager bei der Raumfahrtbehörde und reist ständig um die Welt.

Während sich ihre persönlichen Beziehungen immer mehr lockern, was der Autor sehr glaubhaft schildert, entwickelt sich ihre jeweilige Karriere weiter. Am Ende halten die beiden über den Abgrund von Millionen und Abermillionen von Kilometern hinweg den Kontakt zueinander. Das wiederum könnte tatsächlich helfen, einen großen Konflikt zu verhindern.

Der Autor weiß, wovon er schreibt. Als Ingenieur hat er sich mit Trägerraketen und Satelliten beschäftigt, er kennt die technischen Details ebenso wie die Abläufe innerhalb der entsprechenden Behörden und Firmen. Man kann als Leser stets davon ausgehen, dass die von Peterson geschilderten Szenen so auch wirklich stattfinden könnten – sie wirken in jeder Szene echt und nachvollziehbar, und die Figuren mit all ihren Problemen machen auf mich einen plastischen Eindruck.

Die Zusammenhänge und technischen Erläuterungen vermittelt Peterson ohnehin so, dass man als Leser jederzeit folgen kann. Das geschieht durch Dialoge und knappe Beschreibungen. Und weil der Autor ständig zwischen den verschiedenen Schauplätzen wechselt, gelingt es dem Autor, auch Besprechungen oder einen eigentlich langweiligen Flug durchs All spannend zu schildern.

Tatsächlich ist »Janus« ein sehr spannender Roman. Er fesselte mich über die 384 Seiten – weil mich die Figuren und ihr Verhalten interessierten. Wer packende Science Fiction aus der nahen Zukunft mag, die mit der »Wirklichkeit« spielen, dürfte an »Janus« ebenfalls seine Freude haben.

Erschienen ist der Roman bei Fischer Tor; das Paperback gibt es für 18,00 Euro, das E-Book für 16,99 Euro. Bestellen kann man ihn überall im Buchhandel, selbstverständlich können Versender wie der PERRY RHODAN-OnlineShop »Janus« ebenfalls ausliefern. Und wer sich ein wenig einlesen will, dem empfehle ich die Leseprobe auf der Internet-Seite des Verlags.

(Diese Rezension habe ich bereits im Januar auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht; hier kommt sie aus dokumentarischen Gründen.)

21 August 2024

Den Highlander versucht

Als der Kinofilm »Highlander« in die deutschen Kinos kam, musste ich ihn mir unbedingt anschauen. Er wurde als Fantasy verkauft, er hatte recht gute Kritiken erhalten, und ich ging ins Kino, damals noch in Freudenstadt. Das war 1986, und seither hatte ich den Film nie wieder gesehen.

Derzeit steht er in der ARD-Mediathek kostenfrei zur Verfügung, was ich sehr gut finde. Der Film ist tatsächlich ein Klassiker, also sollen ihn die Leute auch sehen können. Und ich guckte prompt rein, ohne allzugroße Erwartungen allerdings, musste ihn aber nach einer halben Stunde abbrechen.

Die Geschichte fand ich nicht mehr überzeugend, in keiner einzigen Einstellung. Es ist viel »Gedöns«, es gibt viel Show um der Show willen, und die Figuren waren für mich allesamt weder überzeugend noch positiv. Allein schon der Hauptdarsteller, der offensichtlich nur einen einzigen Gesichtsausdruck beherrscht – und der wirkt auch noch recht dümmlich –, sorgte dafür, dass ich aus dem Kopfschütteln kaum mehr herauskam.

Stellen sich die Fragen: Hat sich mein Geschmack seitdem so verändert? Oder war der Film damals schon schlecht, ich fand ihn auch doof und habe das nur erfolgreich verdrängt? 1986 ist halt doch schon lang her …

20 August 2024

Die 20er-Jahre als Hintergrund

Zu den Comic-Serien, die anfangs der 90er-Jahre bei Carlsen erschienen und rasch wieder in Vergessenheit gerieten, zählte »Jimmy Boy«. Dieser Tage nahm ich mir – also gut dreißig Jahre nach der damaligen Lektüre – den ersten Band dieser Serie noch einmal vor. Die Überlegung war: Behalte ich die Serie, die ich in all den Jahren ignoriert hatte, weiterhin im Regal oder gebe ich die vier Bände weg, um Platz zu schaffen?

Hauptfigur ist ein Junge namens Jimmy Boy, der in den zwanziger Jahren in einem kleinen Ort in Wyoming groß wird. Als es zu Auseinandersetzungen zwischen streikenden Arbeitern – darunter seinem Vater – und Streikbrechern kommt, gibt es einen Unfall, und ein Streikbrecher stirbt. Jimmy Boys Vater ist schuld und kommt ins Gefängnis; der Junge landet in einer Erziehungsanstalt. Dort geht es ihm erwartungsgemäß sehr schlecht, und er bricht mit einigen anderen Jungs aus.

Damit lässt sich die erste Folge mit dem Titel »Der Vagabund« gut zusammenfassen, auch wenn das Vagabundieren eigentlich erst auf den letzten zwei Seiten beginnt. Die Geschichte ist praktisch ein Sozialdrama, das in klaren Einstellungen zeigt, wie ein Junge durch »schwarze Erziehung« nicht zu einem »guten Menschen« erzogen wird, sondern sich seine Freiheit erkämpfen will und dabei auf die schiefe Bahn gerät.

Das alles zeigt Dominique David in recht einfachen Szenen, die erzählerisch nicht brillant sind, die Geschichte aber gut entwickeln. Die Figuren verhalten sich glaubhaft, wenngleich die Geschichte nicht gerade originell ist.

Die belgische Comic-Künstlerin schrieb die Geschichte nicht nur, die illustriert sie auch. Das ist recht gelungen, wenngleich sie bei manchen Bildern schwächelt.

Künstlerisch wie inhaltlich ist David dem frankobelgischen Abenteuer-Comic verpflichtet. Das merkt man ihrer Geschichte an; sie fällt allerdings hinter den großen Klassikern zurück. Es gibt also durchaus Gründe, warum »Jimmy Boy« heute recht vergessen erscheint …

19 August 2024

Schlosslichtspiele auch 2024

Als 2015 zum ersten Mal die Fassade des Schlosses von Karlsruhe als Leinwand für die Schlosslichtspiele genutzt wurde, ging ich nicht davon aus, dass das zehn Jahre danach immer noch der Fall sein würde. Doch auch 2024 gibt es die Schlosslichtspiele, und so spazierten wir am Wochenende bei wunderbarem Hochsommerwetter in die Innenstadt.

Wie in allen Jahren zuvor waren wir nicht die einzigen Menschen, die auf diese Idee kamen. Der gesamte Platz vor dem Schloss war voller Leute. Sie saßen auf dem Rasen, sie hockten auf den Treppen. Sie standen auf den Wegen, oder sie saßen – wie wir – sehr weit vorne und quasi mitten in der Fassade, so dass man außer den Bildern nichts mehr viel zu sehen hatte. So mag ich es am Liebsten, aber es gibt natürlich gute Gründe, sich das Schauspiel aus der Distanz zu betrachten.

Da das Programm von Tag zu Tag wechselt, ist es sowieso sinnvoll, mehrmals während der gesamten Dauer der Schlosslichtspiele zum Schloss zu pilgern und sich das Schauspiel an der Fassade anzusehen. Als ich da war, betrachtete ich eine Wiederholung aus dem Jahr 2018, eine Zusammenfassung der ungarischen Teilnehmer – wie immer beeindruckend! – und ihrer Shows der vergangenen Jahre, eine Herbert-Grönemeyer-Interpretation, die erstaunlich gut war, und ein »Daten«-Song von Peter Weibel, der vor einem Jahrzehnt die Schlosslichtspiele ins Leben gerufen hatte sowie eine ganz neue Show, bei der tanzende Menschen als Pixel über die Fassade des Gebäudes wanderten.

Jede Show war auf ihre Art interessant und faszinierend, und ich genoss den Aufenthalt auf dem Pflaster vor der Schlossfassade. Eine wunderbare Einrichtung!

(Ach ja: In der ganzen Stadt verteilt gibt es weitere Kunst-Installationen mit Licht, die teilweise das Grundgesetz aufgreifen, etwa am Bundesverfassungsgericht. Drei davon habe ich mir mittlerweile angesehen; auch das ist jeweils interessant.)

09 August 2024

Ein Fanzine zum Gedenken

Wenn Vereine in ein gewisses Alter kommen, entwickeln sie sich zu einem Generationenprojekt. Jüngere Leute rücken nach, die Gründer werden älter und sterben irgendwann. Von solchen Veränderungen bleibt auch eine Fantasy-Vereinigung wie FOLLOW nicht verschont. FOLLOW wurde in den späten sechziger Jahren gegründet, ich bin seit Ende 1979 Mitglied.

Die Ausgabe 373 des Fanzines »Hornsignale« wurde von Zilly Zipf zusammengestellt; enthalten ist auch ein kurzer Text von mir. Das 28 Seiten umfassende Heft enthält Texte und Bilder, die an Harald Zubrod und Axel Melhardt erinnern. Beide sind in diesem Jahr verstorben, beide waren für den Fantasy-Verein prägend und wichtig.

Axel Melhardt zählte zu jenen Science-Fiction- und Fantasy-Fans, die in den 60er-Jahren überhaupt erst die Fantasy-Literatur für den deutschsprachigen Raum »entdeckten«. Ihn lernte ich in den 90er-Jahren persönlich kennen.

Harald Zubrod war ein engagierter Rollenspieler und Fantasy-Fan, bei dem ich in den 80er-Jahren auch einmal daheim am Wohnzimmertisch saß. Wir kannten uns nicht so gut, liefen uns aber über viele Jahre hinweg immer wieder über den Weg.

Ich finde solche Fanzines wichtig: Sie erinnern an Menschen, die einen Verein und seine Geschichte geprägt haben. Und sie zeigen, dass man sie nicht vergessen hat.

Die Herausgeberin dieser »Hornsignale«-Ausgabe, die ich zuletzt gesehen habe, als sie ein Kind war – glaube ich … –, hat ein schönes Heft zusammengestellt, in dem sogar Wimmelbilder enthalten sind. Was für eine schöne Idee!

(Wer sich dafür interessiert … Informationen zu den »Hornsignalen« gibt es bei Hermann Ritter: hermann.ritter@homomagi.de.)

08 August 2024

Peter und ein kleines Jubiläum

Bei meinem Fortsetzungsroman »Der gute Geist des Rock'n'Roll« handelt es sich um einen Roman und nicht um eine »true story« – das muss ich immer wieder betonen. Die Geschichte ist frei erfunden, und die Leute, die in ihr auftauchen, gibt es nicht und gab es auch nie. Aber natürlich kann ich keinen Roman schreiben, der im Punkrock-Milieu spielt, ohne auf Erinnerungen zurückzugreifen.

Die aktuelle Folge fünfzig – hey, ich habe ein kleines Jubiläum! – wurde in der Ausgabe 175 abgedruckt. Es geht um das Arbeiten in einem Verlag und die Probleme, die man als Punkrocker damit hat, in einem solchen Unternehmen tätig zu sein. Die Handlung spielt 1996, aber mit der Arbeit, die ich in jenem Jahr zu bewältigen hatte, hat sie wiederum nichts zu tun. Der Ich-Erzähler ist ja eher in einem Anzeigenblatt tätig, und das machte ich 1988/89.

Mir macht es Spaß, solche Details aus der Wirklichkeit mit der fiktiven Wirklichkeit des Romans zu verknüpfen. Den meisten Lesern dürfte das gar nicht groß auffallen, denke ich; ich mag so etwas. Und so schreibe ich mit einem leichten Lächeln im Gesicht dann auch schon an der nächsten Folge des Fortsetzungsromans.

07 August 2024

Ufos, Aliens, Kommunisten

Die fünfziger Jahre in den Vereinigten Staaten: Eine ganze Nation wird von Ängsten geschüttelt. Man fürchtet sich vor kommunistischen Agenten, die das Land ins Chaos stürzen wollen, und hat gleichzeitig eine übertriebene Angst vor Außerirdischen, die mit ihren »Unbekannten Flugobjekten« überall gesichtet werden. Das ist der Hintergrund für den Comic »Red Scare« von Liam Francis Walsh, der sich sowohl an Jugendliche als auch an Erwachsene richtet.

Der Untertitel deutet schon an, in welche Richtung sich die Geschichte bewegt: »Die Rote Angst oder: Wie Peggy fliegen lernte«. Peggy ist ein Mädchen in den USA, irgendwo in einer kleinen Stadt. Sie hat eine Polio-Erkrankung überstanden, muss aber immer mit Krücken gehen und leidet unter ihrer Behinderung. Ihre Mutter und ihr Vater haben eindeutige Eheprobleme, die damit zusammenhängen, dass ihr Vater als Kriegsversehrter aus dem Koreakrieg heimgekommen ist, und ihr Bruder kann mit Peggy ebenfalls nichts anfangen.

Es handelt sich also um eine Familie, die voller Probleme steckt, in einer Umgebung, in der man an allen Ecken den Angriff der Kommunisten befürchtet. In einer solchen Zeit der Ängste und der Paranoia wächst Peggy auf. Mit ihren eigenen Problemen wird sie völlig allein gelassen. Bis sie auf einen Mann im Anzug stößt, der vor ihren Augen ermordet wird, und von diesem einen seltsamen roten Stab übernimmt ...

Ab diesem Moment gerät das Leben des Mädchens völlig aus den Fugen. Peggy hat auf einmal Fähigkeiten, mit denen sie vorher nicht rechnen konnte, während sich gleichzeitig Geheimagenten auf ihre Spur setzen. Die Handlung spitzt sich zu, als die Paranoia der Einheimischen wegen der befürchteten »roten Gefahr« in einer pogromartigen Stimmung entlädt.

Liam Francis Walsh ist ein Künstler, von dem ich bislang nichts gelesen hatte. Wenn ich es richtig überblicke, hat er auch noch nicht so viel veröffentlicht. Umso beeindruckender ist dann »Red Scare«, mit dem er einen originellen Genre-Mix vorlegt.

Vordergründig handelt es sich ja um einen Comic für Kinder oder Jugendliche, in Wirklichkeit aber ist er wesentlich komplexer. Mit scheinbar leichter Hand vereint der Künstler die unterschiedlichsten Elemente: Mal erinnert die Erzählung an einen Agenten-Thriller, dann wieder an einen klassischen Science-Fiction-Film, zuletzt häufig an eine Geschichte um Jugendliche, die ihren Platz im Leben und in der Welt finden müssen.

Künstlerisch riskiert Walsh ebenfalls einen Spagat. Weil seine Geschichte in den fünfziger Jahren spielt, orientiert er sich am damaligen Comic-Stil. Wer also seine Geschichte zum ersten Mal betrachtet, fühlt sich womöglich in die Zeiten versetzt, in denen »Tim und Struppi« als modern galten. Das aber macht Walsh so geschickt, dass seine Bilder nicht antiquiert wirken, sondern trotzdem auf eine spezielle Art modern aussehen. Er paart den Stil der fünfziger Jahre mit schneller Dynamik, so dass ich ein schönes Gefühl von Retro-Science-Fiction bekam.

»Red Scare« ist sicher ein ungewöhnlicher Science-Fiction-Comic, der im »kleinen Format« erschienen ist, also eher an ein amerikanisches Heft erinnert und nicht an ein europäisches Album. Mit einem Umfang von 240 Seiten gibt’s dennoch enorm viel »Lesefutter«. Der Splitter-Verlag hat diesen Comic in seinem Imprint Toonfish veröffentlicht, was nicht falsch ist – immerhin sind die Hauptpersonen ja Kinder –, aber auch nicht hundertprozentig richtig angesichts der dramatischen und auch politischen Geschichte.

(Diese Rezension wurde bereits im Dezember auf der Internet-Seite von PERRY RHODAN veröffentlicht; hier bringe ich sie vor allem aus dokumentarischen Gründen.)

06 August 2024

Ein Vierteljahrhundert geschafft

Ich würde ja gern behaupten, dass ich »Brand Eins« seit der allerersten Ausgabe lese. Aber das wäre gelogen, also bleibe ich bei der Wahrheit: Irgendwann in den Nuller-Jahren fiel mir eine Ausgabe dieses Magazins in die Hände, und seither lese ich es praktisch in ununterbrochener Reihe, jeden Monat eine Ausgabe und die auch so komplett wie möglich.

In diesen Tagen kann »Brand Eins« ein Jubiläum feiern. Das Magazin wird 25 Jahre alt. Das finde ich großartig, und aus diesem Grund schreibe ich diese Zeilen. Es ist meine liebste Zeitschrift im deutschsprachigen Raum, und das liegt nicht daran, dass es in diesem Magazin um Wirtschaft geht.

Es liegt daran, dass »Brand Eins« immer Menschen ins Zentrum stellt. Zwar geht es um die Wirtschaft, es werden Firmen vorgestellt oder sogar mal Bilanzen erklärt – vor allem aber geht es um Menschen, die versuchen, in einer komplizierter werdenden Welt ihre Vision umzusetzen. Dabei ist das Magazin positiv: Die meisten Reportagen zeigen, wie sich Menschen durchsetzen, wie sie erfolgreich sind, wie sie gegen Widerstände arbeiten müssen und letztlich trotzdem etwas erreichen.

Das Magazin ist umfangreich; man hat in jeder Ausgabe einen Packen von Reportagen, die zwischen drei und fünf Seiten umfassen. Sie alle sind lesenswert, und ich lerne jedes Mal etwas Neues dazu. Nicht alles entspricht meinen persönlichen Vorlieben oder politisch-gesellschaftlichen Vorstellungen – aber darum geht es ja auch nicht.

»Brand Eins« bereichert mein Leben seit gut zwanzig Jahren. Und ich hoffe, dass das Magazin weiterhin so erfolgreich ist und sich in einem schwierigen Marktumfeld behaupten kann. Auf die nächsten fünfundzwanzig Jahre!

Batman zwischen Liebe und Hass

Selten wird in Superhelden-Geschichten erzählt, wie sich ein Held verliebt, wie die Beziehung verläuft und wie sie scheitert. Mir fallen eigentlich in erster Linie die Geschichten um Daredevil ein. Aber auch bei Batman gibt es solche Beziehungsgeschichten – in der Miniserie »Batman – Dark Detective« wurde 2005 eine solche in fünf Heften erzählt.

In deutscher Sprache erschien die Miniserie als komplette Geschichte in einem Band – als Band 49 der Reihe DC Premium, sowohl als Hard- wie auch als Softcover. (Das ist schon eine Weile her, und man kann das Buch derzeit nur noch »secondhand« kaufen.) Fairerweise muss man sagen, dass das Buch ein echter Prachtband ist, der aber nur beinharte Fans des Dunklen Ritter so richtig überzeugen kann.

Dabei bietet Steve Englehart einiges auf. Mit dem Joker als Hauptgegner sowie Scarecrow und Two-Face als weiteren Schurken greift der Autor tief in die Kiste der Lieblingsfeinde; mit der schönen Silver St. Cloud wird ein »Love Interest« für Batman eingeführt oder aus der Vergangenheit wieder in die Gegenwart geholt. (Das Thema spielte in den 70er-Jahren schon einmal eine Rolle.)

Doch der Autor will zu viel des Guten. Dass sich Silver St. Cloud zwischen ihrer neuen Liebe zu einem Senator und der alten Liebe zu Batman entscheiden muss, ist eigentlich dramatisch genug. Dass sie vom Joker entführt wird, der beschlossen hat, als Kandidat zur Wahl des Gouverneurs anzutreten, wirkt einfach zu überzogen. Und die Auftritte der anderen Bösewichte wirken streckenwiese effekthascherisch.

Die Bebilderung selbst ist gut, sie entspricht dem amerikanischen Superhelden-Standard. Marshall Rogers zeichnete, Terry Austin tuschte. Das ist streckenweise echt stark, echte Schwächen finde ich in den Zeichnungen nicht. Für einen »Batman«-Stammleser ist das eine schöne Zusammenstellung.

Tatsächlich ist dieser Comic-Band, der vielleicht in absehbarer Zeit wieder aufgelegt wird, durchaus empfehlenswert. Man muss sich mit der Welt von Batman ein wenig auskennen und grundsätzlich mit ihr sympathisieren – dann ist »Dark Detective« eine gelungene Comic-Lektüre.

02 August 2024

Als die Rollenspiele groß wurden …

Die erste Ausgabe der Zeitschrift »Spielwelt« trug eine recht hohe Nummer: Im Oktober 1984 fing man mit der Ausgabe 21 an. Die Logik hinter der Nummerierung erläuterte Elsa Franke als Chefredakteurin im Vorwort: Das Fanzine »Mythos«, das in sechs Jahren auf 20 Ausgaben gekommen sei, habe sich ein ansprechenderes Äußeres verdient. In dieser Zeit habe sich auf dem Spielesektor auch viel getan. 

Die neue Zeitschrift präsentierte sich im A4-Format und mit einem für damalige Zeiten semiprofessionellen Layout. Die 40 Seiten wurden schwarzweiß gedruckt, der Umschlag hatte ein bisschen Farbe. Und wie es aussieht, arbeitete man damals mit einer Typenradschreibmaschine, mit der man einen Blocksatz gestaltete. (Zur gleichen Zeit führten wir bei »Sagittarius« ein ähnliches Modell ein.)

Als Herausgeber zeichnete der Club für Fantasy- und Simulationsspiele verantwortlich, die Redaktion wurde von Elsa Franke geleitet. Ich kannte sie nicht persönlich, nur vom Namen her; in der Fantasy-Szene war sie seit den 70er-Jahren aktiv. (In den Nuller-Jahren hatten wir beruflich miteinander zu tun.)

Betrachtet man das Heft heute, lässt sich der Aufbruch jener Tage tatsächlich nachspüren. »Dungeons & Dragons« war noch recht frisch auf dem Markt, die Erweiterungen kamen dazu. »Das Schwarze Auge« galt als neu und wurde durchaus kritisch beäugt. Das Heft schrieb über neue Spiele oder das Bemalen von Zinnfiguren, und es enthielt ein Rollenspiel-Abenteuer, das in der Welt des »Herrn der Ringe« angesiedelt war.

Die meisten Texte machten klar: Hier schrieben Menschen, die aus der Rollenspiel- und Fantasy-Szene kamen; sie wussten über die aktuellen Trends Bescheid und sorgten dafür, dass die immer noch neue Rollenspiel-Szene im deutschsprachigen Raum rasant wachsen konnte. Wer im Oktober 1984 die erste Ausgabe der Zeitschrift »Spielwelt« las – die mit der Nummer 21 auf dem Titel –, war auf jeden Fall an der Spitze einer neuen Szene …

01 August 2024

Knalliges aus Belgien

Ein Blick auf Punkrock-Klassiker – Teil sieben 

In den späten 80er- und frühen 90er-Jahren tourte eine Flut von Bands aus allen möglichen Ländern durch Süddeutschland, viele davon sah ich auf den kleinen Bühnen irgendwelcher Jugendzentren. Eine dieser Bands war Nations On Fire aus Belgien, mit denen ich sogar selbst einmal ein Konzert mit organisierte und die ich häufig sah. (Wenn ich mich recht erinnere, war der Sänger auch bei der einen oder anderen sportlichen Aktion auf der Straße dabei.) 

Die Band hatte klare politische Texte in englischer Sprache und ebenso klare Aussagen, das alles kombiniert mit treibendem Sound. Das war Harcdore-Punk, schon klar, und bei manchen Stücken bolzte die Band sich auch gnadenlos nach vorne. Sie war aber variabel genug, dass auch mal ein anderer Musiker sang. Ich mag beispielsweise das Stück »Dedication« am liebsten, das nicht vom eigentlichen Sänger vorgetragen wurde, sondern immer von einem anderen Bandmitglied. 

Die Diskussion, ob denn Hardcore noch zu Punk gehöre oder etwas völlig Eigenständiges sei, führte ich in dieser Zeit sehr oft. Ich fand sie damals unsinnig, heute hat sie jegliche Relevanz verloren. Für mich waren Nations On Fire eine der besten europäischen Hardcore-Bands jener Tage.