13 Juli 2022

Mal wieder Kishon lesen

Warum ich Ende der 70er-Jahre oder Anfang der 80er-Jahre das Buch »Kishons beste Geschichten« als Geschenk bekam, weiß ich nicht mehr. Meine Eltern und meine Familie waren alles andere als Bildungsbürger. Man wusste, dass ich gern las, und man wusste sicher, dass Ephraim Kishon »lustige G’schichten« schrieb.

Nach mehr als vierzig Jahren habe ich das Buch, das alle Umzüge überstanden hat, wieder einmal komplett gelesen. Es erschien als Hardcover im Herbig-Verlag, ursprünglich kam es 1977 heraus, und mein Exemplar entstammt der 15. Auflage. Kishon war in jener Zeit sehr beliebt, das lässt sich schon daraus schließen.

Einige der Texte waren mir nach all der Zeit im Gedächtnis geblieben. Ich halte »Der Blaumilch-Kanal« immer noch für eine großartige Erzählung, die in knapper Weise die Bürokratie satirisch vorführt. Das gilt auch für andere Texte: Kishon war immer dann gut, wenn er sich über Beamte oder Militärs lustig machen konnte.

Die meisten Texte des Buches stammen aus den 60er-Jahren. Israel wird immer als ein kleines und schwaches Land beschrieben – was man heute nicht mehr machen würde –, und der Blick des Schriftstellers auf seine Heimat ist von dieser Zeit bestimmt. Manche dieser Texte wirken heute sogar befremdlich.

Schön finde ich immer noch manche der Reisegeschichten. Kishons Blicke auf die Schweiz, auf die USA, auf Frankreich und Italien sind amüsant und treffen oft den Kern landestypischer Besonderheiten. Ich mochte beim erneuten Lesen auch immer die Geschichten, in denen er sich selbst als einen pingeligen Spießbürger darstellt.

Klar: Der Humor dieser Geschichten ist oft bieder und zurückhaltend. Wahrscheinlich wurde der israelische Satiriker, der nur durch Glück und Mut der Ermordung durch die Nazis entkommen konnte, deshalb auch in Deutschland so beliebt. Man konnte über die Geschichten schmunzeln, man konnte sich in ihnen auch erkennen; politisch war das aber nicht.

(Politisch war Kishon durchaus. Er war kein Linker, was sich in anderen Texten äußerte, und er bezog in seinen Texten immer klar für Israel und gegen die arabischen Nachbarn Position. In dem hier vorgestellten Buch ist davon nichts zu spüren.)

Ich habe es tatsächlich genossen, nach all den Jahren wieder die klassischen Kishon-Geschichten zu lesen. Sie haben ihren Charme nicht verloren.

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Wer nicht weiß, was der »Blaumilchkanal« ist, kann sich diesen Wikipedia-Eintrag ansehen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Blaumilchkanal_(Film)

Einen schönen Überblick über Ephraim Kishon, sein Leben und sein Werk gibt die Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ephraim_Kishon