22 Oktober 2019

Der letzte Sozialdemokrat

In der vergangenen Woche ist Erhard Eppler gestorben. Das hat mich tatsächlich betrübt, obwohl ich nur ein einziges Mal in meinem Leben mit ihm persönlich sprechen konnte und ich zuletzt auch seinen Namen aus dem Bewusstsein verloren hatte. Mit diesem Mann, der mit 92 Jahren gestorben ist, hat die Sozialdemokratie wohl den letzten Menschen verloren, vor dem ich in dieser Partei mal Respekt hatte.

Zur Erläuterung: Ich trat 1983 bei den Jusos ein und 1987 wieder aus. Ich war politisch aktiv, weil ich unser Jugendzentrum in Freudenstadt verteidigen wollte und es auch irgendwie spannend fand, in der Politik mitzumischen. Das war in Freudenstadt – wo ich lebte – dann durchaus spannend. Ich kandidierte sogar für den Gemeinderat und war SPD-Mitglied.

Dabei lernte ich nicht nur Erhard Eppler einmal kennen – er wohnte nicht weit von meinem Elternhaus entfernt, in der Kleinstadt Dornstetten. (Als ich noch ein Kind war, gehörte es zu den Ritualen, zum Ostermontagsmarkt nach Dornstetten zu spazieren; das waren um die fünf Kilometer, nicht mehr.) Ich hatte großen Respekt vor ihm: Er war Minister gewesen und aus Überzeugung zurückgetreten, er hatte für die Sozialdemokratie viele grundsätzliche Gedanken entwickelt und hatte bei allen Diskussionen nie an Format verloren.

Ich bekam einige seiner Reden mit und fand diese stets beeindruckend. Seine Frau Irene, ein weiterer Sozialdemokrat und ich bildeten 1984 eine Arbeitsgruppe, die das Kreistagswahl der Partei entwickelte – da war ich extrem stolz auf mich selbst. Auch seine politischen Gegner hielten große Stücke auf Erhard Eppler, beispielsweise die konservativen Sozialdemokraten.

Warum er mich so faszinierte? Weil er es schaffte, das Soziale in der SPD hochzuhalten, ohne peinlich zu sein. Weil er intellektuell war, aber nicht abgehoben gegenüber den »einfachen Arbeitern«, die damals für die SPD standen. Weil er eine klare Meinung hatte, aber sich nicht zu schade war, in die Niederungen des Klein-Klein hinabzusteigen.

Schade, dass er gestorben ist. Ein soziales Gewissen mit diesem Format gibt es in dieser Partei leider kaum noch.

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Wer nicht weiß, wer Erhard Eppler war oder es vergessen hat, für den empfiehlt sich durchaus die Lektüre dieses Wikipedia-Artikels:
https://de.wikipedia.org/wiki/Erhard_Eppler

Auf der Internet-Seite zu dem Politiker Erhard Eppler finden sich viele lesenswerte Dinge, auch diverse Texte, die er geschrieben hat. Hier:
http://www.erhard-eppler.de/