Ich muss das wohl vorausschieben: Rennsport interessiert mich nicht. Ich finde Autorennen langweilig und konnte schon früher nichts mit Comics anfangen, die solche Rennen thematisieren.
Die vierteilige Comic-Serie »Streamliner« ist allerdings komplett anders: Sie ist spannend, sie ist unfassbar rasant geschrieben und gezeichnet, und die Charaktere sind richtig stark. Vielleicht mag ich die Serie aber auch deshalb, weil sie einige Schritte von der Realität entfernt ist und streng genommen zur Fantasy gezählt werden müsste.
Anfangs meint man als Leser ja, der Comic spielt in den USA. In einem Wüstengebiet, das ein wenig aussieht wie Arizona oder Nevada, gibt es eine Tankstelle, die ihre guten Zeiten schon lange hinter sich hat. Sie liegt direkt an der Route 666 – hier beginnt bereits der »phantastische Charakter« der Serie – und im Niemandsland, auf das die Regierung praktisch keinen Zugriff hat. Ein alter Mann, den alle nur als O'Neil kennen, bewirtschaftet die Tankstelle zusammen mit seiner hübschen Tochter Cristal.
Die gemütliche, wenngleich ärmliche Lage verändert sich schlagartig, als eine Bande von Desperados auftaucht, allesamt mit schwer aufgemotzten Autos. Sie wollen ausgerechnet in dieser Gegend ein Rennen veranstalten, bei dem es sicher auch Verletzte oder gar Tote geben wird. Der alte Mann und seine Tochter werden nicht groß gefragt; sie müssen erleben, wie sich ihre Gegend auf einmal mit anderen Rennsportverrückten bevölkert, wie die Medien auf alles aufmerksam werden und wie dann ein mörderisches Rennen durch die Wüste und einen engen Canyon veranstaltet wird.
Bis zu diesem Zeitpunkt klingt das Ganze ja wie eine Rennfahrergeschichte, die in den USA angesiedelt ist. Nach einiger Zeit wird aber klar, dass einiges nicht stimmen kann: Die vier Alben spielen in einem Land, in dem es einen fürchterlichen Krieg zwischen Nord und Süd gegeben hat, in dessen Verlauf ein Flugzeug in der Wüste notgelandet ist.
Eines der Besatzungsmitglieder ist der alte O'Neil gewesen, damals noch nicht so alt, der nach dem Frieden – um seinen gestorbenen Kameraden ein Andenken zu errichten – an genau der Stelle eine Tankstelle errichtet hat. Dazwischen ist er Rennfahrer, und damit schließen sich gleich mehrere Kreise.
Ich fand die vier »Streamliner«-Comics absolut großartig. Sie erschienen in den vergangenen Jahren in teilweise großen Abständen, man sollte sie tatsächlich aber am Stück lesen. Die Geschichte ist mitreißend erzählt, die Figuren sind ein wenig überdreht, wirken aber wie aus einem Tarantino-Film entsprungen: durchgeknallte Desperados, wahnwitzige Journalisten, eiskalte Regierungskiller und so weiter.
Fane ist ein Zeichner und Autor, der mir vom Namen her nicht bekannt war. Von ihm stammen diverse Motorrad-Comics, die ich in verschiedenen Zeitschriften wahrnehmen konnte. Man merkt, dass er die Szenerie kennt, über die er schreibt und zeichnet. Man riecht buchstäblich das Benzin, die qualmenden Reifen, den Schnaps und den Zigarettenqualm, man spürt das Adrenalin in der Luft.
»Streamliner« ist ein Comic, den ich allen empfehlen möchte, die Spaß an einer rasanten Geschichte haben. Sie ist stark gezeichnet und schnell erzählt – man kann sich ja die Leserproben auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages ansehen. Checkt das mal!
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