27 April 2021

Wie sich die 60er-Jahre im Comic-Krimi spiegelten

Zu den großen Comic-Klassikern der frankobelgischen Geschichte zählt »Rick Master«. Die Krimi-Serie erscheint seit 1955, hierzulande wird sie seit 2017 in einer wunderbaren Gesamtausgabe vom Splitter-Verlag veröffentlicht. Ich habe den zweiten Band dieser Ausgabe gelesen, der Alben aus den 60er-Jahren zusammenfasst.

Dabei ist es immer spannend, einen Blick auf die Art und Weise zu werfen, wie man zu dieser Zeit einen Comic erzählte. Die damaligen Comics richteten sich an junge Leute, man wollte Abenteuer vermitteln, sie aber nicht zu sehr verwirren. »Graue Charaktere« waren ebenso unerwünscht wie Sex oder zu viel Gewalt.

Ein schönes Beispiel dafür ist »Im Schatten des Chamäleon«. In der eigentlich spannenden Geschichte steht die Begegnung mit einem Bösewicht im Zentrum, den der heldenhafte Reporter schon vorher kennenlernte: ein ehemaliger Polizist, der zum Gangster geworden ist und der einen persönlichen Hass auf Rick Master hat. Der Comic erschien erstmals 1966, wirkt aber, als sei er aus der Zeit gefallen – von den gesellschaftlichen Umständen dieser Zeit lässt sich kaum etwas spüren, die Geschichte beschränkt sich schlicht auf Action und Ermittlungen.

Ein seltsamer Verkehrsunfall und seine Folgen machen den Anfang von »Ein teuflisches Netz« aus. Die Geschichte, ebenfalls 1966 veröffentlicht, greift mit dem Fernsehen immerhin aktuelle Themen auf. Rick Master nimmt an einer Talkshow teil, was damals unglaublich neu und modern war. Aber natürlich geht es vor allem um eine verwickelte Geschichte, in der ein schießwütiger Landbesitzer ebenso eine Rolle spielt wie ein geheimnisvolles Auto.

Komplett zeitgeistig ist die Geschichte »Entführung auf der ›France‹«, die ebenfalls 1966 veröffentlicht wurde. Hauptsächlicher Schauplatz des Comics ist ein riesiges Schiff, die »France«, das von den Schöpfern der »Rick Master«-Bände gründlich recherchiert wurde. Bei der Überfahrt in die USA kommt es zu Mordanschlägen auf einen Wissenschaftler, der eine geheimnisvolle Erfindung gemacht hat.

Der Krimi ist – wie die Science Fiction – immer ein Spiegelbild seiner Zeit. Das gilt für den Comic-Krimi ebenso wie für andere mediale Ausdrucksformen. Und »Rick Master« ist dafür ein hervorragendes Beispiel. Bei der Gesamtausgabe gibt es ergänzende Informationen in den redaktionellen Seiten, die zeigen, zu welcher Zeit und unter welchen Bedingungen welche Geschichte entstanden ist.

Die Lektüre dieser Seiten finde ich manchmal interessanter als manch klassischen Comic. Der zweite Band der »Rick Master«-Gesamtausgabe hat mir auf jeden Fall viel Freude bereitet – er macht sich zudem hervorragend im Comic-Regal.

1 Kommentar:

Enpunkt hat gesagt…

Eine Leseprobe sowie weitere Informationen zu diesem zweiten Band der »Rick Master«-Gesamtausgabe gibt es auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages. Hier:

https://www.splitter-verlag.de/rick-master-gesamtausgabe-bd-2.html