20 April 2021

Dämonen, Christen, Amerikaner

Ich weiß noch, wie stark ich den ersten Band der Comic-Serie »Outcast« fand: spannend erzählt, realistisch gezeichnet, eine packende Mixtur aus Horror und religiösem Wahn. Mittlerweile wurde aus diesem Comic eine Fernsehserie, von der ich bislang keine Minute gesehen habe. Umso interessanter war es für mich, den zweiten Band der Serie zu lesen, der den schönen Titel »Unermesslicher und endloser Zerfall« trägt und schon seit längerem im Handel zu haben ist.

Worum geht's? Kyle Barnes hat eine seltsame Gabe: Der junge Mann ist in der Lage, Dämonen zu erspüren und sie aus dem Körper von Menschen zu vertreiben, die sie besessen haben. Er kämpft also gegen die Höllenmächte, und das macht er immer besser. Unterstützung findet er bei einem streng religiösen Pfarrer, dessen Weltsicht ziemlich reaktionär anmutet.

Soviel verriet bereits der erste Band von »Outcast«; im zweiten setzt sich der Kampf gegen die Dämonen fort. Parallel dazu versucht Kyle herauszufinden, wie sein aktueller Konflikt mit seiner Vergangenheit zusammenhängt. Warum ist er so wichtig für die Mächte der Finsternis? Wodurch unterscheiden sich die einzelnen Opfer, wie kann man den Menschen helfen?

Kyles Weg zu mehr Erkenntnis ist auch ein Weg zu mehr Tragik: Noch einmal trifft er auf seine kleine Tochter, noch einmal spricht er mit seiner Frau, die er verlassen musste – diese Szenen sind bedrückender als die Begegnungen mit Menschen, die von Dämonen besessen sind. Dabei wird klar, dass Menschen oftmals die schlimmeren Dämonen sind.

Anders gesagt: Es geht um katholisch-christliche Mythen und Exorzismus, nicht unbedingt eine leichte Kost. Robert Kirkman hat mit seinem Zombie-Comic »The Walking Dead« gezeigt, dass er es versteht, ein klassisches Horror-Thema so aufzubereiten, dass es zu einem massenkompatiblen Erfolg wird. Bei »Outcast« geht er ähnlich vor.

Die Geschichte wird mystisch erzählt, sie entwickelt sich schnell und spannend. Der Blick auf die Vergangenheit lässt ahnen, dass noch die eine oder andere Überraschung auf die Leser zukommt. Das macht der Autor richtig gut!

Mit Paul Azaceta kommt ein Künstler zur Geltung, der es darüber hinaus versteht, vor allem Szenen in der Dunkelheit oder in der Dämmerung zu gestalten. Oftmals zeigt er nur Schattenrisse, dann wieder Einzelheiten von Gesichtern oder von amerikanischen Durchschnittswohnungen. Damit liefert er eine filmische Darstellung, die mich faszinierte.

Mir hat der zweite Band von »Outcast« sehr gut gefallen, auch wenn ich extrem spät dran war mit meiner Lektüre. Beim Verlag Cross-Cult sind ja weitere Teile erschienen – allesamt als sehr schöne und handliche Hardcover-Ausgaben –, bei denen ich sehen werde, ob und wie ich sie mir noch beschaffen kann ...

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