Heute könnte mein Vater seinen Geburtstag feiern. Für immer ist für mich der 1. Mai ein Geburtstag und ein Hochzeitstag gleichermaßen: Am 1. Mai 1925 wurde mein Vater geboren, am 1. Mai 1954 heirateten meine Eltern. Wenn ich diese Zahlen heute schreibe, kommen sie mir vor, als schriebe ich eine Text über historische Ereignisse.
Vielleicht ist es so.
Mein Vater wuchs in einer sehr christlichen und eher armen Familie auf. Er wurde in jungen Jahren zum »bewaffneten« Reichsarbeitsdienst nach Frankreich geschickt und im Sommer 1943 nach Russland. Er wurde an der Ostfront zweimal schwer verwundet, was beides Mal aber Glück war: So entrann er der Vernichtung seiner Division jeweils im Lazarett und kam erst 1948 nach Hause zurück.
Wir hatten nicht immer ein gutes Verhältnis, um es vorsichtig zu sagen. Erst spät erkannte ich, wie unfair ich ihm gegenüber oft war. Während ihm seine Jugend vom Krieg buchstäblich gestohlen worden war, trieb ich mich auf der Straße herum, reiste per Anhalter kreuz und quer durch Deutschland und auch Westeuropa, fuhr nach Marokko oder hüpfte auf irgendwelchen Krachkonzerten herum.
Seinen achtzigsten Geburtstag erlebte er noch, wenige Wochen danach starb er. Viele Begegnungen mit ihm stehen mir noch in bester Erinnerung, wie grelle Blitze aus der Vergangenheit. Ich stelle fest, wie oft ich an ihn denke. 95 Jahre wäre auch ein starker Geburtstag gewesen ...
1 Kommentar:
Ja. Väter ...
Ich denke auch oft an meinen Vater. Viel öfter, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Einmal schrieb ich darüber: https://www.beckinsale.de/archive/3357. - Sein Todestag war kein außergewöhnliches, kein prägnantes Datum. Wenn man so will. Für mich natürlich schon: Es war sein Todestag. - Er starb früh. Mit 58. Ich bin heute 3 Jahre älter, als er jemals geworden ist. Und er hätte vor einigen Tagen - am 21.04. - seinen 84. Geburtstag gefeiert. Wäre auch nicht schlecht gewesen.
Väter ... Ob mein Sohn manchmal an mich denkt?
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