13 Januar 2021

Stopp beim Golfplatz

Was sollte das? Nervös sah ich in den Rückspiegel meines abgetakelten VW Jetta. Ich wurde nicht geblendet, aber viel fehlte nicht. Wir hatten den Januar 1994, und es kam immer wieder vor, dass Leute vergaßen, ihr Fernlicht auszuschalten. Aber der Fahrer hinter mir hatte nicht das Fernlicht an, sondern fuhr einfach zu dicht auf.

Das Auto folgte mir, seit ich die Innenstadt von Karlsruhe verlassen hatte. Es fuhr dicht hinter mir, war mir die Straße stadtauswärts gefolgt und hielt sich nun auch auf der Landstraße in dichtem Abstand.

Kurz überlegte ich mir, ob ich beschleunigen sollte. Ich wusste nie genau, welche Geschwindigkeit auf diesem Streckenabschnitt erlaubt war. Durfte man wirklich über hundert fahren? Ich hielt mich strikt an Tempo hundert und dachte mir, der Typ hinter mir werde einfach bald überholen.

Doch dann sah ich das blaue Blinklicht auf seinem Dach, ich bekam die Lichthupe ab, und ich kapierte. Hinter mir war die Polizei. Seit ich das Punk-Konzert in der »Steffi« verlassen und mich auf den Heimweg begeben hatte, kam das Auto hinter mir her, und jetzt kam die Kontrolle. Wieder einmal.

Ich seufzte tief, setzte den Blinker und fuhr rechts ran. Auf dem Standstreifen hielt ich an. Rechts von mir war das weitläufige Gelände, das zum Golfplatz gehörte, vor mir ging es zur Autobahn. Was wollten die Polizisten von mir?

Ich blieb sitzen, fischte aber schon mal die Papiere aus der Innentasche meiner Lederjacke. Im Rückspiegel sah ich, wie zwei Polizisten aussiegen und auf mein Auto zukamen, jeder auf einer Seite. Einer von beiden hielt die Hand so an der Seite, als ob er gleich seine Schusswaffe ziehen wollte. Ich kurbelte die Scheibe an meiner Fahrertür herunter.

Sie blieben an beiden Seiten des Autos stehen. Der eine leuchtete mir mit einer Stablampe ins Gesicht, ich konnte nichts mehr sehen. »Kommen Sie heraus!«, sagte er barsch. »Aber langsam.«

Vorsichtig öffnete ich die Tür, dann stieg ich aus; die Papiere hielt ich in der Hand. Während der eine Polizist mir weiterhin mit der Lampe direkt ins Gesicht leuchtete, kam der andere um mein Auto herum. Dann standen sie rechts und links von mir, beide gaben sich redlich Mühe, bedrohlich zu wirken.

»Fahrzeugpapiere, Führerschein und Personalausweis bitte!«, schnauzte mich der Polizist mit der Lampe an.

Ich sagte kein Wort, sondern reichte ihm die Unterlagen. Er nahm sie entgegen. Mithilfe seiner Taschenlampe, deren Schein er über meinen Körper wandern ließ, überzeugte er sich wohl davon, dass ich harmlos war. Ich trug eine schwarze Lederjacke, einen schwarzen Kapuzenpullover, eine schwarze Jeans und schwarze Stiefel; meine Haare stachen blond in die Luft.

»Haben Sie etwas getrunken?«, fragte mich der andere Polizist.

»Ein Bier«, gab ich ehrlich zur Auskunft. Dass ich das sehr früh konsumiert hatte, gegen zehn Uhr vielleicht, und dass ich um drei Uhr morgens praktisch ausgenüchtert sein dürfte, fügte ich nicht hinzu.

Ich musste in ein Röhrchen blasen. Sichtlich genervt sahen sich die Polizisten das Ergebnis an. »Nichts«, sagte er mit der Lampe. Während er zum Fahrzeug ging, um meine Papiere zu überprüfen, stresste der andere herum.

Er prüfte sehr genau die Reifen, stellte aber fest, dass ihr Profil korrekt war. Er sah sich die Sicherheitsgurte an. Er ließ sich die Rotkreuzbox zeigen, und ich zog unaufgefordert die Aids-Handschuhe heraus, die seit einigen Wochen erst vorgeschrieben waren. Alles stimmte, alles war korrekt. Der Polizist war offenbar genervt, dass er nichts an mir fand und ich so ruhig blieb.

Sein Kollege kam zurück. Wieder hatte ich den Strahl der Lampe direkt im Gesicht. Ich blinzelte, verhielt mich aber weiter systemkonform. Ich hatte keine Lust, auf offener Straße zusammengeknüppelt zu werden und anschließend eine Anzeige wegen »Widerstand« zu erhalten. Die beiden Polizisten schienen nur darauf zu hoffen, dass ich etwas Falsches tat In so einer Situation war es einfach schlau, die Klappe zu halten.

Der Polizist gab mir meine Papiere zurück. »Sie können weiterfahren«, sagte er, immer noch im selben barschen Ton.

»Danke«, sagte ich und verstaute die Papiere in meiner Brieftasche, bevor ich sie in die Innenseite meiner Lederjacke steckte. Der Wind war kalt, und ich wollte heim. In meinem Kopf tobte noch der Pogo-Sound, den ich vorher gehört hatte, und ich hatte Lust auf ein abschließendes Bier.

Der Polizist mit der Stablampe machte das Licht aus. Autos fuhren an uns vorüber; sie wurden langsamer, wenn sie uns passierten. Das Schauspiel schien die Leute zu faszinieren.

»Für heute hatten Sie noch einmal Glück«, sagte der Polizist langsam. Sein Gesicht war nur einige Zentimeter von meinem entfernt, ich roch seinen warmen Atem. »Seien Sie sicher – wir kriegen Sie irgendwann.«

Danach gingen sie zu ihrem Fahrzeug, und ich stieg ebenfalls in mein Auto. An der nächsten Abbiegung fuhr ich nach rechts, während sie auf der Schnellstraße blieben. Erst als ich die Polizisten nicht mehr im Rückspiegel sah, atmete ich erleichtert auf.

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