21 Februar 2017

»Brazil« nach dreißig Jahren

Als ich den Spielfilm »Brazil« in den 80er-Jahren im Kino sah, fand ich ihn toll. Dieser Tage schaute ich ihn auf DVD erneut an – und ich fand ihn erneut beeindruckend. Man merkt dem Streifen an, wieviel Zeit vergangen ist, aber die bedrückende Atmosphäre und die schräge Science-Fiction-Welt überzeugen immer noch!

Der Film kam 1985 heraus, verantwortlich dafür war Terry Gilliam, der vorher bei den »Monty Python's« mitgemischt hatte und danach noch viele weitere Filme veröffentlichte. »Brazil« ist ein Science-Fiction-Film, der ziemlich abgefahren und grotesk ist, dessen Handlung sich auch nicht komplett erschließt.

Die geschilderte Welt wird von Wolkenkratzern beherrscht, in denen die Menschen anonym hausen. Eine Reihe von Ministerien hat mit ihrer Bürokratie und ihren Formularen die Welt buchstäblich überwuchert, als einzelner Mensch geht man in diesen Strukturen unter. Der Hauptfigur passiert genau das – und dabei ist er ein kleiner Angestellter.

Doch Sam, so der Name der Hauptfigur, träumt von einer anderen Welt. Er träumt vom Fliegen, er träumt von der Liebe – während sein Leben so trist wirkt und von Zwängen beherrscht wird. Seine Mutter möchte ihn zudem protegieren, was er ziemlich abschreckend findet. Dann aber wird er in eine Reihe von Ereignissen verwickelt, die seinem Leben eine schlimme Entwicklung verleihen und ihn in die Folterkammern des Regimes bringen.

»Brazil« spart nicht an drastischen Bildern und absurden Situationen. Die Häuser- und Straßenszenen sind düster, die grelle Mode der Oberschicht sticht dagegen ab. Die Bürokratie erscheint als Moloch, die Folterkammer ist eine riesige Halle – jedes Bild und jede Einstellung in diesem Streifen wirken durchdacht und geplant.

In mancherlei Hinsicht wirkt »Brazil« wie eine Vorlage für Streifen der 90er- und Nullerjahre, die eine eigenständige Ästhetik kultivierten; ich nenne hier stellvertretend die französische Tragikomödie »Micmacs«. Gleichzeitig erinnern die riesigen Hochhäuser, die monströsen Skulpturen und manche Action-Szene an den Science-Fiction-Klassiker »Metropolis«.

Ein beeindruckender Film, wirklich. Ich habe ihn sicher nicht zum letzten Mal gesehen. Und es werden sicher nicht noch mal dreißig Jahre vergehen, bis ich ihn mir wieder anschauen werde.

1 Kommentar:

RoM hat gesagt…

Servus, Klaus.
Terry Gilliam ist ein Meister des eigenständigen Filmschaffens. Seit Jahren - und dies erst recht in den letzten Jahren - ein filmischer Anarchist, dem die Story über den schnellen Effekt, der Charaktere Herzblut über gängige Erfolgsschablonen & die Handschrift des Regisseurs über den Optimierungsgleichschritt geht. Das Gros seiner Filme ist & bleibt sehenswert. Ein Filmemacher, der die Kunst in allen Details sieht ohne damit dem Feuilleton schmeicheln zu wollen.

Nicht minder skuril ist seine mehr als unterhaltsame Autobiographie geraten!

bonté