Ich stellte mein Auto im Parkhaus am Rebstock ab, erinnerte mich mit einer gewissen Wehmut an die feuchten Wiesen, auf denen man sonst parken durfte, an die leicht verschlammten Schuhe, die dadurch viele Messebesucher hatten, und daran, dass früher eben überhaupt nichts besser gewesen war, bezahlte mein Ticket und eilte zum Bus. Ich erhielt einen Sitzplatz, neben mich quetschte sich eine Dame, die Stehplätze füllten sich ebenfalls, und dann fuhr der Bus auch schon los.
Während der Fahrt checkte ich meine Unterlagen: Notizblock, Verkaufslisten, zwei Titelbild-Andrucke. Das machte ich so, dass mir niemand in die Blätter schauen konnte. Nicht, weil ich völlig paranoid bin, sondern weil das einfach niemanden etwas angeht.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte die Dame neben mir. »Arbeiten Sie in einem Verlag?«
»Ja.« Ich nickte. Aber weil ich schon ahnte, in welche Richtung das Gespräch gehen würde, fügte ich hinzu: »Wir haben allerdings keinen Messestand, ich bummle so über die Messe.«
»Schade. Sonst wäre ich gern bei Ihnen vorbeigekommen und hätte Ihnen mein Manuskript vorgestellt.«
»Heute?« Es war Samstag, ich wusste, was auf mich zukam, und ich wusste vor allem, dass spätestens am Freitag jeder vernünftige Verlagslektor fluchtartig in die Heimat gefahren war. »Da ist doch niemand mehr da.«
»Man hat mir gesagt, ich solle mein Manuskript auf der Buchmesse vorstellen.«
In meinem Hirn passierte etwas, das ich noch bekämpften sollte: Es erwachte ein Helfersyndrom. Im Eiltempo erklärte ich ihr, dass die das lassen solle. Es sei am Samstag niemand an einem Messestand, der sich für Manuskripte interessiere, außer bei den unseriösen Verlagen. Und sei doch mal ein Lektor oder eine Lektorin vor Ort, sei diese Person mit Terminen zugeballert und habe ohne Termin kaum Zeit für jemanden.
Die Dame hörte sich alles an und nickte immer mal wieder. Dann hielt der Bus vor der Halle drei, die Türen gingen auf.
»Danke für Ihre Ratschläge«, sagte sie freundlich. »Ich gehe dann mal los und besuche die Verlage, die ich interessant finde.«
Grüßend hob sie die Hand und verschwand in einem Pulk von Dutzenden Menschen, die zu den Eingängen drängten. In Gedanken wünschte ich ihr alles Gute, vor allem aber hoffte ich, dass sie nicht zu sehr enttäuscht wurde.
4 Kommentare:
Es gibt tatsächlich Leute, die glauben daran, dass das funktioniert, auch wenn man ihnen hundertmal das Gegenteil beweist. Es sind dieselben Leute, die dann völlig ausrasten, wenn man es wagt, ihr Manuskript zu kritisieren. Meist steht man dann sofort auf der Abschussliste. So gesehen, versuche ich mir das mit dem Helfersyndrom auch abzugewöhnen. Leider gelingt es mir nicht.
Aber es spricht für dich, dass bei dir das Helfersyndrom noch intakt ist.
In mehreren Foren liest man ja öfter, das viele dort ihre Manuskripte vorstellen möchten. Das halte ich für sehr hoffnungserfüllt. Aufgefallen ist mir so allerdings niemand.
Ich wäre zumindest neugierig geworden und hätte mich nach dem Genre erkundigt.
Was das parken angeht: Ich musste je Stunde 2,90€ direkt an der Messe bezahlen. Wenn man aus einer Stadt kommt, in der parken generell kostenlos ist, schockt einen das schon sehr.
Irgendwie tut mir die Frau leid. Sie wollte Dir anscheinend nicht glauben und wird wahrscheinlich doch enttäuscht werden.
Aber es stimmt, es spricht für Deinen Charakter und Deine Menschenfreundlichkeit, dass Du versucht hast, sie vor dieser Enttäuschung zu bewahren! Hut ab! Macht auch nicht jeder! :-)
Ich hatte damals Glück :D Aber man muss sich auch entsprechend drauf vorbereiten und rhetorisch was drauf haben. Mittlerweile hab ich meinen eigenen Messestand. Apropos Messestand, wer einen führt oder in Zukunft führen will, soll unbedingt in einen Messedisplay investieren. Kunden verzehnfachen sich :D Liebe Grüße
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