10 Februar 2023

Stimmungsvolle Mond-Science-Fiction

Der Mond ist ein seltsamer Lebensraum. Menschen reiten über seine Oberfläche, eigentümliche Lebewesen bewegen sich durch seine Krater. Sie schimmern in einem seltsamen Weiß, sie wirken auf ihre Art ätherisch, sie springen und schweben, sie laufen und rennen, und immer wieder erinnern sie in ihrem Aussehen an Wesen, die man von der Erde her kennt.

Mit seinem Comic »Selenie« ist Fabrice Lebeault eine ungewöhnliche Science-Fiction-Geschichte gelungen. Der Zeichner und Autor präsentiert einen Mond, wie man ihn noch nie gesehen hat. Zwar leben die Menschen unter einer Kuppel, die sie offenbar mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff versorgt, aber sie können sich jederzeit auf der Oberfläche bewegen. Wie das alles zusammenhängt, versteht der Leser erst am Ende – dann kapiert er auch, wie die erzählerische Klammer des Comics funktioniert.

(Um es vorwegzunehmen: Die Auflösung der Rahmenhandlung fand ich ein wenig enttäuschend. Die Szenen auf dem Mond allerdings mochte ich sehr, sie sind originell und eigenständig, eine Science Fiction ohne jeglichen ernsthaften »Science«-Hintergrund, mehr Träumerei als ernsthafter Versuch, wissenschaftlich fundiert zu beschreiben.)

Lebeault erzählt seine Geschichte mit großer Freude am Detail. In der Kuppelstadt der Menschen scheint es Konflikte zwischen einzelnen Machtgruppen zu geben. Man wartet auf Kontakte zur Erde, und man unterhält seltsame Beziehungen zu Mondbewohnern, die auch als Hilfskräfte für die Menschen arbeiten. Ein fremdartig wirkender Roboter spielt eine sehr merkwürdige Rolle.

Das alles verdichtet sich zu einem Gewirr unterschiedlichster Themen und Probleme, bei denen der Leser lange im Unklaren darüber bleibt, was eigentlich gespielt wird.

Der Autor zeichnet auch die Bildwelten seines Comics, für die gelungene Farbgebung ist dann Greg Lofé zuständig. Die Zeichnungen sind eher realistisch, sogar die Lebewesen auf dem Mond wirken nicht wie in einem »Funny«. Trotzdem orientieren sich die einzelnen Bilder eher am klassischen Stil der Ligne Claire und nicht an einem frankobelgischen Abenteuer-Comic.

Die sanfte Farbgebung lässt sogar eine Erinnerung an Comic-Klassiker wie »Tim & Struppi« zu. Sie scheint kaum zum Charakter eines Science-Fiction-Abenteuers zu passen.

»Selenie« ist ein ungewöhnlicher Comic, der vor allem durch seine Bildwelten fasziniert, bei dem die Geschichte aber ebenfalls fesselt. Erschienen ist er als 72 Seiten starker Hardcover-Band im Splitter-Verlag, er kostet 18,00 Euro.

(Erschienen ist diese Rezension noch im Januar 2023 auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie. Hier nur zur Dokumentation noch einmal geteilt.)

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