02 Juni 2022

In der Tiefdruckerei

Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«

Schon während des Krieges und in ihrer Schulzeit musste meine Mutter hart arbeiten; sie half ihrer Mutter im Haushalt und versorgte die jüngeren Geschwister. Eine richtige Ausbildung machte sie nach der Schule und im Chaos der Nachkriegszeit nicht, was dazu führte, dass sie immer nur als »ungelernte Hilfsarbeiterin« angestellt wurde: in den späten 40er-Jahren als sehr junge Frau im Wald, wo sie unter anderem neue Bäume pflanzte, zu Beginn der 50er-Jahre dann in einer Druckerei in Freudenstadt.

Schlott Tiefdruck begann damals seinen Aufstieg. Die Firma kaufte neue Druckmaschinen und expandierte. Meine Mutter arbeitete im Lager und in der Weiterverarbeitung: Sie bündelte Zeitschriften, sie verlud die Pakete mit gedruckten Prospekten, sie wuchtete Berge von Papier durch die Gegend. Mit der eigentlichen Produktion der gedruckten Produkte hatte sie nichts zu tun.

Wann genau das Bild hier aufgenommen wurde, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Meine Mutter hatte Jahrzehnte später erst damit angefangen, einzelne Bilder mit Notizen zu versehen. »Am Arbeitsplatz Schlott Tiefdruckerei« steht auf der Rückseite des kleinen Fotos (größere Fotoabzüge kosteten vergleichsweise viel Geld), mehr nicht. Meine Mutter ist die Frau links im Bild; zu der Kollegin auf der rechten Seite hatte sie nichts notiert.

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