15 September 2020

Auf zur Darmstädter Hütte

An einem schönen Tag im August – also während meines grandiosen Sommerurlaubs – beschlossen wir, einen Tag im Schwarzwald zu verbringen. »Wir fahren dahin, wo ich als Kind mit meinen Eltern war«, versprach ich frohgemut. »Da ist es still und angenehm, da kann man frische Luft atmen, das wird uns gut tun.«

Wir fuhren über Baden-Baden auf die Schwarzwaldhochstraße und rollten mit dem Auto in Richtung Mummelsee. Dort wollte ich ohnehin nicht anhalten, aber es wäre sowieso keine gute Idee gewesen. Die Parkplätze waren überfüllt, Unmengen von Menschen waren entlang der Straße, am Hotel und bei den gastronomischen Einrichtungen unterwegs. »Als gäb’s kein Corona« entfuhr es mir.

Das Auto stellten wir am Seibelseckle ab, wo ich mit meinen Eltern oft angehalten hatte. Von dort aus hatten wir Spaziergänge unternommen, das wollten wir nun auch. Nach kurzer Überlegung wandten wir uns in Richtung der Darmstädter Hütte, die Strecke war einige Kilometer lang und auch von Städter wie uns gut zu bewältigen.

Die Strecke erwies sich als ein schön ausgebauter Waldweg, auf dem uns auch immer wieder Radfahrer oder Fußgänger entgegenkamen. Recht lang führte die Strecke praktisch entlang der Bundesstraße B 500. Wir stiegen zwar immer höher, aber zu unserer Rechten war immer die Straße. Das hörte man auch.

Autos fuhren vorbei, eins nach dem anderen. Weil Wochenende war, rollten keine Lastwagen über die Straße. Dafür aber Motorräder, mal einzeln, mal zu zweit, mal in ganzen Gruppen. Die Motoren heulten, wenn die Fahrer in die Kurven gingen, immer wieder wurde bewusst aufgedreht. Ein Heulen und Brausen drang von der Straße zu uns hoch.

Ich genoss die kleine Wanderung trotzdem. Tiere sahen wir keine – die hatten sich bei dem dauernden Lärm sicher verzogen –, aber es gab auch so genügend Pflanzen zu entdecken. Die Luft war gut, die Sonne brannte vom Himmel, ein leichter Wind blies aus der Rheinebene zu uns hoch. Links von uns stachen Reste von zerborstenen Bäumen in die Luft; das sah aus wie die Kulisse eines Gruselfilms.

Irgendwann hielten wir an und genossen einen wunderbaren Ausblick über die Höhen und Täler. Der Mummelsee lag gewissermaßen schon unter uns; wir sahen den überfüllten Parkplatz und die Menschenmassen. In diesem Moment waren wir froh, allein am Berg zu sein: auf einem breiten Weg. Nur die röhrenden Motorräder erinnerten uns im Minutentakt daran, dass wir nicht wirklich in der Natur waren.

An der Darmstädter Hütte hielten wir an, tranken vom mitgebrachten Wasser und genossen die Pause. Hier trafen sich Wanderer aus verschiedenen Richtungen. Kurz überlegten wir uns, ob wir zum Wildsee weitergehen sollten – das war eines der Ziele gewesen, die mein Vater gern angesteuert hatte. Aber dann entschlossen wir uns zum Heimweg.

Zurück ging es auf einer anderen Strecke und damit am Altsteigerskopf und am Geißkopf vorbei; wir waren auf über tausend Metern und bewegten uns auf einem sehr steinigen Pfad, der manchmal nicht breiter als dreißig oder vierzig Zentimeter war. Rings um uns standen Reste des Lothar-Sturms, der 1999 größere Stellen des Nordschwarzwalds zu Kleinholz verarbeitet hatte.

Der Weg führte manchmal unter querliegenden Bäumen hindurch oder über sie hinweg. Man musste sich ducken oder zeitweise klettern, das war aber sehr gut zu machen – auch für Leute mit Converse-Tretern wie mich. Ohne Wanderschuhe ging es aber trotzdem gut.

Wir hörten auf dieser Höhe keinen Lärm. Rechts von uns erhob sich der Gipfel des jeweiligen Kopfes, dahinter kam irgendwo das Murgtal. Links von uns kam das Rheintal, weit unter uns verlief die Straße, von der wir aber nichts wahrnahmen, weder optisch noch akustisch. Gelegentlich hatten wir grandiose Fernblicke auf die Rheinebene und die Vogesen, hinüber zur Hornisgrinde und dem Mummelsee, hin zu Bergen im Mittleren Schwarzwald. Ich kam mir vor wie der kleine Junge, der damals mit seinem Vater durch diese Gegenden spaziert war, und atmete tief durch.

Als wir langsam wieder den Berg hinunter kamen und die Wege breiter wurden, hörten wir die Motorräder wieder. Am Parkplatz tranken wir Wasser und machten noch einmal eine Rast. Im Minutentakt ließ ein Motorradfahrer seinen Motor auf der Straße aufheulen; es war immer wieder ein infernalischer Lärm.

Und ich sagte etwas, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ich es jemals sagen würde: »Ich bin der Meinung, dass der gesamte Naturpark Nordschwarzwald und seine Umgebung für den Motorradverkehr gesperrt werden.«

4 Kommentare:

My. hat gesagt…

Ich bin sogar dafür, Motorräder überhaupt abzuschaffen. Sie sind laut, sie stinken, die Motorradfahrer übertrieben risikobereit (einer von denen hat letztes Jahr den Dacia meiner Frau zerlegt - Totalschaden). Und die Benutzung eines Motorrads ist in der Regel überflüssig, weil man damit nichts erledigen will, außer Lärm zu machen, zu stinken und sein Leben zu riskieren.

DsheyAar hat gesagt…

Ja Motorradfahrer die nur um des Lärms willen ihre Motoren aufheulen lassen und mit zu großer Geschwindigkeit durch die Gegend brettern, bringen alle anderen in Verruf.
Bis vor einem Jahr bin ich tag-täglich mit meinem Motorrad gefahren (nicht nur bei schönem Wetter, sondern auch bei Minustemperaturen) zur Arbeit und erst recht in meiner Freizeit, weil ich gar nicht Auto fahren wollte, denn man kann sehr wohl, sehr viel damit erledigen, sogar zum Einkaufen fahren. Moderne Motorräder und Großroller stinken übrigens genau so wenig, oder stark, wie ein Auto.
Um auf deine Argumentation einzugehen, müßte ich im Gegenzug verlangen daß alle Autofahrer, die zu blöd sind auf einer 4spurigen Bundesstraße, vor lauter tratschen mit der Freundin, einen vor ihm fahrenden Traktor als zu langsam zu regstrieren, aus dem Verkehr gezogen werden. Sein Verhalten führte dazu, daß ich seither keine Zähne mehr habe, mehrere Knochenbrüche immernoch auskuriere und diverse Schrauben in meinem Rücken das Gehen über längere Strecken zu einer Folter machen. Ganz zu schweigen natürlich vom materiellen Schaden, da mein Maschinchen n bischen teurer ist, als ein Dacia (ich darf wegen der Medikamente zwar noch nicht wieder selbst ein Fahrzeug führen, aber irgendwann braucht man ja wieder nen fahrbaren Untersatz) hmpf sogar meine neuen Zähne werden teurer als ein Dacia)
Die hinter mir fahrenden Autoführer waren zu meinem großen Glück ein bischen verantwortungsbewuster in ihrer Fahrweise und hielten ausreichend Sicherheitsabstand, sonst könnte ich diese Zeilen heute nicht schreiben.
Tut mir leid, wenn das nun ein bischen langatmig und vllt. auch ein bischen ruppig wurde, aber der Kommentar von "My" war einfach ZU VIEL. Motorradfahren ist, man kann sagen, eine Lebensart und Idioten gibt es überall. Ich verurteile ja auch nicht alle Autofahrer für das, was mir passiert ist, aber ich werde diesen spezielen wohl im Geiste öfter verfluchen, wenn ich nie mehr auf einem Motorrad durchs schöne Baden oder im Urlaub durchs Altenburger Land fahren kann. (eine Stadt und Landschaft, die ich gerne weiterempfehle)

Khaanara hat gesagt…

Wobei es auch in der letzten Zeit viele Autofahrer gibt, die sich ähnlich verhalten wie die Zweiradfahrer.

Uli Thomsen hat gesagt…

Motorradfahrer-Bashing? Ein peinlicher Ritt auf der mainstreamig-ökogrünen Verbotsforderungs-Trendwelle: Vorurteil um Vorurteil...