24 Juni 2018

Fußball am Sonntag

Mein Fußballpartner war nicht sehr ausdauernd. Ich schoss ihm den Ball zu, er gab ihn mir zurück. Beim ersten Mal tat er es noch mit breitem Grinsen, beim zweiten Mal ließ der Elan nach, beim dritten Mal trat er erst nach mehrfacher Aufforderung gegen den Ball.

Mir wurde klar: Es würde nicht so einfach sein, meinen Neffen zu einem Fußballprofi zu erziehen. Vielleicht musste ich auch einfach einräumen, dass ein Junge, der noch keine drei Jahre alt war, dafür bisher nicht genügend Zielstrebigkeit besaß.

Deshalb war ich gespannt darauf, wie es mit dem Fußball am Abend aussehen würde. Das »fünf« in Karlsruhe war zum Spiel der Deutschen gegen die Schweden gut gefüllt. Es war aber nicht brechend voll wie bei früheren Fußballweltmeisterschaften. Dafür schmeckte mir wie immer das Bier und in der Pause das Essen.

»Die deutsche Mannschaft hat das erste Spiel verloren, weil ich nicht zugesehen habe«, versicherte ich dem Barkeeper. »Ich muss ein Spiel nur hier anschauen, damit die Deutschen gewinnen.«

Er zweifelte sichtlich an meiner Überzeugung. Nachdem das erste Tor für die Schweden gefallen war, beugte er sich über die Theke. »Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass du anwesend warst, als die Schweden ihr Tor geschossen haben.«

Zerknirscht konzentrierte ich mich auf den weiteren Verlauf des Spiels. Vor allem die zweite Halbzeit brachte nicht nur mich, sondern auch andere Leute immer wieder einem Herzinfarkt nahe; es wurde gebrüllt und gestöhnt, geseufzt und geklagt. Als der erlösende Treffer fiel, jubelten alle.

Mein Talent als Fußballbeschwörer wurde an diesem Tag auf jeden Fall auf eine harte Probe gestellt. Schauen wir mal, wie es beim nächsten Spiel der deutschen Mannschaft wird ...

2 Kommentare:

RoM hat gesagt…

Salut, Klaus.
Als Junge war mir bei einem übertragenen Balltreterspiel das Wesentliche, dass die bessere & fairere Mannschaft gewinnen konnte. Schwalben, absichtliche Fouls oder ominöse "Gottes-Hände" brachten mich schon damals zum Kotzen.
Die Bling-Bling-Shows sportiver Events jucken mich daher schon seit Jahrzehnten nicht mehr; Korruption & mafiöse Geschäfte hinter der legalisierten Wegelagerei weitaus mehr. Der Stall des Augias ist dagegen wie ein frisch bezogenes Bett.

bonté

Christina hat gesagt…

Ich versuche mir dich gerade mit einem Kleinkind vorzustellen ...
:-)