27 Juni 2018

Intensive Graphic Novel über die Freundschaft

Wie weit geht man für einen Freund? Was bedeutet Freundschaft eigentlich in Zeiten wie diesen, wo alle Welt nur noch mit dem Smartphone zu kommunizieren scheint und man sich oft aus der Ferne kennt? Dieser Frage geht »Die Einladung« nach, eine ungewöhnliche Graphic Novel, die im Splitter-Verlag erschienen ist: als kleinformatiges Hardcover mit Schutzumschlag.

Es beginnt mit einem nächtlichen Anruf – ein Freund ist am Telefon. Er benötigt dringend Hilfe. Sofort kommt die Frage auf: Helfe ich ihm, soll er nicht lieber einen Service anrufen? Und was passiert, wenn dieser Anruf sich als ein Scherz der ungewöhnlichen Art herausstellt?

»Die Einladung« ist eine Geschichte, die im Hier und Jetzt spielt, die sich liest wie das Drehbuch zu einem anspruchsvollen Film. Die handelnden Charaktere sind Männer und Frauen, irgendwo im Alter zwischen 25 und 40 Jahren, die noch nicht ihr »wirkliches Leben« gefunden haben. Freundschaft hat für jeden eine andere Bedeutung – und dieser geht dieser ungewöhnliche Comic-Band nach.

Jim, so der Name des Texters, ist kein Unbekannter in der Comic-Industrie. Unter seinem bürgerlichen Namen Thierry Terrasson und seinem Pseudonym Téhy zeichnete er für Science-Fiction- und Fantasy-Geschichten verantwortlich; so stammt beispielsweise die sehr krachige Science-Fiction-Serie »Yiu« – ebenfalls bei Splitter erschienen – von ihm. Bei »Die Einladung« zeigt er sich von einer ganz anderen Seite: nachdenklich und mitfühlend, meilenweit entfernt von jeglicher Action oder überzogener Szenerie.

Als Comic-Künstler ist Dominique Mermoux noch recht unbekannt. Er begann erst in den Nuller-Jahren mit der eigentlichen Arbeit in diesem Genre, konnte aber recht schnell erste Preise gewinnen. Sein Stil ist eher ruhig, viele Bilder wirken gelassen und trotzdem ausdrucksstark. Er fängt die nächtliche Stimmung am Rand einer stillen Straße in bläulichen Farben ein, er zeigt eine Party in kräftigeren Farben und in Bewegungen, die irgendwann nur noch Silhouetten und Staub sind. Das ist ungewöhnlich, sieht aber gut aus und passt zum eher intellektuellen Charakter der Geschichte.

Seien wir ehrlich: Wer vor allem Genre-Comics mag, für den wird »Die Einladung« womöglich langweilig sein. (Der Comic erschien 2012, ich habe ihn erst dieser Tage gelesen – das spricht ja Bände.) Wer sich aber auf eine Graphic Novel einlassen kann, die von Gefühlen und Freundschaft erzählt, für den ist »Die Einladung« wie geschaffen.

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