Schaut man sich an, mit welchen Worten derzeit die »Rechten« im weitesten Sinne argumentieren, kommt immer wieder klar zum Vorschein, wie stark sie den Begriff der »Heimat« bemühen. Da sich diverse intellektuelle Zeitungsschreiber – unter anderem in der von mir gelesenen »taz« – mit dieser Argumentation beschäftigen, kam ich selbst mal auf die Idee, was denn Heimat eigentlich für mich bedeutet.
Ist es wirklich der Ort, an dem an geboren wurde und aufgewachsen ist? In meinem Fall sicher nicht. Besuche ich das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, habe ich sicher nostalgische oder sentimentale Gefühle. Ich erinnere mich an die guten und die schlechten Dinge, die mir dort zugestoßen sind; bin ich auf dem Friedhof, erinnere ich mich an meine Eltern; gehe ich durch eine Straße, erinnere ich mich vielleicht daran, dass an dieser Stelle vor über vierzig Jahren eine Wiese mit Apfelbäumen war.
Aber es ist nicht mehr meine Heimat, ich möchte nicht mehr in das Dorf meiner Kindheit zurück. Mag sein, dass sich diese Ansicht ändert, wenn ich älter werde und irgendwann ein Rentner sein sollte. Im Moment aber kann ich mir das nicht vorstellen.
Meine Heimat ist tatsächlich Karlsruhe. In der Stadt habe ich noch nicht einmal die Hälfte meines Lebens verbracht, und ich kann mit vielen Dingen nach wie vor nichts anfangen, fremdle mit der Politik ebenso wie mit dem Dialekt und würde nie meinen »Stolz« auf diese Stadt äußern. Aber sie ist mein Lebensmittelpunkt, sie ist meine Heimat.
Nie werde ich für Karlsruhe die Gefühle haben, wie ich sie für das Dorf habe. Karlsruhe ist mein Erwachsensein, das Dorf war meine Kindheit. Das kann man weder verwechseln noch vertauschen. Wahrscheinlich sind beide Orte für mich Heimat – was im übrigen mal wieder klarmacht, wie unscharf so ein Begriff ist.
Heimat hat nichts damit zu tun, dass man einer gewissen Kultur angehört, eine bestimmte Sprache benutzt oder sich einer Wertegemeinschaft verpflichtet fühlt. Heimat ist wahrscheinlich wirklich das, wo das Herz ist – und das kann sich für unterschiedliche Dinge entscheiden ...
5 Kommentare:
Ganz so ähnlich empfinde ich es auch. Jahrelang war ich relativ entwurzelt, ohne einen Ort, wo ich mich daheim fühlte. In Karlsruhe anfangs auch nicht. Mittlerweile wohne ich seit 15 Jahren hier, abgesehen von zusammengerechnet einem Jahr, in dem ich weg war, und fühle mich zuhause, bin weitgehend assimiliert, und rede von Karlsruhe als von "meiner" Stadt. Etwas stolz bin ich auch, etwa auf die Schloßlichtspiele, die durchaus konkurrenzfähig waren und gezeigt haben, daß man auch in der vermeintlichen Provinz Tolles auf die Beine stellen kann.
Wenn ich in meinem Heimatdorf bin: es ist immer schön, mal wieder da zu sein. Es ist aber auch schön, jederzeit wieder gehen zu können. Es ist Teil meines Lebens, und ich verknüpfe mittlerweile viele positive Erinnerungen damit, aber dort wohnen möchte ich nie mehr. Nicht mal als Rentner.
Insofern ist "Heimat" aus verschiedenen Perspektiven und unter verschiedenen Einflüssen betrachtbar; DIE Heimat schlechthin gibt es nicht.
Mein Vater ist ein gutes Beispiel: Ende der 60er nach Deutschland gekommen, fühlte er sich am Ende so daheim, daß er sogar mit 63 noch Deutscher wurde... und liegt mittlerweile hier begraben. Wo ist nun also die Heimat? Letzten Endes die, wo man aus freien Stücken sterben möchte, nicht die, wo man geboren wurde.
Schönes Argument: Heimat ist da, wo man begraben werden möchte ... so würde ich das jetzt mal interpretieren.
Danke für das Statement!
Wenn der Satz zutrifft, dann ist bei mir Heimaut auch die Stadt, in der ich lebe. Ein Glückstreffer könnte man also sagen.
Ich bin schon mein ganzes Leben in dieser Stadt und habe damit natürlich starke Erinnerungen an viele Orte. Nebenbei beschäftige ich mich mit Ahnenforschung manchen meiner Ahnen hat es wohl schon immer gut hier gefallen, über 200 Jahre lässt sich manche Reihe in meiner Stadt oder auch der näheren Umgebung zurückverfolgen.
Scheinbar ist meine Sippe schon immer sehr "heimat"-verbunden gewesen.
Dia dhuit, Klaus.
Mit dem "bodendurchwirkten" Begriff der Heimat konnte ich noch nie etwas sinnvolles anfangen. Zu konservativ, zusehr von Standesdünkel durchzogen - verkrustet & starr. Für mich bleibt "Heimat" da wo ich eben lebe.
bonté
Meine Heimat ist wo es mich unwillkürlich hinzieht wenn ich nicht dort bin.
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