Als ich am Dienstagabend, 17. November 2015, aus dem Haus ging, war es vergleichsweise warm. Um die 15 Grad, so hatte mir die Temperaturanzeige in meinem Auto gesagt, als ich – wieder einmal viel zu spät – heimgefahren war; viel kühler war es gegen 20 Uhr nicht.
Wieder einmal wollte die rassistische Nazi-Gruppierung »Widerstand Karlsruhe« durch die Innenstadt marschieren. In den Ankündigungen hatte man einen klaren Zusammenhang zwischen den Flüchtlingen, dem Islam im Allgemeinen und den Anschlägen von Paris gezogen. Es war also fast schon klar, dass diese Themen auch an diesem Abend im Zentrum stehen würden.
Als ich zum Stephansplatz kam, traf ich einige Bekannte, die bereits am Gehen waren. »Du bist dann die zweite Schicht«, wurde mir scherzend gesagt. »Die Nazis laufen schon.«
Als ich auf dem Platz eintraf, sah ich tatsächlich keine Nazis, ebenso waren nur wenige Gegendemonstranten da. Einige Dutzend Polizisten standen eher locker herum. Ich plauderte mit Bekannten, was auch ganz nett war, und wartete auf die Nazis.
Als der »Widerstand Karlsruhe« – hervorgegangen aus dem örtlichen Pegida-Ableger – eintraf, konnte ich die Gruppe gut zählen und beobachten. Es waren zwischen 50 und 70 Personen, von denen ein großer Teil so aussah, als zählte er zur Hooligan- und Neonazi-Szene. Viele schwenkten Deutschland-Fahnen und skandierten Parolen, die im Getröte und Pfeifen der Gegendemonstranten untergingen.
Die Abschlusskundgebung der Nazis bekam ich in voller Länge mit. Da ich an einer Stelle stand, wo die Gegendemonstranten – vielleicht 250 Stück um diese Zeit – nicht gar zu laut waren, verstand ich viel von dem, was von der Bühne herab in die überschaubare Menge gebrüllt wurde. Die Menge lichtete sich sowieso während der Rede, irgendwann standen vielleicht noch zwanzig bis dreißig Leute da, umringt von einigen Dutzend Polizisten, beschimpft von den Gegendemonstranten.
Mohammed sei ein Vergewaltiger gewesen, er habe Kinder geschändet und Kriege geführt, »und seine Anhänger tun das heute auch«. Die Flüchtlinge würden Deutschland in den Untergang treiben, die Merkel-Regierung sei schuld. Und die Gegendemonstranten seien – so der Original-Ton – die »Schlächter des deutschen Volkes«.
Wolle man etwa darauf warten, bis auch bei uns »zerfetzte Leichen auf der Straße liegen«? Die Rednerin berief sich auf einen Artikel im Grundgesetz, in dem das Widerstandsrecht festgeschrieben ist, und zeterte, dass man gegen die Merkel-Regierung echten Widerstand leisten müsse.
Alles in allem war es widerlich. Als es später zu regnen begann, spazierte ich mit Bekannten noch ein wenig durch den Regen, bevor ich nach Hause ging.
Ich fühlte mich einigermaßen ratlos: In diesem Land scheint es nicht genügend Psychiater zu geben, denke ich; diese Leute empfand ich echt als gestört. Und in zwei Wochen wollten sie schon wieder marschieren ...
6 Kommentare:
Die Rednerin hat offensichtlich Art. 20 Abs. GG überhaupt nicht verstanden. Aber das erwartet man auch nicht von diesem Pack.
Salut, Klaus.
Eigentlich könnten sich die Faschos aus dem politischen wie religiösen Lager auf einen Kaffee treffen - totalitär definierte Verachtung ist schließlich deren erklärte Denkeinheit. Jetzt abgesehen von der Erlangung von Macht, Posten oder Pöstchen; die Dienstlimousine in Echtlederoptik als Lohn fürs Hetzen. Jubel!
Gut, manchen reicht wohl auch bereits der Ständer, den sie beim Schwadronieren vor aufgegeilter Menge vorweisen können.
bonté
Bei soviel kranken Gedanken, wie diese Leute hegen und verbreiten, hoffe ich nur, dass sie nie an die Schalthebel der Macht gelangen, denn dann hätten wir wieder ein Deutschland wie zu Hitlers Zeiten und das möchte ich garantiert nicht erleben!
Auch Psychiater möchten, verständlicherweise, nicht alle behandeln. Und manche sind leider auch untherapierbar.
Moin, Klaus,
ähm ... diese Leute SIND gestört. Allein die Wiederholungsabsicht lässt sich nur als Beweis dafür verwenden.
:) My.
Einfach nur ekelhaft. Aber wie die Umfragen zur AfD zeigen funktioniert die rechte Bauernfängerrei leider wieder :-( Armes Deutschland.
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