13 April 2008

Das doppelte L.A.

Der amerikanische Politikwissenschaftler Benjamin Barber wird in einer deutschsprachigen Zeitung interviewt. Im Verlauf des Gesprächs, das sich vor allem um den »Konsumismus« dreht, spricht Barber die Mobilität in Los Angeles an. Man könne sich ganz viele verschiedene Autos kaufen, um mobil zu sein, aber:

»Aber es gibt ein Ding, das nicht zur Auswahl steht: öffentlicher Personenverkehr. Das gibt es nicht.«

Ich belehre ungern einen amerikanischen Professor (der diesen Text eh nicht zu Gesicht kriegen wird), der sich in seinem Heimatland viel besser auskennt als ich, aber: Der öffentliche Personennahverkehr in Los Angeles ist völlig in Ordnung.

Eine supergut funktionierende schnelle Metro und zahlreiche Buslinien sorgten während meines Aufenthaltes in der Stadt dafür, daß ich überall hinkam, wo ich hinwollte. Das Netz der Stationen ist ein wenig lockerer als - um einen Vergleich zu ziehen - etwa in Karlsruhe, aber das liegt vielleicht auch daran, daß die meisten Leute wie Professor Barber denken und gar nicht auf die Idee kommen, in einen Bus oder in eine Bahn zu steigen.

Macht nichts. Fast alle Menschen, mit denen ich über L.A. gesprochen habe, glauben ja dasselbe, sogar Leute, die monate- oder jahrelang dort wohnten. Es gäbe in der Stadt keinen öffentlichen Personenverkehr, heißt es unisono.

Die einzige Antwort, die mir bisher auf dieses Mißverhältnis zwischen meinen Erlebnissen und den Ansichten von Leuten einfällt, die viel länger in der Stadt waren: Es muß zwei verschiedene Los Angeles geben. Ich war in der Stadt mit Bus und Bahn (und Gehwegen, auf denen man spazieren kann), die anderen in einer anderen Metropole.

Zwei Städte, zwei Universen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe im Orange County südlich von LA gelebt (kennt man ja als OC California) und da gab es zwar einen ÖPNV, aber der war nicht gerade auf Attraktivität getrimmt. Während der UCI-Shuttle ziemlich straight zur Uni at Irvine fuhr (aber eben ein Uni-Service ist), fuhr der öffentliche Bus rund um die Luftlinie herum. Ohne mein Fahrrad hätte das Leben dort nicht funktioniert.

Enpunkt hat gesagt…

Glaube ich ja alles; ich bin 2006 zweimal von Anaheim nach Long Beach und zurück gefahren, mit dem Bus natürlich. Und ich fuhr durch Long Beach - weil ich dieses dusselige Einkaufszentrum in Lakehurst (oder so) ansteuerte, das sich als so groß wie mein Heimatdorf entpuppte ...

Es geht mir nicht um guten und schlechten Personennahverkehr, es geht mir mehr darum, dass alle Welt behauptet, das gäbe es in Los Angeles nicht. Dann möchte ich halt einfach mal wissen, mit welchen Bussen und Bahnen ich durch die Gegend eierte. (Dass die Busse alle Zickzack fahren, stimmt im übrigen nicht immer; aber sie halten an jedem Block einmal an und brauchen dadurch ewig: von Anaheim nach Long Beach eineinhalb Stunden ...)

Anonym hat gesagt…

Vielleicht liegt ja die Betonung auf ÖFFENTLICHER Nachverkehr, was weiß ich ;-)