Als ich mir 1980 im »Ersten Deutschen Fantasy Club« die Identität eines Bekassiden zulegte, machte ich mir keinerlei Gedanken darüber, ob es sich dabei vielleicht um »kulturelle Aneignung« handeln könnte. Ich fand es interessant, den Angehörigen einer Volksgruppe zu simulieren, die dunkle Hautfarbe hatte und als Nomaden in der Wüste lebt.
Die Esraner, also die Gruppe von Fantasy-Fans, die das Volk von Esran »simulierten« lehnten sich an nordafrikanische Kulturen an. Das begann bei den Namen und endete beim Glauben an einen Gott, der sich ein wenig am Islam orientierte. Das gefiel mir gut, das fand ich originell.
Heute würde ich mich schon fragen, ob das schlau ist. Ist es »kulturelle Aneignung«, wenn ein weißer Mitteleuropäer aus einem süddeutschen Arbeiterhaushalt sich eine schwarzafrikanische Existenz zusammenfantasiert? Oder ist das alles unbedenklich, weil es sich ohnehin um eine phantastische Welt handelt?
Auf jeden Fall wurde ich so der einzige »Schwarzafrikaner in Magira« – und das wurde nicht immer unbedingt so formuliert. Ich gebe den Begriff hier nicht wieder, der damals benutzt wurde. In den frühen 80er-Jahren machten sich auch linksstehende Menschen keine Gedanken darüber, ob das »N«-Wort beleidigend sein könnte oder nicht.
Seit den frühen 80er-Jahren entstanden Fantasy-Geschichten über meine Hauptfigur, die ich sehr mochte. Sie erschienen in kleinauflagigen Fanzines, die Titel wie »Wüstenkurier« oder später »Hornsignale« trugen. Teilweise bekam ich gute Kritiken dafür, einmal wurde ich als »Erster Erzähler« für eine dieser Geschichten ausgezeichnet.
Und so wuchs die Figur des Ghazir en Dnormest, die ich mir Ende 1979 ausgedacht hatte, immer weiter an. In diesen Geschichten erlebte Ghazir allerlei Abenteuer; erzählerisch war das anfangs auf dem Niveau eines Jugendlichen, der sich als Schriftsteller sieht.
Mittlerweile liegen sie als eine Textsammlung froh, die mir sehr schmeichelt. Ich bin sehr froh darüber, dass der Verlag p.machinery »In Clanthons Auftrag« veröffentlicht hat. Eine schöne Entwicklung für die Geschichten meiner Fantasy-Figur …
1 Kommentar:
Es soll niemand wagen, dich oder mich oder uns beide wegen dieses (unseres!) Buches und deinen Geschichten (!) mit deiner (!) Figur anzugehen. Kultur ist global; lokal sind die Facetten. Es gibt keine kulturelle Aneignung - es gibt nur Leute, die einen neuen Punkt gefunden haben, um sich wichtig zu machen.
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