06 April 2023

Ostermarsch-Gedanken

Es ist eine seltsame Zeit: Wir haben Ostern, Tausende von Menschen machen sich auf den Weg, bei Ostermärschen für den Frieden zu demonstrieren, und sie werden aus allen Richtungen angefeindet. Auch ich reagiere auf die meisten Demonstrationen nur mit einem Kopfschütteln.

Dabei nahm ich in den 80er-Jahren selbst mehrfach an Ostermärschen teil. Es ging vor allem gegen die Nachrüstung der Nato, und die Demos richteten sich unterm Strich immer gegen den Westen. Im Nachhinein muss man klar sagen: Leute wie ich haben sich vor irgendwelche Karren spannen lassen; die vorhandene Abneigung gegen die Atomraketen aus dem Osten wurde nie klar formuliert.

Heute ist alles deutlich komplizierter. Wer gegen Waffen und für Frieden demonstriert, kann sich schwer den Mund verbrennen. Pazifismus wird derzeit stark kritisiert, man wird schnell mal als »Putinfreund« verunglimpft. Es gibt zudem genügend Menschen, die sich pauschal für Frieden und gegen Waffen aussprechen und damit letztlich den russischen Angriffskrieg unterstützen.

(Wer in diesen Tagen einen Waffenstillstand fordert, spielt Russland in die Hände, das nach einem solchen Waffenstillstand schlicht riesige Gebiete der Ukraine besetzt halten würde. 2014 brachte der Waffenstillstand letztlich ein ähnliches Ergebnis.)

Pazifismus ist eine Tugend, und ich finde ihn immer noch gut. Wenn Menschen in diesen Tagen auf die Straße gehen und für Frieden demonstrieren, haben sie meine Sympathie – vor allem, wenn sie sich klar von Russland und diesem schrecklichen Krieg distanzieren. Ich muss dabei selbst nie mitlaufen. Aber ein Misstrauen gegen Kriegs- und Waffenbegeisterung halte ich für sehr sinnvoll …

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