30 Dezember 2020

Ein Affe namens Shakespeare

Ich fand das Taschenbuch in einer Bücherkiste für einen Euro, dachte mir, »die habe ich früher doch gern gelesen«, stellte fest, dass ich es nicht kannte, nahm es mit, und dann las ich die Erzählungen und Kurzgeschichten darin mit viel Vergnügen. Die Rede ist von »Ein Affe namens Shakespeare«, dem Band 45 der Reihe »Die besten Stories aus The Magazine of Fantasy and Science Fiction«, der 1976 im Heyne-Verlag veröffentlicht worden war.

Die meisten Autoren sagten mir gar nicht so viel, trotzdem gefielen mir die Geschichten. Sie waren für die 70er-Jahre zumeist typisch: keine klassische SF mehr, aber noch kein Cyberpunk und auch schon wieder weit entfernt von der »Inner Space« der späten 60er-Jahre. Man experimentierte durchaus, übertrieb es aber nicht.

Von Robert F. Young stammt die Titelgeschichte. In »Ein Affe namens Shakespeare« geht es um einen Schriftsteller aus der Zukunft, der in ein Zeitgefängnis gesperrt worden ist. Er muss sein Leben bei den »Affen« führen, und damit meint er die Menschen der heutigen Zeit – also der 70er-Jahre –, was einen schönen Blick auf ein halb vergessenes Jahrzehnt bietet.

»Der Fall mit den Juwelen« von Harry Manders ist eine Sherlock-Holmes-Geschichte, in der es aber auch um Außerirdische geht. Keine Ahnung, ob das für die heutigen Holmes-Fans relevant ist – ich wusste von der Geschichte nichts und fand sie sowohl spannend als auch amüsant.

»Eine einschneidende Maßnahme« ist nicht nur eine schreckliche Übersetzung des schönen und klaren Titels »Final Cut«, sondern auch insgesamt die kürzeste Geschichte des Buches. Larry Tritten liefert eine sehr sarkastische Story, in der es eigentlich um Rassismus und vordergründig um verschwindende amerikanische Kleinstädte geht.

Gordon Eklund ist ein Autor, der mir vom Namen her noch etwas sagt; von ihm las ich in den frühen 80er-Jahren auch mindestens einen Roman. Seine Story »Der neue Trend« ist eine bittere Satire auf Medien und Moden, die zudem Mord und Selbstmord einschließen. Dass seine Figuren nebenbei zu fremden Welten fliegen, ist dem Autor fast gleichgültig – die bizarre Szenerie ist am wichtigsten.

Der bekannteste Autor in diesem Buch ist sicher Brian Lumley; damals stand der britische Schriftsteller noch am Anfang seiner Karriere. Sein »Der Windgott« ist eine Geschichte, die der Eiswüste des nördlichen Kanada spielt und im weitesten Sinne mit dem Cthulhu-Mythos zusammenhängt (ohne dass der Begriff fällt). Gruseleffekte stehen am Rand, wichtig sind die Figuren – das ist toll gemacht.

Ich find's immer wieder interessant, in alten Geschichten zu lesen. Science Fiction und Phantastik waren in den 70er-Jahren einfach anders als heute, was ich weder inhaltlich noch sonstwie bewerten möchte. Keine der Geschichten war schlecht, sie alle hatten ihren eigenen Reiz. Eine schöne Klassiker-Lektüre!

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