Ich saß auf einem dieser weißen Sofas, den Laptop auf dem Schoß, und tippte vor mich hin. Aus den Lautsprechern drang an diesem Abend ABBA, das war mir lieber als die DIRE STRAITS, die es zum Frühstück gegeben hatte. Auf dem Sofa mir gegenüber, nur getrennt durch einen Couchtisch, saß ein Paar: er ein wenig älter als ich, sie ein wenig jünger.
»Was machen Sie da eigentlich die ganze Zeit?«, fragte mich auf einmal die Frau.
Ich sah auf. »Ich schreibe.« Den Zusatz »sieht man doch« verkniff ich mir.
»Aber doch nicht über uns?«
»Nein. Wieso das denn?«
»Sie haben vorhin die ganze Zeit in unsere Richtung geschaut.«
»Ich habe blicklos ins Leere gestiert, weil ich nachgedacht habe, und Sie sitzen direkt vor mir. Was soll ich dann da machen? Aufstehen und zur Seite zu gehen?«
Nein, das sagte ich nicht. Ich war feige und höflich zugleich Nur das mit dem Blicklos-ins-Leere-Stieren. Aber es schien zu reichen.
Beide schauten mich irritiert an. Dann standen sie auf, ohne ein Wort miteinander gesprochen zu haben, in einer einzigen und eindeutigen geistigen Übereinstimmung und gingen.
5 Kommentare:
Du hättest sagen können:"Für die Zeitung arbeite ich schon eine ganze Weile nicht mehr."
hehe.
Ein Erlebnis aus der Kategorie unverstandener Künstler. Wer kennt das nicht so oder ähnlich? :-)
Oh ja, das kenn ich! Ich nenne das "Standby Blick" und irritiere damit regelmäßig meine Mitmenschen. :-)
Jetzt hast du ja doch über die beiden geschrieben :-)
PS: Frohes Schreiben!
Servus, Klaus.
Die Zeiten, in denen an öffentlichen Orten* Literatur verfertigt wurde sind lange passé. Aktuell ist der Display-Stierer die soziale Norm, weswegen sich jeder andere einer unausgesprochenen Perversion schuldig zu machen scheint.
Mich persönlich hätte allerdings die ostentative Nähe (einander gegenüber) bereits beim Schreiben gestört... ;-)
bonté
* die Cafes von Wien bis Prag
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