Ich arbeite seit langen Jahren in Rastatt, wohne aber in Karlsruhe, pendle also zur Arbeit. Von der Stadt, in der ich arbeite, bekomme ich nicht viel mehr mit als mein Büro und einige Straßen in der Umgebung. In all den Jahren erhielt ich keinen guten Eindruck von der Stadt und ihren Bewohnern, weshalb es mich auch nicht wunderte, dass die AfD vergleichsweise viele Stimmen erhielt und vor allem bei den Zweitstimmen sehr gut abschnitt.
»Warum wählen die Leute eigentlich die Rechtsradikalen?«, fragte ich eine Bekannte, die in Rastatt wohnt. »Den Leuten hier geht’s doch gut, sie haben Arbeit, und die Wirtschaft floriert.«
Sie hob die Schultern. »Frag mich nicht!« Dann brach es aus ihr heraus. »Bei uns in der Straße wohnen eigentlich nur Russen und Türken, und die haben alle die AfD gewählt.«
Ich verzichtete darauf, politisch korrektes Sprechen zu erbitten. Darum ging’s echt nicht, und ich wusste ja, was sie meinte. Verblüfft war ich sowieso.
»Und wieso wählen diese Leute ausgerechnet die AfD? Ich meine, die Türkischstämmigen wollen die AfDler doch auch abschieben.«
»Das ist es ja«, ereiferte sie sich. »Es ist einfach der Neid. Die sagen: Als sie nach Deutschland gekommen seien, habe ihnen der Staat nicht geholfen. Und jetzt kommen die ganzen Flüchtlinge, und die kriegen den Puderzucker reingeblasen; denen baut man ein Haus, die erhalten neue Möbel und schicke Klamotten. Es ist der pure Neid.«
Vielleicht sind manche Polit-Analysen gar nicht so kompliziert, dachte ich und wechselte das Thema. Schließlich schien die Sonne, und das fand ich viel ansprechender.
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